Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn wir Anfang Juli den 30. Geburtstag des Datenschutzes in Schleswig-Holstein feiern, werden wir ganz sicher auch die Gelegenheit haben, uns zu grundsätzlichen Fragen des Datenschutzes zu äußern. Heute geht es allein um den Bericht des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz, der wieder einmal durch seinen klaren Aufbau, durch seine Sprache und auch durch das Aufgreifen zentraler Problemstellungen im Bereich des Datenschutzes besticht und überzeugt. Dadurch ist der Bericht zu einem Markenzeichen für die Arbeit des ULD geworden. Dafür danke ich im Namen des SSW Herrn Dr. Weichert und seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.
Der Bericht belegt zum einen, dass moderner Datenschutz etwas anderes ist als das schlichte Überwachen der entsprechenden Gesetze und Verordnungen. Die Weiterentwicklung des DatenschutzGütesiegels belegt dies eindrucksvoll. Das in Schleswig-Holstein erprobte und mittlerweile breit anerkannte Gütesiegel hat 2007 eine europäische Dimension erhalten. Ziel eines im Sommer letzen Jahres gestarteten Projektes war es, das schleswigholsteinische Gütesiegelverfahren und seine Prüfkriterien an die europäischen Anforderungen anzupassen. Im Rahmen dieses Projekts wurden jene
Kriterien auf der Grundlage der Europäischen Datenschutzrichtlinie, mit deren Umsetzung in den nationalen Datenschutzgesetzen, um eine europäische Komponente erweitert.
In einem zweiten Arbeitsschritt geht es um die internationale Anerkennung von Sachverständigen. Dass diese Arbeit auch konkreten Bezug zu Schleswig-Holstein hat, geht aus den Schlussbemerkungen dieses Abschnittes hervor. Denn unter der Überschrift: „Was ist zu tun?“ weist der Bericht darauf hin, dass die grenzüberschreitende Koordination von Gütesiegelverfahren ausgebaut werden muss, damit Inhaber des schleswig-holsteinischen Siegels mit ihren Produkten Erleichterungen bei der Zertifizierung in anderen Staaten haben.
Das heißt im Klartext: Wir haben es mit konkreter Wirtschaftsförderung zu tun, weil die mittelständisch strukturierte Wirtschaft in Schleswig-Holstein letztlich nur über Qualität wettbewerbsfähig bleiben wird.
Zu Recht hat Datenschutz auch immer mit der Wahrung von Persönlichkeits- und Bürgerrechten zu tun. Dieser Aspekt spielt auch im Tätigkeitsbericht für 2007 eine entscheidende Rolle. Dazu ist schon einiges gesagt worden. Doch wie schon bei dem Gütesiegel angedeutet, wird die europäische Dimension künftig eine noch stärkere Rolle spielen als bisher, auch wenn es um Bürgerrechte und um den Schutz personenbezogener Daten geht.
Deutlich wird dies zum Beispiel, wo es um die Übermittlung personenbezogener Daten im Bereich der Polizei und der Justiz innerhalb der EU geht. Das war bei der letzten Landtagstagung ein Tagesordnungspunkt, der ohne Debatte an den Ausschuss verwiesen wurde. Dadurch dass die Standards im Datenschutz auf EU-Ebene weit auseinanderklaffen, ist eine Harmonisierung dort immer nur ein Minimalkonsens, mit dem wir nicht zufrieden sein können.
