Protocol of the Session on May 20, 2010

Für das Jahr 2010 haben sich die beiden Länder grundsätzlich darauf verständigt, dass die bisherigen Regelungen weiter gelten. Die Verhandlungen für das nächste Jahr laufen. Ich bin der Auffassung, dass man diesen Verhandlungen eine Chance geben muss. Verhandlungen brauchen Spielraum.

Der Antrag der Grünen zu diesem Zeitpunkt ist deswegen wenig hilfreich. Er verengt den Verhandlungskorridor deutlich. Er schließt nämlich die

(Ines Strehlau)

Möglichkeit, auch weiterhin zu einer pauschalen Zahlung an Hamburg zu kommen, völlig aus. Folgt man den Berechnungen der Grünen, dann soll mehr als das Doppelte der bisherigen Zahlungen nach Hamburg fließen, nämlich 19,65 Millionen €. Dabei wurden auch noch die Hamburger Schülerkostensätze zugrunde gelegt mit weit höheren Kostensätzen, als wir sie in Schleswig-Holstein haben. Ich sehe nicht ein, dass wir für schleswig-holsteinische Schülerinnen und Schüler, die in Hamburg zur Schule gehen, mehr bezahlen sollen, als wir es im eigenen Land tun.

(Beifall bei CDU und FDP)

Meine Damen und Herren von den Grünen, ich will ja niemandem etwas unterstellen. Aber es drängt sich doch der Verdacht auf, dass die Grünen in dieser Frage nicht unbedingt die Interessen dieses Landes, sondern eher die ihrer Parteifreunde in Hamburg vertreten.

(Beifall bei CDU und FDP)

Außerdem erinnere ich daran, dass wir gestern eine Schuldenbremse in die Landesverfassung aufgenommen haben - mit den Stimmen der Grünen, die nun die Zahlungen an Hamburg mal soeben mehr als verdoppeln wollen. Mein Kollege Lehnert hat es vorhin gesagt: „Freibier für alle!“ Ich finde, er hat den Punkt wirklich gut getroffen. Die Koalitionsfraktionen von CDU und FDP haben die schleswigholsteinischen Interessen im Blick. Darum wollen wir ein tragfähiges und unbürokratisches Gastschulabkommen mit unserem Nachbarn in Hamburg. Die Grünen wollen gemeinsam mit Hamburg zu einer Schulentwicklungsplanung kommen. Ich möchte ehrlich sagen, ich halte das für ziemlich sinnlos. Warum sollten wir gemeinsam mit Hamburg über die schulische Entwicklung in Nordfriesland, Flensburg oder Schleswig-Flensburg reden?

(Zurufe von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Oh, oh!)

Für den Bereich des Hamburger Umlandes brauchen wir allerdings eine klare Regelung, wie wir in Zukunft verfahren wollen. Dafür brauchen wir allerdings keine gemeinsame Schulentwicklungsplanung mit der Stadt Hamburg, sondern wir müssen uns auf ein tragfähiges Gastschulabkommen einigen, so wie sich das unter guten Nachbarn gehört. Ich bitte um Zustimmung zu unserem Antrag.

(Beifall bei CDU und FDP)

Das Wort für die SPD-Fraktion erteile ich dem Kollegen Martin Habersaat.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin ein Gastschüler.

(Thorsten Fürter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Teuer, teuer! - Beifall des Abgeordne- ten Hans Müller [SPD])

Meine Eltern mussten sich damals formal voneinander trennen, damit ich die Gelegenheit hatte, mit dem Fahrrad eine weiterführende Schule zu erreichen.

Wer in Ammersbek-Hoisbüttel wohnt, kann zu Fuß zum Gymnasium Ohlstedt gelangen oder mit dem Schulbus ins dreimal so weit entfernte Bargteheide gefahren werden. In Barsbüttel kann man in einen regulären Bus der Linie 263 einsteigen und binnen zehn bis 20 Minuten drei Gymnasien in Hamburg erreichen, oder man nutzt die vom Kreis organisierte Schülerbeförderung, um in etwas mehr Zeit das Gymnasium Glinde und nach noch mehr Zeit das Gymnasium in Reinbek zu erreichen. Beide Gymnasien kann ich im Übrigen vorbehaltlos empfehlen. Beide sind aber - vorsichtig formuliert - nicht dringend auf deutlich mehr Schülerinnen und Schüler angewiesen.

