Bei Ortungsversuchen in den letzten Wochen stellte sich heraus, dass an der angegebenen Stelle keine Flaschen zu finden waren. Dafür ortet man dies wurde auch in dem heutigen Bericht des Ministers gesagt - aber eine Ansammlung von exakt 15 Flaschen am Meeresboden 3,5 Seemeilen weiter östlich. Es ist nicht auszuschließen, sondern eher zu vermuten, dass es sich dabei um die zuvor angesprochenen Flaschen handelt. Es wäre nun die Frage zu prüfen, wie sie dorthin gelangt sind. Wenn es diese Flaschen seien sollten, ist die spannende Frage, wie sie dort hingekommen sind.
Immerhin berichtet das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie in Hamburg, dass bei der Grundfischerei mit Schleppnetzen in der Nähe der vermutlichen Lagerstelle entsprechende Beobachtungen gemacht worden sind. Wenn es sich nicht um die erwähnten Flaschen handeln sollte, muss die Suche erst recht losgehen. Sollte ein Schiff eine solche Giftgasflasche aufnehmen oder sie aus dem Sediment freisetzen, dann kann die Flasche an den Strand gespült werden, was sehr bedrohliche Folgen haben kann.
Lassen Sie uns das Problem angehen, bevor etwas passiert. Ich meine, dass, wenn man das Korrosionsverhalten anderer Funde zugrunde legt, eine Bergung der Behältnisse möglich ist. Das gilt es aber natürlich zu klären. Deshalb haben wir dem Hohen Haus ja auch diesen Antrag vorgelegt.
Das Problem von Munitionsablagerungen, Kampfmitteln und Giftmüll in den schleswig-holsteinischen Küstengewässern beschränkt sich jedoch nicht auf die 15 Flaschen in der Lübecker Bucht. Deshalb beantragen wir die Aufarbeitung alter Erkenntnisse und die Erhebung aktueller Daten in einem abgestuften Verfahren.
Jüngst wurde eine Statistik veröffentlicht, nach der seit Ende des Zweiten Weltkrieges bis heute in Deutschland allein durch Munition in der Ostsee mindestens 168 Menschen getötet und mindestens 263 Menschen größtenteils schwer verletzt wurden. Ferner wurde auf eine beträchtliche Dunkelziffer hingewiesen. Zwar sind laut Statistik Todesfälle nur bis in die 50er-Jahre regelmäßig aufgetreten und kommen heute zum Glück nicht mehr vor. Die Zahl der Vorfälle mit Verletzten hält sich aber offensichtlich auf gleichbleibend hohem Niveau.
In den vergangenen 15 Jahren hat sich Phosphor zum Hauptproblem an der deutschen Ostseeküste entwickelt. Es gibt zwei bekannte Schwerpunktgebiete, in denen Phosphor besonders häufig angeschwemmt wird: Karlshagen auf Usedom, wo in den 70er-Jahren von einem Vorfall mit über 100 verletzten Menschen berichtet wurde und die Strände über Wochen hinweg gesperrt waren, und Laboe an der Kieler Außenförde.
Herr Minister, Sie sprachen die nicht unerheblichen Kosten von 450.000 € für die erforderlichen Maßnahmen allein in dem einen Falle an. Ich will für meine Fraktion noch einmal sehr deutlich machen, dass wir bei der Kostentragungspflicht ganz eindeutig in Richtung Bund blicken. Das gilt vielleicht nicht für den Lübecker Fall. In diesem Fall wäre es dringend, noch zu klären, ob dort mit Bundeserlaubnis verklappt worden ist. Wenn ja, wäre auch in diesem Fall eine Kostentragungspflicht des Bundes gegeben. Der Bund ist auf jeden Fall Rechtsnachfolger des Deutschen Reiches. Die Wehrmachtsmunitionsbestände sind im Besitz des Bundes. Deshalb sind aus meiner Sicht die Verhandlungen über die Kostentragung seitens der Landesregierung sehr energisch und konsequent in dieser Richtung zu führen.
