Dann darf ich Sie, sehr geehrter Herr Minister Austermann, als Minister für Wissenschaft, Wirtschaft und Verkehr um den Bericht bitten.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte mit der Feststellung beginnen, dass wir mit dem Universitätsklinikum Schleswig-Holstein eine hervorragende Einrichtung haben, die medizinisch gut aufgestellt ist - von Transplantation über Krebsbekämpfung bis zur Regelversorgung. Sie ist eine Einrichtung, die darüber hinaus aufopferungsvoll von vielen Ärzten und Pflegern sowie Mitarbeitern gut geführt wird.
Es gibt keinen Anlass, Misstrauen in die medizinische Leistungsfähigkeit zu haben, weder am Standort Lübeck noch am Standort Kiel. Das Klinikum erfüllt auch hervorragende Voraussetzungen für die medizinische Forschung, letztendlich bestätigt durch die Zusammenarbeit mit den beiden Uni
Ich möchte dies klar feststellen, weil in der Debatte, die zurzeit geführt wird, gelegentlich untergeht, welche hervorragende Leistung wir zurzeit dort haben.
Tatsache ist aber auch, dass wir große finanzielle, kaufmännische Probleme am Klinikum haben. Das drückt sich - auf der Basis möglicher Tarifabschlüsse - in der Größenordnung von 45 Millionen € Defizit pro Jahr aus. Darin enthalten sind 17 Millionen € sogenanntes Sowieso-Defizit, das Jahr für Jahr jeweils aufgelaufen ist. Das bedeutet, dass Handlungsbedarf besteht. Ich möchte hier aber auch klarstellen: Das Entscheidende ist nicht in jedem Fall, was die Landesregierung zu dem Sachverhalt beiträgt, sondern das Entscheidende ist, was die verantwortlichen Gremien der rechtlich selbstständigen Einrichtung Universitätsklinikum zu tun haben. Wir haben allenfalls Leitungsfunktionen, eine Garantiefunktion und Ähnliches im Rahmen der Aufsichtsratstätigkeit unserer Mitglieder im Aufsichtrat des Universitätsklinikums zu übernehmen.
Bei den Maßnahmen, die zurzeit erörtert werden, gibt es eine Fülle von Debatten. Die Tarifauseinandersetzungen werden jetzt auf der Straße auch sichtbar - verständlicherweise. Ich kann nur dazu ermuntern, es anders als beim Lokführerstreik zu machen. Die Tarifparteien sollen sich hinter verschlossenen Türen unterhalten und wenn sie sich geeinigt haben, sollen sie sich melden. Es kann aber für uns keinen Grund geben, Wasserstandsmeldungen über die jeweilige Lage der Tarifverhandlungen zu geben.
Man hat konkrete Verabredungen getroffen. Die Tarifkommission von ver.di und UK S-H geben eine Erklärung ab, die bedeutet, dass sie sich bemühen, den am 31. Dezember 2007 ausgelaufenen Tarifvertrag durch einen neuen zu ersetzen, der spätestens zum 29. Februar 2008 in Kraft treten soll.
Es gibt einen zweiten Punkt, der öffentlich erörtert wird. Das ist die Frage der Wiederbesetzungssperre, die vom Vorstand zusammen mit dem Sanierer verhängt worden ist. Eine Wiederbesetzungssperre ist eine durchaus übliche Möglichkeit, wenn man feststellt, das die Dinge finanziell aus dem Ruder zu laufen drohen, um Handlungen zu demonstrieren.
Die Landesregierung hat im Übrigen für alle Ministerien eine Wiederbesetzungssperre verhängt. Das heißt, ich könnte beispielsweise im Ministerium von außen keine neuen Kräfte einstellen, ohne dass man diese Sperre aufhebt. Das ist die einzige Möglichkeit, die die Klinik bisher hatte, weil andere Möglichkeiten zu reagieren politisch oder durch Beschlüsse ausgeschlossen sind.
