Ich danke der Frau Abgeordneten Anke Spoorendonk. - Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe damit die Beratung.
Es ist beantragt worden, den Gesetzentwurf Drucksache 16/2135 dem Innen- und Rechtsausschuss zu überweisen. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Das ist einstimmig so beschlossen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich habe dem Parlament eine geschäftsführende Mitteilung zu machen. Unter den Fraktionen ist einvernehmlich vereinbart worden, die Tagesordnungspunkte 15 und 24 am Donnerstag, dem 17. Juli, aufzurufen. Nach dem Tagesordnungspunkt 11 wird Tagesordnungspunkt 24 aufgerufen, dann Punkt 15.
Auf der Tribüne begrüße ich Senioren aus dem Bordesholmer Land, die Vereinigung der Angehörigen des Landesrechnungshofs sowie Mitglieder der Kieler Gelehrtenschule. - Seien Sie uns herzlich willkommen!
Erste Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Wahlgesetzes für den Landtag von Schleswig-Holstein (Landeswahlgesetz - LWahlG)
Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Grundsatzberatung und erteile für die antragstellende Fraktion dem Fraktionsvorsitzenden, Herrn Abgeordneten KarlMartin Hentschel, das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Unser Antrag fordert eine Änderung des Landeswahlgesetzes in zwei Punkten. Ich beginne mit dem zweiten Punkt. Damit wollen wir die Deckelung der Ausgleichsmandate aus dem Landeswahlgesetz streichen. Wir wollen damit verhindern, dass es bei der in nicht einmal zwei Jahren anstehenden Landtagswahl zu den gleichen Problemen kommt, welche wir jetzt in der Nachschau mit
Wie Sie wissen, gab und gibt es zur Auslegung des § 10 Abs. 4 Gemeinde- und Kreiswahlgesetz im Hinblick auf den Begriff „weitere Sitze“ unterschiedliche Interpretationsweisen. So bezieht das Innenministerium in die weiteren Sitze auch die Sitze der Partei ein, welche Überhangmandate errungen hat, und nimmt somit eine frühere Deckelung bei der Grenze des Doppelten vor.
Nach unserer Auffassung, welche sich im Übrigen mit der Auffassung des Verwaltungsgerichts und des Oberverwaltungsgerichts Schleswig deckt, dürfen die Überhangmandate nicht in die Berechnung der weiteren Sitze einbezogen werden.
In Kiel hat das zum Beispiel dazu geführt, dass der Wahlleiter zunächst nur 56 Sitze vergeben hat, 49 reguläre, drei Überhangmandate und vier Ausgleichsmandate. Der Wahlprüfungsausschuss hat gegen die Rechtsauffassung des Innenministers entschieden und zwei weitere Mandate vergeben.
In anderen Kreisen und Kommunen trat das gleiche Problem auf. Dort wurde aber anders verfahren. Das bedeutet, dass in Schleswig-Holstein in unterschiedlichen Gemeinden das Wahlrecht unterschiedlich interpretiert wird und die Sitze nach unterschiedlichen Kriterien vergeben werden. Das kann, wie im Fall Kiel, sogar die Mehrheitsbildung in einer Vertretung verändern.
Man stelle sich einmal vor, diese Unklarheiten würden nach einer Landtagswahl auftreten und die Mehrheitsbildung würde dann über Monate oder gar Jahre von einer Gerichtsentscheidung abhängen. So etwas darf nicht passieren.
Wir haben hier zu diesem Zeitpunkt keine Änderung des Kommunalwahlgesetzes eingebracht, weil wir dieses Gesetz rückwirkend sowieso nicht verändern können. Das muss das Gericht tun. Aber für die nächste Wahl, die ansteht, müssen wir die entsprechenden Korrekturen vornehmen. Wir haben als Lösung vorgeschlagen, die Deckelung zu streichen. Denn wenn man der Rechtsauffassung des OVG und des VG Schleswig folgen würde, dann wäre die Deckungsklausel seit Bestehen des Wahlgesetzes sowieso noch nie zum Tragen gekommen. Insofern macht es Sinn, die Klausel ganz aus dem Gesetz zu nehmen.
