Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Versorgung mit Postdienstleistungen ist gerade in einem Flächenland wie Schleswig-Holstein elementarer Bestandteil der Daseinsvorsorge für die Menschen. Deswegen, sehr geehrter Kollege Dr. Stegner, will ich auch auf das eigentliche Thema dieser Debatte zurückkommen.
Ich finde die Unternehmensschelte, die Sie hier eben betrieben haben, auch bedenklich. Sie werden der Antwort auf Ihre Große Anfrage entnommen haben, dass unter den privaten Zustellern 19 mittelständische engagierte Unternehmen aus SchleswigHolstein sind, unter anderem die Zustellgesellschaft der Tageszeitungen.
Ich will allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Deutschen Post AG und der privaten Zustellunternehmen sowie den Hunderten von Zeitungszustellern in Schleswig-Holstein, die Tag für Tag dafür sorgen, dass Briefe, Pakete und Zeitungen zeitnah transportiert und zugestellt werden, einen herzlichen Dank aussprechen.
Weil von diesem Service alle Menschen betroffen sind, sind Postdienstleistungen auch immer wieder im Blickfeld der Politik, zumeist dann, wenn es um den möglichen Abbau von Serviceleistungen vor Ort geht. Die hohe Bewertung der Landesregierung von Postdienstleistungen für die Wirtschaft und die Bevölkerung des Landes Schleswig-Holstein wird daher von der CDU-Fraktion geteilt.
Der Bundesgesetzgeber hat nach der Privatisierung der damaligen Bundespost mit der Post-Universaldienstleisungsverordnung die Voraussetzung für eine flächendeckende Grundversorgung geschaffen, die nach Auffassung der Landesregierung auch in Schleswig-Holstein gewährleistet wird. Wo es in den vergangenen Jahren konkrete Überlegungen der Deutschen Post AG zur Schließung von Filialen oder deren Umwandlung in Postagenturen gab, haben wir als CDU uns vor Ort eingeschaltet, weil die Postversorgung in der Fläche im ländlichen Raum für uns eine große Bedeutung hat. Vielfach konnten dabei Lösungen erreicht werden, die dem örtlichen Bedarf gerecht werden und in der Summe dazu führen, dass in allen Gemeinden mit mehr als 2.000 Einwohnern mindestens eine stationäre Einrichtung vorhanden ist.
Interessant ist ein Blick auf die absoluten Zahlen der Postfilialen und der Postagenturen in Schleswig-Holstein: Ihre Gesamtzahl hat sich auch unter Berücksichtigung wirtschaftlicher Kriterien in den Jahren 1999 bis 2007 von 442 auf 420 nur geringfügig verringert. Dies unterstreicht, dass Wettbewerb eben nicht unbedingt zur Tabula rasa beim Angebot führen muss. Vielmehr ist es so, dass gerade die
neuen Serviceformen der Deutschen Post AG, die Postagenturen, für die Kunden durch längere Öffnungszeiten ein Mehr an Service und Flexibilität bringen können. Viele örtliche Kaufleute sehen die Postagentur in ihrem Geschäft nicht nur als lukrative Einnahme, sondern auch als Frequenzbringer für ihr Geschäft. Dabei ist es wichtig, dass die Deutsche Post AG ihren Vertragspartnern für diesen Service vor Ort faire Bedingungen und Vergütungen bietet.
Verbessert wurden im Wettbewerb auch die Serviceleistungen der Post. So ist insbesondere zu begrüßen, dass die Qualität der Zustellung weiter gesteigert werden soll, etwa durch eine frühere und zeitgenauere Zustellung. Dies kann gerade für Unternehmen eine große Bedeutung haben. Vielleicht entstehen hier auch neue Teilzeitarbeitsplätze für Personen, die einen solchen Teilzeitjob suchen.
Der Wettbewerb bei den Postdienstleistungen hat aber nicht nur zu einem Mehr an Service geführt, sondern auch zu zahlreichen neuen Unternehmen in Schleswig-Holstein, die die Spielräume des Wettbewerbs nutzen, um gerade im Bereich der Briefsendungen für gewerbliche Absender und Massenbriefsendungen neue Angebote zu schaffen, und dies, obwohl sie im Wettbewerb mit der Deutschen Post AG einen Nachteil haben, weil ihre Leistungen im Gegensatz zur Deutschen Post nicht von der Mehrwertsteuer befreit sind. Insgesamt 19 private Postdienstleister sind in Schleswig-Holstein registriert. Dass sich diese Unternehmen in einem wachsenden Logistikmarkt bewegen, macht ein Blick auf die Zahl der Beschäftigten deutlich: Ihre Zahl ist zwischen 2005 und 2007, also in nur zwei Jahren, von 1.400 auf 2.160 angestiegen.