Es betrifft 700 bis 1.000 Mitarbeiter, deren Verträge aus Altersgründen oder, weil die Verträge befristet waren, auslaufen. Hinzu tritt die übliche Fluktuation. Das bedeutet jedoch nicht, dass damit die medizinische Versorgung in Gefahr gerät, denn die Regelung enthält ausdrücklich die Festlegung, dass in den Fällen, in denen Probleme bestehen, die medizinische Versorgung zu gewährleisten, die Wiederbesetzungssperre nicht gelten soll.
Das Klinikum ist aufgefordert, Kosten zu sparen. Dazu gibt es einen ganzen Katalog von Vorschlägen. Der von uns beauftragte Sanierer hat seit Mitte letzten Jahres eine ganze Reihe von Maßnahmen eingeleitet. Markterkundungen werden durchgeführt. Es werden neue Stellen für den Vorstand ausgeschrieben, in dem zurzeit nur noch eine Position besetzt ist. Es sind auch erste Schritte im Personalbereich unternommen worden. Es wird erörtert, inwieweit privates Kapital in einzelnen Fällen helfen kann, nichtmedizinische Leistungen durch privates Engagement zu ergänzen.
All dies ist nach meiner Einschätzung auf einem sehr guten Weg und wird zeitgerecht abgearbeitet. Wie gesagt: Das Ziel ist, dafür zu sorgen, dass das Klinikum auf eine vernünftige wirtschaftliche Basis gestellt wird, vergleichbar anderen Klinika in Deutschland, die durchaus mit ähnlichen Rahmenbedingungen zu kämpfen haben.
In dem Zusammenhang wird immer wieder erwähnt, dass wir durch die Festsetzung der sogenannten DRGs besonders benachteiligt werden. In den DRGs werden die Leistungen, die gewährt werden, von Jahr zu Jahr neu festgelegt. Es ist vor einiger Zeit vereinbart worden, wird aber von Jahr zu Jahr neu bestätigt und neu festgelegt.
Bereits im Jahre 1989 fiel der Haushaltsbeschluss des Parlaments, der besagte: Wegen der schwierigen Rahmenbedingungen und um zu verhindern, dass die Pflegesätze in Schleswig-Holstein zu stark ansteigen, gibt es einen Landeszuschuss, der dem Klinikum die Arbeit finanziell erleichtern soll. Es handelt sich um Zuschüsse für alle möglichen Bereiche, angefangen vom Kindergarten bis zu vielem anderen mehr. Es bestand zugleich die Klarheit,
dass dieser Landeszuschuss wegfällt, wenn die DRG-Sätze entsprechend angehoben würden. Ich stelle das hier nur fest, weil gelegentlich der Eindruck vermittelt wird, an dieser Stelle sei das Problem kurzfristig zu lösen. Das ist es nicht.
Das heißt, es muss darüber nachgedacht werden, an welcher Stelle wir Entscheidungen treffen können, durch die Mittel eingespart werden können. In dem Zusammenhang ist bereits vonseiten des Landesrechnungshofs ein Vorschlag unterbreitet worden, welcher sich in seinem vor einem Jahr gegebenen Bericht mit der Situation des Klinikums auseinandergesetzt und besagt: Man könnte Mittel in Größenordnungen dadurch sparen, dass man die Verwaltungssitze zusammenlegt. Dies ist eine Entscheidung, die im Grunde genommen seit 2003 beabsichtigt war, aber nicht durchgeführt worden ist und die wir jetzt durchführen wollen, wobei wir den Vorstand bei der Durchsetzung dieser Entscheidung unterstützen wollen.
Wir haben uns nach Abwägung des Für und Wider für die Verlagerung des Sitzes nach Lübeck entschieden. Das hat eine Reihe von Gründen. Ich möchte nur einen aus meiner Sicht wesentlichen anführen, der durchaus nicht nur ein regionalpolitischer ist.
