Protocol of the Session on November 22, 2007

Ich gebe Ihnen recht, dass die künftigen Lehrer noch stärker befähigt werden müssen, Schüler im Unterricht individuell zu fördern. Das ist sicher ei

(Minister Dietrich Austermann)

ne Daueraufgabe. Das war vor zehn Jahren, vor 20 Jahren und vermutlich vor 100 oder 200 Jahren auch nicht anders. Darauf müssen die Studierenden unabhängig von der Lehramtsstruktur vorbereitet werden.

Lassen Sie mich mit einer grundsätzlichen Betrachtung schließen: Der Gesetzgeber muss sich in diesem Fall grundsätzlich überlegen, ob und wann überhaupt ein Gesetz gemacht wird, ob ein neues Gesetz wirklich verhältnismäßig ist und ob es überhaupt erforderlich ist. Grundsätzlich wollen wir alle weniger Bürokratie und weniger Regelungen. Ich meine, dass in diesem Fall eine Regelung aus den Gründen, die ich genannt habe, nicht erforderlich ist. Das Schulsystem und die Ausbildung der Lehrer ist in Bewegung und zwar in die richtige Richtung.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Zu einem Kurzbeitrag nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung erteile ich Herrn Abgeordneten Karl-Martin Hentschel das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Minister, Sie haben mich dann doch gereizt, noch etwas zu Ihnen zu sagen,

(Zurufe: Oh, oh!)

weil nicht ich, sondern Sie die Realität dessen ignorieren, was wir zurzeit haben. Das ist ein Problem.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie tun so, als wären die Probleme von Theorie und Praxis durch die neue Bachelor- und Masterstudienordnung an den Hochschulen Schleswig-Holsteins de facto schon gelöst. Wenn Sie aber mit den Hochschulen reden - und zwar sowohl mit den Studenten als auch mit den Hochschullehrern, aus deren Kreisen jeweils Leute an unserem Entwurf mitgearbeitet haben -, dann sehen die das anders. In der „Schleswig-Holsteinischen Landeszeitung“ stand am 9. Oktober diesen Jahres, dass eine junge Lehrerin, die gerade ihr Studium an der Uni Kiel abgeschlossen hat als Ergebnis einer Veranstaltung gesagt hat:

‚„Dieses Fachwissen bringt mir größtenteils nichts’; meint die 25-Jährige. ‚Viele Themen der an der Uni angebotenen Seminare gehen an den Schulplänen vorbei.’.“

Wenn Sie mit Studenten reden, werden Sie feststellen, dass genau das in vielen Fächern heute noch bestätigt wird. Es werden die Stoffe gelernt, es wird gründlich Altenglisch gelernt, aber man lernt an der Hochschule nirgends Englisch zu sprechen. Das gilt also nicht nur für die Mathematik. In der Mathematik habe ich gerade neulich mit Studenten geredet, die gesagt haben, dass sich in dieser Hinsicht nicht viel geändert hat.

Ein Kernproblem ist, dass die Hochschullehrer, die die Aufgabe haben, Wissen an die Studenten zu vermitteln, Fachwissenschaftler sind, die ihre Aufgabe als Fachwissenschaftler in der Vermittlung von Fachwissen sehen, die aber ihre Aufgabe nicht darin sehen, interessante didaktische Methoden für Lehrer zu vermitteln. Das ist das Kernproblem und das ist ein Strukturproblem an den Hochschulen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das ist nicht die Schuld der Lehrer. Das ist auch nicht die Schuld der Hochschullehrer. Das ist ein Strukturproblem, auf das sich die Hochschule immer noch nicht eingestellt hat.

Ich glaube auch, dass wir ein Problem in der Zusammenarbeit und in der Schulforschung haben. Wir müssen endlich das, was in anderen Bundesländern gang und gäbe ist, nämlich eine direkte wissenschaftliche Zusammenarbeit von Schule und Hochschule, haben, wo tatsächlich die konkreten Erfahrungen in der Schule wissenschaftlich bearbeitet und ausgewertet werden, also eine echte Schulforschung stattfindet. Das gibt es in Schleswig-Holstein in dieser Form nur in Ansätzen, insbesondere im IPN, das eine hervorragende weltweit anerkannte Arbeit macht, das aber in keiner Weise mit der CAU verbunden ist. Die Fachleute, die Experten des IPN, unterrichten noch nicht einmal an der CAU. Das ist eine absurde Vorstellung, wenn man überlegt, dass wir eines der weltweit führenden Institute im Bereich der Pädagogik der Naturwissenschaften haben. So etwas sollte geändert werden. Deswegen ist die Verknüpfung von Schulforschung, Schulpraxis und Theorie ganz entscheidend, um auch in dieser Frage weiterzukommen.

