Was das Thema Wissenschaftlichkeit anbelangt. Ich bin hier im Land nicht Bauminister, sondern ich bin der Wissenschaftsminister. Ich war nämlich damals dabei, als man im Wissenschaftsrat beraten hat, wie man mit einem privaten Klinikum GießenMarburg umgeht. Natürlich hat es die gleichen Rechte wie jede staatliche Uni-Klinik. Wir werden noch in diesem Jahr erleben, dass der Wissenschaftsrat eine Empfehlung darüber verabschieden wird, ob Gießen-Marburg im wissenschaftlichen Sinne tatsächlich gut gelaufen ist. Bei dem, was ich kenne, bin ich da überhaupt nicht bange.
Vieles, was hier gesagt wurde, ist ein echter Popanz. Insofern bleibe ich bei dem, was ich anfangs gesagt habe: Es geht um die Kernfrage, ob wir es schaffen, ohne die öffentlichen Mittel eine baulichen Sanierung des UK S-H auf den Weg zu bringen, die aus meiner Sicht das Kern- und Schlüsselprojekt auch für die qualitative Entwicklung dieses Klinikums ist. Denn wenn wir nicht bauen, bleibt in weiten Teilen die Patientenunterbringung so schlecht, wie sie ist. Wenn wir nicht bauen, bleiben oftmals auch die Bedingungen für die Beschäftigten so schlecht, wie sie sind. Wenn wir nicht bauen, schaffen wir nicht die Verbesserung der Wege und der Abläufe, die wir brauchen, um eine Rationalisierungsrendite auch tatsächlich zu erzeugen.
Meine Damen und Herren, das Thema „alternativlos“ hat in diesen Tagen ja Konjunktur, auch was Berlin anbelangt. Ich sage Ihnen: Die Investition Bauen ist alternativlos. Deshalb muss sie auch auf den Weg gebracht werden. Wir haben die öffentlichen Mittel nicht mehr. Deshalb müssen wir kreativ darüber nachdenken, wie wir sie tatsächlich bekommen können, ohne dass das UK S-H im Umkehrschluss wiederum durch eine zu hohe Belastung dadurch Schaden nimmt.
Vielen Dank, Herr Minister. - Allen Fraktionen stehen jetzt weitere vier Minuten Redezeit zur Verfügung. Herr Dr. Stegner hat das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich wollte Ihnen das eigentlich ersparen, Herr Minister Jager. Aber wenn Sie anfangen, die Vergangenheit so zu verdrehen, dann kann ich es Ihnen das nicht ersparen. Ich bin in der Tat als zuständiger Staatssekretär dafür eingetreten, die Klinika zu fusionieren. Ich bin in Veranstaltungen gegangen, da waren die Professoren dagegen, da waren die Beschäftigten dagegen, da waren alle dagegen. Man musste sie überzeugen, dass es aus wirtschaftlichen Gründen notwendig ist.
Sie haben das Meter für Meter bekämpft. Der Erfolg dieser Fusion, die sie immer wieder bekämpft und auch teilweise hintertrieben haben, war - die FDP hat es offen abgelehnt bis in diese Tage hinein -, dass die Defizite, die erheblich höher gewesen sind plus dem, was die Beschäftigten geleistet haben, erheblich heruntergegangen und wir bei der schwarzen Null gelandet sind. Geben Sie das doch endlich einmal zu und tun Sie hier nicht so, als ob Sie das jetzt in Gang gebracht hätten.
Das Zweite - es schlägt wirklich dem Fass den Boden aus -: Man beschließt einen baulichen Masterplan in einer Regierung, in der Herr Wiegard Finanzminister ist. Man schlägt das dem Landtag vor. Nun sagt man: Tut uns leid, die bauliche Finanzierung ist alternativlos, aber die Opposition will uns das Geld dafür nicht geben. Wenn diese Regierung im Bundesrat dafür stimmt, den gleichen Betrag an Einnahmen für das Land zu verringern - und das vor wenigen Wochen -, schlägt das wirklich dem Fass den Boden aus. Wir finden auch, dass die bauliche Masterplanung alternativlos ist. Aber hinzugehen und aus ideologischen Gründen sozusagen Steuergeschenke zu verteilen, dem die Grundlage zu entziehen und zu sagen: „Jetzt müssen wir aber privatisieren“, das ist wirklich ein Hammer.