Mit dem deutschen Datenschutzverständnis sind solche Minimallösungen wirklich nicht in Einklang zu bringen. Der Tätigkeitsbericht des ULD kritisiert daher auch zu Recht, dass unsere Gestaltungsspielräume bei datenschutzrelevanten Themen auf europäischer Ebene viel zu gering sind. Kritisch zu hinterfragen ist in diesem Zusammenhang auch die Aussage des Datenschützers, dass „die Einbindung der Länder in die Diskussion des geplanten Rahmenbeschlusses zu wünschen übrig ließ. Die Datenschutzbeauftragten der Länder wurden teil
Im Innen- und Rechtsausschuss sollten wir diesen Punkt noch einmal aufgreifen, zumal es mit dem neuen Reformvertrag der EU für alle Bürgerinnen und Bürger der Europäischen Union ein Grundrecht auf Datenschutz geben soll. Jetzt ist die Situation anders als noch vor ein paar Wochen. Ich denke aber trotzdem, dass genau dieser Punkt zeigt, dass Datenschutz heute viel mehr ist als nur die Überwachung von Gesetzen. Man gewinnt von daher immer wieder den Eindruck, dass der Schutz personenbezogener Daten einfach sicherheitspolitischen Interessen untergeordnet wird. Dies ist nicht nur im europäischen Zusammenhang so zu sehen, sondern auch auf Landesebene. Auch das ist schon gesagt worden. Die Debatte zum Polizeirecht hat dies gezeigt. Darum sage ich: Der Datenschutz in Schleswig-Holstein hat sehr viel zu verlieren. Nach drei Jahrzehnten sollte evaluiert werden, wo der Datenschutz heute insgesamt auf Landes-, auf Bundes- und auf EU-Ebene steht.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Es ist beantragt worden, den Bericht Drucksache 16/1839 federführend an den Innen- und Rechtsausschuss und mitberatend an alle anderen Ausschüsse zu überweisen. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Das ist einstimmig so beschlossen.
Vielen Dank, Herr Präsident. Meine Damen und Herren! Ich stellen Ihnen heute den aktuellen Tätigkeitsbericht des Petitionsausschusses für das erste Quartal 2008 vor und möchte anschließend noch kurz von dem Besuch einer Delegation aus dem Kongo und von unserer Informationsreise nach Berlin und Brandenburg in der vergangenen Woche
berichten. Der Ausschuss hat in der Zeit vom 1. Januar bis zum 31. März 86 Petitionen abschließend beraten.
Davon konnten 47 % ganz oder teilweise im Sinne der Petenten entschieden werden. Um den Anliegen der Petenten mehr Nachdruck zu verleihen, hat der Petitionsausschuss zwei Ortstermine sowie vier Anhörungen und Gesprächsrunden mit Vertretungen der Landesregierung durchgeführt. Soweit zur Statistik, die an dieser Stelle sein muss und die Sie auf den ersten Seiten des Berichts des Petitionsausschusses nachlesen können.
Mir geht es an dieser Stelle darum, die Zahlen mit Leben zu füllen. Hinter jedem Aktenzeichen verbergen sich die verschiedensten Schicksale. Manchmal sind diese kurios, nicht selten aber sind sie auch von existenzieller Bedeutung für die Petenten. Häufig werden große Hoffnungen in den Petitionsausschuss gesetzt, weil sonst keine andere Hilfe mehr zu erwarten ist. Wir tun alles dafür, den hohen Erwartungen, die an uns gestellt werden, gerecht zu werden.
Unsere gute Erfolgsquote bestätigt auch dieses Mal wieder die Arbeit des Petitionsausschusses. Ich möchte Ihnen einige Beispiele aus dem aktuellen Bericht nennen. Ein Fall hat bereits öffentlich für Aufmerksamkeit gesorgt. Der Petitionsausschuss hat erreicht, dass das Land einem Strafgefangenen in Lübeck Schmuck im Wert von 3.500 € ersetzen musste. Unabhängig von der Frage, wie der Petent zu dem Schmuck gekommen ist, hatte der Ausschuss es nach Einholung mehrerer Stellungnahmen und einer Anhörung von Vertretern der Landesregierung als erwiesen angesehen, dass dem Gefangenen im Zuge seiner Festnahme eine Kette und zwei Ringe abhanden gekommen sind. Wie haben wir das gesehen? Wie haben wir das festgestellt? Wir haben uns Bilder angeguckt. Bei der Festnahme war der Petent noch mit den Schmuckstücken fotografiert worden. Später soll der Schmuck dann zu den Asservaten genommen worden sein. Was dann geschah, ließ sich letztendlich nicht mehr aufklären. Eines war allerdings sicher: Der Schmuck war weg. Fest steht, die Verwahrung der Schmuckstücke ist nicht mit der erforderlichen Sorgfalt erfolgt. Die Übergabe von der Polizei an die Vollzugsanstalt ist nicht quittiert worden. Solche Missstände bei der öffentlich-rechtlichen Verwahrung von Wertgegen
ständen dürfen nicht zulasten von Festgenommenen und Strafgefangenen gehen. Also blieb dem Land nichts anderes übrig, als die Schmuckstücke zu ersetzen.
