Letzter Aspekt: Wir sind uns völlig einig darin, dass das eine Aufgabe aller ist. Möglicherweise wird sich sogar der Bund beteiligen. Ich halte es nicht an allen Stellen für richtig, dass der Bund auch bei Kultur- und Bildungsfragen jedes Mal mitentscheidet; aber natürlich freut man sich auch über das Geld. Letztlich macht das aber die Finanzverflechtungen wieder undeutlich. Aber die Kommunen sind auch in der Pflicht. Ich sage allen Kommunalpolitikern, die zum Teil an dieser Stelle sehr störrisch und ablehnend reagiert haben, dass es eine gemeinsame Aufgabe auch für die Kommunalpolitik in Schleswig-Holstein ist, hier etwas für die Kindergärten zu tun und auch einen Beitrag dazu zu leisten, dass wir in einer Schrittfolge zu einer völligen Beitragsfreistellung - die unstrittig ist - kommen.
Deshalb ist es eine völlige Selbstverständlichkeit, dass die Kommunen das, was sie jetzt bei den Sozialstaffeln aufwenden und was sie dort an Verwaltungskosten haben, mit einzubringen haben.
(Beifall bei der CDU, vereinzelter Beifall bei der SPD und Beifall der Abgeordneten Moni- ka Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Das ist eine Erwartung, die wir eindeutig haben. Natürlich muss man als Landtag, der den Kommunen schon einmal 120 Millionen € weggenommen hat, sehr sorgfältig sein und überlegen, ob man ihnen weitere Millionen wegnimmt.
- Ja, natürlich pro Haushaltsjahr, das ist unstreitig, Frau Kollegin Heinold. Sie haben es erfreulicherweise auch für notwendig und richtig gehalten, das zu machen.
Natürlich muss man sehen, ob man an der Stelle neue Belastungen formuliert. Aber das, was es schon jetzt an Aufwendungen gibt, ist auch an kommunalem Geld gut angelegt. Das, was es an Renditen aus der Funktionalreform gibt, sollte man sich fair teilen, wahrscheinlich hälftig zwischen Land und kommunaler Ebene. Insofern werden wir die Kommunen an dieser Stelle - das sage ich in aller kommunalpolitischen Freundschaft - auch nicht aus der Verpflichtung entlassen. Denn gute Bildungspolitik, gute Politik für Kinder und Jugendliche, ist eine Aufgabe für alle, der wir uns in aller Ernsthaftigkeit stellen müssen. Wenn wir diese Debatte in
dieser Sachlichkeit, wie sie heute Morgen von der Frau Ministerin begonnen wurde, fortsetzen können, dann bin ich zuversichtlich, dass wir einen Beitrag dazu leisten können, dass sich nicht nur Eltern freuen, sondern auch die Kinder sich freuen werden, die morgen und in den nächsten Jahren in den Kindergarten gehen und die natürlich ganz automatisch für die Schulden aufzukommen haben, die wir ihnen hinterlassen werden.
Ich glaube, es geht jetzt darum, dass wir gemeinschaftlich und seriös miteinander diskutieren und dann mit Augenmaß die notwendigen Entscheidungen treffen.
Ich danke Herrn Abgeordneten Dr. Wadephul. - Das Wort für die SPD-Fraktion hat jetzt Herr Vorsitzender und Abgeordneter Dr. Ralf Stegner.
Liebe Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete! „Wer etwas schaffen will, muss fröhlich sein“, sagt Theodor Fontane. Der 1. Oktober diesen Jahres war ein guter Tag, um fröhlich zu sein. Denn wir haben etwas beschlossen, was für die Kinder und Familien in SchleswigHolstein ein Meilenstein ist und was uns voranbringen wird.
Wir haben uns auf einen verbindlichen Stufenplan verständigt, nach dem im Jahr 2009 das dritte Jahr, im Jahr 2011 das zweite Jahr und im Jahr 2013 das erste Kindergartenjahr kostenfrei sein wird. Ich bedanke mich ausdrücklich bei unseren Koalitionskollegen, für die das ein schwieriger Schritt war, sich den Ruck zu geben, sodass wir das gemeinsam verbindlich vereinbaren konnten.
