Aber wir müssen uns überhaupt nicht von dieser Bank trennen. Wissen Sie eigentlich nicht, was diese Bank für Schleswig-Holstein bedeutet? Bei manchen Dingen, die ich da an Bewertungen in der Zeitung lese, kann ich mir nur an den Kopf fassen. Wissen Sie eigentlich nicht, dass diese Bank für schleswig-holsteinische Kunden 10 Milliarden € Kreditvolumen zur Verfügung stellt? Wo wäre eigentlich die mittelständische Wirtschaft SchleswigHolsteins in den letzten zehn Jahren geblieben, in denen die großen privaten Geschäftsbanken nicht mehr bereit waren, dem Mittelstand Geld zur Verfügung zu stellen?
Diese Bank hat eine große Bedeutung für die Wirtschaftsregion Norddeutschland, und ich kann nur dringend empfehlen, sich einmal mit Unternehmensverbänden, mit Kammern und mittelständischen Unternehmen zu unterhalten, um diese Erkenntnis zu gewinnen. Diese Bank hat in den letzten vier Jahren seit der Fusion jährlich, Herr Kubicki, 80 Millionen € an den schleswig-holsteinischen Haushalt und an die GVB an Dividenden abgeführt. In diesem Jahr erwarten wir als Land allein wieder 43 Millionen € und die GVB zur Deckung der Anteile weitere 38 Millionen €.
Wenn Sie ein Ausstiegsszenario installieren, wenn Sie diese Bank verkaufen wollen, dann ist sie weg aus Schleswig-Holstein. Dann wird sie aus anderen Regionen entweder Deutschlands oder der übrigen Welt gemanagt, und dann sind diese Arbeitsplätze nicht mehr hier. Dann gibt es übrigens auch nicht mehr die 20 Millionen € Gewerbesteuer für die Stadt Kiel, die es in den letzten vier Jahren und 2007 ebenfalls gegeben hat.
Diese Bank hat in Norddeutschland eine Marktdurchdringung im gehobenen Firmenkundengeschäft von 50 %. Sie ist Marktführer. Das kann man nicht damit abtun, dass irgendwo auch ein paar andere Geschäfte gemacht werden. Deshalb sage ich Ihnen: Wir müssen sehr aufpassen, wie wir auch mit der öffentlichen Wirkung dieser Bank umgehen. Wir planen einen Börsengang. Ich glaube, es ist sehr gefährlich, in dieser Zeit aus parteitaktischen Gründen ein bisschen zu spekulieren nach dem Motto: Wir sollten mal über einen Ausstieg diskutieren.
Ich halte das für außerordentlich gefährlich. Das würde bedeuten, Herr Kubicki, dass wir im Rating von jetzt auf gleich ein paar deutliche Sprünge nach unten machen. Das würde natürlich die Marktsituation der Bank deutlich verschlechtern. Ich sage, dieser Vorschlag ist ein Eigenkapitalvernichtungsvorschlag und damit auch ein Kapitalvernichtungsvorschlag für das Land Schleswig-Holstein.
Ich sage hier sehr deutlich: Wir werden im Zusammenhang mit der Vorbereitung eines Börsenganges natürlich nicht mehr 74 % der Anteile in öffentlicher Hand behalten können. Das müssen wir auch nicht. Aber ich sage genauso deutlich: Wir werden uns an die Haltevereinbarung mit Hamburg und mit dem Sparkassen- und Giroverband halten, die lautet: Bis 2013 werden die öffentlichen Hände mehr als 50 % der Anteile halten. Das ist wichtig für unsere Region. Das ist wichtig für die Bank, und das ist wichtig für ihr Rating.
(Wolfgang Kubicki [FDP]: Wie wollen Sie das denn machen, wenn Schleswig-Holstein dieser Bank neues Kapital zuführen soll?)
- Genau das haben wir Ihnen inzwischen schon mehrfach beantwortet, Herr Kubicki. Wenn Sie die Informationsangebote angenommen hätten, Herr Kubicki, wüssten Sie das auch beziehungsweise könnten es zur Kenntnis nehmen.
Die öffentlichen Hand in Schleswig-Holstein und in Hamburg werden mehr als 50 % an dieser Bank halten, weil diese Bank für unsere Region, für unser Land von großer Bedeutung ist. Diese Bank ist gut aufgestellt. Insbesondere von den anderen Landesbanken erhalten wir allerbeste Noten für das Geschäftsmodell, das diese Bank vertritt. Sie hat auch in dieser Krise, die von außen eingetreten ist, im vergangenen Jahr durch den erwirtschafteten Gewinn alle Risiken auffangen können. Herr Kubicki, trotzdem macht sie einen Überschuss und trotzdem führt sie planmäßig - wie vorgesehen - die Dividende an das Land und die anderen Anteilseigner ab. Das ist ein außerordentlich gutes Zeichen. Deshalb werden wir deutlich machen, dass das Land Schleswig-Holstein und die Hansestadt Hamburg zu dieser Bank stehen und auch weiterhin die Mehrheit an dieser Bank halten werden.