Nachdem die Landesregierung die Kleine Anfrage der Kollegin Strehlau über die Kapazitäten der Schulen im Hamburger Rand nicht beantworten konnte, empfehle ich einen Blick in die Schulentwicklungspläne der einzelnen Kreise. In Stormarn ist das jedenfalls zu erkennen, indem man einfach eine Seite aufschlägt

Es ist aus Schüler- und Elternsicht ein großer Vorteil, mehrere Schulen in räumlicher Nähe zu haben und aus Schulen mit unterschiedlichem Profil die auszusuchen, die am besten passt. Die Profilierung der einzelnen Bildungsanstalt ist auch von allen Seiten - ob nun in Schleswig-Holstein oder in Hamburg - politisch gewollt und zu unterstützen.

In der Sachsenwaldschule Reinbek gibt es ein Schülerorchester auf hohem Niveau. Das ist gut für ein musisch begabtes Kind. Oder soll es doch eher die Vorbereitung auf eine globalisierte Welt sein? Das Gymnasium Marienthal arbeitet eng mit Hamburgs Partnerstadt Shanghai zusammen und bietet Chinesisch als Fremdsprache, Austauschprogramme und Projekte an. - Aber halt, dazwischen liegt ja eine Landesgrenze!

(Heike Franzen)

(Zurufe)

Und unser Ministerpräsident, der sich vorstellen konnte, der letzte des Landes Schleswig-Holstein zu sein, hat es in vielen Bereichen - so auch in diesem - nicht einmal vermocht, diese Grenze als Hindernis im Alltag der Menschen zu beseitigen.

(Vereinzelter Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

In Hamburg sind die Schulleitungen nun angewiesen, detektivisch zu ermitteln, welche ihrer Schülerinnen und Schüler „Fremde“ im Sinne eines nicht mehr vorhandenen Gastschulabkommens sind. Nach Klasse 7 und 10 - das haben wir schon gehört - sollen diese Schülerinnen und Schüler heim nach Schleswig-Holstein. Das ist überhaupt kein Problem, weil die Bildungssysteme der Länder ja so kompatibel sind und ein Austausch ohne Weiteres möglich ist. - Vorsicht, Referendaren empfehle ich immer: Ironie erst ab Klasse 10!

Dabei könnte es so einfach sein. Pro Schüler entstehen Kosten, die man berechnen und die man ausgleichend zahlen kann. Ohne Herumgepoker und ohne in die Debatte zu führen, was auf anderen Feldern auch noch alles berücksichtigt werden müsste, das kann dann bitte auf diesen anderen Feldern beackert werden.

Bereits im letzten Jahr gab es Verhandlungen zur Erneuerung des Gastschulabkommens zwischen Schwarz-Grün und Schwarz-Gelb. Was es nicht gab, war ein Ergebnis. Es gab einen dünnen Kompromiss verbunden mit der Zusage, an einer tragfähigen Lösung zügig zu arbeiten. Und, wie sieht die Lösung aus? - Fehlanzeige.

Was mich besonders erschüttert, ist der Antrag von CDU und FDP, die nun fordern, man möge wieder in Verhandlungen mit Hamburg eintreten. Ich dachte immer, die laufen und die stünden möglicherweise kurz vor dem Abschluss.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Oder aber sie laufen tatsächlich, und die Fraktionen von CDU und FDP wissen das nicht. Das wäre ähnlich erschütternd.

(Heiterkeit und vereinzelter Beifall bei der SPD)

Die Hamburger Seite berechnet die Mehrkosten das haben wir alles schon gehört - mit 30 Millionen €, die Grünen errechnen etwas anderes. Die Zahlen spare ich mir jetzt, weil wir sie schon gehört haben. Allerdings ist die Rechenmethode der Grü

nen für mich nicht ganz nachvollziehbar, weil die Lehrerpersonalkosten dann pro Schüler - wenn man die üblichen Schulkostensätze abzieht - bei 3.800 bis 4.100 € pro Schülerin und Schüler lägen. Das scheint mir relativ hoch gegriffen. So gut wurde ich jedenfalls als Lehrer nicht bezahlt.