Nun zu Punkt 1 unseres Antrags. Hier geht es um die gerechtere Verteilung der Sitze auf die Parteien nach ihrem verhältnismäßigen Stimmanteil. Wir schlagen vor, das bestehende d’Hondt-Verfahren durch das Verfahren nach Sainte-Laguë zu ersetzen. Das, was wir hier vorgeschlagen haben, ist nichts Revolutionäres, sondern ein Verfahren, das von den meisten Bundesländern längst praktiziert wird.
Das bisherige Verfahren nach d’Hondt benachteiligt kleine Parteien und Wählergemeinschaften erheblich. Deshalb wurde das d’Hondt-Verfahren bereits in zwölf Bundesländern durch das Hare/Niemeyer-Verfahren oder durch das Sainte-Laguë-Verfahren abgeschafft. Zuletzt wurde das Verfahren nach Sainte-Laguë in Hamburg, Bremen und Baden-Württemberg eingeführt.
Der Bundeswahlleiter kam in einer Studie vom 4. Januar 1999 ebenfalls zu dem Fazit, dass dieses Verfahren dem Verfahren von d’Hondt und dem von Hare/Niemeyer vorzuziehen ist. Es liefert fast immer die gleichen Ergebnisse wie Hare/Niemeyer, vermeidet aber in bestimmten Fällen Paradoxien, die bei letzterem Verfahren auftreten können.
Ich denke, diese Argumente sind so überzeugend, dass wir im Innen- und Rechtsausschuss rasch zu einer gemeinsamen Beschlussfassung kommen können.
Ich danke Herrn Abgeordneten Hentschel und erteile für die CDU-Fraktion Herrn Abgeordneten Peter Lehnert das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wieder einmal beschäftigen wir uns mit der Frage über die Ausgestaltung des Wahlrechtes. Heutige Grundlage ist ein Antrag der Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, in dem zwei konkrete Punkte aufgegriffen werden, von denen einer bereits bei der Feststellung der Kommunalwahlergebnisse eine wichtige Rolle gespielt hat.
Lassen Sie es mich vorweg sagen: Die möglichen Änderungen gelten selbstverständlich erst für künftige Wahlen. Sie sollten im Übrigen sowohl für das Gemeinde- und Kreiswahlrecht als auch für das Landeswahlrecht gelten.
Deshalb sollten wir uns mit der entsprechenden Thematik auch ausführlich im zuständigen Fachausschuss beschäftigen und dabei alle Gesichtspunkte umfassend beleuchten.
Einige grundsätzliche Ausführungen gestatten Sie mir allerdings trotzdem an dieser Stelle. - Bei der Frage des Sitzverteilungsverfahrens gibt es bereits seit vielen Jahren grundsätzlich unterschiedliche Auffassungen zwischen großen und kleinen Parteien. Dies führt in der Regel dazu, dass die kleineren Parteien das ihnen vorteilhafter erscheinende Verfahren im Rahmen von Koalitionsvereinbarungen durchsetzen. Wir als CDU-Landtagsfraktion befürworten die Beibehaltung des bewährten Verfahrens nach d´Hondt und halten dies insbesondere nach Abschaffung der 5-%-Hürde bei Kommunalwahlen für die richtige Entscheidung.
Zu der weiteren Frage der Zahl von Ausgleichsmandaten für erzielte Überhangmandate gibt es inzwischen - wenn ich Ihren Gesetzentwurf richtig interpretiere - drei mögliche Vorgehensweisen.
Zweitens. Die Zahl der Ausgleichsmandate darf höchstens doppelt so hoch sein wie die Zahl der Überhangmandate.
Drittens. Die Zahl der Ausgleichsmandate wird der Höhe nach überhaupt nicht begrenzt und deren Zahl könnte daher mehr als das Doppelte der Überhangmandate ausmachen. Diese Variante, die von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in ihrem Gesetzentwurf jetzt präferiert wird, halte ich für problematisch, da damit ein unkontrolliertes Ansteigen der Sitze verbunden sein könnte. Deshalb sollten wir ernsthaft über die verbleibenden Alternativen im Ausschuss diskutieren, mit dem Ziel, zügig eine klare gesetzliche Regelung auf den Weg zu bringen. Ich beantrage daher die Überweisung an den Innen- und Rechtsausschuss.
