Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! So schlimm ist der Bericht nicht, dass sich der Saal jetzt gleich leeren muss.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Verbliebene! Die Ostseezusammenarbeit hat nach wie vor Konjunktur. Das dokumentiert auch der Bericht, den wir Ihnen vorgelegt haben. Es ist ganz wichtig, dass sich hier wirtschaftliche Potenziale eröffnen, gerade auch für kleine und mittelständische Unternehmen, die wir in Schleswig-Holstein haben. Diese Potenziale sollten wir nutzen.
Zu den regionalen Schwerpunkten zählt mehr denn je die südwestliche Ostsee. Die erfolgreiche Zusammenarbeit im Rahmen der strategischen Partnerschaft STRING verbindet Schleswig-Holstein mit den Wachstumsregionen Hamburg, Schonen, Seeland und Kopenhagen. Ich sage hier für die Landesregierung und auch für mich noch einmal: Mit dem Bau der Fehmarnbelt-Brücke wird diese Partnerschaft zusätzliche Schubkraft bekommen. Davon bin ich überzeugt. Dieses Jahrhundertwerk ist mehr als eine Brücke aus Stahl und Beton. Es ist eine Chance für das Land Schleswig-Holstein.
Welchen Nutzen hat Ostseezusammenarbeit über wirtschaftliche Zusammenarbeit hinaus? In unserer globalisierten Welt haben kleinere Regionen wie unser Land wenig Chancen, wahrgenommen zu werden und sich im Wettbewerb zu behaupten. Das heißt für uns, dass wir Partner brauchen. Deshalb werden wir auch die norddeutsche Zusammenarbeit weiter verstärken. Nur so können wir an der Profilierung von Großregionen im globalen Wettbewerb teilhaben und auch die Richtung der Entwicklung mitbestimmen.
Weitgehende politische Stabilität ist gegeben; das gilt auch für die EU-Staaten des Ostseeraums. Auch
mit Norwegen wird nach gemeinsamen Regeln zusammengearbeitet. Somit sind wesentliche Ziele der Ostseekooperation, die vor 20 Jahren noch weit entfernt schienen, erreicht. Es gibt aufgrund der Osterweitung bei den nordwestrussischen Regionen und Kaliningrad eine gewisse Außenseiterposition. Deshalb sage ich hier noch einmal deutlich: Die Integration der Russischen Föderation bleibt weiter ein wichtiges Ziel.
Aus meiner Sicht ist aber auch wesentlich, dass Politik und Projekte künftig besser miteinander verzahnt werden müssen. Wir haben das Europäische Programm zur Förderung der transnationalen Zusammenarbeit im Ostseeraum. Im Rahmen dieses Programms stehen in der Förderperiode bis 2013 immerhin rund 300 Millionen € zur Verfügung. Die hierdurch ausgelösten Investitionen sollten mit der politischen Zielsetzung der Region übereinstimmen. Projekte mit besonderer strategischer Bedeutung sollten sich der politischen Unterstützung der Ostseeorganisationen versichern.
Ich komme hier zwangsläufig natürlich wieder auf den Bereich der europäischen Meerespolitik zu sprechen. Sie wissen, dass ich mich seit drei Jahren für diesen Bereich einsetze. Ich bin sehr dankbar, dass fraktionsübergreifend hier im Landtag mitgetragen wird, dass wir hier mit einer Stimme sprechen. Was diesen Bereich angeht, so hat es in der Kommission eine neue Entwicklung gegeben. Es gibt jetzt für den Nord- und Ostseeraum ein gemeinsames Direktorat. Das entspricht unserer Zielsetzung und dem Anliegen des Landtages und auch der Landesregierung, die Interessen des Ostseeraumes stärker mit den Interessen des Nordseeraums zu verknüpfen. Schleswig-Holstein als Land zwischen den Meeren hat hier eine große Chance, die wir nutzen sollten.
Ich setze mich dafür ein, dass die regionale Umsetzung der europäischen Meerespolitik ein fester Bestandteil auch der EU-Ostseestrategie ist. Wir haben darüber vor zwei Tagen beim Parlamentsforum Südliche Ostsee bereits diskutiert. Sie wissen, dass wir im Ausschuss der Regionen eine gemeinsame Gruppe gebildet haben, um Lobbyarbeit für den Ostseeraum zu bereiben.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass Ostseepolitik Standortpolitik für Schleswig-Holstein ist. In diesem Sinn betreiben wir unsere Partnerschaften im Ostseeraum. Wir nutzen die EU-Programme für territoriale Zusammenarbeit durch Entwicklung konkreter Projekte mit zahlreichen Partnern im Land. Ich nenne hier das Stichwort INTERREG. In diesem Sinne engagieren sich auch die
Fachressorts der Landesregierung in Projekten und in Kooperationen. Sie sehen, neben der Ostseephilosophie, die wir lange Zeit betrieben haben, gibt es auch ganz konkrete Projekte und Maßnahmen, die wir umsetzen müssen. Es gibt noch viel zu tun. Es lohnt sich für uns.