Schülerinnen, Schüler und Eltern haben Planungssicherheit verdient - wie übrigens auch die Schulen im Hamburger Rand. Eine schnelle Wiederaufnahme oder Fortsetzung oder wie auch immer der Verhandlungen sind ein wichtiger nächster Schritt. Die von den GRÜNEN angedachte Schulentwicklungsplanung halten wir für einen weiteren wichtigen Schritt. Hier sollte man jetzt übrigens nicht mit Verweisen auf Sylt und so weiter kommen.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Jetzt sollte für alle Seiten gelten: Schluss mit Poker-Spielen, es müssen Lösungen erarbeitet werden.

Wir beantragen die Überweisung in den Bildungsausschuss, gern in den Bildungsausschuss gemeinsam mit dem Bildungsausschuss aus Hamburg. Wir verbinden das mit der Aufforderung an den Bildungsminister, dort über den Gang der Verhandlungen, besser über den Fortschritt der Verhandlungen und am liebsten über den Abschluss der Verhandlungen zu berichten.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN, der LINKEN und SSW)

Das Wort für die FDP-Fraktion erteile ich der Frau Kollegin Cornelia Conrad.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Tatsache, dass es seit vielen Jahren den länderübergreifenden Schulbesuch gibt, beweist: Alle Beteiligten, sowohl Hamburg als auch Schleswig-Holstein, haben bislang davon profitiert. Schülerinnen und Schüler aus dem Hamburger Umland finden wohnortnah die Schulform ihrer Wahl, aber auch Hamburger Schulen profitieren von Schülerinnen und Schülern aus Schleswig-Holstein. So weit, so gut.

Das Gastschulabkommen hat sich also in der Vergangenheit bewährt. Deshalb wäre eine Verlängerung durchaus wünschenswert, jedoch nicht um jeden Preis.

(Martin Habersaat)

Ihr Antrag, liebe Grüne, ist für die FDP-Fraktion auch deshalb nicht nachvollziehbar, weil Sie damit eine Fantasierechnung zur Grundlage Ihrer Bildungspolitik machen. Mehr noch: Sie ignorieren gleichzeitig die gerade von Ihnen mitbeschlossene Schuldenbremse.

(Vereinzelter Beifall bei FDP und CDU - Zu- rufe von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN: Oh, oh!)

Mit anderen Worten, sie handeln gegen die Interessen Schleswig-Holsteins.

Dass Sie das tun, liebe Grüne, dafür kann es eigentlich nur einen Grund geben. Sie wollen offensichtlich die verkorkste Bildungspolitik Ihrer Hamburger Parteifreunde auf Kosten Schleswig-Holsteins finanzieren.

(Vereinzelter Beifall bei der FDP - Zurufe von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das allerdings machen wir nicht mit.

Werfen wir einen kurzen Blick auf Ihr Zahlenwerk. Statt bislang 8,5 Millionen € wollen Sie vom kommenden Schuljahr an fast 20 Millionen € an die grüne Bildungssenatorin Christa Goetsch nach Hamburg überweisen. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.

(Zurufe von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Glocke des Präsidenten)

Fakt ist, die von Ihnen vorgelegten Schülerkostensätze sind entweder völlig aus der Luft gegriffen, oder aber Sie verschweigen in Ihrer Berechnung wesentliche Belastungen für Schleswig-Holstein. So tauchen Hamburger Kinder, die bei schleswigholsteinischen Pflegefamilien wohnen und in Schleswig-Holstein allgemeinbildende und Förderschulen besuchen, in Ihrer Rechnung überhaupt nicht auf. Falsche Zahlen zum Nachteil unseres Landes verwenden Sie auch bei den Kosten für Plätze an Ersatzschulen in freier Trägerschaft. Die angegebenen Schülerkosten je Hamburger Heimkind, das bei uns beschult wird, sind ebenfalls deutlich höher anzusetzen als in Ihrem Antrag aufgeführt. Im Förderschulbereich setzen Sie schließlich in Ihrer Aufstellung ebenfalls viel zu niedrige Kosten an gegenüber denen, die tatsächlich anfallen.

Das sind nur einige wenige Beispiele, die den Verdacht nähren, dass Sie kurz vor Verhandlungsbeginn mit Hamburg bewusst politisch motivierte Zahlen auf die Tische dieses Plenums gelegt haben. Wenn Sie eine derartige Rechnung dann auch noch als begründet oder gar als gerecht darstellen, liebe