Schleswig-Holstein hat die Voraussetzung, KraftWärme-Kopplung auszubauen. Wir haben nämlich einen Vorsprung von schon 3 % gegenüber dem Bundesdurchschnitt. Da müssen wir weitermachen. Das ist die Zukunft, nicht die veraltete, fossile Technik.
Der letzte Hilfsanker, der jetzt in der Diskussion eine Rolle spielt, ist die angebliche Stromlücke, die uns schon ab 2012 drohen soll. Alle von den Stromkonzernen unabhängigen Fachleute weisen diese Rechnungen zurück. Mich erinnert das an die Angstmacherparolen zur Einführung der Atomenergie.
- Ich komme gleich zum letzten Satz -, Filbinger, konnte ungestraft behaupten, ohne Atomstrom gingen die Lichter aus, wir landeten in der Steinzeit. Das war damals so falsch wie heute.
Ähnliche Argumente werden heute ins Feld geführt. Wir belasten kommende Generationen mit Ewigkeitskosten aus Atommüll und Klimagasen. Wer heute Kohlekraftwerke neu bauen will, versündigt sich an unseren Kindern und unseren Nachkommen.
Ich danke dem Herrn Abgeordneten Matthiesen. Das Wort für die CDU-Fraktion hat nun der Herr Abgeordnete Manfred Ritzek.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich beginne, wie zu erwarten, meine Rede ganz anders, nämlich mit einer großen Begeisterung für die gestrige Entscheidung in Brunsbüttel. Ich weiß, Herr Kollege, es tut weh, wenn sich die Stadtvertretung dort mit überwältigender Mehrheit für das Kohlekraftwerk mit 1.600 kW/h entscheidet.
Es gibt dort eine kleine Partei. Sie heißt „W.I.R.“. Ich wusste nicht, was es heißt. Ich dachte „Wählergemeinschaft im Ruhestand“. Aber sie heißt anders, nämlich „Wählerinitiative für reelle Politik“.
Alle zehn anwesenden CDU-Kollegen haben dafür gestimmt. Ich denke, das ist ein Meilenstein, dass unsere Kommunalpolitiker zum Teil den Landespolitikern etwas vormachen,
Lieber Kollege, ich war auch auf der HannoverMesse. Wir müssen ganz andere Gesprächspartner gehabt haben. Ich war auch nur am schleswig-holsteinischen Energiestand. Dort haben die Firmen bestätigt, dass unsere Politik zur Erhöhung des Anteils der regenerativen Energien richtig ist, wir aber viele Jahre brauchen, ehe die regenerativen Energien das ergänzen und ersetzen können, was
Sie vorhaben, nämlich keinen Kernkraftstrom und keinen Kohlkraftstrom. Das geht nicht. Meine Gesprächspartner jedenfalls sagten mir: Wir brauchen moderne Kohlepolitik, moderne Kohlekraftwerke mit der Sequestrierung.
Deshalb habe ich hier den Eindruck, dass alle Jahre wieder, und das in regelmäßigen Abständen - jetzt ist auch noch die Kommunalwahl -, so ein Thema mit einer eingängigen Überschrift „Abschied vom Kohlestrom“ aufgegriffen wird, um Ängste zu schüren. Das lehnen wir entschieden ab.
Verantwortungsvolle Energiepolitik ist immer Klimaschutz-, Wirtschafts- und Strukturpolitik. Dazu gehört nach der Überzeugung der CDU-Fraktion auch die Bereitschaft, moderne Kohlekraftwerke zu bauen.
„An der Kohle führt kein Weg vorbei“, das hätte Ihre Überschrift sein müssen. Das ist der Kernsatz, der hier wegweisend ist. Dies wird von einer Vielzahl von Wissenschaftlern - einige werde ich nachher noch erwähnen -, Energieexperten und auch Politikern immer wieder gefordert.
Es gibt - das wissen wir alle - keine Wundertüte zur sicheren Stromversorgung. Es gibt auch keine Wundertüte für die Rettung des Klimas. Dazu ist verantwortliche, zukunftweisende Energie- und Klimaschutzpolitik notwendig. Dazu gehören - bei aller Zustimmung zu dem, was Sie gesagt haben: Kraft-Wärme-Kopplung, Erhöhung und Vergrößerung, umfassende Unterstützung der Erhöhung des Anteils regenerativer Energien, Windkraft, Solarenergie - eben auch die Kohlekraftwerke.
Nach der Verunglimpfung der Kernenergie - das ist insbesondere an die Adresse BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gerichtet - kommt jetzt die Kohleenergie dazu. So kann es nicht sein. Das halten wir für unverantwortlich.
Die intensiven Bemühungen von Unternehmen einerseits zum Bau moderner Kohlekraftwerke und die intensiven Bemühungen der Politiker andererseits, insbesondere unseres Wirtschaftsministers, für den Bau moderner Kohleanlagen mit der Beachtung des Emissionsproblems - das wir nie ausgeklammert haben - erfahren von Ihnen leider keine qualifizierte, neutrale Betrachtung.