Die Zahl der vollzeitbeschäftigten und der teilzeitbeschäftigten sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmer hat sich in diesen zwei Jahren verdoppelt und ist deutlich stärker gewachsen als die Zahl der geringfügig Beschäftigten. Postdienstleistungen sind also auch im privaten Bereich offenbar ein Motor für neue Arbeitsplätze, und vielen geringfügig Beschäftigten scheint, wenn sie es denn wollten, der Sprung in eine Voll- oder Teilzeitbeschäftigung gelungen zu sein. Ich will daran erinnern: Auch der Gesundheitsmarkt, der Pflegemarkt, hat einmal mit solch kleinen Anfängen begonnen und ist heute ein blühendes Segment.
Dabei liegen die Löhne bei den privaten Briefzustellern mit 7,09 € durchaus im Bereich des von manchen diskutierten gesetzlichen Mindestlohns von 7,50 €. Wir werden jetzt mit einiger Spannung sehen, wie sich der private Briefmarkt nach der
Einführung des Mindestlohnes von 9,80 € pro Stunde entwickeln wird. Die Frustration jedenfalls bei den privaten Zustelldiensten ist groß, denn sie vermuten darin wohl nicht zu Unrecht weniger eine existenzsichernde Maßnahme für die Beschäftigten als eine faktische Zementierung des Postmonopols auch nach der vollständigen Marktöffnung des Postmarktes zu Jahresbeginn.
Die Entwicklung bei PIN, bei TNT und anderen Unternehmen geben doch Anlass zur Sorge. Wir als CDU hoffen, dass es bei den privaten Postdienstleistern in Schleswig-Holstein durch den Mindestlohn im Postbereich eben nicht zu einem Abbau von Arbeitsplätzen und einer Bremse für diesen Wachstumsmarkt in der Logistik kommen wird.
Übrigens auch die Bauwirtschaft, das Paradebeispiel für tarifvertraglich vereinbarte Mindestlöhne, sieht den Postmindestlohn äußerst kritisch. Zu diesen Bedingungen kommen rechtliche Fragestellungen, nachdem das Verwaltungsgericht Berlin im März festgestellt hat, dass die PIN Mail AG durch den Postmindestlohn in ihren Grundrechten auf Koalitionsfreiheit und freie Gewerbeausübung verletzt sind.
Rechtliche Zweifel an der Verordnung des Bundesarbeitsministeriums gibt es auch vonseiten der Europäischen Union. EU-Binnenmarkt-Kommissar Charlie McCreevy hat die Bundesregierung darauf hingewiesen, dass der Mindestlohn für Briefzusteller und unterschiedliche Mehrwertsteuersätze für Postdienstleister den Wettbewerb in Europa einschränken könnten, und um eine Stellungnahme gebeten. Es gibt also durchaus Zweifel an der rechtlichen Zulässigkeit, und wir sollten aufpassen, dass uns beim Postmindestlohn nicht dasselbe Schicksal wie beim Tariftreuegesetz ereilt.
Ernüchternd ist in diesem Zusammenhang die Ankündigung der Deutschen Post, sich mit eigenen Filialen aus der Flächen zurückzuziehen. Es verwundert schon sehr, dass die Deutsche Post AG, die durch die Mehrwertsteuerbefreiung und den Mindestlohn zwei massive Wettbewerbsvorteile gegenüber privaten Unternehmen hat, diesen Vorteil nicht etwa nutzt, um mit eigenen Filialen verstärkt Flagge zu zeigen, sondern im Gegenteil, Postfilialen abbaut und damit auch ein Stück Service für die Bürger reduzieren will. Ein solcher Rückzug aus der Fläche, wenn er dann käme, wäre für SchleswigHolstein nicht akzeptabel, und wir werden genau darauf achten, inwieweit Serviceangebote der Post etwa durch Kooperationen mit neuen Postagenturen aufrechterhalten werden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, bei der Verabschiedung des Mindestlohns im Deutschen Bundestag hat Bundesarbeitsminister Olaf Scholz gesagt, es sei für das Postvolumen völlig egal, ob der Lohn nun bei 7,00 € oder 9,80 € pro Stunde liege. Wer so argumentiert, verkennt leider völlig die marktwirtschaftlichen Zusammenhänge, dass nämlich die Preisbildung - also das Brief- und Paketporto - immer auch vom jeweiligen Betriebsaufwand der Unternehmen abhängig ist. Weiter unterstellt Olaf Scholz, wer seiner Oma einen Brief schreiben wolle, habe er keinerlei Probleme mit der Globalisierung. Für ihn sei ein Mindestlohn von 9,80 € deswegen kein Problem.
