Protocol of the Session on December 12, 2007

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 2 und 41 auf:

Gemeinsame Beratung

a) Zweite Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Landeswassergesetzes und anderer wasserrechtlicher Vorschriften

Gesetzentwurf der Landesregierung Drucksache 16/1455

Bericht und Beschlussempfehlung des Umweltund Agrarausschusses Drucksache 16/1738

b) Stand der Umsetzung der EG-Wasserrahmenrichtlinie

Bericht der Landesregierung Drucksache 16/1729

Ich erteile dem Herrn Berichterstatter des Umweltund Agrarausschusses, Herrn Abgeordneten Klaus Klinckhamer, das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Der Landtag hat den Gesetzentwurf zur Änderung des Landeswassergesetzes und anderer wasserrechtlicher Vorschriften durch Plenarbe

schluss vom 13. Juli 2007 dem Umwelt- und Agrarausschuss überwiesen.

Dieser hat den Gesetzentwurf in drei Sitzungen, zuletzt am 28. November 2007, beraten und empfiehlt dem Landtag mit den Stimmen von CDU und SPD gegen die Stimme von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Enthaltung der FDP, den Gesetzentwurf in der Fassung der rechten Spalte der aus der Drucksache 16/1738 ersichtlichen Gegenüberstellung anzunehmen.

Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Wortmeldungen zum Bericht sehe ich nicht. Weil bei der ersten Lesung nicht über diesen Gesetzentwurf diskutiert worden ist, erteile ich zunächst für die Landesregierung dem Minister für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume, Herrn Dr. Christian von Boetticher, das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf hat die Landesregierung ein weiteres Gesetz im Hinblick auf Entbürokratisierung und Deregulierung überarbeitet. Wir haben die Vorgaben des Bundes zur Verbesserung des vorbeugenden Hochwasserschutzes umgesetzt und wir haben das - wie man das von uns kennt - ohne zusätzliche landesrechtliche Verschärfungen getan. Sie wissen, dass vor allem die Betroffenen selbst geeignete Schutzvorkehrungen treffen und die Nutzung ihrer Grundstücke den Gefahren anpassen müssen. Dementsprechend setzt die staatliche Vorsorge insbesondere auf frühzeitige Informationen und auf die Warnung vor Hochwassergefahren.

Der Gesetzentwurf enthält außerdem eine Überarbeitung der Küstenschutzregelung mit dem Ziel der Straffung und Klarstellung. Dabei ist es mir besonders wichtig, vor dem Hintergrund des Schutzes der Inseln und Halligen darauf hinzuweisen, dass es keine qualitativen Änderungen gibt. Die im Änderungsantrag der Fraktionen von CDU und SPD enthaltenen Formulierungen zum flächenhaften Küstenschutz stellen dies noch einmal ganz deutlich klar und werden von mir natürlich begrüßt und unterstützt.

Weiterhin werden die wasserbehördlichen Zuständigkeiten in Schleswig-Holstein teilweise neu geordnet. Die wasserrechtlichen Vollzugsaufgaben an den Gewässern erster Ordnung gehen weitestge

hend von den Staatlichen Umweltämtern auf die Kreise und kreisfreien Städte über. Das macht auch Sinn, wenn Sie sehen, dass dort schon die Gewässer zweiter Ordnung behandelt werden. Das sind über 30.000 km. In der Landeszuständigkeit waren nur die Gewässer erster Ordnung mit wenigen 100 km. Es gibt also sehr viele Synergieeffekte, wenn dies gemeinsam wahrgenommen wird.

Lediglich die Aufgaben der Gefahrenabwehr im Bereich der Küstengewässer - beispielsweise bei Ölaustritten nach Schiffsunglücken auf der Nordsee - sind natürlich von einer Kommunalisierung ausgenommen und werden zukünftig in dem Landesbetrieb Küstenschutz, Nationalpark und Meeresschutz wahrgenommen, der am 1. Januar 2008 seinen Betrieb aufnehmen wird. Diese strukturellen Änderungen wurden im Anhörungsverfahren vom Landkreistag und vom Städteverband ausdrücklich begrüßt.

