den Landräten, anlegen müssen. Die Sozis hätten sich mit der Ministerialbürokratie anlegen müssen, die sie letztlich aufgebaut haben. Ein Sozialdemokrat hätte Finanzminister und ein CDU-Politiker hätte Innenminister werden müssen. Sie haben es andersherum gemacht und sind in lächerlicher Parteilichkeit untergegangen. Das Unfassbare ist, dass Sie von der CDU daraus nichts gelernt haben. Im Gegenteil!
Ich wundere mich tatsächlich, dass sich die CDU als Partei, die seit fast fünf Jahren an der Regierung beteiligt ist, von der FDP so hat übertölpeln lassen. Es ist immer von einem Motor die Rede. Faktisch würde ich von Übertölpelung sprechen. Polizei, Justiz und Bildung - ihre Lobbygruppen - zieht die FDP vor die Klammer und ruft dabei: Stellenabbau, daran soll man uns messen. Dabei zeigt sie mit dem Finger auf Sie, die Herren von der CDU, auf Schlie, Wiegard und Carstensen, ohne selbst auch nur einen Deut Verantwortung zu übernehmen. Als wäre das nicht genug, hetzt sie in Berlin gleichzeitig für Steuersenkungen - wir haben es gerade noch einmal gehört -, die dem Land endgültig den Garaus machen werden.
Noch vor wenigen Monaten, Herr Carstensen, als es darum ging, einen Grund für Neuwahlen zu finden, wollten Sie die SPD aus der Regierung werfen, weil sie sich angeblich weigerte, Sparbemühungen bis zu einem Umfang von 600 Millionen € mitzutragen. Jetzt weigert sich das Finanzministerium trotz wiederholter Mahnungen unsererseits, wenigstens eine mittelfristige Finanzplanung vorzulegen, und missachtet damit einmal mehr die Beschlüsse dieses Parlaments. Es ist keineswegs so, dass dieser Beschluss der Diskontinuität anheimgefallen ist. Der ist allein Ihrer Hilflosigkeit anheimgefallen. Wo sind denn die angeblich vorhandenen Pläne für die dreistelligen Einsparungen? Hat sie schon jemand gesehen? - Offensichtlich war alles nur Taktik. Diese Taktik habe ich aber erst heute richtig verstanden.
- Ja, ich komme jetzt auf die neue Regierung zu sprechen. Ich werde auch dazu etwas sagen, was aus Ihrer Taktik werden wird. Sie geben als Begründung für die Nichterstellung einer mittelfristigen Finanzplanung an, dass man erst die Rahmenbedingungen des Bundes für die langfristige Finanzplanung kennen muss. Letzteres sei zugegeben. Das rechtfertigt aber überhaupt nicht, Ersteres nicht zu tun. Das macht nur einen Sinn, wenn man bereits jetzt den geordneten Rückzug vorbereitet.
Ich sage Ihnen, wie es enden wird. Im nächsten Herbst werden Sie sagen: Wir hätten es geschafft, aber der Bund hat die Rahmenbedingungen so verschlechtert, dass jetzt leider alles vergebens ist. Es gibt jetzt keine mittelfristige Finanzplanung, damit keiner nachprüfen kann, ob es stimmt. Gleichzeitig werden Sie einen tollen Beschluss fassen, wie das Land ab 2014 konsolidiert werden kann.
Ich sage Ihnen: Ein Konzept, das wieder alles vertagt, ab 2014 dann aber 1.000 Stellen pro Jahr einsparen soll, braucht kein Mensch. Ich weiß nämlich nicht, was Sie 2014 vorhaben. Wir werden dann aber ein Land regieren müssen.
Herr Kubicki, Sie haben im Wahlkampf allen alles versprochen. Jetzt müssen Sie die Trümmer wieder einsammeln. Sie waren 15 Jahre lang ein passabler Oppositionslautsprecher. Das gebe ich gern zu. Als Pressesprecher von Garg und Klug taugen Sie aber schlecht. Gefühlte 140 Jahre haben Sie den Rechnungshof zum Leumund Ihrer Argumentation gemacht. Kaum kritisiert er aber einmal einen der Ihren, hat er plötzlich keine Ahnung.
Da sagt der Landesrechnungshof, dass die Gemeinschaftsschulen Oberstufenzentren brauchen, und der Bildungsminister verweigert sich mit den Worten - das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen -, die würden ja die Gymnasien gefährden. Was ist das denn bitte für eine Begründung? Das ist doch nicht liberal. Das ist doch zynisch.
Es mag gute und schlechte Argumente in der Bildungspolitik geben, über die man streiten und mit denen man sich auseinandersetzen kann, aber taktische Argumente sind das Allerletzte. Sie verhöhnen letztlich die Kinder, die Eltern und die Lehrer, die sich auf einen neuen Weg machen, die vielleicht ein bisschen länger oder anders lernen wollen als die Norm. Letztlich erklärt es auch nicht, wie Sie es einlösen wollen, mehr Abiturienten zu schaffen, wenn Sie den Gemeinschaftsschulen keine Oberstufen geben wollen.