Herr Kollege Harms, auch dies scheint ein Argument aus der Postkutschenzeit zu sein, nach dem Motto: Wenn ich Oma einen Brief schreiben will, bin ich auf die Briefform angewiesen und nehme jeden Preis in Kauf. Mittlerweile allerdings gibt es gerade im Bereich der schriftlichen Kommunikation für den klassischen Brief eine völlig neue Konkurrenzsituation, nämlich die kostengünstigere und noch schnellere E-Mail. Wer seiner Oma heutzutage einen Brief schreibt, klebt keine Briefmarke mehr darauf, sondern schickt eine E-Mail. Denn auch mehr und mehr Omas und Opas können glücklicherweise mit der neuen Kommunikationstechnologie umgehen.
Wir werden im Ausschuss weiter über diese Fragestellungen reden. Für uns als CDU ist von Bedeutung, wie sich die Zahlen der Briefdienstunternehmen und der bei ihnen Beschäftigten in SchleswigHolstein nach der Einführung des Mindestlohns entwickeln. Daher schlagen wir vor, das Thema im Herbst oder zum Jahresende im Ausschuss wieder aufzurufen und im Rahmen einer Anhörung über die Auswirkungen des Mindestlohns auf die Arbeitsplätze in Schleswig-Holstein zu diskutieren.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Die Diskussion um die Versorgung der Bevölkerung mit Postdienstleistungen ist nicht neu. Wir
sind uns zumindest über die Ziele für die Versorgung der Bevölkerung im Bereich der Postdienstleistungen einig. Wir alle wollen, dass jedermann in erreichbarer Nähe die Möglichkeit vorfindet, an Annahmestellen Briefe oder Pakete abzugeben oder sich mit Briefmarken zu versorgen.
Die Vermutung, durch die Privatisierung der Bundespost zur Post AG würde das Filialnetz stark ausgedünnt, trifft zumindest für Schleswig-Holstein ausweislich der Antworten, die der Wirtschaftsminister gegeben hat, nicht zu. Seit 1999 hat sich die Zahl der Postfilialen in Schleswig-Holstein um weniger als 5 % reduziert, das heißt, wir sind immer noch ausreichend versorgt.
Dennoch geht es noch besser. Aus unserer Sicht ist der Markt für Telekommunikationsdienstleistungen ein gutes Beispiel auch für die Postdienstleistungen. Dort, wo ein echter Wettbewerb stattgefunden hat, sind die Kosten für Telefon und Internet für die Kunden erheblich gesunken. Wir haben eine ausreichende Versorgung für jedermann, und die Qualität wird ständig verbessert.
Wenn in den letzten Tagen durch Warnstreiks auch in Schleswig-Holstein viele Briefkästen leer geblieben sind, dann hat das natürlich auch etwas damit zu tun, dass es immer noch keinen ausreichenden Wettbewerb auf dem Gebiet der Briefzustellung gibt. Es gibt auch heute noch zu wenige Möglichkeiten für Kunden, auf andere Anbieter auszuweichen. Letztlich sind damit die Kunden die Leidtragenden.
Wenn es aber um die Marktöffnung bei der Post ging, haben bisher alle Bundesregierungen das Thema entweder ausgesessen oder aktiv dazu beigetragen, dass eine wirkliche Marktöffnung verhindert wurde. Sie haben in gesamtwirtschaftlich schwierigen Zeiten - wie unter Rot-Grün - unternehmerisches Engagement, Investitionen, zusätzliche Arbeitsplätze blockiert und allen Postnutzern ein niedrigeres Porto, Angebotsvielfalt und eine bessere postalische Versorgung vorenthalten.