Neben dem Landeswassergesetz ist auch das Landeswasserverbandsgesetz überarbeitet worden. Hier gab es im Wesentlichen Änderungen zur Stärkung der Wasser- und Bodenverbände in ihrem ehrenamtlichen Engagement im Bereich der Gewässerunterhaltung. Sie wissen, dass die Wasser- und Bodenverbände gerade bei der Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie einen sehr wichtigen Beitrag leisten.

Das ist ein guter Übergang zu dem zweiten Punkt, nämlich zum Stand der Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie in Schleswig-Holstein. Sie haben in den letzten Jahren verfolgen können, dass Schleswig-Holstein bei der Umsetzung extrem gut aufgestellt ist. Wir haben bisher alle Umsetzungsschritte fach- und termingerecht geleistet. Im Umwelt- und Agrarausschuss führen wir darüber noch eine vertiefte Diskussion. Daher will ich mich auf einige wenige Punkte beschränken:

Wir haben in Schleswig-Holstein rund 65 % der Wasserkörper als erheblich verändert eingestuft und rund 15 % als künstlich. Wenn Sie an den westlichen Bereich unseres Landes denken, dann ist das den naturräumlichen und historischen Gegebenheiten unseres Landes auch geschuldet.

Der nächste Umsetzungsschritt der Wasserrahmenrichtlinie wird von uns ab Dezember, also ab diesem Monat, gemacht. Dann erfolgt die Anhörung der Öffentlichkeit zu den wichtigen Bewirtschaftungsfragen der Flussgebietseinheiten. Diese wichtigen Wasserbewirtschaftungsfragen behandeln in Schleswig-Holstein vor allem die weitreichende Veränderung der Bäche und Flüsse durch

den massiven Gewässerausbau vergangener Jahrzehnte sowie die Nährstoffbelastung im Grundwasser, in den Seen und in den Küstengewässern.

Sie wissen, der Schwerpunkt unserer Maßnahmen liegt auf der Renaturierung der Flüsse und auf der Wiederherstellung der Lebensräume von Pflanzen und Tieren in den Gewässern. Die Landesregierung setzt bei der Maßnahmenplanung weiterhin auf das bereits 2002 eingeführte Beteiligungsmodell, bei dem wir schwerpunktmäßig betroffene Verbände in Arbeitsgruppen direkt in den Planungsprozess einbeziehen. Dieses Modell wird gelobt und ist im Übrigen europaweit als Best Practice anerkannt. Wir hatten gerade den zuständigen Vertreter der Bundesebene des NABUs bei uns, der hier mit seinen Kollegen ein Seminar abgehalten hat, um auch in anderen Bundesländern diese erfolgreich praktizierte Umsetzung weiterzutragen. Sie sehen also, wir sind ganz vorn mit dabei. Angesichts dieser breiten Unterstützung in der Öffentlichkeit und auch von den Nichtregierungsorganisationen freue ich mich auf das Lob der Opposition.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Ich eröffne die Aussprache. - Herr Abgeordneter Axel Bernstein hat das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Koalitionsvertrag haben sich CDU und SPD darauf verständigt, zahlreiche landesgesetzliche Regelungen unter dem Gesichtspunkt der Entbürokratisierung und Deregulierung zu überarbeiten. So jetzt auch das Landeswassergesetz, das wir heute beschließen wollen. Es ist allerdings nicht nur das Landeswassergesetz, sondern es sind das Landeswasserverbandsgesetz, das Nationalparkgesetz und weitere wasserrechtliche Gesetze und Verordnungen, die angepasst und modernisiert werden. Das gilt ebenso für Teilbereiche des Landesjagdgesetzes, was hier schon diskutiert wurde.

Ich glaube, entscheidend beim Landeswassergesetz ist, dass wir natürlich den bundesrechtlichen Anforderungen beim vorbeugenden Hochwasserschutz nachkommen, sie 1:1 umsetzen, und dass wir die Eigenverantwortung der Grundeigentümer und Nutzer stärken. Damit das funktionieren kann, gehört natürlich dazu, dass sie aktuell und umfassend über mögliche Bedrohungen und Gefahren informiert werden; auch das wird sichergestellt.

