Protocol of the Session on December 10, 2008

zeitig am 25. Mai 2008 auch die Wahlen zu den Gemeinde- und Kreisvertretungen stattfanden, bei denen regelmäßig - jedenfalls noch - höhere Wahlbeteiligungen zu verzeichnen sind, die sich im Kreis Segeberg dann naturgemäß auch auf die gleichzeitigen Landratswahlen erstreckt haben. Unabhängig von gleichzeitig stattfindenden anderen Wahlen ist es nur in Plön 2005 mit 36,8 %, in Stormarn 2003 mit 33,3 % und in Lauenburg 2002 mit 32,7 % zu Beteiligungen über 30 % gekommen. In Dithmarschen waren es 2002 mit 12,3 % und in Steinburg noch 2006 mit nur 14 % sogar erschreckend schwache Wahlbeteiligungen.

Den wahlmüden Steinburgerinnen und Steinburgern und den Pinnebergern kommen wir schon mit unserem heutigen Vorschaltgesetz sicherlich eher entgegen,

(Günther Hildebrand [FDP]: Vielen Dank für die Fürsorge!)

ohne dass dort der von der Opposition beklagte Demokratieverlust überhaupt als schmerzlich wahrgenommen wird.

Meine Damen und Herren, ich will schon hier und heute sagen, dass wir die Direktwahl der Oberbürgermeister - auch darauf hat der Kollege Kalinka schon hingewiesen - in den kreisfreien Städten und der hauptamtlichen Bürgermeister in den kreisangehörigen Städten und Gemeinden nicht wieder abschaffen wollen. Mit den Bürgermeistern in den Städten und Gemeinden identifizieren sich die Bürgerinnen und Bürger doch eher und näher als mit ihren Landrätinnen und Landräten. Das manifestiert sich nicht nur in wesentlich höheren Wahlbeteiligungen bei Bürgermeister-Direktwahlen. Die unterschiedliche Regelung ist auch deshalb gerechtfertigt, weil Bürgermeister einen wesentlich höheren Anteil an kommunalen Selbstverwaltungsangelegenheiten vorzubereiten und auszuführen haben als Landräte und Landrätinnen, die ja zu 80 bis 90 % lediglich weisungsgebundene Verwaltungsbeamte sind.

Wir werden für Landräte, Kreistage und Kreistagsausschüsse einen ausgewogenen Kompetentzenkatalog erarbeiten und dem Landtag zur Beratung vorlegen. In dieser Tagung bitten wir Sie, zunächst dem Vorschaltgesetz Ihre Zustimmung zu geben. Ausführliche Fachberatungen und Anhörungen brauchen wir dafür nicht, weil die Abschaffung der Landrats-Direktwahlen eine rein politische Entscheidung ist, und die ist bei den Mehrheitsfraktionen dieses Hauses gefallen.

(Beifall bei SPD und CDU)

(Klaus-Peter Puls)

Ich danke dem Herrn Abgeordneten Klaus-Peter Puls und erteile das Wort für die FDP-Fraktion dem Herrn Abgeordneten Günther Hildebrand.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die FDP war schon immer für weitestgehende Bürgerbeteiligung und für mehr Mitwirkungsrechte der Bürgerinnen und Bürger in Schleswig-Holstein. In den 90er-Jahren haben wir innerparteilich die Frage der Direktwahlen intensiv diskutiert und sind zu dem begründeten Ergebnis gekommen, dass nicht nur Landräte und hauptamtliche Bürgermeister direkt zu wählen seien, sondern auch die ehrenamtlichen Bürgermeister in den amtsangehörigen Gemeinden. Daran hat sich bis heute nichts geändert.

Folgerichtig sind wir deshalb gegen die Abschaffung der Direktwahl der Landräte. Eine Streichung der Direktwahl ist eine Beschneidung der demokratischen Rechte der Bürgerinnen und Bürger des Landes Schleswig-Holstein. Alle Welt - zumindest aber die Fraktionen in Schleswig-Holsteinischen Landtag - redet immer wieder davon, die Beteiligungs- und Mitwirkungsrechte unserer Einwohnerinnen und Einwohner auszubauen, um damit der Politikverdrossenheit und der Frustration über staatliches Handeln entgegnen zu können. Aber zum Teil sind das wohl nur Sonntagsreden. In dieser Hinsicht fällt den Fraktionen der Großen Koalition nichts Besseres ein, als demokratische Rechte der Bürgerinnen und Bürger zu streichen.