Es gab in den letzten Jahren immer wieder die Diskussion, ob man das Klinikum wieder aufspalten, ob man eine Defusionierung betreiben sollte. Wir sind der Meinung, dass die 2003 getroffene Entscheidung für eine Zusammenführung - wenn sie denn richtig gemacht wird - auch Erfolg haben kann und es deshalb nicht angehen kann, dass wir ständig neu darüber diskutieren, ob man für Lübeck eine Campuslösung mit der Beteiligung privaten Kapitals findet. Dies wäre im Übrigen politisch gar nicht durchsetzbar; Lübeck würde Stiftungsuniversität, und daraus ergäben sich andere Lösungen, andere Implikationen.
Wir haben uns zu der Auffassung durchgerungen das ist ein Vorschlag der FDP, das gebe ich gern zu, aber er ist politisch nicht durchsetzbar, Herr Kubicki, und damit müssen wir uns abfinden -, dass es in dieser Lage vernünftig ist, darüber nachzudenken, wie man zum einen für das Klinikum insgesamt, zum anderen aber auch für die betroffenen Mitarbeiter und schließlich für die Universitäten in Kiel und Lübeck deutlich machen kann: Es gibt jetzt eine klare Entscheidung. Das Klinikum bleibt zusammen und wird als Einheit - auch wirtschaftlich - zum Erfolg geführt. In diesem Zusammen
hang war es richtig und vernünftig, vorzusehen, dass wir den Verwaltungssitz nach Lübeck verlagern. Diese Entscheidung sollte auch vom ganzen Haus mitgetragen werden.
Natürlich gibt es vor Ort von dem einen oder anderen Kritik. Ich darf einmal sagen: Dieselbe Partei entscheidet in dem einen Ort so, in dem anderen aber anders. Was mich besonders „erbaut“ hat, ist, dass zwei Vertreter der Fraktion der Grünen in Lübeck das eine sagen und Vertreter in Kiel das andere. Das macht deutlich, dass solche Entscheidungen nicht leicht zu treffen sind. Aber wir haben sie jetzt getroffen und ich denke, dass diese Entscheidung auch richtig und für das gesamte Klinikum zukunftweisend ist. Es unterstreicht die Bedeutung Lübecks und vernachlässigt nicht die Bedeutung Kiels.
Ich möchte in dem Zusammenhang vor Folgendem warnen: Aus Lübeck werden immer wieder Stimmen erhoben, nun sei hier alles klar, Lübeck sei für Medizinstudenten, die Universität Kiel für Geisteswissenschaften da. Nein, es ist so, dass Kiel ein extrem starker Medizinstandort im Forschungsbereich und im Klinikbereich ist und bleibt und es den intendierten Antagonismus nicht mehr geben soll.
Unsere Entscheidung im Hinblick auf den Verwaltungssitz soll endlich die überflüssige Debatte „Kiel oder Lübeck“ beenden und dafür sorgen, dass sich beide zum Wohl des gesamten Landes SchleswigHolstein, des Krankenhausstandorts und des Wissenschaftsstandorts Schleswig-Holsteins zusammenraufen. Das streben wir damit an.
Ich möchte deutlich machen, dass wir an der einen oder anderen Stelle vor schwierigen Entscheidungen stehen. Der Vorstand hat vor einem Jahr, als es um die Frage ging, welche Lösung optimal wäre private Beteiligung, privates Kapital ja oder nein -, gesagt, es müsste einen Beitrag der Mitarbeiter in der Größenordnung von 5 % geben. Wir haben 11.000 Mitarbeiter. Nun kann man sich unterschiedliche Lösungen vorstellen. Die eine wäre, man reduzierte Personal, die andere, das verbleibende Personal reduzierte die Kosten. Ich weiß, dass das schwierig ist.