(Minister Dr. Christian von Boetticher)

Eine ganz zentrale Aussage ist weiterhin, dass wir ohne Wenn und Aber den Küstenschutz sicherstellen. Wir haben deswegen die Anregungen von der Westküste auch sehr gern aufgenommen. Ich glaube, gerade in der wichtigen gegenwärtigen Diskussion über Klimafolgen, die wir führen, ist es wichtig, ganz deutlich zu machen: Der Standard, den wir im Küstenschutz haben, und der gebietliche Umfang, in dem wir Küstenschutz betreiben, bleiben gesichert.

Wir sind gern dem Wunsch des Tauchsports nachgekommen, zunächst in einem ersten Schritt an den landeseigenen Seen das Tauchen als Gemeingebrauch zu ermöglichen, und wir werden dort Erfahrungen sammeln, inwieweit sich das mit anderen berechtigten Nutzungen verträgt.

Durch die Aufgabenübertragung auf die Kreise wollen wir bei der Bearbeitung der Gewässer erster und zweiter Ordnung Synergieeffekte erzielen. Weitere Aufgaben - der Herr Minister sprach das an - werden beispielsweise auf den Landesbetrieb Küstenschutz übertragen.

Wir stärken die Wasser- und Bodenverbände, die mit dem Landeswasserverbandsgesetz die Möglichkeit bekommen, regenerative Energien zu erzeugen oder sich an ihrer Erzeugung zu beteiligen. Gerade in den Bereichen, in denen ein hoher Aufwand beispielsweise mit Schöpfwerken betrieben werden muss, ist das ein wichtiger Beitrag dazu, Beiträge und Umlagen stabil halten zu können.

Mit Blick auf die Beratungen, die wir durchgeführt haben, möchte ich ein Wort in Richtung der Opposition sagen. Es ist zu Recht darauf hingewiesen worden, dass die Beratungszeit, die wir insbesondere zu den Änderungsanträgen im Ausschuss hatten, nicht in Ordnung und zu knapp war. Das ist überhaupt keine Frage. Inhaltlich meine ich aber, da die Punkte von der Sache her keine allzu großen Überraschungen geboten haben und da wir mit dem Ziel, zum 1. Januar dieses Gesetz auf den Weg bringen zu können, auf einem guten Weg sind, kann man dem insgesamt wohl zustimmen, und darum bitte ich natürlich bei diesem Gesetzentwurf insbesondere.

Zum zweiten Teil der Debatte, die wir heute führen, nämlich zu dem Berichtsantrag aus dem Januar 2005 zum Thema „Fortschritte bei der Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie“, der damals von Rot-Grün gestellt worden ist, können wir, glaube ich, generell feststellen: Das Verfahren, das hier in Schleswig-Holstein angewendet wird, ist vorbildlich. Die Akzeptanz vor Ort kann sich in der

Tat sehen lassen. Das ist nicht nur der Stil des MLUR, sondern das ist die Art und Weise, wie wir uns als CDU-Fraktion den Umgang des Staates mit seinen Bürgern insgesamt vorstellen.

Allerdings sind die Beteiligung und die Art und Weise der Beteiligung auch eine Vorgabe der Europäischen Union. Ich finde das an der Stelle auch sehr Mut gebend und kann mit Blick auf andere Maßnahmen auf europäischer Ebene Vorbild sein, wie Europa künftig den Weg beschreiten sollte.

80 % der Gewässer im Lande sind als erheblich verändert oder künstlich einzustufen. Das ist bei unserer Kulturlandschaft auch nicht unbedingt überraschend. Wenn wir jetzt mit dem Anhörungsverfahren zu den Wasserbewirtschaftungsfragen beginnen, die dann die Grundlage für die Bewirtschaftungspläne liefern, haben wir das Ziel vor Augen, zu einer verbesserten Gewässerstruktur zu kommen, in vielen Bereichen die Durchgängigkeit zu erhöhen und Lebensräume für Tiere und Pflanzen wieder herzustellen oder zu schaffen. Ich finde es in dem Zusammenhang besonders erfreulich, dass an vielen Stellen Lehren aus dem Ausbaustandard der Vergangenheit gezogen werden können, die nicht nur für Lebensräume sinnvoll sind, sondern die auch in vielen Fällen zu einer Senkung des Pflegeaufwandes führen können. Das ist in der heutigen Zeit sicherlich nicht zu vernachlässigen. Seit 2004 machen die Wasser- und Bodenverbände Konzepte für vorgezogene Maßnahmen in diesem Bereich. Bisher wurden mehr als 23 Millionen € mit erheblichen Erfolgen investiert.