Ich danke Herrn Abgeordneten Peter Lehnert und erteile für die SPD-Fraktion Herrn Abgeordneten Klaus-Peter Puls das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ganz viele Menschen denken, dass ganz viele Gesetze, die wir machen, unklar, unverständlich, nicht nachvollziehbar und deshalb gebrauchsuntauglich sind.
Für § 3 Abs. 5 des Wahlgesetzes für den Landtag von Schleswig-Holstein schließe ich mich dieser Meinung ausdrücklich an. Dort heißt es zur Zuteilung von Wahlkreisdirektmandaten und Parteilistenmandaten wörtlich:
„Ist die Anzahl der in den Wahlkreisen für eine Partei gewählten Bewerberin und Bewerber größer als ihr verhältnismäßiger Sitzanteil, so verbleiben ihr die darüber hinausgehenden Sitze (Mehrsitze). In diesem Fall sind auf die nach Absatz 3 Satz 2 noch nicht berücksichtigten nächstfolgenden Höchstzahlen so lange weitere Sitze zu verteilen und nach Absatz 3 zu besetzen, bis der letzte Mehrsitz durch den verhältnismäßigen Sitzanteil gedeckt ist. Die Anzahl der weiteren Sitze darf dabei jedoch das Doppelte der Anzahl der Mehrsitze nicht übersteigen.“
Dasselbe steht im selben Bürokratenchinesisch für Kommunalwahlen fast wortgleich in § 10 Abs. 4 unseres Gemeinde- und Kreiswahlgesetzes. § 3 Abs. 5 des Landeswahlgesetzes und § 10 Abs. 4 des Gemeinde- und Kreiswahlgesetzes gleichlautend sind landesgesetzgeberische Fehlleistungen, weil sie verschiedene Rechtsauslegungen zulassen, die trotz festgestellter und unstreitiger Stimmenzahlen für die einzelnen Parteien zu jeweils unterschiedlichen Sitzverteilungen in den Parlamenten führen könnten.
Für die gerade durchgeführten Kommunalwahlen vom 25. Mai würden die unterschiedlichen Rechtsauffassungen zu den genannten Vorschriften nach Information des Innenministers in insgesamt 15 Fällen zu unterschiedlichen Ergebnissen bei der konkreten Zusammensetzung der Vertretung führen. Es ist nicht auszuschließen, dass in dem einen oder anderen der uns mitgeteilten Fälle die jüngste Kommunalwahl einen justiziellen Nachklapp erfährt, der zur Klarheit der unklaren Rechtslage und zur Feststellung der richtigen Zusammensetzung gewählter Vertretungen erst Jahre nach der Wahl führen könnte. Das kann von uns allen hier nicht gewollt sein.
Als verantwortlicher Landesgesetzgeber sollten wir für die Zukunft ausschließen, dass Wahlergebnisse
von Verwaltungsgerichten festgestellt werden müssen, nur weil wir selber für unklare, missverständliche und mehrdeutige Rechtsgrundlagen verantwortlich sind und diese verabschiedet haben.
Für künftige Kommunalwahlen und in Bezug auf das Gemeinde- und Kreiswahlgesetz habe ich bereits in der Sitzung des Innen- und Rechtsausschusses am 4. Juni meine Meinung dahin gehend geäußert - ich zitiere mich selbst -, dass der offenbar vorliegende gesetzgeberische Murks, der jetzt zutage getreten sei, dazu führen müsse, dass sich der Gesetzgeber damit beschäftige und für eine Klärung sorge. Das müsse das Parlament auf jeden Fall tun, damit für die Zukunft dieser Paragraf eindeutig und überall im Lande so angewendet werde, wie das Parlament als Gesetzgeber das wolle.