Der Stress, der mit der Krankenbetreuung verbunden ist, veranlasst die pflegerischen Kräfte mit Recht dazu - nachdem die Ärzte im letzten Jahr einen kräftigen Schluck aus der Pulle genommen haben -, nun deutlich zu machen, dass sie vergleichbare Ansprüche haben. Ich sage nur, dass wir die gemeinsame Aufgabe zu erfüllen haben, dafür
zu sorgen, dass das Klinikum insgesamt auch unter schwierigen Rahmenbedingungen handlungsfähig ist. Das bedeutet auch, dass wir uns darum bemühen müssen, die Vereinbarungen zwischen dem Klinikum und den Tarifparteien nach Möglichkeit fortzuführen, den Beschäftigungspakt von vor drei Jahren fortzuführen. Das ist unsere Intention.
Herr Minister, ich muss Sie kurz unterbrechen. Ich glaube, hier klingelt ein Handy. Das ist absolut unüblich in diesem Haus. Ich bitte, es abzustellen.
Ich denke, dass ich verdeutlicht habe, dass es ohne ein gewisses Maß der Verständigung auch mit den Mitarbeitern über die Frage, inwieweit wir alle gemeinsam eine Kraftanstrengung unternehmen, das Klinikum voranzubringen, nicht geht. Ich will damit Tarifvertragsverhandlungen, die zwischen den Parteien, also zwischen der Tarifkommission und dem Klinikum, geführt werden, nicht vorgreifen. Ich will mich dort nicht einmischen und wäre auch dankbar, wenn man insoweit den Vorstand des Klinikums seine Arbeit tun ließe.
Lassen Sie mich einen letzten Hinweis geben, da ich versucht habe, eine Gesamtsicht zu geben und nicht nur über das Thema Verwaltungssitz zu sprechen: Inzwischen ist die Stelle des Kaufmännischen Direktors ausgeschrieben worden. Sie soll in den nächsten Tagen neu besetzt werden. Es wird möglicherweise weitere Ausschreibungen geben.
Wir streben an, die Probleme, die im Zusammenhang mit dem Klinikum bestehen, die die schwierige Situation des Klinikums beschreiben, bis zum Sommer dieses Jahres zu beseitigen. Ich hoffe, dass wir gemeinsam im Juni/Juli dieses Jahres sagen können: Das, was an Problemen über viele Jahre aus unterschiedlichsten Gründen aufgewachsen ist, haben wir so im Griff, dass wir nicht nur medizinisch, sondern auch personell in eine gute Zukunft des Klinikums gehen können.
Ich danke dem Herrn Minister für den Bericht, der 12,5 Minuten in Anspruch genommen hat. Entsprechend gestalten sich die Redezeiten der Fraktionen.
den Lehrer von der Realschule Bad Bramstedt auf der Besuchertribüne. - Seien Sie uns sehr herzlich willkommen!
Ich eröffne die Aussprache. Für die antragstellende Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erhält Frau Abgeordnete Angelika Birk das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Minister Austermann, Sie haben Ihre Redezeit überzogen, aber auf wesentliche Fragen haben Sie nicht geantwortet.
In der Begründung unseres Berichtsantrages habe ich nur eine Auswahl dieser Fragen aufgelistet. Sie haben sie mit großer Kunst umrundet, ohne tatsächlich etwas zu sagen.
Das Uni-Klinikum ist einer der größten Betriebe im Land. Was Sie positiv über die Leistungen gesagt haben, können wir alle in diesem Haus unterstreichen. Es ist auch ein zentraler Faktor für den Gesundheitsstandort Schleswig-Holstein und für den internationalen Ruf der Medizinischen Fakultäten.
Insofern ist es von höchster Wichtigkeit, dass die Landesregierung hier mit einer Stimme spricht und dass sie alles tut, um die öffentliche Unruhe, die um das Klinikum entstanden ist, durch gemeinsames, konstruktives, Vertrauen bildendes Vorgehen in eine friedliche und gute Arbeitsatmosphäre aufzulösen.