Protocol of the Session on September 11, 2008

(Beifall der Abgeordneten Angelika Birk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

(Minister Uwe Döring)

Deshalb haben wir dem damaligen Gesetz nicht zugestimmt, obwohl es - das habe ich auch immer wieder deutlich gesagt - für den Gesundheitsschutz in Schleswig-Holstein ein großer Fortschritt im Vergleich zu früher war. Wenig ist besser als gar nichts.

Bei der Verabschiedung des Gesetzes war auch klar, dass die vielen Ausnahmetatbestände zu ungerechtfertigten Wettbewerbsverzehrungen führen würden. Dies ist nun vom Bundesverfassungsgericht bestätigt worden. Das höchste deutsche Gericht hat festgestellt, dass der Gesetzgeber ein striktes, ausnahmsloses Rauchverbot verhängen kann.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Kann!)

- Kann, ja. Habe ich doch gesagt. Habe ich etwas anderes gesagt? Nein, habe ich nicht.

Der Schutz der Bevölkerung vor Gesundheitsgefahren durch das Passivrauchen ist ein überragend wichtiges Gemeinwohlziel, das eine derartige Maßnahme rechtfertigt.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Ein konsequenter, ausnahmsloser Nichtraucherschutz ist mit der Verfassung vereinbar.

Vom ersten Tag des Inkrafttretens an gab es Probleme mit dem schleswig-holsteinischen Gesetz. Gastwirte mahnten eine massive Bedrohung ihrer Existenz an und boykottierten ganz öffentlich den Vollzug. Findige Kneipiers widmeten kurz entschlossen ihre Räumlichkeiten zu Vereinen um. Andere taten sich zusammen; aus zwei wurde eins, und so konnte dann eine Gaststätte als Nebenraum deklariert als Raucherlokal gelten. Sie alle erinnern sich an die Gaardener Kneipe „Zum Brook“. Der Ministerpräsident, volksnah wie er ist, hat diese höchst persönlich besucht, um dem Inhaber zu versichern, dass er schon alles regeln würde. Das hat er zwar nicht getan, aber die Ordnungsbehörden fassten dies anscheinend als Aufforderung auf, den Nichtraucherschutz locker anzugehen.

Das Bundesverfassungsgericht hat nun Handlungsbedarf aufgezeigt. Die Bundesländer müssen sich entweder für ein konsequentes Verbot aussprechen oder aber Ausnahmeregelungen verabschieden, welche nachvollziehbar und gerecht sind. Meine Fraktion plädiert für einen konsequenten Nichtraucherschutz und bringt deshalb heute dazu erneut unseren Gesetzentwurf ein. Wir wollen, dass die Ausnahmeregelungen im Nichtraucherschutzgesetz gestrichen werden,

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

nicht, weil wir die Volkserzieher der Nation sind, sondern weil nur ein konsequentes und ausnahmsloses Rauchverbot einen wirklichen Schutz vor den Gefahren des Passivrauchens für die Gäste und für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer garantiert. Wir fordern eine klare und einfache Regelung, welche Missverständnisse, Interpretationsmöglichkeiten und Wettbewerbsverzerrungen ausschließt.

Leider hat die Große Koalition in Berlin es nicht geschafft, über das Arbeitsschutzgesetz eine bundeseinheitliche klare Regelung zu finden. Und nicht nur das; die CDU-geführten Bundesländer haben sogar eine gemeinsame Gesundheitskonferenz boykottiert, auf der nach einer gemeinsamen Lösung gesucht werden sollte. Gesundheitsministerin Trauernicht, die zu dieser Konferenz eingeladen hatte, kam ohne Erfolg nach Hause.

Meine Damen und Herren von der CDU in Schleswig-Holstein, schauen Sie einmal nach Bayern, wo ihre Schwesterpartei den Nichtraucherschutz konsequent umsetzt.

(Unruhe bei der CDU)

Hier lässt sich doch vom Freistaat etwas lernen.

Schließen Sie sich unserer grünen Position an. Sie ist einfach, sie ist unmissverständlich, sie ist verfassungskonform.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Für die Fraktion der FDP erteile ich Herrn Abgeordneten Dr. Heiner Garg das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Das gilt auch für den Vorschlag der FDP-Fraktion. Er ist einfach, er ist verfassungsgemäß und man kann ihn sofort umsetzen, wenn man will. Ich gebe allerdings zu, er ist natürlich nicht volkserzieherisch wie der Vorschlag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Also, liebe Kolleginnen und Kollegen insbesondere von der Union, mal gucken, wo ihr liberales Herz, das Sie angeblich ab und zu entdecken wollen, tatsächlich schlägt, ob für Volkserziehung und Komplettverbote oder für eine Lösung, die auf Selbstbestimmung und auf Toleranz einer Gesellschaft setzt.

(Monika Heinold)

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf von uns kämen wir einer Gesetzesharmonisierung in den norddeutschen Bundesländer relativ nahe. In Hamburg regieren die Grünen mit, Frau Kollegin Heinold, da gibt es - wenn ich das richtig sehe -, kein totales Rauchverbot in gastronomischen Einrichtungen. Da gibt es keine Initiative Ihrer Fraktion.

(Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Das Leben ist hart!)

- Ja, genau, das Leben ist hart. Ich finde Ihren Antrag auch hart. Ich finde ihn auch hart an der Grenze des Erträglichen, um einmal ganz deutlich zu sein.

(Beifall bei FDP und CDU)

Ich will Ihnen auch gleich sagen, warum er hart an der Grenze des Erträglichen ist. Wir haben ein Nichtraucherschutzgesetz verabschiedet - meine Fraktion hat aus gutem Grund nicht dafür gestimmt -, das den Wirten, die mehr als einen Gastraum zur Verfügung haben, die Möglichkeit lässt, den kleineren Raum als Raucherzimmer auszuweisen, in dem geraucht werden darf.

