Protocol of the Session on October 12, 2007

Konkret bedeutet dies aus Sicht des SSW, dass an dem Fundament für einen europäischen For

schungsraum noch vieles verbessert werden muss, ehe uns das Grünbuch der EU-Kommission wirklich weiterhilft.

(Beifall der Abgeordneten Angelika Birk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Nicht nur die Unterfinanzierung unserer Hochschulen ist ein Problem, sondern auch die Tatsache, dass immer noch zu wenig Frauen in Forschung und Lehre tätig sind, stellt letztlich ein Entwicklungshemmnis dar.

(Beifall der Abgeordneten Angelika Birk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Denn die Forderung nach gleichen Chancen für Frauen ist längst nicht mehr ein Gebot der sozialen Gerechtigkeit, sie ist vielmehr ein wichtiger Erfolgsfaktor in der Wissensgesellschaft. Ich weiß, dass der Antrag dieses auch anspricht. Ich möchte aber deutlich machen: Dies sind Hausaufgaben, die schon längst hätten erledigt werden sollen!

(Beifall der Abgeordneten Angelika Birk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Eine wettbewerbsorientierte Schwerpunkt- und Profilbildung der Hochschulen und Forschungseinrichtungen wie auch eine Stärkung ihrer Konkurrenzfähigkeit im internationalen Vergleich muss deshalb eine nachhaltige Durchsetzung der Chancengleichheit im Wissenschaftsbereich zur Voraussetzung haben.

Alles dies ist wohl bekannt, denn hier trifft wirklich der völlig abgedroschene Satz zu, dass wir ein Handlungsdefizit haben.

(Beifall der Abgeordneten Angelika Birk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Da die Entwicklung auf EU-Ebene aber weitergeht, macht es natürlich Sinn, dass auch in SchleswigHolstein eine Debatte darüber angestoßen wird, wie wir insgesamt unsere Forschungseinrichtung in diesem neuen europäischen Forschungsraum positionieren können. Dazu gehört natürlich auch die Auswertung des Grünbuchs und dazu gehört auch die Formulierung einer Strategie für den Abbau von Mobilitätshemmnissen im Wissenschaftsbereich.

Dass wir es dabei mit einem weiten Feld zu tun haben, machte die Kollegin Birk vorhin deutlich. Ich kann etwas hinzufügen, indem ich noch einmal über die deutsch-dänische Grenze gucke. In unserem Nachbarland hat sich die Regierung das Ziel gesetzt, diese Hemmnisse durch steuerliche Anreize abzubauen, was meiner Meinung nach ein Beleg dafür ist, wie wichtig es ist, dass wir auch zu einer

(Angelika Birk)

europäischen Lösung hinsichtlich der Etablierung eines Binnenmarktes für Forschung gelangen.

Aber auch hier dürfen wir nicht vergessen, dass es jetzt nicht darauf ankommt, auf diesen Binnenmarkt zu warten, sondern dass jetzt gleich gehandelt werden muss. Im Ausschuss will ich das Projekt der Universität Flensburg und der Syddansk Universitet hinsichtlich der Etablierung eines Collegium Mare Balticum - das ist eine Graduiertenschule - ansprechen, weil das genau belegt, was man jetzt machen muss und dass dort die europäischen Hemmnisse das Problem darstellen, sondern die unterschiedlichen Hochschulgesetze. Da muss man also aufeinander zugehen und pragmatische Lösungen finden.

(Beifall der Abgeordneten Angelika Birk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Rolf Fi- scher [SPD])

Zum 7. Forschungsrahmenprogramm werde ich jetzt nichts weiter sagen, dazu hatten wir Anfang des Jahres schon eine Debatte.