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Oppositionsführer und Fraktionsvorsitzende, Herr Abgeordneter Wolfgang Kubicki.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr verehrter Herr Finanzminister, bisher hatte ich immer unheimlich hohen Respekt vor Ihrer Redlichkeit, auch in der Argumentation, selbst wenn es manchmal schwergefallen ist, aber was Sie heute abgeliefert haben, lässt mich zweifeln, ob meine bisherige Einstellung noch zutreffend ist.
Erstens. In der Sitzung des Beteiligungsausschusses des Landtages - ich weiß nicht, ob Sie daran teilgenommen haben - war der Kollege Dr. Garg anwesend, als über die Frage der Weiterentwicklung der HSH Nordbank gesprochen worden ist. Insofern war die FDP vollständig informiert, ich übrigens
auch, durch Gespräche, die wir beide hatten, und durch Gespräche, die ich mit Herrn Berger geführt habe.
Es geht mir auch nicht um die Frage, ob die HSH Nordbank eine gute Bank ist. Es ist eine gute Bank. Auch ich freue mich über jede weitere gute, wunderbare Entwicklung. Ich glaube aber, wir tun der Bank unheimlich Schlechtes an, wenn wir erklären, ihr Geschäftserfolg in Schleswig-Holstein und darüber hinaus habe etwas damit zu tun, dass wir daran beteiligt sind. Das ist ein Erfolg, den sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bank auf ihre Fahnen schreiben können und der mit unserer Beteiligung nichts zu tun hat.
Es geht uns um die Frage, was eigentlich die Position des Landes hinsichtlich der Beteiligung an einer privaten und sich weiter privatisierenden Bank ist. Diese Frage muss beantwortet werden.
- Das weiß ich nicht. Im Wahlprogramm der CDU steht bisher noch - dafür haben wir bis 2005 gemeinsam gekämpft -, dass die Anteile an der HSH Nordbank veräußert werden sollen. Ich nehme zur Kenntnis, dass diese Position geändert werden soll.
Ich habe heute auch zur Kenntnis genommen, dass die Bank, wenn sie an die Börse geht, frisches Kapital erhalten soll und sich die Beteiligungsverhältnisse trotzdem nicht verändern sollen. Wie das funktionieren soll, weiß ich nicht.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, am Montag, dem 28. Januar 2008, berichtete der „FOCUS“, dass die deutschen Landesbanken immer mehr in die Krise rutschen und allein die BayernLB, die LBBW, die WestLB und die HSH Nordbank fast 80 Milliarden € in Risikopapiere investiert haben. Weiter heißt es in diesem Bericht: „Auch die Hamburger HSH Nordbank steckt im Subprime-Sumpf und sagte ihren geplanten Börsengang ab.“
Einen Tag später, am 29. Januar 2008, dementierte die HSH Nordbank durch ihre Sprecherin Gesine Dehn in den „Lübecker Nachrichten“: „Wir stecken nicht im Subprime-Sumpf, und wir sagen unseren Börsengang nicht ab.“
Am 10. Februar 2008 berichtete die „Wirtschaftswoche“, dass die HSH Nordbank Immobilienkredite im Volumen von 7,6 Milliarden € zu wenig attraktiven Konditionen an die Münchner Hypo Real
Estate, die französische BNP Paribas und die amerikanische Investmentbank Lehman Brothers verkauft haben soll. Dabei habe die HSH je nach Portfolio einen Abschlag zwischen 10 und 30 % des Nennwertes hingenommen.
Am 26. Februar 2008 hieß es aus der HSH, dass allein aus einem US-Immobilienkreditportfolio in Höhe von 300 Millionen € bislang 170 Millionen € finanzwirksam abgeschrieben wurden. Aber die HSH ließ durch ihren Chefvolkswirt Dr. Bernhard Blohm im „Hamburger Abendblatt“ verlautbaren: „Es gibt keinen Anlass für Dramatik.“ Oder kurz und bündig zusammengefasst: Bei der HSH sei alles in Ordnung und man habe die Risiken voll im Griff.
Am 7. März 2008 überraschten dann die Aussagen in der Aufsichtsratssitzung. Es wurde vermeldet, der Börsengang wird abgesagt, die Abschreibungen allein aus den Subprime-Risiken auf dem US-Immobilienmarkt betragen für das Jahr 2007 563 Millionen €. In einer Presseverlautbarung der Bank hieß es dann am 9. April 2008: Für das Jahr 2007 wurden insgesamt Abschreibungen in Höhe von 1,3 Milliarden € vorgenommen. Rechnet man die Abschreibungen des ersten Quartals 2008 hinzu, musste die HSH Nordbank bisher rund 1,6 Milliarden € abschreiben, Tendenz steigend.
