Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Kubicki! - Ist ja auch egal. Herr Kollege Kubicki!
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Eckpunktepapiere zu Haushaltsentwürfen, das wissen wir, sind mit viel Ritual, mit vielen Unverbindlichkeiten, mit Leerformeln verbunden. Das wissen wir, und von daher ist die Pressekonferenz der Landesregierung am 10. Juni eigentlich nichts anderes gewesen als das, was wir aus der Vergangenheit kannten. Aber trotzdem war die Situation doch etwas anders. Die Landesregierung hat doch einen neuen Rekord erreicht, nämlich unter der Überschrift: Was hatte der Kaiser eigentlich an? - Er hatte nichts an.
Verkündet wurde, die Nettoneuverschuldung soll heruntergebracht werden, damit wir endlich einen verfassungskonformen Haushalt bekommen. Es soll ein Programm für Bildung, Wissenschaft und Forschung von rund 120 Millionen € aufgelegt werden. Beschlossen wurde auch das beitragsfreie dritte Kindergartenjahr und dass mehr Geld für unter 3Jährige ausgegeben werden sollte. 150 Lehrerstellen pro Jahr - das sind gute Ziele, die auch vom SSW unterstützt werden. Das möchte ich ganz deutlich sagen.
Aber wir sind natürlich gespannt auf die Umsetzung dieser Ziele. Beispiel: Was bringt uns das beitragsfreie Kindergartenjahr, wenn dann vielleicht für Qualität in den Kindergärten kein Geld mehr übrig ist? Was bringt uns ein Programm für Bildung und Wissenschaft, wenn dabei vielleicht nur ein existierendes Programm ein neues Türschild erhält oder, anders gesagt, wenn alles eigentlich nur alter Wein in neuen Schläuchen ist?
Dabei sind die Rahmenbedingungen für den Haushalt 2009/2010 gar nicht einmal so schlecht. Das haben wir schon diskutiert. Wir wissen, dass die Arbeitslosigkeit in Schleswig-Holstein rückläufiger ist als in anderen Bundesländern. Die Steuerschätzung sieht nicht schlecht aus. Wir wissen aber auch, wo die Risiken unseres Haushalts sind. Darüber hat uns der Herr Finanzminister wirklich sehr eindrucksvoll informiert. Aber sich hier hinzustellen und so zu tun, als gäbe es dafür einfache Lösungen, das ist auch nicht redlich.
Wer immer sagt, das Land müsse sich auf seine Kernaufgaben beschränken, vergisst, dass Kernaufgaben nicht ein für alle Mal definiert werden. Kernaufgaben entstehen in politischen Prozessen. Und die Kernaufgabe eines Staats im 19. Jahrhundert - das war der Nachtwächterstaat - ist nun wirklich nicht das, was das Ziel unserer politischen Arbeit sein kann.
Darum finde ich, es ist notwendig, auch wenn es um die Verschuldung des Landes geht, deutlich zu machen, dass diese Verschuldung nicht erst gestern entstanden ist. Die Verschuldung des Landes Schleswig-Holstein hat eine ganz lange Geschichte und hat viele Ursachen, auch strukturelle Ursachen. Darum begrüßt es der SSW natürlich, dass die Landesregierung sagt, wir müssen über die Föderalismuskommission ein Konzept zur Entschuldung der armen Länder in der Bundesrepublik bekommen. Das ist richtig, das ist notwendig. Denn der Reichtum des Landes Bayern ist auch durch strukturelle Ungereimtheiten in dem Bund-Länder-Finanzausgleich entstanden.
Und - das war eigentlich das, was ich dem Kollegen Kubicki vorhin sagen wollte - ich unterstütze auch wirklich, dass deutlich wird: Diese Krankheit, dieses politische Alzheimer muss endlich aufhören. Ich bin zum Glück jetzt auch ein paar Tage dabei und habe ein gutes Gedächtnis. Ich habe in meiner Schublade viele Haushaltsanträge liegen.
Es kann nicht angehen zu sagen: „Jetzt sind wir Opposition und hauen richtig auf die Tonne! Und wenn wir Regierung sind, dann sammeln wir das alles wieder ein.“, oder umgekehrt. Von daher stärkt das wirklich nicht die Glaubwürdigkeit der Politik.
Der Finanzausschuss des Landtages war kürzlich in Kopenhagen. Wir hatten ein gutes Gespräch mit den Kolleginnen und Kollegen des Finanzausschusses. Ich finde, man könnte vielleicht ein bisschen lernen von deren Erfahrungen. Denn zu den Erfahrungen gehört erstens, dass fast alle Parteien des Folketings dem Haushalt des Landes zustimmen. Das heißt nicht, dass sie alle Verantwortung für den Gesamthaushalt übernehmen, aber das heißt, dass sie die Verantwortung mittragen. Und dazu gehört auch, dass es wirklich nicht zur politischen Glaubwürdigkeit beiträgt, wenn man sagt: Was schert mich mein Geschwätz von gestern! Das sollten wir mitnehmen. Ansonsten ist es richtig, dass die Große
Koalition sich natürlich daran messen lassen muss, was sie selbst als Ziel ihrer Arbeit formuliert hat, was sie großspurig nach der Landtagswahl -
Ja, ich komme zum Schluss. - Die Große Koalition muss sich daran messen lassen, was sie selbst als Ziel ihrer Arbeit formuliert hat und was sie großspurig als Ziel gesagt hat: Verwaltungsstrukturreform aus einem Guss. Darüber wissen wir bis jetzt nichts. Die Schulreform ist wirklich keine Schulreform aus einem Guss, und zum Thema Bürokratieabbau ist schon alles gesagt worden.