Auch unser Ministerpräsident strebt ein gemeinsames Energiekonzept im norddeutschen Verbund an. Warten Sie darauf! Auch dort werden moderne Kohlekraftwerke eine Rolle spielen.
Wie ist heute das Szenario? - Nur ein mal zur Erinnerung - wir alle kennen es -: Kernkraftwerke sollen aus heutiger Sicht auslaufen. Kohlekraftwerke sind zum großen Teil überaltert.
Widerstände, die insbesondere auch den Grünen anzulasten sind, verschärfen das Problem des Neubaus von modernen Kohlekraftwerken. Die Hoffnung auf Offshore-Windkraftanlagen ist da. Bisher gibt es aber noch keine arbeitende Offshore-Windkraftanlage. Der Windkraftstrom ist zurzeit nicht ausreichend in die Netze zu überführen. Gaskraftwerke sind wegen der Abhängigkeit des Erdgaspreises von dem Rohölpreis mit einem erheblichen Preisrisiko verbunden. Wir alle haben gelesen und gehört, dass heute ein kleines Fässchen Rohöl 118 $ kostet. Vor einigen Wochen lag der Preis noch bei 100 $. Fazit: Die notwendige Investitionsoffensive für Kohlekraftwerke mit höchstmöglicher technologischer Entwicklung des CCS-Systems ist unabdingbar.
Trotz der Wiederholung Ihrer Argumente, die wir schon vor einem Jahr und vor zwei Jahren gehört haben, hoffe ich, dass Sie sich vielleicht doch einmal um die positiven Aspekte moderner Kohlekraftwerke bemühen. Andere tun das. Die Europäische Union, der Bundesumweltminister, der Außenminister, die rheinland-pfälzische SPD-Landesregierung unter Kurt Beck, das Land Niedersachsen, das Freiburger Ökoinstitut, das in der Vergangenheit wahrlich kein großer Verfechter von Kohlekraftwerken war, und viele andere fordern moderne Kohlekraftwerke. Dem können Sie sich doch nicht verschließen, auch wenn Sie gelegentlich einen Namen nennen, und zwar den von Professor Hohmeyer.
Gerade auch die Empfehlung des Freiburger Ökoinstituts ist beachtenswert. Diese besagt: Wenn heute eine Entscheidung fallen muss, dann empfiehlt das Institut als wirtschaftlich tragfähigste und robuste Lösung ein Heizkraftwerk auf Kohlebasis.
- Sie haben einen Professor genannt, ich habe einen Professor genannt. Es kommen noch mehrere Professoren.
Deshalb ist es unsere Pflicht, für eine verantwortungsbewusste Energiepolitik die Entwicklung auch dieser Technik zu unterstützen. Die bundeseigene Kreditanstalt für Wiederaufbau finanziert in erheblichem Maße neue Kohlekraftwerke. Das wissen Sie. Auch hier wird davon gesprochen, dass diese neuen Kohlekraftwerke mit moderner Sequestrierung ausgestattet sein müssen. Ich zitiere den Bundesumweltminister:
„Da der Ausstieg aus der Kernenergie beschlossen sei, könne man nicht gleichzeitig auf Kohlekraftwerke verzichten. Dann müssten wir Gas nehmen und das wird viel teurer. Außerdem steigere die Anti-Kohlepolitik nur den Druck auf die Verlängerung der Laufzeiten von alten Kernkraftwerken.“
Energie der Zukunft aus Windkraft und Kohle, das ist eine der Kernaussagen des Grünbuchs Energie 2020, das unser Wirtschaftsminister im Juni 2007 vorgestellt hat. Es heißt dort:
„Wir wollen dafür sorgen, dass die verschiedenen Energieträger und Energietechnologien zusammen ihren spezifischen Anteil an einer sicheren, kostengünstigen und nachhaltigen, das heißt klimaverträglichen Energieversorgung einbringen können.“
Das gilt. In Deutschland werden pro Jahr etwa 850 Millionen t Kohlendioxid ausgestoßen. Davon stammen rund 500 Millionen t aus Kraftwerken. In Schleswig-Holstein werden etwa 20 Millionen t ausgestoßen, davon etwa 4,5 Millionen t aus Kraftwerken. Das ist ein relativ geringer Anteil, und zwar aus dem Grund, weil wir hier drei Kraftwerke haben, die den Ausstoß von knapp 8 Millionen t CO2 verhindern. Bundesweit verhindern übrigens 17 Kernkraftwerke den Ausstoß von rund 150 Millionen t CO2 pro Jahr. Das erwähne ich nur.
Wenn in unserem Land Investoren bereit sind, moderne Kohlekraftwerke mit deutlich geringeren Emissionen gegenüber alten Kraftwerken zu bauen, und zwar insbesondere auch für Strom, den wir verkaufen, dann ist es ein Gebot von verantwortlichem wirtschafts- und umweltpolitischem Handeln, diese Chance zu nutzen. Gott sei Dank haben wir das in Brunsbüttel gerade bestätigt bekommen.