Das Dritte. Es mag ja sein, Herr Minister, dass sich der Wissenschaftsrat zu Gießen-Marburg positiv äußert. Das will ich nicht ausschließen. Ich möchte jedoch auf zwei Dinge hinweisen, die in der Debatte erfreulicherweise gesagt worden sind, nämlich erstens, was Kollege Weber vorhin schon zu dem Unterschied von Gießen-Marburg und Kiel und Lübeck gesagt hat, bezogen auf die anderen Fakultäten dieser Art und Klinika, die es in Hessen noch
gibt. Das ist in Schleswig-Holstein nicht der Fall. Wenn Sie das machen, ruinieren Sie sozusagen die Gesundheitsversorgung in hohem Maße.
Zweitens. Zu dem sehr nachdenkenswerten Beitrag, den Kollegin Bohn hier vorgetragen hat. Das taucht in Statistiken und in Gutachten des Wissenschaftsrates nicht auf. Es geht um Menschen, es geht um ihre Versorgung, es geht um Gesundheitsvorsorge, es geht um Pflege, es geht auch um Menschlichkeit und nicht nur um die Frage, ob das vom Wissenschaftsrat so oder so beurteilt wird.
Herr Dr. Stegner, könnten Sie noch einmal erklären, wie Sie die ungefähr 1 Milliarde € aus dem Ihnen bekannten Haushalt finanzieren wollen?
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung. Ich stelle zunächst fest, dass der Berichtsantrag Drucksache 17/527 durch die Berichterstattung der Landesregierung seine Erledigung gefunden hat. Es ist Ausschussüberweisung beantragt. Es ist beantragt worden, den Antrag Drucksache 17/519 und zur abschließenden Beratung den Bericht der Landesregierung, Drucksache 17/372, dem Wirtschaftsausschuss und dem Sozialausschuss zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! Stimmenthaltungen? - Das ist somit einstimmig beschlossen worden.
Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Dann eröffne ich die Aussprache. Das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Frau Abgeordnete Ines Strehlau.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Schullandschaft ist in Aufruhr. Das Hü und Hott des Bildungsministers verunsichert ganz Schleswig-Holstein. Der Pflichtstundenerlass ist ein weiterer Beweis dafür, aber dessen hätte es schon gar nicht mehr bedurft.
Der Erlass wurde im Februar verkündet und im März im Nachrichtenblatt veröffentlicht, um dann zwei Tage später einkassiert und dann drei Wochen später in einer neuen Version wieder aufgetischt zu werden. Herr Dr. Klug, mit so einem Vorgehen disqualifizieren Sie sich als Bildungsminister.
Das Vorgehen gibt uns aber auch einen Einblick in die Entscheidungs- und Kommunikationsstrukturen der Landesregierung. Der Bildungsminister veröffentlicht einen Erlass, der seit Langem in der Koalition bekannt ist. Dann fällt der Haushaltsstrukturkommission plötzlich auf, dass mit dem Erlass mehr Lehrerstellen verbunden sein werden. Schneller, als man gucken kann, wird der Erlass einkassiert. Und der Bildungsminister tut nichts dagegen. Dazu bilde sich jeder selbst eine Meinung.
Nun hat der Bildungsminister einen Erlass formuliert, der ab dem 1. August 2010 gelten soll. Laut dem Erlass arbeiten Studienrätinnen und Studienräte an Gymnasien und berufsbildenden Schulen je eine Wochenstunde und die Lehrkräfte an den bisherigen Gesamtschulen 1,5 Stunden mehr. Allein die Hauptschullehrkräfte arbeiten mit 27 Stunden eine halbe Wochenstunde weniger als vorher. Die Grundschullehrkräfte bleiben bei 28 Stunden.