Mein Fazit, Herr Landtagspräsident, ist, dass wir vorerst eigentlich nur wissen, dass sich die Große Koalition nicht einigen konnte. Darum sage ich, ich bin gespannt, wie die Haushaltsberatungen laufen werden.
Ich komme zum Schluss, Herr Präsident. - Wir müssen sehen, ob die Karten nicht doch neu gemischt werden.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich finde es sehr spannend, dass wir hier über ein Eckpunktepapier der Landesregierung diskutieren, das von Ihnen überhaupt niemand kennt.
Das kennen nur die Mitglieder der Landesregierung. Das ist auch üblich, und das ist gut so. Sie werden den Entwurf des Haushaltes erhalten, wenn er nach allen Verhandlungen vom Kabinett abgesegnet ist. Das ist der richtige Weg.
Herr Hentschel, im Übrigen - da ist es völlig egal, ob ich das nehme, was Sie sagen, oder das, was alle anderen gesagt haben - ist das kein Anlass zu besonderer Fröhlichkeit. Ich finde es eigentlich schon sehr dreist von Ihnen, dass Sie diese Landesregierung in aller Öffentlichkeit dafür angreifen, dass wir einen verfassungsgemäßen Haushalt erreichen wollen. Sie haben in den fast zehn Jahren, die Sie mitregiert haben,
in keinem einzigen Jahr weniger Schulden gemacht, als Sie investiert und an Vermögen verzehrt haben. In keinem einzigen Jahr! Deshalb finde ich es schon ziemlich dreist, dass Sie die Frage der Verfassungsgrenze überhaupt noch öffentlich diskutieren.
Wenn Sie die Ausgabenentwicklung im Jahr 2005 proklamieren, dann setzen Sie auch auf die Vergesslichkeit. Sie wissen genau, dass Sie gesetzlich bereits festgelegte Kosten in der sozialen Sicherung in Ihrem Haushalt 2005 überhaupt nicht veranschlagt haben. Damit Sie sich vielleicht dunkel erinnern, nenne ich einmal das Wort „Bugwelle“, das in den damaligen Protokollen auftaucht.
Aber das ist nicht alles, was Ihnen anzukreiden ist: Sie haben es in Ihrer Regierungszeit erfolgreich erreicht, nahezu alle wichtigen Infrastrukturprojekte in Schleswig-Holstein zu blockieren. Nahezu alle. Mit dem gewaltigen Erfolg, dass sich in der Zeit, in der Sie regiert haben, zum Beispiel beim Bruttoinlandsprodukt die Differenz pro Einwohner zwischen Schleswig-Holstein und Bayern von weniger als 4.000 € auf mehr als 8.000 € vergrößert hat. Das hat zur Folge, dass die Steuereinnahmen im Durchschnitt gegenüber den anderen westlichen Flächenländern um 120 € pro Einwohner niedriger sind.
Gleichzeitig ist die Verschuldung dramatisch angestiegen und das Vermögen des Landes veräußert worden. Die Vermögensveräußerungen sind auch mit Krediten finanziert; über die Mieten bezahlen wir jetzt die Zinsen. Beides zusammen genommen, ist heute mehr als die Hälfte des strukturellen Defi
Ganz abgesehen davon, dass Regierungsmitglieder am Ende Ihrer Regierungszeit, Herr Hentschel - da gucke ich ganz besonders Ihre Fraktion und Partei an -, durch manche Landstriche in Schleswig-Holstein nicht ohne Schutzweste gehen konnten. Das hat der Umweltminister inzwischen erfolgreich aus dem Weg geräumt.
Dietrich Austermann hat in der Verkehrspolitik und Infrastruktur in den drei Jahren, in denen er im Amt ist, mehr erreicht als Sie in den fast zehn Jahren, in denen Sie hier gewirkt haben. Schleswig-Holstein hat noch überhaupt nicht so richtig begriffen, welcher Segen über unser Land dadurch gekommen ist, dass Sie hier nicht mehr mitregieren dürfen.
Sie beklagen, dieses Land habe zu wenig Lehrer. Wir jedenfalls haben die Zahl der Lehrer in unserer Regierungszeit nicht reduziert. Offensichtlich müssen wir von Ihnen zu wenig Lehrer übernommen haben.
Sie klagen über zu wenig Kinderbetreuung. Wir haben die Kinderbetreuung in unserer Regierungszeit nicht reduziert. Offensichtlich müssen wir von Ihnen zu wenig übernommen haben.
(Widerspruch der Abgeordneten Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Anke Spoorendonk [SSW])
Wir haben die Zahl der Studienplätze nicht reduziert. Offensichtlich haben Sie uns zu wenig hinterlassen.
All Ihre Vorhaltungen sind sachlich nicht zu bestreiten, aber sie sind von Ihnen verursacht, und wir sind dabei, die Situation zu verbessern. Das ist unsere Aufgabe.