Im Fall einer drohenden Abschiebung eines Gymnasiasten aus dem Kreis Segeberg konnte sich der Petitionsausschuss allerdings nur bedingt erfolgreich für den Petenten einsetzen. Mitschüler, Lehrer sowie Schulleiter des Gymnasiums - insgesamt 34 Petenten - hatten sich für den Verbleib des Jugendlichen aus Pakistan in Deutschland engagiert. Der Jugendliche ist vorbildlich integriert und gehört zu den Klassenbesten. Die volljährigen Geschwister haben bereits die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten. Gleichwohl sind alle Asylanträge der Familienmitglieder abgelehnt worden. Der Petitionsausschuss darf auf Entscheidung eines Bundesamtes hin ebenso wie auf die in dieser Sache ergangenen Gerichtsentscheidungen hin zwar keinen Einfluss nehmen, angesichts der aktuell kritischen Entwicklung in Pakistan hat der Ausschuss der Familie aber geraten, sich erneut an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zu wenden. Außerdem hat er den Ausländerbehörden empfohlen, aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht mit Priorität zu verfolgen. Ich hoffe sehr, dass wir auf diese Weise erreichen können, dass der Elftklässler seine bisher so beeindruckende schulische Laufbahn mit einem Abitur in Schleswig-Holstein abschließen kann.
In einem anderen Fall sah der Petitionsausschuss übrigens keine Veranlassung, sich gegen die drohende Abschiebung eines Petenten einzusetzen, auch wenn der 19-Jährige die meiste Zeit seines Lebens hier in Deutschland verbracht hat. Der junge Mann aus dem Kosovo war hier vor allem durch schwere Raub- und Tankstellenüberfälle aufgefallen. Der Ausschuss hat eine Abschiebung in den Kosovo deshalb befürwortet. Man sieht daran, dass wir die einzelnen Fälle sehr wohl sehr ausgewogen beurteilen. Deshalb kommen wir im Petitionsausschuss auch in der Regel zu einstimmigen Beschlüssen.
Ein sehr ungewöhnliches Anliegen hatte ein Petent aus dem Kreis Nordfriesland, der uns von anderen Petitionen schon bekannt ist. Dieser Petent wollte gern seine Schulden beim Amtsgericht Flensburg bezahlen, was an sich schon ungewöhnlich ist. Nach Schätzung des Petenten waren dies Gerichtskosten in Höhe von immerhin 2.000 bis 3.000 €. Das Problem war nur, dass keiner das Geld haben wollte. Seine Anfragen bezüglich der Zahlungsmo
dalitäten blieben mehr als ein Jahr lang unbeantwortet. Der Petitionsausschuss ist der Sache nachgegangen, und der Petent konnte nunmehr mit den Ratenzahlungen beginnen. So viel zum aktuellen Bericht des Petitionsausschusses.
