Protocol of the Session on July 18, 2008

(Angelika Birk)

andere Gesetzgebungen gelten, ist dieser Ort nicht geeignet, um dort noch weiteren Müll anzuhäufen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Für die Fraktion der CDU erteile ich dem Herrn Abgeordneten Axel Bernstein das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir investieren jedes Jahr viele Milliarden Euro, um die verheerenden Hinterlassenschaften des sozialistischen Regimes in den Griff zu bekommen. Insbesondere der Umgang mit der Umwelt war vonseiten des Staates DDR von einer erschreckenden Gleichgültigkeit geprägt.

Frau Birk, um auf Ihre Formulierung zu antworten: Man muss hier Ursache und Wirkung auseinanderhalten. Es ist doch bemerkenswert, dass ausgerechnet der Staat, der für sich in Anspruch nahm, eine Zukunftsvision für die künftige Gesellschaftsordnung der Menschheit umzusetzen, das nur solange konnte, weil er sich unter anderem dem Klassenfeind gegen Devisen als Müllkippe angeboten hat.

(Beifall bei CDU und FDP - Zuruf der Abge- ordneten Angelika Birk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Da wollen wir Ursache und Wirkung nicht aus den Augen verlieren.

Das Gutachten, das jetzt vorliegt und das sich mit der Krebshäufigkeit von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Deponie Ihlenberg zu DDR-Zeiten befasst, kann ein weiterer Hinweis auf diese soeben angesprochene Gleichgültigkeit sein. Ich glaube, der Minister hat alles Nötige zu dem gesagt, was zu tun ist und weiter aufzuklären ist, um hier Klarheit zu erhalten.

Zu einem anderen Punkt. Um es ganz deutlich zu sagen: Die entscheidende Aufgabe für uns muss sein sicherzustellen, dass es keine Gefährdung des Grundwassers und der Bevölkerung in SchleswigHolstein gibt.

(Beifall des Abgeordneten Thomas Stritzl [CDU])

Deshalb wird die Grundwasserqualität intensiv und permanent überwacht. Derzeit - es wurde bereits angesprochen - gibt es keine Anhaltspunkte dafür,

dass es eine Kontamination des Grundwassers geben könnte.

Ich bedanke mich ausdrücklich für den Bericht des Ministers. Er hat eben aufgezeigt, dass es für die Bevölkerung in Schleswig-Holstein, in Lübeck keine Gefährdung gibt. Er hat aufgezeigt, dass es eine offensichtlich wirksame geologische Sperre zwischen den Grundwasserleitern in MecklenburgVorpommern und Schleswig-Holstein gibt. Er hat auf die Zusammenarbeit mit dem Land Mecklenburg-Vorpommern, mit den beteiligten Gebietskörperschaften und den Bürgerinitiativen in der Region hingewiesen.

Wir sollten die aktuelle Diskussion dennoch zum Anlass nehmen, erneut zu prüfen, ob die Überwachungssysteme, die derzeit in Betrieb sind, und die geologische und technische Abdichtung der Deponie unserem Sicherheitsbedürfnis gerecht werden können.

Eines soll dabei aber auch nicht verschwiegen werden, nämlich dass der aktuell betriebene Teil der Deponie den derzeit geltenden rechtlichen und technischen Standards entspricht. Wer deshalb fordert, das Land Schleswig-Holstein solle eine Belieferung von Ihlenberg einstellen oder unterbinden, handelt entweder bewusst populistisch oder weiß eben nicht so recht um diese rechtlichen Rahmenbedingungen. Wenn die Kollegen Baasch, Müller und Rother - sicherlich aus örtlicher Betroffenheit genau zu dieser Forderung kommen, muss ich, Nachdem Ministerpräsident Engholm bereits 1988 angekündigt hatte, er wolle sich für die Schließung der Deponie einsetzen, schon die Anmerkung machen: So einfach kann es wohl nicht sein. Er hatte bis zum heutigen Tage 20 Jahre Zeit, etwas zu tun.