Kurz und gut: Der vorliegende Antrag kann eigentlich nur eine erste Lesung sein. Wie auch schon angekündigt, müssen wir ihn im Europaausschuss und im Bildungsausschuss wirklich noch einmal konkret begleiten und vielleicht noch präzisere Fragen dazu stellen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich danke Frau Abgeordneter Spoorendonk. - Das Wort für die Landesregierung hat nun Wissenschaftsminister Dietrich Austermann.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Als Wissenschaftsminister begrüße ich natürlich diese Debatte, weil sie deutlich macht, dass wir mehr Geld für Forschung und Entwicklung in SchleswigHolstein brauchen. Ich hoffe, dass sich daran alle Anwesenden erinnern, wenn die Beratung über die mittelfristige Finanzplanung im Herbst beginnt und dann sicher Anträge hier und da gestellt werden. Man stellt dann fest, wie viele überlappende Interesse es in den verschiedenen Bereichen gibt.

Ich möchte zum Ausdruck bringen, dass wir uns als Deutsche in dieser Woche besonders über die Tatsache gefreut haben, dass es zwei deutsche Nobelpreisträger gibt. Gerhard Ertl ist Träger des Chemienobelpreises und Peter Grünberg als Chef des Forschungszentrums Jülich erhält einen Nobelpreis für Physik.

(Beifall bei der CDU)

Grünberg teilt sich die Auszeichnung mit einem französischen Physiker. Damit haben sich europäische Spitzenforscher deutlich von den früher jahrelang übermächtig erscheinenden amerikanischen Forschern abgesetzt, die jeweils manchmal drei oder vier Nobelpreise gleichzeitig abgegrast haben.

Trotz dieser Situation kann man nicht sagen, dass wir die Arbeit damit erledigt haben. In der Regel sind die Auszeichnungen des Nobelpreiskomitees Auszeichnungen für Arbeit, die immer noch die Forschungslandschaft prägt, aber die Jahre her ist. Wir erwarten gleichwohl davon einen Schub, der deutlich macht, dass es ohne diese Forschung eine andere Entwicklung in den jeweiligen Bereichen gegeben hätte und geben würde.

Beide Einrichtungen - Jülich wie auch das MaxPlanck-Institut - sind Einrichtungen, die vor allem vom Bund, aber auch von den Ländern finanziert werden. Insofern können wir ein bisschen mit stolz darauf sein, zumindest bezüglich des Teils, den wir beim Max-Planck-Institut leisten.

Europäischer Forschungsraum macht Sinn, weil man natürlich behaupten kann, dass es wesentlich mehr Exzellenzen in Europa geben wird. Ein europäischer Forschungsraum kann regionale und nationale Anstrengungen sinnvoll ergänzen, bündeln und erleichtern, um etwas für die Situation in Schleswig-Holstein zu tun.

Sie haben das Dreiprozentkriterium angesprochen. In Schleswig-Holstein sind wir noch bei 1,2 %. Das hängt damit zusammen, dass die Wirtschaft bei 0,6 % liegt, die öffentliche Hand ebenfalls bei 0,6 %. Das Verhältnis von zwei Dritteln zu einem Drittel ist bei uns wegen der Struktur der Betriebe leider nicht möglich. Das bedeutet, wir müssen uns besonders anstrengen. Wir tun dies über das Zukunftsprogramm Wirtschaft, über die Hochschulförderung und durch viele andere Maßnahmen.

Die im Grünbuch der EU beschriebenen Maßnahmen bieten gute Beispiele für die Optimierung von Forschungsprogrammen, die Abstimmung nationaler Forschungsprioritäten, die Schaffung von Forschungskapazitäten auf Weltniveau und die Einrichtung eines einheitlichen Arbeitsmarktes für Forscher. Es ist schon darauf hingewiesen worden, dass das noch längst nicht erreicht ist.

Ich kann dem Antrag der Regierungsfraktionen und den darin angeführten Argumenten grundsätzlich zustimmen. Aber ich möchte ein paar Klarstellungen vornehmen, die wir auch in die Stellungnahme

(Anke Spoorendonk)

gegenüber dem Bundesrat im Sommer dieses Jahres hineingebracht haben.

Erstens. Wir brauchen auch in Zukunft regionale Forschungsinfrastrukturen als Basis für den europäischen Forschungsraum.

Zweitens. Die Exzellenz sollte bei europäischen Förderprogrammen nach wie vor als Kriterium an erster Stelle stehen, so schwierig das hin und wieder für manche wissenschaftliche Einrichtungen im Land ist. Wir müssen die Einrichtungen eben adäquat ausstatten.