Die deutsche Sprache ist so schön, man kann die Dinge, die man klarmachen möchte, auch klar verabreden. Wir haben dies verabredet und haben gleichzeitig gesagt, dass wir das Ziel bekräftigen, verfassungsgemäße Haushalte zu verabschieden, um 2015 bei einem ausgeglichenen Haushalt zu landen. Ich möchte mich ausdrücklich bei der Frau Bildungsministerin für die exzellente Rede bedanken. Sie hat das nämlich zum Ausdruck gebracht,
Was bedeutet das? - Das bedeutet, dass Aufstieg durch Bildung - ich füge das als Vorsitzender einer Fraktion hinzu, die einer 145 Jahre alten Partei angehört die das als Gründungsmotiv hatte - stattfinden kann, dass die Bildungsbarrieren aufhören und dass wir aus finanziellen Gründen Kinder nicht mehr fördern. Das fängt an im Kindergarten, das geht über vernünftige Schülerbeförderung, die die Eltern nicht zahlen müssen, das geht über längeres gemeinsames Lernen bis hin zum kostenfreien Studium. Das ist ein Meilenstein für die soziale Gerechtigkeit in Deutschland und in Schleswig-Holstein.
Was die Eltern davon halten, das können wir sehen, wenn man einmal schaut, wie sie das Thema längeres gemeinsames Lernen betrachten oder wie sie sich letztlich gefreut haben, dass es uns gelungen ist, die Mehrbelastung gerade im ländlichen Raum im Zusammenhang mit der Schülerbeförderung zu vermeiden.
Wenn wir dies machen, ist das aber auch eine riesige Entlastung für die Familien. Es kann überhaupt keine Steuerreform geben, die den ganz normalen Familien, denen, die arbeiten, denen, die Mühe haben, mit den höheren Energiekosten zurechtzukommen, denen, die Angst haben, selbst wenn sie jetzt in einem gut verdienenden Unternehmen arbeiten, ob nicht Arbeitsplätze abgebaut werden, eine größere Entlastung bietet. Sie bekommen mit der Gebührenfreiheit für die Kinder eine Entlastung, wie sie größer nicht sein könnte. Insofern ist das auch ein Riesenschritt zu familienpolitischer Vernunft in diesem Land, über den sich die Eltern und Bürger richtig freuen können, übrigens auch die Großeltern, die selbst noch wissen, wie das war, als sie selbst das haben bezahlen müssen.
Herr Kollege Wadephul, ich freue mich sehr darüber, dass Sie das richtig finden, was Günther Jansen 1991 eingeführt hat, nämlich dass Kindertagesstätten einen Bildungsauftrag haben. Warum sind die Gebühren in Schleswig-Holstein so hoch? - Sie sind deshalb die höchsten in der Republik, weil wir 1988 - vor 20 Jahren - als Schlusslicht der Republik mit der schlechtesten Kindergartenversorgung angefangen haben. Liebe Kollege Neugebauer, damals waren im Landeshaushalt 700.000 DM für die
Kita-Förderung vorgesehen. Heute sind es 60 Millionen €, und die reichen nicht. Wenn man sich das anguckt, dann kann man nur sagen: Es war eine Großtat, uns von dem Tabellenschlusslicht in der Kita-Förderung wegzuführen. Das war ein Kraftakt des Landes, der Kommunen und der Eltern, die sehr hohe Beiträge bezahlen mussten. In Schleswig-Holstein müssen sie ganz hohe Beiträge bezahlen. Davon müssen wir sie befreien, und davon werden wir sie befreien.
Ich füge gern hinzu: In Koalitionen ist es so, dass man dann, wenn man sich verständigt und Kompromisse macht, einen Preis für solche Einigungen bezahlen muss. Der Preis für diese Einigung war, dass wir uns unter anderem auf eine Stufung nach dem dritten, dem zweiten und dem ersten Jahr eingelassen haben, obwohl die Fachleute sagen, es wäre vernünftiger, mit dem ersten Jahr zu beginnen, weil in diesem Jahr weniger Kinder in der Förderung sind. Wir wollen ja möglichst die erreichen, die nicht in der Förderung sind. Natürlich wäre eine Folge nach dem ersten, dem zweiten und dem dritten Jahr auch schneller gekommen. Hier gilt aber das, was Frau Erdsiek-Rave völlig zu Recht gesagt hat. Man muss das mit Augenmaß und mit dem Blick auf das, was erreichbar ist, machen. Ich füge hinzu: Die SPD hat zugestimmt, mit dem falschen Jahr anzufangen, weil wir den Stufenplan verbindlich verabredet haben. Sonst hätten wir das nicht getan. Das war die inhaltliche Begründung dafür, warum wir das miteinander so vereinbart haben.