Die FDP hat sich in der Opposition in einer Haltung eingerichtet, die wir bei uns „Fundi“ nennen. Da waren nur vollmundige Versprechungen, und jetzt haben Sie ein richtig fettes Glaubwürdigkeitsproblem.
Herr Kollege Habeck, ich möchte an sich auch Ihnen die 100-Tage-Frist als Oppositionsführer geben. - Meine Frage lautet: Habe ich Sie richtig verstanden, dass BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN dieser Regierung empfiehlt, den Vorschlägen des Rechnungshofs zu folgen, alle Lehrerstellen, die im Rahmen der demografischen Entwicklung frei werden, vollständig zur Einsparung zu nutzen?
Nein, das konnten Sie doch nachlesen, dass wir nicht dafür sind. Ich habe es auch gerade in meiner Regierungserklärung gesagt -
- Einer muss es ja tun. - Ich habe das doch gerade gesagt - Sie haben offensichtlich nicht gut zugehört -: Ich will nicht falsch verstanden werden, dass wir das wollen. Ich habe nur darauf hingewiesen, dass Sie, glaube ich, noch nie dem Landesrechnungshof widersprochen haben, außer wenn einer der Ihren angezählt wird. Es ist natürlich ehrenhaft, sich vor seine Leute zu stellen, aber in der Logik ist es doch bemerkenswert inkonsistent.
„Fundi“ war das Stichwort. Da waren nur vollmundige Versprechungen, und jetzt haben Sie ein fettes Glaubwürdigkeitsproblem. Hier im Land gefallen Sie sich - wir haben es heute wieder ein paar Mal gehört -, Herr Carstensen und Herr Kubicki, in der Rolle des Robin Hood. Aber in Wahrheit sind Sie Prinz John und der Sheriff von Nottingham, dessen Leute das Land plündern. Es sind nämlich Ihre Leute in Berlin, die schleswig-holsteinischen Abgeordneten und die Delegierten, die für den Bundeskoalitionsvertrag die Hand heben, der den Gemeinden hier das Genick bricht.
Und es sind die unhaltbaren Wahlversprechen der FDP, in deren Windschatten das Wahlergebnis eingefahren wurde, das Ihnen heute die Regierungsmehrheit sichert. Die Unwahrheiten von Westerwelle haben Sie mindestens billigend in Kauf genommen.
(Wolfgang Kubicki [FDP]: Welche Unwahr- heiten denn? - Dr. Christian von Boetticher [CDU]: Das ist ein juristischer Ausdruck, Vorsicht!)
- Auch das darf ich nicht sagen? - Aber es ist doch unwahr, sich alles leisten zu können, ohne die Einnahmen zu erhöhen!
Herr Kubicki, jetzt ist Ihr Wahlkampfslogan Vergangenheit. Es heißt: „Wir konnten, was wir taten.“ Genauer müsste es eigentlich heißen: „Wir wussten, dass wir prahlten.“
Sie wollten die Partei der Wirtschaftskompetenz und der finanziellen Solidität sein, und tatsächlich ist es nun Ihre Partei, die das Land Schleswig-Holstein mit ungedeckten Schecks endgültig ruiniert.
- Ja, ich warte es ab, und ich habe aufmerksam zugehört, was Herr von Boetticher über Keynes gesagt hat. Er hat recht: Das Dilemma aller Regierungen war, dass sie in den guten Jahren nicht gespart haben. Keynes funktioniert so: Wenn es schlecht
läuft, muss man die Ausgaben erhöhen; wenn es gut läuft, muss man sparen. Aber ab wann sollen denn die Steuersenkungen der Regierung greifen, ab den Jahren, wo es hoffentlich gut wird? - Das gilt es zu verhindern. Deswegen warte ich voller Spannung darauf, ob Herr von Boetticher -
- Herr von Boetticher, ich wünsche Ihnen, dass Sie Bundeskanzler werden. Dann können Sie zeigen, dass Sie es kapiert haben.
Die Zeche für dieses Maulheldentum zahlen jetzt Land und Kommunen. Freibäder, Bibliotheken, Kitas, Schulen, Musikunterricht an den Volkshochschulen werden der Mär vom einfachen und gerechten Steuersystem geopfert. Mit der Gewerbesteuer wird die wichtigste Finanzierungsquelle der Kommunen infrage gestellt. Sie muss nicht abgebaut, sondern zukunftsfest umgebaut werden, indem sie zu einer kommunalen Wirtschaftsteuer entwickelt wird.
Einen zusätzlichen Hebesatz auf die Einkommensteuer - wie angedacht - würde die Bürger weiter belasten. Das wäre nicht „mehr Netto vom Brutto“, sondern weniger.
Das Gleiche gilt für die Idee einer Kompensation durch Beteiligung der Länder an der Mehrwertsteuer. Deren Mittel sind doch längst alle gebunden. Das würde unweigerlich zu einer Mehrwertsteuererhöhung führen, wie sie Kollege Kubicki ja auch schon bei „Was erlauben Strunz“ angekündigt hat. Das war immerhin ehrlich, Herr Kubicki.