Ich danke der Regierung für den Bericht. - Ich eröffne die Aussprache. Für die Fraktion der CDU hat Herr Abgeordneter Hartmut Hamerich das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Namen meiner Fraktion möchte ich dem Europaminister und seinen Mitarbeitern für den hervorragenden Bericht, insbesondere aber auch für die Umsetzung unserer Europapolitik im Ostseeraum danken.
Lassen wir uns von der Spitzenstellung unseres Landes nicht abbringen. Wir sind das Land an den zwei Meeren mit politischer, wissenschaftlicher und unternehmerischer Kompetenz und Initiative, die herausragend sind, aber auch für die Zukunft höchste Anstrengungen im Blick auf das Ziel erfordern, den Ostseeraum bis zum Jahre 2015 zur maritimen Modellregion Europas zu entwickeln.
Dies bedeutet, der Ostseeraum soll Pilotregion für die nachhaltige Vereinbarkeit wettbewerbsfähiger Wirtschaft und gleichzeitig eines wirksamen Schutzes der maritimen Ökosysteme werden.
Lassen Sie mich aber auch auf einige wenige Inhalte des Berichtes eingehen - Herr Hentschel, wenn Sie das nicht interessiert, stört mich das nicht, aber Sie stören mich im Moment -, die nicht ohne Weiteres beim Lesen die größte Aufmerksamkeit erhalten, aber nach meiner Meinung durchaus hohe Beachtung erfahren müssen.
Dieser Ostseebericht verdeutlicht wesentlich stärker als der vorherige die Notwendigkeit der Integration der nordwestrussischen Regionen der Russischen Föderation einschließlich Kaliningrads in die Ostseekooperation.
Die Russische Föderation ist schon Partner in der „Nördlichen Dimension“ zusammen mit der EU, Island und Norwegen. Das Projekt „Eurofakultät Kaliningrad“ wurde Ende 2007 erfolgreich abgeschlossen, wir haben seit 2001 eine Partnerschaft mit Kaliningrad, und in St. Petersburg sind wir im gemeinsamen Büro mit Hamburg der Föderation ganz nahe. Das reicht aber wohl noch nicht.
Der Bericht selbst sagt, dass sich die Zusammenarbeit mit der Oblast Kaliningrad weiterentwickeln muss - von den rein humanitären Ansätzen hin zur Zusammenarbeit auf Augenhöhe - mit der Erwartung, dass sich die russischen Partner ebenbürtig einbringen. Das sei dringend notwendig. Diese Aussage ist klar und eindeutig, wie auch die Aussage, dass sich die Zusammenarbeit mit der Stadt St. Petersburg auf offizieller Ebene immer noch zögerlich gestaltet. Vielleicht hat ja die Reise des Wirtschaftsausschusses nach St. Petersburg in der vorigen Woche einen kleinen Schritt zur Verbesserung der Zusammenarbeit auf Augenhöhe beigetragen.
Auf einen anderen im Bericht beschriebenen Sachverhalt möchte ich hinweisen, der meiner Meinung nach ein echtes Problem für die Ostsee darstellt: Es heißt, dass die ökologische Situation der Ostsee immer noch besorgniserregend ist und dass die Ostsee überproportional vom globalen Klimawandel betroffen sein wird. Gleichzeitig heißt es, dass sich nach Schätzungen des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie das prognostizierte Transportaufkommen in der Ostsee bis 2015 gegenüber 2006 verdoppeln wird, der Öltransport sogar vervierfachen wird. Das würde bei etwa gleicher Schiffsgröße von heute mit circa 250.000 Schiffsbewegungen pro Jahr 500.000 Schiffsbewegungen pro Jahr ab 2015 bedeuten.