Der Postmarkt war bisher gespalten. Bei Paketen haben wir schon länger einen Wettbewerb, auf dem Briefmarkt keinen echten. Der Post wurde eine Exklusivlizenz für alle Briefe unter 50 g und adressierte Kataloge eingeräumt. Der seinerzeitige Grundgedanke für diese Exklusivlizenz klang auch ziemlich plausibel: Die postalische Versorgung entlegener wie ländlicher Gebiete ist teurer als die von Verdichtungsräumen. Es gab deshalb die Sorge, dass beim Übergang zum Wettbewerb die weniger
Im Postgesetz war zwar für diesen Fall ein Universaldienstfonds vorgesehen, der hierfür entsprechende Zuschüsse vorsah; man wollte sich aber mangels Erfahrung nicht darauf verlassen und stattete die Post AG mit einer zunächst bis 2002 befristeten und danach bis zum 31. Dezember 2007 weiter verlängerten Exklusivlizenz aus.
Bei gegebenem Porto sollte die Post AG so die höheren Kosten der ländlichen Versorgung mit den Gewinnen aus der Versorgung der städtischen Bereiche verrechnen. Die Exklusivlizenz war auch als Instrument der Marktabschöpfung gedacht, um die Altlasten in Form von Pensionsverpflichtungen sowie den Beamtenapparat aus Bundespostzeiten finanzieren zu können.
Die Postpolitiker lernten schnell dazu. Sie stellten bald fest, dass es sich bei der Post AG zwar im Bereich der Briefzustellung um einen Monopolisten handelt, der aber als AG auftragsgemäß wie ein Unternehmen zu handeln hatte und sich nicht darauf beschränken sollte, eine schwarze Null zu schreiben. Betriebswirtschaftlich nachvollziehbar wurde die postalische Infrastruktur so ziemlich auf das in der Post-Universaldienstleistungsverordnung - kurz PUDL-Verordnung - festgeschriebene Minimum reduziert, die Dichte der Briefkästen ausgedünnt, und die Briefträger mussten ebenfalls größere Zustellbereiche abdecken.
Vor diesem Hintergrund muss man sich dann auch fragen, ob es gerechtfertigt war, das Briefmonopol so lange bei der Post AG zu belassen, anstatt endlich den Markt für eine bessere Postversorgung zu öffnen. - So weit zu der Versorgung mit Postdienstleistungen.
Nun zum eigentlichen Gegenstand der Debatte, wie ihn jedenfalls der Herr Vorsitzende der SPD-Fraktion zum eigentlichen Gegenstand gemacht hat. Es geht dabei um die zentrale Frage: Können Menschen mit dem, was sie verdienen, ein auskömmliches Leben führen? Es geht um die zentrale Frage der Einkommenssicherung. Es geht dabei um zwei konkurrierende Vorstellungen: Auf der einen Seite steht der Mindestlohn, auf der anderen Seite steht das garantierte Mindesteinkommen.
Mit Etablierung des Mindestlohns für Postdienstleistungen haben 5.700 Menschen ihren Arbeitsplatz bei Postdienstleistern verloren. Daran hängen 5.700 Schicksale und deren Familien.
Ich finde es schon komisch, wenn sich ausgerechnet jemand, der ausschließlich im Landesdienst tätig und aus Steuergeldern gut finanziert ist, hier zum Anwalt von kleinen Leuten aufspielt, der vermutlich seit Jahren gar keinen Kontakt mehr zu dieser Gruppe hat, die er hier angeblich vertreten will.
Wir haben in diesem Landtag jahrelang über die Frage von Kombilohnmodellen gestritten, beispielsweise von Florian Gerster in Rheinland-Pfalz - Sozialdemokrat -, Heide Moser - Stichwort „Elmshorner Modell“, Sozialdemokratin - oder auch bei der Hartz-IV-Gesetzgebung durch Sozialdemokraten initiiert. Wer sich jetzt im Kommunalwahlkampf klammheimlich davon verabschieden will und, weil das gut klingt, den flächendeckenden Mindestlohn für alle ausruft, muss sich die folgende Frage gefallen lassen. Herr Kollege Stegner, vielleicht können wir die ja nach der Kommunalwahl miteinander diskutieren.
5.700 Menschen haben ihren Arbeitsplatz verloren. Verstehe ich Sie richtig, dass Ihnen weniger Arbeitsplätze zu höheren Nominallöhnen wichtiger sind