Das Ganze soll - verrechnet mit der neu geregelten Altersermäßigung - Einsparungen von 150 Lehrerstellen bringen. Dumm nur, dass die Zuweisung der Lehrerplanstellen für das nächste Schuljahr
schon stattgefunden hat. So hat es uns der Bildungsminister jedenfalls im Bildungsausschuss erklärt. Das heißt, dass die Lehrkräfte im nächsten Schuljahr zwar mehr Stunden unterrichten müssen, die Zahl der Stellen aber gleich bleibt.
Die Schulen können also im nächsten Schuljahr Doppelbesetzungen realisieren - leider nur für ein Schuljahr - oder Überstunden abbummeln. Aber Haushaltseinsparungen wird es durch den neuen Pflichtstundenerlass im nächsten Schuljahr nicht geben. Herr Minister, warum zerschlagen Sie so viel Porzellan durch einen übereilt erstellten Pflichtstundenerlass?
(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abgeordneten Bernd Heinemann [SPD] und Ellen Streitbörger [DIE LINKE])
Herr Minister, wir fordern Sie auf: Belassen Sie es bei dem versprochenen Erlass, der am 1. August 2010 hätte in Kraft gesetzt werden sollen. Er schafft zumindest ein wenig Entlastung an vielen Schulen.
Wenn Sie sich an den grünen Ursprungsantrag zu diesem Thema erinnern, dann sehen Sie, dass wir dort noch einen weiteren Vorschlag machen. Denn die ganzen Pflichtstundenerlasse gehen in die falsche Richtung. Damit verharren wir bei einer Arbeitszeitberechnung, die erstens nur an der Laufbahn orientiert ist und die zweitens die tatsächliche Arbeitsbelastung überhaupt nicht abbildet,
weil sie nur knapp die Hälfte der tariflichen Arbeitszeit regelt, nämlich nur die Anzahl der Unterrichtsstunden.
Wir wissen, dass man das auch anders machen kann. An dieser Stelle ist uns aber ein gemeinsamer Oppositionsantrag wichtig, und wir stellen das Thema Arbeitszeitmodell zurück, obwohl es eigentlich das wäre, worüber Sie nachdenken müssten.
(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abgeordneten Detlef Buder [SPD] und Ranka Prante [DIE LINKE])
Mit dem neuen Pflichtstundenerlass haben Sie, Herr Dr. Klug, das Kunststück fertiggebracht, alle Lehrkräfte gegen sich aufzubringen - auch die Gymnasiallehrkräfte, die Sie vorher noch für die Beseitigung der Benachteiligung der Gymnasien gelobt hatten. Alle Lehrkräfte sind aufgebracht, ebenso die Gewerkschaften, Eltern und auch Schulträger. Es herrscht eine Mischung aus Wut, Frust und blankem Entsetzen. Das betrifft leider nicht nur den neuen Pflichtstundenerlass, sondern auch das neue
Schulgesetz. Niemand will es. Die Schulträger laufen Sturm und überlegen, wie sie das Gesetz kippen können.
Liebe Landesregierung, liebe CDU-Fraktion, nehmen Sie dies bitte zur Kenntnis, und stoppen Sie dieses unsägliche Chaos in unserer Schullandschaft.
Ich hoffe auch, dass die FDP endlich in der Gegenwart ankommt und merkt, dass niemand diese Schulgesetzänderung will.
Nehmen Sie Ihren Pflichtstundenerlass und auch das Schulgesetz zurück. Bei so viel Unmut und Chaos im schleswig-holsteinischen Bildungsbereich sollte sich die Landesregierung Gedanken machen, wie sie die versprochene, produktive Ruhe an den Schulen tatsächlich hinbekommen kann, bevor unser Bildungssystem völlig den Bach runtergeht.