Es gilt jetzt, das Gutachten gründlich auszuwerten. Es gilt zu prüfen, ob darin Hinweise auf eine mögliche Gefährdung von Bürgerinnen und Bürgern in Schleswig-Holstein enthalten sind. Es gilt zu prüfen, ob die heutigen Messpunkte, die betrieben werden, geeignet sind, eine potenzielle Gefährdung rechtzeitig zu erkennen. Wir sollten das Land Mecklenburg-Vorpommern und den Bund ermutigen, alle Maßnahmen, die notwendig werden könnten, zu ergreifen, um eine Verunreinigung des Grundwassers durch die Deponie und mit Auswirkung auf Schleswig-Holstein zu verhindern. Das ist unsere entscheidende Aufgabe. Alles andere ist ein bisschen Diskussion über verschüttete Milch.

(Beifall bei CDU und FDP)

(Angelika Birk)

Für die Fraktion der SPD erteile ich Herrn Abgeordneten Olaf Schulze das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die vorliegende Studie der Universität Greifswald macht eine eindeutige Aussage:

„Eine statistisch signifikante Erhöhung der Häufigkeit maligner Erkrankungen unter den Beschäftigten der Deponie Ihlenberg ist auf der Basis der vorliegenden Untersuchung zu bejahen.“

Die Wissenschaftler haben ein 80 % höheres Krebsrisiko ermittelt. Die Studie bezieht sich hier vor allem auf Beschäftigte, die vor der politischen Wende dort gearbeitet haben. Für die Beschäftigten, die später hinzukamen, kann die Studie noch keine abschließenden Bewertungen vorlegen.

Die SPD warnt schon seit Jahrzehnten vor den Gefahren der Deponie und forderte immer wieder deren Schließung. Wir hatten dazu einen Untersuchungsausschuss eingesetzt und waren gegen Transporte von Giftmüll nach Schönberg.

(Beifall des Abgeordneten Dr. Ralf Stegner [SPD] - Minister Dr. Christian von Boetti- cher: 17 Jahre!)

Ich zitiere hier Konrad Nabel aus dem Landtagsprotokoll vom 14. August 1996:

„Die schleswig-holsteinische SPD hat es in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten stets abgelehnt, Müll aus unserem Land in Schönberg zu deponieren.“

Das ist nun fast zwölf Jahre her, und unsere Forderungen und Aussagen haben sich nicht geändert.

Nach der Veröffentlichung der Studie kann sich niemand mehr herausreden. Wer jetzt noch behauptet, von der Deponie gingen keine Gefahren aus, handelt unverantwortlich.

(Beifall des Abgeordneten Konrad Nabel [SPD])

Wir schließen uns daher den Forderungen der SPDFraktion Lübeck an und fordern die sofortige und rückhaltlose Aufklärung aller Gesundheits- und Umweltrisiken. Dazu gehört die Offenlegung aller Unterlagen sowie Untersuchungs- und Messergebnisse, die es zu dieser Deponie gibt. Vielleicht kann ja Herr Kubicki noch Unterlagen dazu beisteuern.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Fragen Sie doch Ihren ehemaligen Ministerpräsidenten!)

Wir fordern weiter die Durchführung weiterer Grund- und Oberflächenwasseruntersuchungen an der Deponie, die Weiterführung der aktuellen epidemiologischen Studie über das Jahr 2004 hinaus, die Erarbeitung und Vorlage eines schlüssigen Konzeptes für eine dauerhaft sichere Deponierung des dort bereits eingelagerten Sondermülls, die Offenlegung der Art, Menge, Beschaffenheit und Lage des Sondermülls sowie des Wasserhaushalts und die Erarbeitung einer Gefahrenabschätzung für die Mitarbeiter und Menschen, die um die Deponie leben, sowie für die landwirtschaftlichen Flächen, die sich im Grundwasserbereich der Deponie befinden.