Mittlerweile sind etliche Investitionen getätigt worden, um einen solchen Raum entsprechend auszustatten. Und nun wollen Sie ernsthaft einen Gesetzentwurf vorlegen, der das alles wieder einkassiert und der ein komplettes Rauchverbot in sämtlichen gastronomischen Betrieben verfügt. Liebe Frau Kollegin Heinold, ich kann Ihnen sagen, was passiert. Die Wirte werden das Land zu Recht mit Schadensersatzklagen überziehen. Bei den Haushaltsberatungen erwarte ich dann Ihre Deckungsvorschläge.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU - Zuruf der Abgeordneten Monika Hei- nold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

- Sie haben doch Ihren Gesetzentwurf verursacht, diesen Unsinn. Unser Gesetzentwurf ist ein ganz pragmatischer Ansatz. Es soll bei uns nicht um Volkserziehung gehen, wie bei Ihrem Antrag, der mit vollständigen Verboten ein gastronomisches Angebot mit einem Krankenhaus, einer Kindertagesstätte oder eine Schule gleichsetzt.

(Beifall bei der FDP)

Unser Gesetzentwurf beseitigt Abgrenzungsprobleme, um das auch deutlich zu sagen, und er gibt Rechtssicherheit. Dabei sind folgende Neuregelungen vorgesehen:

Erstens. Die Ausnahmeregelung für sogenannte Einraumgastronomiebetriebe.

Da fällt mir ein: Erzählen Sie doch dieses Märchen vom Mitarbeiterschutz nicht weiter. Es geht Ihnen doch gar nicht um den Mitarbeiterschutz. Sie wollen doch sogar in den inhabergeführten Einraumkneipen das Rauchen verbieten, wo gar keine Mitarbeiter da sind.

(Beifall bei der FDP - Zuruf der Abgeordne- ten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Verschonen Sie uns mit Ihrer volkserzieherischen Ideologie, dass Menschen so zu leben haben, wie BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sich das vorstellen.

(Lebhafter Beifall bei FDP und CDU)

In unserem Gesetzentwurf wird das Bundesverfassungsgerichtsurteil eins zu eins umgesetzt: Gastronomiebetriebe mit einer Gastfläche von 75 m2 oder weniger, ohne Nebenraum, ohne Angebot an zubereitenden Speisen.

Wenn ich dann mit dem einen oder anderen Kollegen von der Seite diskutiere, dann finde ich das immer sehr originell, nicht wahr, Herr Eichstädt? Dann diskutieren Herr Eichstädt und ich ernsthaft darüber, ob Tortilla-Chips, Salzstangen oder Buletten zubereitete Speisen sind oder nicht. Deswegen könne man eine so komplizierte Regelung, wie die FDP sie vorschlägt, gar nicht bringen. Demnächst gehen wir zu Taufveranstaltungen, weil Herr Eichstädt Buletten und fertige Schnitzel tauft. Man kann eine Geschichte wirklich komplizierter machen, als sie ist. Gucken Sie einfach einmal in das Bundesverfassungsgerichtsurteil. Lesen Sie das, und dann werden Sie sehen, mit unserem Vorschlag, den wir Ihnen heute vorgelegt haben, kriegen Sie die Umsetzung des Urteils eins zu eins auf die Reihe. Ich denke, es geht um Rechtsklarheit und Rechtssicherheit für Gäste und Wirte.

Ich sage das immer wieder gern, liebe Kollegin Heinold: Ich versuche, Respekt zu haben und Ihre Auffassung zu respektieren, dass Sie allen und überall das Rauchen verbieten wollen. Dann erwarte ich von Ihrer Bundestagsfraktion eine Initiative, die den Tabakkonsum in der Bundesrepublik konsequent verbietet,

(Beifall bei der FDP - Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Den Gefal- len werden wir Ihnen nicht tun!)

dass Sie auf die vierzehneinhalb Milliarden € Tabaksteuereinnahmen jedes Jahr verzichten, mit de

(Dr. Heiner Garg)

nen die Grünen verkünden, gute Dinge tun zu wollen, und ich erwarte natürlich auch, dass der Tabakanbau in der Europäischen Union keinen Tag länger aus Steuermitteln subventioniert wird.

(Beifall bei der SPD - Zuruf der Abgeordne- ten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Wenn Sie ernsthaft an einer Diskussion, wie man das Bundesverfassungsgerichturteil im Sinn der Bürgerinnen und Bürger - und wir sind Volksvertreter und keine Volkserzieher - sehen muss, interessiert sind, lade ich Sie herzlich ein. Sie haben zwei diametral unterschiedliche Vorschläge auf dem Tisch liegen. Ich würde mich natürlich am Ende über eine Zustimmung zu unserer pragmatischen Lösung freuen.

(Beifall bei FDP und CDU - Zurufe der Ab- geordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Angelika Birk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Für die Fraktion der CDU hat deren Vorsitzender, Herr Abgeordneter Dr. Johann Wadephul, das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die „Kieler Nachrichten“ haben heute morgen in einer Überschrift den Eindruck zu erwecken versucht, es gebe möglicherweise eine Krise in der Koalition und da könnte irgendetwas geschehen. Angesichts des Zustands der völligen Zerstrittenheit der Opposition kann ich sagen:

(Zuruf: Das ist doch keine demokratische Auffassung! - Weitere Zurufe)

Dagegen, lieber Herr Kollege Kubicki, ist es in dieser Koalition harmonisch und vertrauensvoll.