Dabei mutet es geradezu komisch an - das sage ich für die wenigen Volkswirte hier im Hause -, wenn der Chefvolkswirt der Bank, Dr. Bernhard Blohm, erklärt, dies seien nur Buch-, keine realen Verluste. Abschreibungen sind natürlich keine Verluste an der Substanz, Herr Kollege Sauter. Fast täglich neue Meldungen, neue Zahlen, neue Forderungen aus der Bank und vor allem täglich neue Überlegungen seitens der Anteilseigner.
Die HSH erwartet inzwischen eine Kapitalerhöhung der Anteilseigner in Höhe von rund 2 Milliarden €. Die Anteilseigner - bis auf den Sparkassenund Giroverband - sind offenkundig bereit, derartige Summen in die Bank zu pumpen. Wie dies geschehen soll und wer wie viel zahlt, ist bislang allerdings völlig unklar. Fest steht: Schleswig-Holstein hat dafür weder Geld übrig, noch hat der Haushaltsgesetzgeber, also das Parlament, in den Haushaltsplan der Jahre 2007 und 2008 in irgendeiner Weise Mittel für eine solche Aktion bereitgestellt. Die Ausführungen des Finanzministers in dieser Frage bringen uns leider auch keinen Millimeter weiter. Selbstverständlich muss das Parlament, bevor Sie eine solche Zusage geben können, damit befasst werden und seine Zustimmung erteilen, Herr Finanzminister.
So heißt es: Die bereits bestehenden und kreditfinanzierten stillen Einlagen der landeseigenen Beteiligungsgesellschaft GVB in Höhe von 500 Millionen € sollen in Eigenkapital gewandelt werden. Da das bisher ohnehin als stille Beteiligung dem Kernkapital zugerechnet wurde, Herr Minister, helfen wir der Bank damit im Zweifel für ihre eigene Kreditausleihung relativ wenig. Sollte dieser Weg gewählt werden, entfällt die vertraglich vereinbarte Vergütung für die stille Einlage, die zumindest bisher die Zahlung der Fremdkapitalzinsen für deren Refinanzierung sicherte. Wir sind dann auf mindestens eine gleich hohe jährliche Dividende angewiesen, um nicht reale Verluste als Land Schleswig-Holstein zu erleiden.
Zudem muss der Finanzminister die Schulden der GVB in den Landeshaushalt einstellen und damit zurückholen, weil sonst nach der glorreichen Gewerbesteuerreform der Großen Koalition Steuern auf die Schuldzinsen zu zahlen wären, was die Sache noch unrentierlicher machen würde.
Zum anderen - so hören wir - sollen weitere 250 Millionen € von der GVB auf dem Kapitalmarkt aufgenommen werden. Das heißt im Klartext: Noch mehr Zinsen zahlen und weitere Schulden machen. Herr Minister, es macht übrigens großen Sinn, die Anteilseigner zuerst mit einer Dividende zu beglücken, um anschließend von ihnen eine Kapitalerhöhung zu verlangen. Das macht ökonomisch, finanzwirtschaftlich und betriebswirtschaftlich wirklich Sinn.
Und dann sagt der Finanzminister sinngemäß: Ja, aber erstens belastet das den Haushalt doch alles gar nicht und zweitens gleicht die Dividende, die das Land von der Bank bekommt, die Kapitalzinsen wieder aus. Herr Minister, genau das ist das Problem. Sie schaffen einen völlig intransparenten Schattenhaushalt, schieben Kredite hin und her und belasten unter dem Strich den Landeshaushalt. Selbst unter der Prämisse, dass Sie es wirklich schaffen, mit der Dividende, die Sie von der Bank bekommen, die Kapitalmarktzinsen auszugleichen, ist dies ein äußerst mieses Geschäft. 2007 hat das Land Schleswig-Holstein 35 Millionen € Dividende bekommen, 2006 waren es 29 Millionen € und 2005 17 Millionen €.
Warum haben Sie den Anteil des Landes an der HSH Nordbank nicht zum Haushaltsjahr 2005 verkauft? Wir haben damals nach dem Mindestwertprinzip 600 Millionen € eingestellt, aber wir wus
sten - das habe ich in der Debatte auch gesagt -, dass der Anteil deutlich mehr wert ist. Wenn wir die Kriterien der Veräußerung an Flowers zugrunde legen, hätten wir 2005 1,7 Milliarden € dafür erlöst.
Hätten Sie damit ausschließlich Verbindlichkeiten getilgt, stünden heute folglich 1,7 Milliarden € weniger in den Büchern. Und Sie hätten bei einem angenommenen durchschnittlichen Zinssatz von 4 % seither fast 210 Millionen € Zinsen gespart. Ziehen Sie die stille Einlage ab, bleiben immer noch rund 145 Millionen € übrig, Geld, das Sie an anderer Stelle zur Verfügung gehabt hätten. Das sind deutlich mehr als die 81 Millionen € Dividende, die Sie seit 2005 eingenommen haben.