Gerade die erschütternden Aussagen des Lkw-Fahrers, der in den „Lübecker Nachrichten“ zitiert wurde, zeigen uns, wie leichtfertig hier mit Giftmüll umgegangen und wie wenig Rücksicht auf die Gesundheit der Mitarbeiter genommen wurde.

Es handelt sich hier um die größte Giftmülldeponie Europas, daher ist das Ganze von überregionaler Bedeutung. Die Regierung Schleswig-Holsteins mit Federführung des Umweltministeriums steht in der Pflicht, die Gefährdung von Menschen und Umwelt mit aufzuklären und dementsprechende Initiativen zu ergreifen. Das Ganze muss in enger Absprache mit dem Sozialministerium durchgeführt werden, da es hier auch um Gesundheitsschutz geht.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir gehen davon aus, dass die Regierung im Interesse der eigenen Bevölkerung mit der Regierung Mecklenburg-Vorpommerns unsere Forderungen verhandelt und durchsetzt. Ich kann unsere alte Forderung nur wiederholen: Wir wollen die Schließung der Deponie und ein schlüssiges Konzept für die Sanierung der Deponie.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Minister Dr. Christian von Boet- ticher: Wo waren alle meine Vorgänger, fragt man sich da!)

Für die Fraktion der FDP erteile ich dem Herrn Abgeordneten Günther Hildebrand das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bei diesen Forderungen, Kollege Schulze, kann ich

nur sagen, Kollege Schulze: Sie haben doch lange genug selbst die Landesregierung gestellt. Warum ist denn da in diesem Bereich nichts passiert?

(Beifall bei FDP und CDU)

Insofern sollten Sie vorsichtig sein, wenn Sie solche Forderungen stellen. So etwas entlarvt sich sehr schnell.

Im Oktober 2005 hat die Landesregierung von Mecklenburg-Vorpommern die Ernst-MoritzArndt-Universität Greifswald beauftragt, zu untersuchen, ob von der Deponie Ihlenberg ein höheres Krebsrisiko für die Beschäftigten und die umliegende Bevölkerung ausgeht.

Die Ergebnisse der Studie wurden am 3. Juli in einer gemeinsamen Sitzung des Wirtschaftsministeriums und des Sozialministerium, der Gesellschaft für Abfallwirtschaft und Altlasten MecklenburgVorpommern und der Ihlenberger Abfallentsorgungsgesellschaft vorgestellt. Am 4. Juli fand eine gemeinsame Pressekonferenz statt. Die komplette Studie ist seit diesem Zeitpunkt im Internet verfügbar. Sie war mit einer Sperrfrist versehen, und ich räume ein, dass diese knapp hinter der Frist für den Redaktionsschluss für Drucksachen zu dieser Tagung lag.

Trotzdem hätte ich mir gewünscht, dass die Grünen am 9. Juli nicht einen Dringlichkeitsantrag zu möglichen Gefährdungen durch die Deponie Ihlenberg gestellt hätten, sondern die Sitzung des Umweltund Agrarausschusses am gleichen Tag genutzt hätten, um zu einer sachlichen Aufklärung beizutragen.

(Beifall bei der FDP)

Nicht, weil der Landtag in Schleswig-Holstein dieses Thema in dieser Sitzung nicht behandeln sollte. Das laut Studie „moderat erhöhte Krebsrisiko bei Beschäftigten der Deponie“ und die damit verbundene Sorge, dass möglicherweise krebserregende Stoffe oder Emissionen auch die Bevölkerung im näheren Umfeld der Deponie in Mitleidenschaft gezogen haben könnten, erfordern es ohne Frage, dass sich auch der Schleswig-Holsteinische Landtag mit diesem Thema auseinandersetzt. Die entscheidende Frage ist nur,

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Wie!)

Nach Aussagen der Autoren der Studie erlauben „die Ergebnisse... derzeit weder einen Rückschluss auf die Ursache des beobachteten Risikos noch eine Aussage darüber, ob dieses Risiko aktuell weiter