Protocol of the Session on September 10, 2008

(Konrad Nabel [SPD]: Wir sind hier ein Par- lament und kein juristisches Seminar!)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Nabel, das war das beste Stichwort des Tages: Sie sind Parlament, Sie sind keine Genehmigungsbe

hörde, auch keine verwaltungsrechtliche Genehmigungsbehörde. Wir können am Ende über Recht unterschiedlicher Auffassung sein. Ihre Macht ist es, im Zweifelsfalle das Recht so zu ändern, wie es dem Parlament passt. Meine Befähigung besteht darin, dieses Recht auszulegen und anzuwenden. Sie haben keine Möglichkeit, in einem behördlichen verwaltungsrechtlichen Genehmigungsverfahren mir Ihre Rechtsauffassung aufzuzwingen und überzustülpen. Dann müssen Sie Gesetze ändern, so sind nun mal die Spielregeln in der Demokratie. Das können wir gern noch einmal im Ausschuss ausdiskutieren, aber daran wird sich nichts ändern.

(Vereinzelter Beifall bei CDU und FDP)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung. Es ist beantragt worden, die Drucksache 16/2203 federführend dem Umweltund Agrarausschuss und mitberatend dem Wirtschaftsausschuss und - ich empfehle - das meine ich ernst – dem Innen- und Rechtsausschuss zu überweisen, denn es geht ja auch um grundsätzliche juristische Dinge, wie wir eben vom Minister gehört haben, und darum, was wir dürfen und was wir nicht dürfen sollen.

Wer so beschließen will, den bitte ich um sein Handzeichen. - Dann ist das so geschehen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 16 auf:

Versenken von Felsblöcken im Sylter Außenriff

Antrag der Fraktion der FDP Drucksache 16/2217

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Mit dem Antrag wird ein Bericht in dieser Tagung gewünscht. Daher lasse ich zunächst über den Berichtsantrag abstimmen. Wer diesen Bericht hier und heute hören möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Das ist so beschlossen.

Herr Minister von Boetticher, ich bitte Sie um Ihren Bericht.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Eine Bemerkung vorab: Mir wird es nicht möglich sein, in fünf Minuten detailliert auf die vier umfangreichen Fragen der FDP-Fraktion einzugehen. Ich bitte daher darum, dass ich im Ausschuss

noch einmal detailliert Rede und Antwort stehen kann. Im Vorwege möchte ich dennoch einige Dinge nennen. Mein Ministerium arbeitet in Sachen des Meeresschutzes sehr erfolgreich und gut mit Greenpeace zusammen. Wir hatten sowohl in Berlin als auch in Brüssel mehrere gemeinsame Aktionen. Zu dieser Aktion muss ich allerdings sagen: Sie ist illegal, sie ist rechtswidrig. Deshalb ist sie natürlich abzulehnen.

(Beifall bei der CDU und der Abgeordneten Bernd Schröder [SPD] und Lars Harms [SSW])

Nach dem Hohe-See-Einbringungsgesetz ist das Einbringen von Gegenständen in die Hohe See ganz ausdrücklich verboten. Das ist Greenpeace auch mit Schreiben vom 12. August 2008 vom Bundesamt für Seefahrt, Schifffahrt und Hydrografie mitgeteilt worden. Ich habe jetzt gehört, dass das Bundesverkehrsministerium eine Unterlassungsverfügung umgesetzt hat. Das heißt, es ist der Reederei verboten, das Schiff, das sie an Greenpeace vermietet hat, weiter zu diesen Zwecken einzusetzen. Es wird mit Spannung zu beobachten sein, wie es weitergeht. Es gibt bereits den Erlass einer einstweiligen Verfügung eines Hamburger Gerichts auf eine Strafzahlung von 250.000 € bei Zuwiderhandlung. Im Augenblick werden also einige Dinge unternommen.

(Zuruf des Abgeordneten Detlef Matthiessen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

- Das Datum habe ich vorliegen. Ich glaube, sie ist vom 20. August. Ich bin mir aber so frei aus dem Kopf heraus nicht sicher. Wir alle sind uns darin einig, dass die Aktion selbst keinen naturschutzfachlichen Schaden anrichtet. Sie hindert aber Sandund Kiesabbaubetriebe und die Fischerei an der Ausführung dessen, wofür sie Genehmigungen erhalten haben. Sie hindern diese Unternehmen auch daran, genehmigungsfreie Tatbestände auszuführen. Das ist ein wirtschaftliches Problem.

Eine Bemerkung zur Lage: Das Sylter Außenriff liegt nicht - wie viele glauben - kurz vor der Insel Sylt. Man kann vom Strand aus nichts sehen. Es handelt sich hier um eine ausschließliche Wirtschaftszone, die weit innerhalb der Nordsee liegt. Hier gibt es eine Bundeszuständigkeit. Das ist ein NATURA-2000-Gebiet. Das haben Sie mitbekommen. Natürlich darf auch innerhalb eines NATURA-2000-Gebietes eine wirtschaftliche Nutzung erfolgen. Diese Nutzung darf am Ende jedoch die Struktur und den Lebensraumtyp vor Ort nicht erheblich beeinträchtigen. Selbst dann aber gibt es

(Minister Dr. Christian von Boetticher)

Ausnahmen. Ich nenne als Stichwort hier nur das Mühlenberger Loch. So weit sind wir dort natürlich nicht.

