Deswegen lesen wir diesen Entwurf mit großem Wohlwollen. Die Zahlen zeigen, dass die große Koalition unter Führung unseres Ministerpräsidenten Peter Harry Carstensen die ihr im Februar diesen Jahres übertragene Verantwortung ernst nimmt. Nicht umsonst hat auch die 100-Tage-Bilanz des Ministerpräsidenten eine so gute Resonanz in den Medien gefunden. Die Bürgerinnen und Bürger erkennen, dass das im Koalitionsvertrag vereinbarte deutliche Signal zur Umsteuerung nicht nur eine leere Phrase ist, sondern von der gesamten Politik der neuen Landesregierung und auch von diesem Haushalt ausgeht. Sie erkennen: Wir machen mit unseren Sparplänen und dem ehrgeizigen Ziel, die Neuverschuldung im Laufe der Legislaturperiode zu halbieren, Ernst.
Bei diesem Thema gilt aber dennoch das Wort des Schwaben Manfred Rommel, des früheren Oberbürgermeisters von Stuttgart. Er sagte: Sparen heißt, Geld, das nicht da ist, nicht auszugeben. Wer Geld, das nicht da ist, ausgibt, ist kein Sparer. - Wir erkennen, dass die jetzige Haushaltssituation sehr ernst ist und dass der Finanzpolitik bei aller Einsicht der Verantwortlichen und der Bürger, die die Einschnitte erdulden müssen, Grenzen gesetzt sind. Wir müssen gleichzeitig bremsen und Gas geben. Bremsen müssen wir bei den Ausgaben, Gas geben müssen wir bei den Investitionen.
Herr Kollege Kubicki, damit wir an dieser Stelle schon wissen, über welche Zahlen wir derzeit aktuell reden - was wir 2006 verabschieden, werden wir dann sehen -, bitte ich Sie, zur Kenntnis zu nehmen: Wir haben mit dem Nachtragshaushalt 2005 15 % mehr Investitionen gegenüber dem Ist 2004. Wenn die Investitionen 2006 so realisiert werden, wie sie jetzt im Entwurf stehen, dann werden es auch dort 14 % mehr als im Ist 2004 sein. Das ist bei dieser engen Haushaltslage eine wirkliche Leistung dieser Koalition und der Regierung.
Wir schaffen das alles aber nur - teilweise ist es fast eine Quadratur des Kreises -, wenn alle mitmachen.
Deshalb möchte ich an dieser Stelle einmal sagen - wir alle sind ja im Bundestagswahlkampf draußen, nehmen sehr viel Stimmung auf und hören sehr viel -, welche Stimmung ich entgegennehme und welche Stimmung auch andere, die heute hier im hohen Haus dabei sind, hören. Die Menschen haben wieder Hoffnung. Sie kommen auf uns zu und sagen: Ihr kriegt die Sache in den Griff, es passiert endlich etwas in Schleswig-Holstein. Mit dieser Stimmung können wir es schaffen. Wir werden es auch schaffen. Wir haben Ziele. Wir haben eine äußerst schwierige Haushaltssituation, aber die Menschen merken, wir meinen es ehrlich, wir meinen es ernst. Sie helfen uns und sie machen mit. Mit diesem Geist werden wir es gemeinsam schaffen.
Auch wenn der Haushalt 2006 noch eine Nettokreditaufnahme von über 1,5 Milliarden € erfordert, ist und bleibt es unser ehrgeiziges Ziel, die Nettokreditaufnahme über die Legislaturperiode hinweg schrittweise auf 1 Milliarde € im Haushaltsjahr 2009 zu reduzieren. Angesichts eines Schuldenstandes von rund 22 Milliarden € weiß jeder, welche Kraftanstrengungen dafür erforderlich sind. In diesem Zusammenhang gilt unserer besonderer Dank unserem Finanzminister Rainer Wiegard, der mit diesem Haushalt unter Beweis gestellt hat, dass man Politik auch in Zeiten knapper Kassen verantwortungsvoll gestalten kann.