Wir müssen unsere Intelligenz darauf verwenden, internationale Ostseelogistik-Systeme zu entwickeln, die nicht zu dieser Explosion der Zahl der Schiffsbewegungen führen. Schleswig-Holstein beteiligt sich laut Bericht an den internationalen Kooperationen zum Schutz der Ostsee mit dem Ziel, die Ostsee zum sichersten beziehungsweise saubersten Seeverkehrsgebiet zu machen.
Das neue Förderprogramm INTERREG III B/Ostsee mit einem gemeinsamen Volumen von 300 Millionen €, die STRING-Partnerschaft mit den Regionen Hamburg, Skane und den neuen dänischen Regionen Seeland und der Hauptstadtregion Kopenha
gen und alle unsere Kooperationen mit den Ostseeorganisationen geben uns die Möglichkeit zur Problemlösung, zusammen mit den Reedereien. Das ist eine echte Herausforderung.
Auf einen letzten Punkt möchte ich besonders hinweisen: Es ist sehr zu begrüßen, dass die landgebundene Stromversorgung von Schiffen während der Hafenliegezeiten in den Bericht aufgenommen wurde. Lassen Sie uns gemeinsam mit HELCOM und IMO auch das Problem der Abwasserentsorgung insbesondere von Kreuzfahrtschiffen angehen. So sehr wir uns über die fast 130 Kreuzfahrtschiffe mit den fast 200.000 Gästen in diesem Jahr in Kiel freuen, so ist es völlig unakzeptabel, dass im Jahre 2007 keines der 114 angelegten Schiffe in Kiel die mögliche Abwasserentsorgung im Kieler Hafen genutzt hat, sondern die billige, umweltschädliche Entsorgung auf dem Meer vornahm. Das halte ich bei der Forderung zum Schutz der Ostsee für unverantwortlich und unvereinbar mit unseren Zielen.
Die Ostseeaktivitäten der Landesregierung führen uns in die Spitzenposition. Diese zu erhalten heißt, auch zukünftig unsere Forderungen klar zu sagen, unsere umfassenden Kompetenzen auf höchstem Niveau zu halten und gemeinsam mit allen Anrainerstaaten sowie den nationalen und internationalen Gremien und Partnerschaften konsequent auf das Ziel der maritimen Modellregion Ostsee im Jahre 2015 hinzuarbeiten.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Am 16. Mai fand das Baltic Sea Forum hier in Kiel statt. An der gut besetzten Podiumsdiskussion zum Thema „Der Ostseeraum - Boomregion im Spannungsfeld zwischen EU und Russland“ haben neben Frau Kötschau Journalisten aus dem Ostseeraum und unter anderem auch Frau Krone-Schmalz mit ihrem besonderen Blick auf Russland teilgenommen. Viele Bereiche, die im Bericht der Ostseeaktivitäten der Landesregierung zu finden sind
Für diesen sehr inhaltsreichen und gut lesbaren Bericht zu den Ostseeaktivitäten der Landesregierung möchte auch ich mich im Namen meiner Fraktion bei Ihnen, Herr Minister Döring, und Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern herzlich bedanken.
Der Ostseebericht stellt eindrucksvoll die Aktivitäten Schleswig-Holsteins in den einzelnen Gremien der Ostseekooperation und in der Region insgesamt dar. Minister Döring hat in seinem Bericht eine ganze Reihe von Aktivitäten genannt, die die Handschrift Schleswig-Holsteins tragen beziehungsweise von Schleswig-Holstein initiiert und/ oder genutzt worden sind. Der Aufgabenkomplex ist bei Ihnen in den besten Händen.
Ich möchte mich aus der Fülle der angesprochenen Themen - der Bericht bearbeitet wirklich einen sehr umfassenden Komplex - auf zwei Themenbereiche beschränken: Das eine ist die sozioökonomische Situation, und das andere ist der interkulturelle Dialog.
Im Bericht selbst ist das große sozioökonomische Gefälle zwischen westlichen und östlichen Ostseeanrainern angesprochen. Hier stellt sich wie auch gestern in verschiedenen Beiträgen die Frage nach dem sozialen Europa. An die Ostsee grenzen Staaten mit den höchsten sozialen Standards in Europa neben denen, die diesen Sprung gern schaffen würden. Der Weg dorthin ist aus unserer Sicht nicht zu schaffen, wenn man beispielsweise Gewerkschaften in Schweden hindert, ihre originären Möglichkeiten wahrzunehmen. Das EuGH-Urteil ist gestern von Frau Spoorendonk erwähnt worden. Ralf Stegner hat recht, wenn er sagt: Recht hat eine dienende und keine herrschende Funktion.