(Beifall bei FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das ist für uns völlig unverständlich, denn die Direktwahl auch der Landräte - insgesamt ist es, glaube ich, zu 20 Direktwahlen von Landräten gekommen - hat sich bewährt. So gab es bis in den letzten Jahren mehrere Wahlergebnisse, mit denen nicht der Kandidat der Mehrheitsfraktion im jeweiligen Kreistag von den Wahlberechtigten als Landrat gewählt wurde, sondern ein anderer Kandidat oder eine andere Kandidatin. Das zeugt von einem ausgeprägten Differenzierungsvermögen der Wählerinnen und Wähler.

(Beifall bei FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

In diesem Zusammenhang erinnere ich gern an eine Landratswahl, bei der der Kandidat der Fraktion, die über die absolute Mehrheit im Kreistag verfügte, nur unter „ferner liefen“ abschnitt und schon im

ersten Wahlgang gescheitert war und aus dem weiteren Verfahren ausschied. Bei einer Wahl durch den Kreistag wäre er jetzt Landrat.

Meine Damen und Herren, warum jetzt zum Thema Direktwahl ein Vorschaltgesetz? Was ist eigentlich in CDU und SPD gefahren? - Wie ich so höre - das ist ja auch eben vom Kollegen Puls bestätigt worden -, sollen durch die Große Koalition Anfang nächsten Jahres die Gemeindeordnung und die Kreisordnung gravierend geändert werden. Das Vorschaltgesetz, wenn es denn während dieser Tagung beschlossen wird, ist eine Lex Pinneberg und Lex Steinburg; denn nur diese beiden Kreise sind vom Vorschaltgesetz betroffen.

(Beifall bei FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dort sollte die Landratswahl zusammen mit der Europawahl am 7. Juni 2009 stattfinden. Die Wahlvorbereitungen hatten schon begonnen. Es gab entsprechende Beschlüsse der Kreistage. Diese Wahlen, und nur diese Wahlen, wollen Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen der Koalition, mit dem Vorschaltgesetz verhindern. Da kann man sich nur fragen: Was haben denn die Einwohnerinnen und Einwohner von Steinburg und Pinneberg verbrochen?

Die von Ihnen und auch vom Ministerpräsidenten genannte Begründung der zu erwartenden geringen Wahlbeteiligung kann kein Grund sein. Denn bei Landratswahlen mit mehreren Kandidaten oder einer Durchführung der Wahl zusammen mit einer anderen Wahl - auch das hat eben der Kollege Puls bestätigt - gab es immer Wahlbeteiligungen, die entweder vergleichbar oder jedenfalls zu akzeptieren waren. Warum also jetzt die Eile? Durch welche Motive werden Sie geleitet?

Es gibt nur eine Erklärung: CDU und SPD fürchten das Ergebnis einer Direktwahl! Sie fürchten, dass die Wählerinnen und Wähler in den beiden Kreisen nicht so wählen, wie CDU und SPD es gern hätten. Da ist es doch wesentlich sicherer, in den Kreistagen die Landräte zu wählen. Da gibt es dann auch noch die Möglichkeit der Absprachen; andere sagen dazu Kungelei.

(Zurufe von der CDU)

- Meine Damen und Herren, das ist doch einfach die gängige Praxis. Das wissen Sie doch auch.

Ich bitte um mehr Aufmerksamkeit für den Redner.

Es gibt aber auch noch einen anderen Aspekt. Ich weiß, dass der Kollege Astrup das auch kennt und das bestätigt, indem er jetzt lächelt.

(Holger Astrup [SPD]: Ich bestätige nur, dass die FDP befürchtet, dass sie nicht beteiligt ist! - Beifall bei SPD und CDU)

Jetzt müsste ich ja eigentlich noch meinen Dank aussprechen, Herr Kollege, weil wir in den beiden Kreisen sehr wohl beteiligt sein können, aber trotzdem für die Direktwahl sind. Wir verzichten auf die Kungelei in dieser Position!

(Beifall bei der FDP - Zurufe)

Es gibt aber auch noch einen anderen Aspekt. Was geschieht eigentlich in Segeberg? Wie auch SPD und CDU bekannt ist, laufen gegen die dortigen Landratswahlen derzeit verschiedene Klagen. Was ist eigentlich, wenn die Gerichte zu der Auffassung gelangen, dass die dort durchgeführten Direktwahlen ungültig gewesen sind? Dann müsste doch nach dem vorliegenden Vorschaltgesetz die Direktwahl durch eine Kreistagsentscheidung nachgeholt werden. Welch ein Irrsinn!