Nichtsdestotrotz ist die Haushaltslage dramatisch. Die Deckungslücke im Haushaltsjahr 2005 beträgt über 1,7 Milliarden €. Bereits heute ist abzusehen, dass - wie bereits in den vergangenen drei Jahren auch - im Jahr 2005 und in den kommenden Jahren die Nettokreditaufnahme in Schleswig-Holstein die Summe der eigenfinanzierten Investitionen und Investitionsfördermaßnahmen übersteigen wird. Der Präsident des Landesrechnungshofs wohnt diesen Beratungen bei. Wir wissen um die ernst zu nehmende Kritik des Landesrechnungshofs in diesem Punkt. Wir wissen auch um die polemischen Phrasen des finanzpolitischen Sprechers der Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der nach jahrelanger Regierungsverantwortung auf einmal zu wissen vorgibt, wie die Probleme zu lösen sind. Frau Kollegin Heinold, heute Vormittag haben Sie in einer bestimmten Debatte das Wort peinlich in den Raum geworfen. Ich finde es eigentlich nur peinlich, dass Sie, die grüne Fraktion und insbesondere die Ex-Ministerinnen und Ex-Minister, die in Ihrer Fraktion sind, entweder
Der Landesrechungshof kritisiert, dass die Landesregierung erst gar nicht den Versuch unternehme, eine verfassungskonforme Begründung der Überschreitung der Kreditobergrenze zu geben, wie sie Artikel 53 der Landesverfassung für erforderlich hält, wonach diese nur bei Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts oder bei einer problematischen Wirtschafts- und Beschäftigungsentwicklung des Landes möglich ist. Meines Erachtens ist diese Kritik nur teilweise berechtigt, denn die geforderte Begründung, die in diesem Hause in den vergangenen Jahren und auch für viele andere Haushalte anderer Bundesländer und zum Teil auch des Bundes zur Frage der Verfassungswidrigkeit oder der Verfassungsmäßigkeit in den letzten Jahren gegeben worden ist, war fingiert. Das wissen wir.
Ich muss Ihnen sagen: Ich teile die Auffassung des Finanzministers. Mir ist es lieber, es gibt eine ehrliche und eine klare Bestandsaufnahme, die sich zu den Problemen bekennt, die nichts beschönigt und die schonungslos die Lage beschreibt. Das ist besser, als eine Begründung hineinzuschreiben, deren Fadenscheinigkeit mit Händen zu greifen ist.
Wir wollen den Menschen gegenüber ehrlich sein. Das wird immer wieder versprochen und in der Politik allenthalben. Deshalb hat sich die Regierungskoalition darauf verständigt, einen Entschließungsantrag in die parlamentarische Beratung einzubringen, der Haushaltsklarheit und Haushaltswahrheit als oberste Prinzipien nennt und offen und ehrlich erklärt, dass die Probleme des Haushalts nur zum Teil auf eine vorübergehende Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts zurückzuführen sind. Die ernste finanzielle Lage des Landes ist nämlich auch auf strukturelle Probleme des Landes zurückzuführen, die sich in den 90er-Jahren und in der vergangenen Legislaturperiode erheblich steigend verstetigt haben und die zu einer erheblichen Einschränkung der finanziellen Handlungsmöglichkeit des Landes geführt haben. Ursache dafür ist die unterbliebene rechtzeitige Anpassung der Ausgabeseite. So sind 92 % der Ausgaben durch gesetzlich festgelegte Ausgaben schon fest gebunden. Dazu gehören zum großen Teil der hohe Personalkostenanteil und die steigenden Pensionslasten.
Ich will offen einräumen, meine Fraktion hat diesen Punkt auch diskutiert, weil er thematisiert worden ist.
Man könnte dies natürlich dadurch beheben, dass man sich die Ausgaben anschaut und die Ausgaben erheblich zusammenstreicht. Wenn wir uns das Volumen angucken, um das wir dann kürzen müssten, landen wir bekanntermaßen bei einer Summe von ungefähr 1 Milliarde €. Ich will im Plenum noch einmal sagen, über welche Ausgabepositionen wir dann miteinander diskutieren. Wir reden über den kompletten kommunalen Finanzausgleich. Wenn hier jemand ist, der den komplett, und zwar nicht nur in 2006, sondern auch in den Folgejahren, streichen will, dann stehe er bitte in dieser Debatte auf und melde sich.