Wann das der Fall ist, wann also eine erhebliche Beeinträchtigung vorliegt, entscheidet wie immer die dafür legitimierte Behörde und keine Nichtregierungsorganisation. Das ist in diesem Fall das Landesbergamt in Beteiligung mit dem Bundesamt für Naturschutz. Was die Auskiesung angeht, so sind dort gerade vom Bundesamt für Naturschutz, das Herrn Gabriel untersteht, etliche Auflagen gemacht worden. Es wurden zeitliche Beschränkungen ausgesprochen und Abbauverbotszonen eingerichtet. Weiter sind Monitoringverfahren und Reaktivierungszeiten zu nennen. All das steht in der Genehmigung und in der Ausübungserlaubnis für die Kiesabbauunternehmen. Durch die Einbringung werden genau diese genehmigten Nutzungen verhindert. Es entsteht also ein wirtschaftlicher Schaden. Ob und inwieweit das geltend gemacht wird, bleibt den rechtlich Beteiligten natürlich überlassen.

Ich möchte daher feststellen, dass es diese rechtliche Unzulässigkeit gibt. Für das Gebiet ist eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof anhängig. Die Klage wurde eingereicht. Wie sich das für jeden Normalbürger und auch für jede Organisation gehört, so hat auch diese Organisation die Pflicht, auf ein solches Urteil zu warten. Daraus werden dann Schlüsse gezogen. Dann muss entweder die Bundesregierung ein rechtswidriges Verhalten abstellen oder nicht. Wenn wir jedoch dulden würden, dass Bürger oder Organisationen dann, wenn sie meinen, sie hätten recht, zur Selbsthilfe greifen, dann wären wir alle auf einem sehr schlechten Weg in dieser Demokratie. Insofern gibt es auch von meiner Seite eine klare Ansage. Die Genehmigungsbehörde bleibt das niedersächsische Landesbergamt und das Bundesamt für Naturschutz. Danach wird auch entschieden.

Ich habe deutlich gemacht, dass hier entsprechende naturschutzrechtliche Belange eingeflossen sind. Daher kann ich nur hoffen, dass wir nach der Umsetzung der Unterlassungsverfügung durch das Bundesverkehrsministerium vielleicht dieses rechtswidrige Sommertheater beenden können. Wie die Sache naturschutzfachlich aussieht, werden wie immer - die zuständigen Gerichte entscheiden. In diesem Fall ist das der EuGH in Brüssel. Danach sehen wir uns wieder. Danach muss der Bundesminister entweder etwas umsetzen oder Greenpeace hat auch aus naturschutzfachlicher Sicht völlig zu

unrecht gehandelt. Das werden uns aber die Gerichte mitteilen.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Ich danke dem Herrn Minister für den Bericht. Er hat genau fünf Minuten gesprochen. Ich eröffne die Aussprache und erteile für die CDU-Fraktion Herrn Abgeordneten Axel Bernstein das Wort.

(Zurufe - Günther Hildebrand [FDP]: Ich dachte, wir hätten den Antrag gestellt!)

- Entschuldigung, der Antragsteller darf nie vergessen werden. - Herr Hildebrand Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die FDP-Fraktion tritt für Naturschutz ein. Sie tritt für den Schutz von FFH Gebieten ein, auch im Sylter Außenriff. Wir halten es für eine richtige Entscheidung, dass das Nordseeareal vor Sylt im Jahr 2004 als NATURA-2000-Gebiet gemeldet worden ist.

(Detlef Matthiessen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber!)

Die FDP tritt aber auch für den Rechtsstaat ein. Die Begeisterung, mit der die Presse die Aktionen von Greenpeace als „Seeschlacht vor Sylt“ geradezu feiert, lehnen wir deshalb ab.

(Beifall bei FDP und CDU sowie des Abge- ordneten Lars Harms [SSW])

Eigenmächtig Natursteine im Meer zu versenken, um vermeintlich ein Naturschutzgebiet zu schützen, entspricht eben nicht dem Recht. Bereits am 18. August wurde durch das Bundesumweltministerium festgestellt, dass das Einbringen von Steinen durch Greenpeace im Meeresschutzgebiet Sylter Außenriff vor Sylt eine rechtswidrige Handlung ist. Konsequenzen hatte das bislang nicht. Stattdessen erklären mögliche Verantwortliche öffentlich, warum sie nicht zuständig sind. Die Presse zitiert den Bundesumweltminister mit den Worten: „Ich kann die Motive von Greenpeace verstehen.“

Eine Greenpeace-Mitarbeiterin erobert die Schlagzeilen mit dem Hinweis, dass schließlich ein Naturschutzgebiet geschützt würde. Aber auch im Naturschutz heiligt der Zweck nicht die Mittel. Verstöße gegen das geltende Recht - und das Versenken von Felsblöcken im Sylter Außenriff ist ein Verstoß

(Minister Dr. Christian von Boetticher)

müssen unabhängig von den angeblich oder tatsächlich verfolgten Zielen und unabhängig von den handelnden Personen oder Organisationen geahndet werden.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU sowie Beifall des Abgeordneten Lars Harms [SSW])

Zumindest in diesem Punkt scheint der Ministerpräsident mit uns einer Meinung zu sein, der inzwischen das Umwelt- und Verkehrsministerium in Berlin aufgefordert haben soll, endlich ein Ordnungswidrigkeitsverfahren gegen Greenpeace einzuleiten, damit die Bundespolizei handeln kann. Das erscheint zumindest konsequent.