(Zuruf: Gut erkannt!)

Vielleicht kann ja auch der Kandidat, der dort unterlegen war, noch einmal antreten und hat dann eine Chance, Landrat zu werden.

Dass die SPD sich nun feiern lässt, die schon immer gewollte Abschaffung der Direktwahlen nun endlich durchgesetzt zu haben, wird sich gerade für Sozialdemokraten böse rächen. Sie werden feststellen, dass Sie nach meiner Einschätzung auf absehbare Zeit keinen einzigen Verwaltungschef mehr in den Landkreisen stellen werden. Ein hervorragender Erfolg des Landesvorsitzenden in den Verhandlungen mit der CDU! Nebenbei: Der Kreisvorsitzende der SPD in Pinneberg, Hans Birke - vielleicht mehreren bekannt -, ist sehr wohl für die Direktwahl und hat versucht, über den Hauptausschuss die Direktwahl im Kreis Pinneberg zu retten.

Als Fazit bleibt festzustellen, dass heute insbesondere ein Feiertag für bei den Wählerinnen und Wählern gescheiterte Landratskandidaten ist. Sie können nun doch noch hoffen, irgendwann Landrat in ihrem Kreis zu werden. Allerdings ist uns der Preis für diese Stellenbesetzungsmaßnahme schlichtweg zu hoch.

(Beifall bei FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich danke dem Herrn Abgeordneten Günther Hildebrand und erteile das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN der Frau Abgeordneten Monika Heinold.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Um es auf den Punkt zu bringen: Meine Fraktion lehnt den vorliegenden Gesetzentwurf ab. CDU und SPD schlagen einen gefährlichen Weg ein, wenn sie mit dem Argument der zu geringen Wahlbeteiligung eine Wahlmöglichkeit wieder abschaffen. Von seinem Wahlrecht Gebrauch zu machen beinhaltet auch, nicht zur Wahl zu gehen.

(Beifall bei der FDP - Zuruf des Abgeordne- ten Martin Kayenburg [CDU])

- Das Argument ist gerade gefallen, Herr Kayenburg, wenn Sie zugehört hätten!

Zudem war die Wahlbeteiligung sehr unterschiedlich. Waren es in Nordfriesland 23 % und in Plön 29 %, lag die Wahlbeteiligung im Kreis Segeberg das ist erwähnt worden - bei fast 48 %, also deutlich höher als bei der letzten Europawahl, an der sich in Schleswig-Holstein nur 36 % der schleswigholsteinischen Wahlberechtigten beteiligt haben.

(Günther Hildebrand [FDP]: Auch abschaf- fen!)

Nun frage ich Sie, meine Damen und Herren: Wollen Sie mit dem Argument auch die Europawahl abschaffen?

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Als Nächstes!)

Auch verwundert uns die Eile, mit der das Vorschaltgesetz jetzt durch den Landtag gepeitscht werden soll. Mit diesem Vorschaltgesetz wollen Sie das Verfahren in Steinburg und Pinneberg stoppen. Sie versuchen dort, ein demokratisches Verfahren zu einem Zeitpunkt zu stoppen, zu dem - Sie haben es selbst gesagt - niemand weiß, welchen genauen Inhalt Ihr angekündigtes Gesetz haben wird und wie dann die Bedingungen für die Landräte und für die Kreistage aussehen werden.

Warum, meine Damen und Herren, wählen Sie kein ordentliches Verfahren? Warum diese Eile? Warum ist keine Zeit für die Anhörung der Bürger und Bürgerinnen?

(Beifall bei der FDP)

Die Antwort kann nur lauten: Sie wollen mit Ihren parlamentarischen, mit Ihren kommunalen Mehr

heiten die Landratsposten mit Personen, die Ihnen politisch nahe stehen, sichern. Eine Wahl durch die Bevölkerung würde für Sie ein unkalkulierbares Risiko bergen.

(Beifall bei der FDP)

Es ist eben erwähnt worden: Die CDU wird sich ins Fäustchen lachen. Denn nicht nur Pinneberg und Steinburg werden an die CDU gehen. Wenn Segeberg schiefgeht, dann geht auch Segeberg an die CDU, und dann kann Ihre Kandidatin in Segeberg die Kofferpacken. Es ist unglaublich, dass Sie das zulassen!

(Beifall bei der FDP - Wolfgang Kubicki [FDP]: Für Stormarn gilt das auch! - Dr. Hei- ner Garg [FDP]: Das wollen sie doch so!)

- Für Stormarn gilt es auch noch.