Verehrter Herr Kollege Wadephul, ich bin Historiker. Es ist unter anderem richtig, dass die CDUFraktion den ersten Gesetzentwurf eingebracht hat. Das ist wahr, den haben wir um Ostern herum durch die Presse von Ihnen bekommen. Entscheidend ist aber nicht, wer den ersten Gesetzentwurf gemacht hat. Darin stand: Wir wollen die Kommunen fördern, die das anbieten. Das ist nicht unsere Vorstellung. Wir wollen für die Kinder in Schleswig-Holstein die Beitragsfreiheit in den Kindergärten gesetzlich verankern. Das werden wir jetzt gemeinsam tun. Ich beglückwünsche Sie also zu dem ersten Entwurf, aber wir machen gemeinsam etwas Vernünftiges, indem wir das umsetzen, was wir jetzt im Koalitionsausschuss besprochen haben.
Die zweite Stufe dieses Kompromisses bestand darin, dass wir die Verwaltungsstrukturreform, die ich nach wie vor für richtig und notwendig halte, mit Blick auf die finanzielle Vernunft und auf die Föderalismuskommission beerdigen mussten. Auch das räume ich gern ein. Das war der Preis dafür, um sich mit Ihnen darauf zu verständigen. Ich finde das schade und schwierig.
Ich muss aber akzeptieren, dass es dafür keine parlamentarische Mehrheit gab. Deshalb müssen wir das verschieben. Wir haben nur gesagt, wir machen keine Scheinreform. Wir machen keine Reform, die nichts taugt, das Land für 30 Jahre bindet und in die Sackgasse führt. Deshalb hielten wir den Kompromiss für vertretbar.
Ich komme zu einem weiteren Aspekt, der deutlich macht, warum das ein Kompromiss war. Wir hätten uns gewünscht, die Tatsache, dass es in SchleswigHolstein Kinder gibt, die keine warme Mahlzeit haben, durch eine strukturelle Lösung zu verändern und nicht mit einer karitativen Lösung, wie wir sie im Moment haben. Das werden wir in der nächsten Legislaturperiode machen müssen. Wir haben hier nur vereinbaren können, dass wir den Fonds bis Ende des Jahres absichern. Aber immerhin, das ist auch etwas. Wir werden das anzupacken haben.
Jetzt gibt es die interessante Frage, ob wir uns das leisten können. Ich bin der Bildungsministerin sehr dankbar dafür, dass sie hier noch einmal etwas dazu gesagt hat. Wer die Meinung der Fachleute dazu gehört hat, der weiß, dass die Frage nicht lautet, ob wir uns das leisten können. Wir müssen uns das leisten. Wenn wir nämlich in die Kinderbetreuung investieren, dann vermeiden wir an anderer Stelle Kosten, nämlich bei der Jugendhilfe, bei denen, die keinen Ausbildungsplatz kriegen, bei denen, die niemals einen Arbeitsplatz kriegen, durch den sie Steuern und Beiträge bezahlen. All das wird durch vernünftige und frühzeitige Förderung von Kindern vermieden. Es ist volkswirtschaftlich vernünftig, es ist richtig, und wir können uns das auch leisten. John F. Kennedy hat völlig zu Recht gesagt: Es gibt nur eines, was auf Dauer teurer ist als Bildung, nämlich keine Bildung.
Lassen Sie mich auch dies zur Finanzkrise sagen; jetzt bin ich bei Ihnen, Herr Oppositionsführer. Auch die Finanzkrise ist kein Grund, das nicht zu machen. Im Gegenteil, wir lernen jetzt, dass es wieder Sinn macht, über Gemeinsinn zu reden und nicht über Eigennutz. Wenn wir Ihren Ratschlägen zur Kapitaldeckung gefolgt wären, dann hätten wir keine Finanzkrise, sondern wir hätten in diesem Land eine Staatskrise.
Wir brauchen einen handlungsfähigen Staat, der etwas für die Bildung tut und der Gemeinsinn und nicht Eigennutz in den Vordergrund stellt. Den Bürgern zu erzählen, dass wir das Versagen von Bankmanagern mit Steuermitteln ausgleichen müssen -
- In den Vereinigten Staaten waren es 700 Milliarden $. In Amerika wird dieser Betrag aus Steuergeldern gedeckt. Wir haben im Augenblick Bürgschaften gegeben. Ich will deutlich sagen: Den Bürgern zu sagen, wir haben kein Geld für Bildung, aber wir gleichen aus, was andere verursacht haben, wird von ihnen nicht akzeptiert werden. Deshalb finde ich sehr wohl, dass man diesen Zusammenhang ansprechen muss.
Ich füge hinzu: Die Bürger sind auch keine Dorfbürger, Kreisbürger, Landesbürger, Bundesbürger oder Europabürger, sondern sie sind Bürger, die Steuern zahlen. Sie erwarten, dass der Staat ihnen für diese Steuern ein Bildungssystem gibt, das gerecht ist, das sie nicht benachteiligt und das ihren Kindern Chancen für ihre Zukunft und für die Zukunft des Landes gewährt.