Wie eingangs angekündigt, möchte ich abschließend noch einige Worte in Sachen Informationsaustausch mit anderen Parlamentariern sagen. Der Petitionsausschuss war diesbezüglich in den letzten Monaten außerordentlich aktiv. Im Februar haben wir eine Parlamentsdelegation aus dem Kongo empfangen, die sich eingehend über die Arbeit des Petitionsausschusses hier in Schleswig-Holstein und über die Rechtsgrundlage informiert hat. Hintergrund ist der Aufbau eines Petitionswesens im Rahmen einer demokratisch legitimierten parlamentarischen Kontrolle im Kongo. Vergangene Woche hat der Ausschuss eine viertägige Informationsreise nach Berlin und Potsdam unternommen. Wir haben dort die Petitionsausschüsse des Deutschen Bundestages, des Berliner Abgeordnetenhauses und des Landtags Brandenburg sowie die Petitionsstelle des Bundesrats besucht und uns unter anderem über den Modellversuch öffentliche Petitionen des Bundestages und über die Möglichkeit, Petitionen über ein Web-Formular per E-Mail einzureichen, informiert. Grundsätzlich müssen Petitionen in Schleswig-Holstein in Schriftform - das heißt vom Petenten unterschrieben - eingereicht werden. E-Mail-Petitionen sind in Schleswig-Holstein bisher nicht vorgesehen. Die Frage der ITVersorgung - sowohl der Parlamentarier als auch der Geschäftsstelle - wird zurzeit diskutiert. Andere Parlamente und petitionsbearbeitende Stellen handhaben das ganz unterschiedlich. Letztlich kommt es darauf an, die Arbeit des Petitionsausschusses so bürgernah und effektiv wie möglich zu gestalten. Da gilt es genau zu prüfen, welche Möglichkeiten, aber auch welche neuen Schwierigkeiten und neuen Folgekosten die Nutzung neuer Medien mit sich bringen.
Die ausführlichen Gespräche mit den Abgeordneten und Mitarbeitern der anderen Petitionsausschüsse waren diesbezüglich sehr aufschlussreich, zumal wir als Petitionsausschuss nicht nur mit den Parlamentariern dort hingefahren sind, sondern auch die Sachbearbeiterinnen und die Geschäftsführerin unserer Geschäftsstelle mitgenommen haben.
Durch diese Gespräche sahen wir auch wieder einmal bestätigt, dass unsere kleine Geschäftsstelle den Vergleich mit anderen Ausschussbüros nicht zu scheuen braucht. Kein anderer Ausschuss ist so wie der Petitionsausschuss S.-H. auf eine gute und be
lastbare Zuarbeit der Landtagsverwaltung angewiesen. Hierbei schätze ich gerade die Mischung aus juristischem, technischem und Verwaltungssachverstand, der unsere Mitarbeiterinnen und unseren Mitarbeiter auszeichnet. Man muss dabei bedenken, dass wir einen halben Mitarbeiter und ansonsten nur Mitarbeiterinnen haben, das heißt, wir haben die Gleichstellungspolitik des Landes in unserer Geschäftsstelle voll durchgesetzt.
Wenn man beispielsweise die Personalausstattung von Brandenburg mit allein sechs Juristen oder die große Geschäftsstelle des Bundestages mit 80 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern betrachtet, gelangt man zu der Auffassung, dass wir uns mit ungefähr 4,5 vollen Planstellen, die sich auf 7 Köpfen verteilen, am Rande der Belastbarkeit bewegen. Über die einzelnen Ergebnisse der Informationsreise wird der Ausschuss zeitnah einen Bericht erstellen. Zunächst möchte ich Sie bitten, die Erledigung der Petitionen aus dem ersten Quartal 2008 zu bestätigen und mich vielmals bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Geschäftsstelle des Petitionsausschusses für die effektive Arbeit bedanken.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Gibt es Wortmeldungen zum Bericht? - Das ist nicht der Fall. Eine Aussprache ist nicht vorgesehen. Der Ausschuss empfiehlt, den Bericht Drucksache 16/2087 zur Kenntnis zu nehmen und die Erledigung der Petitionen zu bestätigen. Wer dem zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Dann ist einstimmig so beschlossen worden.
Wir sehen uns morgen früh um 10 Uhr zur Beratung des nächsten Tagesordnungspunktes wieder. Ich wünsche Ihnen einen schönen Abend.
Herausgegeben vom Präsidenten des Schleswig-Holsteinischen Landtags - Stenographischer Dienst und Ausschussdienst