Insofern kann man, glaube ich, zusammenfassend feststellen: Die Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie ist auf gutem Weg, eine Erfolgsgeschichte für Schleswig-Holstein zu werden, für die Gewässerqualität, für das Landschaftsbild, für Flora und Fauna und für den Hochwasserschutz. Ich schlage vor, dass wir das im Ausschuss noch vertieft diskutieren und beantrage insofern die Überweisung des Berichtes.

(Beifall bei CDU und SPD)

Ich danke dem Kollegen Axel Bernstein und erteile für die SPD-Fraktion dem Herrn Abgeordneten Olaf Schulze das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Als vor fast genau sieben Jahren, am

(Axel Bernstein)

22. Dezember 2000, die Wasserrahmenrichtlinie der Europäischen Gemeinschaft in Kraft trat, wurde ein Instrument geschaffen, mit dem wir eine integrierte Gewässerschutzpolitik in ganz Europa und über alle Ländergrenzen hinweg durchsetzen wollen und können. Das Ziel der Richtlinie ist der Schutz und die Verbesserung des Zustandes der Binnen-, Übergangs- und Küstengewässer sowie unseres Grundwassers. Der straffe Zeitplan sieht vor, dass es bis 2015 die Gewässer in einem guten oder sehr guten biologischen und chemischen Zustand sein müssen, was uns noch enorme Anstrengungen kosten wird. Einen guten Teil der Arbeit haben wir schon geschafft und dafür bedanke ich mich bei allen Beteiligten.

(Beifall bei SPD und CDU)

Nun sind wir in der Phase, unter Beteiligung der Öffentlichkeit Bewirtschaftungspläne zu erstellen. Das ist auch eine Chance, denn bei diesem können wir viele Menschen für unsere Ziele einer Verbesserung der Gewässer und des Grundwassers und damit unserer Lebensgrundlage gewinnen, indem wir sie aktiv an den Entscheidungen mitwirken lassen.

Meine Damen und Herren, wo liegen nun die Probleme bei der Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie? Ich will im Folgenden auf drei eingehen.

Eines der wesentlichen Probleme sind die diffusen Nährstoffeinträge durch die Landwirtschaft. Während wir die punktuellen Stoffeinträge durch Kläranlagen auf ein Minimum reduzieren konnten, stecken hier noch viele Gefahren, denen wir zum Beispiel durch ein Eingreifen in die bisherige Düngepraxis der Landwirte und das Renaturieren von Retensionsräumen begegnen können.

Das zweite Problem, das ich ansprechen will, ist mit dem ersten eng verknüpft. Circa 65 % der Wasserkörper sind erheblich verändert. Grund ist die Entwässerungspolitik für die Landwirtschaft. Im Bericht wird darauf verwiesen, dass der Rückbau mit einer Nutzungseinschränkung verbunden sei und dass das unverhältnismäßig teuer wäre. Meine Damen und Herren, ich frage mich, wie man wissenschaftliche Erkenntnisse so ignorieren kann.

(Beifall bei der SPD)

Spätestens seit dem Bericht von Sir Nicolas Stern müsste eigentlich jedem bekannt sein, dass man wesentlich weniger finanzielle Mittel zur Verhinderung einer Umweltkatastrophe braucht, als später nötig sein werden, wenn die Katastrophe da ist, nur weil man nichts unternommen hat.

Ein weiteres Problem sind sicherlich die Gewässer, wie zum Beispiel die Schlei, die mittelfristig keinen guten ökologischen Zustand erreichen können, weil sie so stark eutrophiert sind, dass sie noch in den nächsten Jahrzehnten stark belastet sein werden. Trotzdem müssen in den Einzugsbereichen dieser Gewässer alle möglichen Maßnahmen ergriffen werden, um langfristig einen guten Zustand zu erreichen. Wir sind das der zukünftigen Generation schuldig. Lassen Sie uns daher an der weiteren Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie konsequent arbeiten und im Ausschuss darüber beraten.