Weiter will ich sagen: Wir könnten dasselbe erreichen, wenn wir alle unsere etwa 20.000 Lehrer sofort entlassen würden; setzte man voraus, das ginge. Man kann den kommunalen Finanzausgleich auch hälftig kürzen und die Hälfte aller Lehrer rausschmeißen. Darüber reden wir. Wer in dieser Situation unsere Zwangslage erkennt und die Verfassungssituation im Blick hat, der muss doch sehen: Wir erreichen hier kurzfristig überhaupt nichts. Man kann verantwortungslos sein und die Kommunen auf sämtlichen Kosten hängen lassen und ihnen überhaupt keine Zuschüsse mehr geben. Man kann darüber nachdenken, die Lehrer, die wir einstellen, nicht mehr einzustellen. Ich komme noch zur Bildungspolitik. Realistischerweise ist ein kurzfristiges Beheben eines dermaßen hohen Finanzierungsdefizits politisch überhaupt nicht durchsetzungsfähig. Wir würden den Frieden in unserem Land, das soziale Gleichgewicht und das Vertrauen in die Landespolitik dermaßen erschüttern, dass wir an dieser Stelle erkennen müssen: Wir können die Verfassungsnorm an dieser Stelle in ihrer Reinheit nicht einhalten.
Das ist eine Situation, über die wir lange - auch innerhalb meiner Fraktion - diskutiert haben. Von meiner Fraktion wissen Sie auch aus den vergangenen Debatten, dass der Finanzminister als finanzpolitischer Sprecher unserer Fraktion an dieser Stelle hohe Ansprüche formuliert hat, die wir uns gut überlegt haben. Wir sind gespannt, ob es andere Vorschläge aus diesem Hause gibt. Wir blicken diesen gern und aufgeschlossen entgegen. Nur hilft es in einer solchen Lage auch nichts, nur einen Teilschritt zu schaffen und die Verfassungsmäßigkeit nicht ganz herzustellen. Wenn, dann müsste man es ganz machen. Es hilft auch nichts, nur hineinzuschreiben: Wir halten den Haushalt für verfassungsgemäß, weil wir von einer Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts ausgehen. Der Bundesgesetzgeber hat gesagt, es gibt keine Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichge
wichts. Dies bedingt, dass man sich in SchleswigHolstein nicht hinstellen kann und sagen kann: Bei uns ist es so miserabel, wir haben eine. Das geht nicht.
Ich halte auch nichts von dem Vorschlag, über den man dann noch diskutieren könnte, dass man Artikel 53 der Landesverfassung ruhen lässt, außer Kraft setzt oder was auch immer. Ich sage dies nur, um alle Möglichkeiten durchzuspielen. Das ist auch eine Sache, die wir niemals machen würden, weil wir natürlich den Zwang der Verfassung brauchen, diese Situation wieder zu ändern. Dazu fühlen wir uns verpflichtet und das werden wir umsetzen.
Wenn wir über die Ursache der Finanzprobleme, die wir hier im Land haben, und über die Einnahmesituation reden, dann gehört das Folgende dazu, das ich auch in dieser Situation sagen will. Ich glaube, es wäre falsch, wenn wir alle miteinander so tun würden, als befänden wir uns nicht auch in einer bundespolitischen Auseinandersetzung über den richtigen Weg. Die schlechte konjunkturelle Lage in Deutschland insgesamt hat erhebliche Auswirkungen auf die wirtschaftliche Situation in Schleswig-Holstein. Das größte Problem ist und bleibt die immer stärker steigende Massenarbeitslosigkeit. Wir verlieren nahezu täglich 1.000 sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze. Im Bund sind offiziell knapp 5 Millionen Menschen arbeitslos. Das ist die höchste Zahl seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland.
Dazu gehört, dass wir natürlich über die richtigen Konzepte miteinander diskutieren und darüber, wie das geändert werden kann. Der Kollege Kubicki hat das sehr pointiert angesprochen. Auch in SchleswigHolstein sind die Zahlen, die zum Zeitpunkt der Regierungsübernahme festgestellt werden mussten, düster. 160.000 Menschen sind arbeitslos. Das ist eine Quote von 11,4 %. Wir verzeichnen im Jahr 4.000 Insolvenzen und einen Rückgang der Investitionen sowie ein sinkendes Wirtschaftswachstum. Deshalb gilt für diese Koalition in Schleswig-Holstein, dass wir Rahmenbedingungen schaffen müssen, die in Schleswig-Holstein wieder neue Arbeitsplätze entstehen lassen.