Herr Minister, ich glaube, Sie sollten sich einmal direkt intensiv mit Ihren Hochschulen auseinandersetzen, damit auch Sie wissen, was an Ihren Hochschulen passiert.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Minister Dietrich Austermann)

Ich erteile dem Minister für Wissenschaft, Wirtschaft und Verkehr, Herrn Dietrich Austermann, das Wort.

Herr Abgeordneter Hentschel, Sie haben wahrscheinlich nicht zugehört. Ich darf deshalb noch einmal wiederholen, was ich gesagt habe. Eine Reihe von Dingen sind durch Bachelor- und Masterstudiengänge und insbesondere durch das neue Hochschulgesetz umgestellt worden.

(Zuruf des Abgeordneten Karl-Martin Hent- schel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

- Na gut, dann tun Sie doch hier nicht so, als wäre nichts passiert.

(Beifall des Abgeordneten Manfred Ritzek [CDU])

Ich habe auf die Ausweitung der schulischen Praktika, auf die Stärkung der Fachdidaktik Pädagogik und die Verbesserung der Berufsorientierung hingewiesen.

Sie haben kritisiert, dass manches an der ChristianAlbrechts-Universität nicht stattfindet. Sie haben offensichtlich nicht zur Kenntnis genommen, dass die Ausbildung für Realschullehrer, für Hauptschullehrer, für Grundschullehrer inzwischen ausschließlich in Flensburg stattfindet.

(Zuruf des Abgeordneten Karl-Martin Hent- schel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Sich jetzt darüber zu entrüsten, was in Kiel nicht stattfindet, verkennt offensichtlich die Situation.

(Zuruf des Abgeordneten Karl-Martin Hent- schel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Für die Realschullehrerausbildung, die ausschließlich in Kiel stattfindet, trifft das Thema Pädagogik weniger zu, als das vielleicht bei Grund-, Hauptund Realschulen der Fall ist.

Ich denke, dass Sie voll das Thema verfehlt haben.

(Beifall des Abgeordneten Manfred Ritzek [CDU])

So würde man sagen, wenn man es schulisch betrachtet. Das gilt für Ihren gesamten Gesetzentwurf. Es tut mir leid, das feststellen zu müssen.

(Beifall bei CDU und FDP)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung. Es ist beantragt worden, den Gesetzentwurf Drucksache 16/1700 dem Bildungsausschuss zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! Enthaltungen? - Das ist einstimmig so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 42 auf:

Bericht über Stand und Perspektiven des Dänischlernens im Landesteil Schleswig

Bericht der Landesregierung Drucksache 16/1681

Für die Landesregierung hat die Ministerin für Bildung und Frauen, Frau Ute Erdsiek-Rave, das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Interesse an einer Sprache ist ein wichtiges Indiz für das Interesse an einem Land.

(Jürgen Weber [SPD]: Kann es sein!)

- Das kann es sein. Das ist häufig der Fall. Ich will gleich begründen, warum das insbesondere in diesem Fall so ist. Die gestiegene Nachfrage nach Dänisch im Norden ist ein sehr erfreuliches Signal, das hoffentlich auch von diesem Bericht ausgeht.

Das mag - das hat der Abgeordnete Weber eben vielleicht gemeint - im Wesentlichen derzeit auf die Anziehungskraft des dänischen Arbeitsmarktes zurückzuführen sein. Aber es gibt so etwas wie einen generellen Nebeneffekt. Jeder Sprachkurs öffnet nämlich zugleich die Tür für ein intensiveres Verständnis für Lebensart, für Lebensweise und für Kultur und Geschichte. Also, Dänischlernen, das ist auch ein Zeichen von Verbundenheit und von Respekt für unsere Nachbarn, mit denen wir kulturell sehr eng verwachsen sind.

Die gestiegene Nachfrage ist zudem ein deutliches Zeichen dafür - das will ich wiederholen -, wie positiv sich der grenzüberschreitende Arbeitsmarkt für die Verständigung und für das Zusammenwachsen in Europa insgesamt auswirkt. Der Bericht liefert uns Anhaltspunkte, in welchem Umfang und in welchen Regionen das Interesse am Dänischunterricht wächst.

Ich komme auf das zurück, was ich in der Landtagssitzung im Juli zu diesem Thema gesagt habe.

Das Land sollte weiterhin so verfahren, dass dieses Interesse, dass diese Impulse aufgenommen werden - wie bei den anderen Sprachen übrigens auch - und dann durch entsprechende Strukturen und Rahmenbedingungen verstärkt und verstetigt werden.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Ich will den Begriff der Sprachenpolitik hier gar nicht erwähnen. Er führt vielleicht in die Irre und wird missverstanden. Deshalb will ich klar wiederholen: Das Interesse ist da. Wir sollten es aufnehmen. Wir sollten die entsprechenden Strukturen verstetigen und damit diesen Trend verstärken.

(Zuruf des Abgeordneten Manfred Ritzek [CDU])

- Sie dürfen gern noch einmal klatschen, Herr Abgeordneter. Ich freue mich darüber.