Panikmache können wir bei diesem Thema nicht gebrauchen. Wir brauchen einen angemessenen, sachorientierten Umgang mit diesem Problem. Nach Ihrem Bericht, Herr Minister, habe ich das Gefühl, dass wir auf einem guten Wege sind.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst danke ich dem Herrn Innenminister sehr herzlich für seinen, wie ich finde, aktuellen und auch in der Tonlage treffenden Bericht, der auch Ausführungen zu der aktuellen Situation in der Lübecker Bucht enthielt. Herr Minister, Sie haben in Ihrem Bericht ebenfalls angesprochen, dass auf Veranlassung alliierter Dienststellen in der unmittelbaren Nachkriegszeit schätzungsweise 60.000 t Kampfstoffmunition außerhalb deutscher Hoheitsgewässer versenkt worden sind. Augenzeugenberichten lässt sich allerdings entnehmen, dass bei Transporten aus der damaligen Sowjetischen Besatzungszone vermutlich auch vor dem Erreichen der geplanten Versenkungsstellen Munition über Bord geworfen worden ist. Zu diesem Thema liegen uns seit 1993 unter anderem die Ergebnisse einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe vor.
Im Vergleich zu den Erkenntnissen über Kampfstoffmunition sind die Erkenntnisse über konventionelle Munition in der Ostsee wesentlich vielfältiger, aber auch unübersichtlicher. Nach Ende des Krieges wurden vermutlich mehrere 100.000 t Torpedos, Fliegerbomben, Seeminen, Granaten und Munition unterschiedlichster Kaliber versenkt. An zahlreichen Stellen wurde seitdem Munition geborgen, aber nicht immer in der Art und Weise, wie wir uns heute eine Bergung vorstellen würden. Die Art der Bergungsmaßnahmen in der unmittelbaren Nachkriegszeit erklärt die hohe Unfallrate; seinerzeit wurde der Versuch gemacht, einfach an die Rohstoffe heranzukommen.
Für uns als Bundesland sind mögliche Gefährdungen, die sich aus Verunreinigungen des Wassers oder ungeplanten Detonationen von Munition ergeben, sowie Gefahren für die Fischerei oder sogar für den Badebetrieb ein ernstes Problem. Gerade deshalb gilt es, ohne reißerische Panikmache an den Stellen, wo eine Bergung nötig erscheint, gezielt tätig zu werden. Genau dies ist ja angekündigt worden. Es ist aber auch ganz offen zu sagen: Der größte Teil der inzwischen korrodierten Munition liegt dort, wo er ist, vergleichsweise gut. Eine Bergung um jeden Preis würde Umwelt und Menschenleben zusätzlich in Gefahr bringen.
Ich habe großen Respekt vor den Bediensteten des Kampfmittelräumdienstes und ihrer gefahrvollen Tätigkeit. Deswegen müssen wir uns ihrer Leistung auch mit großem Augenmaß bedienen. Seit dem Frühjahr 2007 findet eine verstärkte öffentliche Debatte dieser bekannten Problematik statt. Beispielsweise hatte sich auch der „Spiegel“ des Themas mit
einem großen Artikel angenommen. Bereits im Jahr 2000 hatte die CDU-Fraktion in einer Kleinen Anfrage Informationen über versenkte Chemiewaffen in der Ostsee eingeholt. Ich möchte mit Erlaubnis des Präsidenten aus der Antwort zitieren, die der damalige Umweltminister Müller gegeben hat. Er sagte zusammenfassend:
„In deutschen Hoheitsgewässern wurde keine Kampfstoffmunition versenkt, das Gefährdungspotenzial ist als gering einzustufen und es ist kein Handlungsbedarf gegeben.“
Dieses Zitat stammt aus der Drucksache 15/479. Daran hat sich, was die Kampfstoffmunition in deutschen Hoheitsgewässern angeht, grundlegend nichts geändert.
Es geht an dieser Stelle nicht darum, zu verharmlosen, sondern es geht darum, aus den bekannten Fakten die richtigen Schlüsse zu ziehen und nicht durch Aktionismus zusätzliche Gefahren heraufzubeschwören.
Ich wollte das eigentlich ohne Namensnennung machen, das hat der Kollege Matthiessen nun mit dem Stichwort des Wissenschaftlers Nehring vorweggenommen. Der eine oder andere Wissenschaftlicher hat ja seit dem Jahre 2004 diese Thematik für sich entdeckt und mit schöner Regelmäßigkeit sich und sein Institut immer wieder ins Gespräch gebracht und die Dienste, natürlich gegen entsprechendes Salär, angeboten. Manchmal scheint es, dass jeder Weg recht ist, um dieses Thema in die Öffentlichkeit zu bringen, und sei es in diesem konkreten Fall das Journal für Ufo-Forschung.