Ich nehme an dieser Stelle als Vorsitzender der CDUFraktion natürlich erfreut zur Kenntnis, dass das, was Maßgabe hier für uns in Schleswig-Holstein ist, nun auch Maßgabe für diejenigen ist, die in Berlin einen Regierungswechsel unter der Führung von Angela Merkel anstreben: Sozial ist, was Arbeit schafft. Arbeit hat Vorfahrt vor allen anderen Projekten.
Zu dem Plan gehört, die Sozialabgaben zu senken, den Arbeitsmarkt zu flexibilisieren, eine Steuerreform, die eine nachhaltige Vereinfachung bedeutet, auf den Weg zu bringen, mit dem Bürokratieabbau - so wie hier in Schleswig-Holstein - auch auf Bundesebene Ernst zu machen und den Beitrag der Arbeitnehmer zur Arbeitslosenversicherung zu senken und im Gegenzug - das gehört auch dazu - die Mehrwertsteuer von 16 auf 18 % zu erhöhen.
Ich muss mich hier schon über die Kritik von dem Kollegen Kubicki, aber auch über den Beifall des Kollegen Müller etwas wundern, hat Letzterer doch im Vorfeld der letzten beiden Sitzungen dieses Landtages eine große Debatte angezettelt und uns und mich geradezu aufgefordert, ich sollte mich dazu bekennen, dass die CDU für eine Mehrwertsteuererhöhung ist. Jetzt machen wir es, Herr Kollege Müller, und nun ist es wieder nicht richtig.
- Entschuldigung, die Bundestagswahl steht doch noch bevor. Es ist doch nicht meine Aufgabe, das finanzpolitische Konzept auf Bundesebene zu erläutern. Das tun bei uns die Kanzlerkandidatin und diejenigen, die auf Bundesebene Verantwortung tragen. Im Gegensatz zu Ihnen sagen wir vorher, was wir hinterher auch an schwierigen Punkten durchsetzen wollen. Ich finde, das ist eine tolle Leistung von Angela Merkel. Deswegen ist das auch das richtige Konzept.
Damit wird zu meiner größten Freude auch der jetzige Innen- und frühere Finanzminister, der Kollege Stegner, Lügen gestraft, der einmal gesagt hat - wir können es in den „Kieler Nachrichten“ vom 1. Dezember 2004 nachlesen -: Politiker beißen sich eher in die Zunge, als vor Wahlen darüber zu reden. - Angela Merkel handelt nicht so. Sie zeigt Mut, Herr Kollege Stegner. Insofern wünsche ich mir vielleicht noch etwas mehr Unterstützung an dieser Stelle.
An dieser Stelle - das kann man als Gemeinsamkeit von Sozialdemokraten und Christdemokraten doch gern einmal festhalten; ich habe es kürzlich in einem Interview in den „Kieler Nachrichten“ auch gern eingestanden - folgen wir in der Tat einem Vorschlag, den der Kollege Stegner und insbesondere die frühere Ministerpräsidentin Heide Simonis gemacht haben.
Ich möchte aus dem am 16. März 2004 vorgelegten Konzept von Ministerpräsidentin Simonis auszugsweise nur einmal zwei, drei Sätze zitieren. Auf Seite 5 heißt es unter Punkt 6: Den Faktor Arbeit entlasten bedeutet Förderung für Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Die hohen Lohnnebenkosten wirken wie eine Strafsteuer. Wir wollen daher die Abgaben auf Arbeit senken und gleichzeitig den Steueranteil bei der Finanzierung der Sozialsysteme erhöhen. - An späterer Stelle heißt es: Deshalb wollen wir im Zuge dieses Prozesses den normalen Umsatzsteuersatz an das europäische Niveau angleichen und nicht gerechtfertigte Ausnahmen streichen.
Wer das macht, findet unsere Unterstützung, allerdings nicht ganz, denn das europäische Niveau, Herr Kollege Weber, liegt bei 19,8 %. Wir lassen es mit 18 % gut sein. Wenn die Sozialdemokraten die Courage aufbringen, die CDU jedenfalls in SchleswigHolstein an dieser Stelle kräftig zu unterstützen, leisten sie einen Beitrag dazu, dass mehr sozialversicherungspflichtige Arbeit entsteht. Darum bitte ich an dieser Stelle ganz herzlich.
Nein, das gestatte ich nicht. Ich bitte um Verständnis dafür. Herr Kollege Müller, wir können im weiteren Verlauf noch über das eine oder andere miteinander diskutieren.