Drittens. Die Gründung neuer Institutionen und Verbünde auf europäischer Ebene darf nicht zulasten bestehender Programme und Infrastrukturen gehen. Denn die EU braucht nicht andere, sondern mehr Forschungsinvestitionen.

Viertens. Im Hinblick auf einen intensiven Wissensaustausch müssen auch die Schutzrechtsregelungen europäisiert werden. Es darf nicht sein, dass wir in den einzelnen Ländern unterschiedliche Regelungen haben und Rechte missbraucht werden.

Fünftens. Das Subsidiaritätsprinzip muss auch bei der Abstimmung von Forschungsprogrammen gewahrt bleiben, weil wir auch in Zukunft eine Diversität der regionalen Forschungsansätze brauchen. Denn es gibt sehr viele regionale und nationale Forschungsprogramme, die die EU gar nicht unterstützen kann und auch gar nicht unterstützen sollte.

Lassen Sie mich noch zwei Anmerkungen zu unserer Region machen.

Herr Klug, Sie haben das Thema „Bachelor und Master“ angesprochen. Wir haben inzwischen 169 Studiengänge umgestellt. Es wäre also nicht richtig, den Eindruck zu erwecken, wir stünden am Anfang eines Prozesses.

Probleme gibt es in der Lehramtsausbildung; damit haben Sie völlig recht. Wir sind in unseren kritischen Meinungen sehr dicht beieinander. Ich hoffe auf mehr Einsicht bei den Kollegen Kultusministern außerhalb Schleswig-Holsteins.

Darüber hinaus haben wir im Bereich der Mediziner und der Juristen gar nicht den Bachelor und Master angestrebt. Insofern passt das gebrachte Beispiel nicht ganz.

Dann noch eine Anmerkung zur Exzellenzinitiative. Wir zeigen, dass wir auf dem Weg zu einer europäischen Qualität sind. Die Exzellenzinitiative „Zukunft Meer“ hat sich durchgesetzt. Ich bin davon überzeugt, dass wir Ende nächster Woche sagen können, dass sich auch das zweite Cluster durchgesetzt haben wird. Das Gleiche gilt dann

auch für zwei Graduiertenschulen. Dazu sage ich, dass ich mir im Bereich der Graduiertenprogramme, die die DFG in Aussicht stellt, mehr Einsatz, mehr Aktivität der Universitäten wünschen würde. Was dort zurzeit als Bilanz zu verzeichnen ist, entspricht nicht dem Niveau, das ich bei den Hochschulen unseres Landes erwarte.

Wir haben eine Reihe qualifizierter und hoch qualifizierter außeruniversitärer Forschungseinrichtungen, die alle einen bedeutenden Anspruch haben. Ich nenne die Fraunhofer-Gesellschaft, das Max-Planck-Institut in Plön, GKSS, IfM Geomar, Forschungszentrum Borstel, Deutsche Zentralbibliothek für Wirtschaftswissenschaften. Insofern sind die Voraussetzungen dafür da, dass wir uns auf den europäischen Markt einstellen können.

Wir sind in der Landesregierung bestrebt, im europäischen Wettbewerb mitzuhalten, ohne dass wir dabei unsere nationalen und regionalen Aktivitäten zurückzustellen beabsichtigen. Wir müssen sie im Gegenteil verstärken. Hierfür erbitte ich die Unterstützung des ganzen Hauses.

(Beifall bei CDU und SPD)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Es ist beantragt worden, den Antrag Drucksache 16/1636 zur Federführung dem Europaausschuss und zur Mitberatung dem Bildungsausschuss zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Es ist so beschlossen.

Wir kommen nun zu den spannenden Punkten ohne Aussprache. Ich setze Ihr Einverständnis voraus, dass ich Tagesordnungspunkt 29 vorziehe:

Tätigkeit des Petitionsausschusses in der Zeit vom 1. April 2006 bis 30. Juni 2006

Bericht des Petitionsausschusses Drucksache 16/1607