Meine Damen und Herren, ich glaube, entscheidend ist, dass alle Interessierten und Betroffenen in der Lage sind, sich sachlich und ernsthaft über die versenkte Munition in der Ostsee zu informieren. Mein Hinweis an dieser Stelle sind die ausgesprochen informativen Seiten, die das MLUR im Internet dafür bereitstellt. Wir unterstützen die Landesregierung darin, überall dort, wo eine Gefährdung besteht, tätig zu werden. Wir erkennen die Bemühungen um eine Art und Weise der Räumung versenkter Munition, die insbesondere die Tierwelt in der Ostsee möglichst schont, ausdrücklich an. Wir fordern die Landesregierung auf, diesen Weg fortzusetzen und das Parlament über neue Entwicklungen und Erkenntnisse weiterhin zu informieren.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Ergebnisse der letzten Woche, eigentlich schon des letzten Jahres, haben gezeigt, dass es einen großen Bedarf gibt, die Kampfmittelablagerungen in Nordund Ostsee erneut zu thematisieren.
Die Bevölkerung reagiert inzwischen sehr sensibel auf dieses Thema. Deshalb ist es gut, dass wir dieses Thema hier im Landtag erneut diskutieren. Ich danke dem Innenminister und seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für den vorgelegten Bericht und für die darin vorgestellten Aktivitäten.
Meine Damen und Herren, zwischen 400.000 t und 1,3 Millionen t Altmunition und Kampfstoffe sollen auf dem Grund der Nord- und Ostsee liegen. Niemand hat einen genauen Überblick. Ob sich weiteres Giftgas, wie das vor Lübeck verklappte, darunter befindet, weiß auch niemand, und wenn ja, weiß niemand, wie viel es ist und in welchem Zustand sich die Behältnisse befinden.
Auch die vorliegen Kartierungen, seien es der Altlastenatlas „Baltic Sea Ordnance Pilot“ der deutschen Marine aus dem Jahr 2000 oder der „Report on Chemical Munition Dump in the Baltic Sea“ der Helsinki-Kommission von 1994, können nicht vollständig sein, da die Ablagerungsorte vor allem der von den Alliierten versenkten Altmunition größtenteils nicht dokumentiert sind und Verdriftungen, wie es vermutlich auch beim Lübecker Fall geschehen ist, nicht auszuschließen sind.
Darüber hinaus kennen wir alle die Aussagekraft von Sätzen, die auch im Radio immer zu hören sind, wie: „Nicht für die Umwelt oder die Menschen gefährlich“. Vielfach treten anzunehmende Gefahren für die Biosphäre hinter Kompetenzstreitigkeiten, hinter Schwarze-Peter-Spiele und vor allem hinter den Kostenfaktor zurück. Schädigungen durch zunächst geringe, aber dauerhaft austretende Mengen von Giftstoffen wurden bisher nicht untersucht. Es ist sehr schön, dass sich das Umweltministerium dieser Aufgabe jetzt wirklich stellt.
Wir dürfen uns nichts vormachen: Es muss endlich gehandelt werden! Die Bomben, Fässer, Flaschen und sonstigen Behälter rosten vor sich hin. Je länger wir warten, desto schwieriger wird die Bergung oder Vernichtung, wenn es dann nicht sowieso
Wir kennen alle den Knackpunkt: Das sind die Kosten. Denn es wird viel Geld dafür nötig sein. Wenn allein für die Bergung der 15 Flaschen vor Pelzerhaken jetzt 450.000 € veranschlagt werden, müssen wir uns fragen, um welche Dimensionen es sich handeln wird, wenn es um mehr als 400.000 t geht, vielleicht sogar 1 Million t. Zuständig ist in aller Regel der Bund als Erbe der Reichswehrbestände oder als Rechtsnachfolger des Deutschen Reiches und außerdem als Zuständiger für den Meeresbereich. Daher nutzt uns ein Alleingang von Schleswig-Holstein, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, nichts. Wir müssen von Anfang an mit dem Bund gemeinsam Strategien entwickeln, möglichst auch mit den anderen Ostseeanrainern zusammen.