Mindestens genauso spannend ist aber die Frage, wie es überhaupt dazu gekommen ist, dass Greenpeace glaubt, auf die normative Kraft des Faktischen ausweichen zu müssen, um im Sylter Außenriff ein Verbot der Fischerei sowie des Abbaus von Kies und Sand zu erwirken. Dies gilt jedenfalls dann, wenn man unterstellt, dass es Greenpeace um die Sache geht und nicht darum, medienwirksam in eigener Sache zu trommeln, damit möglicherweise die Spenden wieder stärker sprudeln.

Wie steht es um die Fischerei und den Kies- und Sandabbau im Sylter Außenriff? Was können wir hier gegebenenfalls tun? - Was die fischereirechtlichen Beschränkungen angeht, so ist das eher weniger. Es ist bekannt, dass diese Frage unter Berücksichtigung bundesrechtlicher Beschränkungen in einem Naturschutzgebiet abschließend der EUFischereirat entscheiden muss und dass SchleswigHolstein wenig zu sagen hat. Trotzdem erlaube ich mir an dieser Stelle den Hinweis, dass ich die Sorgen und Befürchtungen des Kutter- und Küstenfischereiverbandes teile, dass die riesigen Felsblöcke Hindernisse bilden, an denen geschleppte Netze leicht hängen bleiben und die Fischereifahrzeuge und ihre Besatzung in große Gefahr bringen können.

(Jürgen Feddersen [CDU]: Sehr richtig!)

Diese Gefährdungen sind völlig unverhältnismäßig. Sie sind auch naturschutzfachlich unbegründet, solange sich die Fischer an die ihnen gemachten Auflagen halten. Ihre jahrzehntelange fischereirechtliche Nutzung hat das Gebiet nicht beeinträchtigt.

Soweit es um den Sand- und Kiesabbau geht, ist jedoch ausschließlich das jeweilige Land für die Durchführung der Genehmigungsverfahren zuständig. Schleswig-Holstein hat also das Sagen. Die zu

ständige Behörde ist das mit Niedersachsen gemeinsam geführte Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie.

Im Rahmen dieser Zuständigkeit hat die schleswigholsteinische Landesregierung genehmigt, dass Kies und Sand im Gebiet vor Sylt abgebaut werden. Seit 2002 ist im Feld Weiße Bank die Sand- und Kiesgewinnung auf Grundlage eines Planfeststellungsbeschlusses mit integrierter Umweltverträglichkeitsprüfung bis März 2039 zugelassen.

Ich betone das und möchte insbesondere den Hinweis auf die Umweltverträglichkeitsprüfung lenken, weil es im Rahmen des Verfahrens durchaus Bedenken oder zumindest anderslautende Stellungnahmen des Bundesamts für Naturschutz als zuständiger Genehmigungsbehörde gegeben hat. Schleswig-Holstein ist seinerzeit den vom BfN vorgebrachten Argumenten, die unter anderem auch eine Beeinträchtigung der Nahrungshabitate von Schweinswalen, Kegelrobben und Seevögeln hinwiesen, nicht gefolgt. - Warum? Ich gehe nicht davon aus, dass Rot-Grün seinerzeit damit Natur- und Artenschutz schwächen wollten. Sie haben die Genehmigung damals erteilt. Insbesondere die Grünen, die Greenpeace heute so unterstützen, sollten sich das bewusst machen. Soweit Gründe des Küstenschutzes den Ausschlag dafür gegeben haben, kann die FDP die Entscheidung nur unterstützen.

Bei der Abwägung der Interessen von Mensch und Natur gibt es für die FDP überhaupt keinen Zweifel, dass die Sicherheit der Menschen auf den Nordseeinseln und hinter den Deichen Vorrang hat. Unter diesem Vorzeichen bleibt es unser Ziel, den Schutz des FFH-Gebiets sicherzustellen, und zwar nach rechtsstaatlichen Verfahren. Mit allem anderen würde dem Naturschutz ein Bärendienst erwiesen werden.

(Beifall bei FDP, CDU und des Abgeordne- ten Lars Harms [SSW])

Ich danke dem Herrn Abgeordneten Hildebrand und erteile für die CDU-Fraktion dem Herrn Abgeordneten Axel Bernstein das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Stellen Sie sich einmal vor, die Anwohner einer viel befahrenen Hauptstraße einer x-beliebigen Gemeinde in Schleswig-Holstein würden, um die Einhaltung der Höchstgeschwindigkeit auf dieser Stra

(Günther Hildebrand)