Zu solchen Strategien gehört auch die Frage, wie wir diese Munition vernichten wollen. Sie wissen, die bisher üblichen Sprengungen haben sich als gefährlich für die Tierwelt, besonders für die Schweinswale, erwiesen. Aber auch Schädigungen für die weitere Biosphäre durch nicht vollständig zerstörte Gift- oder Kampfstoffe treten auf.
Vor Heidkate wird nun mit Beteiligung der Naturschutzverbände ein neues Sprengverfahren erprobt. Die Naturschutzverbände mit einzubeziehen, Herr Minister, ist der richtige Weg.
Neben der Sprengung, die bisher das Mittel der Wahl war, gibt es weitere neue Verfahren zur Vernichtung von Altmunition und Kampfstoffen, Bergung des Materials und Vernichtung an Land. Als neue Methoden werden zum Beispiel die Vereisung, ein sogenannter Gefriersarg, UV-Licht-Bestrahlung oder der von Ihnen genannte Perlenvorhang durch Sauerstoff vorgeschlagen. Dem NABU vor allem und dem eben schon genannten Meeresbiologen Nehring ist es zu danken, dass im letzten Oktober ein umfassendes Symposium zu diesem Thema stattgefunden hat, in dem diese Methoden dargestellt, diskutiert und auch bewertet worden sind. Welche der Methoden angewandt werden soll, muss im Einzelfall entschieden werden, je nachdem, was der Inhalt ist und in welchem Zustand sich die Behälter befinden.
Wichtig ist dabei auf jeden Fall aber die Transparenz. Die Gefahrenlage und die Kosten müssen sich jeder Bürgerin und jedem Bürger erschließen, und
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir wollen das Thema in den Ausschüssen weiter diskutieren und beantragen die Überweisung des Antrags der Grünen an den Umweltausschuss.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Problem der Verschmutzung der Ostsee mit Kampfmitteln und Munition aus dem Zweiten Weltkrieg ist seit Jahren bekannt, seit Jahren wird es aber nicht wirklich als Problem erkannt. Glaubt man den Berichterstattungen in den Zeitungen, dann wusste die Landesregierung spätestens seit dem Jahr 2001, dass und wo sich mehrere Giftgasflaschen vor Travemünde in der Ostsee befanden. Seit Jahren wurde aber keine Bergung dieser Behälter vorgenommen. Das stellt ein Verhalten der Regierung dar, das wir von jeher kennen. Das ist heute unter der Großen Koalition bis jetzt nicht anders, als es seinerzeit unter Rot-Grün der Fall war. Ich muss dazu sagen: Ich bin mit den Ausführungen des Herrn Innenministers, die er vorhin vorgetragen hat, sehr zufrieden.
Wir haben uns schon ein wenig über das Problembewusstsein der Grünen in dieser Frage gewundert. Die Grünen hatten es in der Regierung in Schleswig-Holstein zwischen 1996 und 2005 und in Berlin zwischen 1998 und 2005 in der Hand, die Mängel, die sie heute anprangern, zu beheben. Sie haben dies unterlassen.
Daher erscheint es etwas scheinheilig, wenn sich gerade die Fraktion der Grünen heute hinstellt und den Eindruck erwecken will, sie versuche aktiv etwas gegen das Problem der Kampfmittel in der Ostsee zu unternehmen. Noch Ende 2006 haben beispielsweise die Grünen eine Initiative der FDPFraktion in der Lübecker Bürgerschaft zu den Munitionsfunden vor Travemünde abgelehnt.
Kurz vor den Kommunalwahlen scheint es aber aus Sicht der Grünen wieder en vogue zu sein, dieses Thema kritisch zu verfolgen.
Ich selbst habe im Jahr 2001 das Problem aufgegriffen und eine Anfrage an die damalige rot-grüne Landesregierung gestellt. Wir wollten als FDP wissen, warum die Lagerstätten von Kampfmitteln in schleswig-holsteinischen Küstengewässern bisher nicht geborgen wurden. Die Antwort lautete wie folgt - ich zitiere aus der Drucksache 15/1226 -:
„steht die von der verklappten Munition ausgehende Gefahr in keinem Verhältnis zu den Kosten einer systematischen Räumung aller bekannten Lagerstätten.“