Abgesehen davon meinen wir, dass der Sonntag geschützt werden soll. Das ist eine andere Frage. Unter rechtlichen Gesichtspunkten bleiben wir dabei, dass hier vorsichtig vorgegangen werden muss und dass die Bäderregelung im Grundsatz so gehandhabt werden muss wie es in der Vergangenheit war, inklusive der kleinen Korrekturen, die wir jetzt vornehmen wollen.
Zu einem weiteren Kurzbeitrag nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung erteile ich Herrn Abgeordneten Lars Harms für die Abgeordneten des SSW das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich wurde aufgefordert, das noch einmal zu erklären; deswegen tue ich das natürlich gern.
Erstens zu Herrn Garg: Selbstverständlich ist es unsere Einstellung, dass wir sagen, ganz SchleswigHolstein soll es sein. Wenn Sie das Protokoll nachher noch einmal nachlesen, werden Sie sehen, dass ich das als Fernziel deklariert und gesagt habe: Wenn die Ladenöffnungszeiten einmal geändert werden und wir nicht nur über die Bäderregelung reden, dann soll es so sein, das ist unsere Vorstellung. Ich habe aber auch gesagt, dass uns Ihr Antrag zu weit geht, weil er in der Formulierung sagt: Wir wollen auch Feiertage und Sonntage generell öffnen. Das lehnen wir ab. Das ist definitiv so.
Wir liegen also sehr nahe beieinander, wenn es um die Wochentage geht, aber wir liegen sehr weit aus
einander, wenn es um Sonn- und Feiertage geht. Deswegen lehnen wir Ihren Antrag ab. Das ist ein Teil von SPD und CDU, der unserer Auffassung eher entspricht.
Was die Grünen angeht - Herr Kollege Müller, Sie sprachen mich ja an: Mensch, eigentlich liegen wir doch ganz nah beieinander! - Nein, sind wir nicht. Während im Ursprungsantrag von CDU und SPD steht, dass „Verkaufsstellen“ das Recht haben sollen, sprechen Sie von„definierten Verkaufsstellen“. Sie schränken ein. Während in dem Ursprungsantrag von „Orten“ die Rede ist, schränken Sie die Orte auf „touristische Orte“ ein und die Innenstädte nur noch auf „Teile der Innenstädte“. Das sehe ich anders. Sie können hier in Kiel nach meiner Auffassung überall die Hütte komplett aufmachen, wenn wir das als Bäderregelung denn wollen.
Das mögen wir vorher definieren. Das ist auch in Ordnung. Ich möchte es aber vorher nicht einschränken.
Ich habe vorhin schon einmal deutlich gemacht, dass es auch auf dem platten Land touristische Regionen gibt, die durchaus davon profitieren können. Ich möchte es nicht im Vorweg einschränken, indem man sagt: Wir fangen mal an, Tourismus zu definieren oder so etwas. Wenn es irgendwo in der Schleiregion einen Ort gibt, der davon profitieren kann und profitieren will, dann soll er die Möglichkeit dazu haben.
Ich sehe den Antrag von CDU und SPD so, dass er das eröffnet, und ich sehe Ihren Antrag so, dass er das einschränkt. Ich möchte nicht nur definierte Verkaufsstellen an speziell definierten Orten, sondern ich möchte es so weit wie möglich gefasst haben, damit alle gut davon haben.
Für die Landesregierung erteile ich dem Minister für Wissenschaft, Wirtschaft und Verkehr das Wort, Herrn Dietrich Austermann.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als neunter Redner - wenn ich richtig gezählt habe - muss ich feststellen, dass der Knochen fast abgenagt ist, über den zu sprechen ist. Ich versuche, die Beiträge, die hier gebracht worden sind, zusammenzufassen. Es gingen eigentlich alle in die Richtung: Wir brauchen eine weitere Öffnung der Ladenöffnungszeiten, wir
brauchen eine bessere Bäderregelung, wir wollen mehr Wachstum, mehr Impulse in die Wirtschaft geben.
Da haben wir eine Reihe von Leitplanken zu beachten. Viele davon sind angesprochen worden. Die erste Leitplanke ist der Schutz der Sonntagsruhe, verfassungsrechtlich garantiert.
Die zweite Leitplanke ist das Ladenschlussgesetz, nach dem wir nur bestimmte Ausnahmen machen können. Eine Bäderregelung nach dem Motto „Ganz Schleswig-Holstein ist ein Bad und deswegen können wir sonntags grundsätzlich öffnen“ gibt es nicht. Durch eine derartige Ausnahme würde das Gesetz konterkariert.
Es geht um das Thema Arbeitszeit, um Regelungen für die Arbeitnehmer, um die Frage, wieweit ich Arbeitnehmer schützen muss. Schließlich ist dabei eine Reihe von anderen Regelungen zu beachten.
Nach der gegenwärtigen Gesetzeslage ist nach wie vor der Bund für den Ladenschluss zuständig. Ich hoffe wie meine Vorredner, dass es bald dazu kommt, dass die Länder dafür zuständig sind. Die Wirtschaftsminister aller Bundesländer haben dies letzte Woche gefordert und beschlossen. Ich befürchte, dass es bis Anfang nächsten Jahres, nach der Bundestagswahl, nach der Bildung einer neuen Bundesregierung, dauern wird, bis das Ganze in Kraft treten kann.
Wir müssen überlegen, was wir bis dahin tun können, um Bürokratie abzubauen, um bessere wirtschaftliche Bedingungen für unsere Betriebe zu bekommen, dass man beispielsweise in Kiel genau so einkaufen kann wie in Warschau, Paris, Brüssel oder anderswo, um Öffnungszeiten zu ermöglichen, die zu mehr Liberalität führen im Interesse von mehr Wachstum.
Wir müssen das so tun, dass dabei die Arbeitnehmerinteressen gewahrt sind. Für mich ist ziemlich klar, dass Arbeitnehmerinteressen auch Interessen der Arbeitslosen sein können. Das heißt, wir haben auch dafür zu sorgen, dass wir durch mehr Liberalität - wie das hier mehrfach gesagt worden ist - dazu beitragen, dass mehr Menschen Arbeit haben. Es ist ganz offenkundig, dass längere Öffnungszeiten in den Bädern dazu führen, dass mehr umgesetzt wird und mehr Leute Beschäftigung haben.
Ich finde, das trifft nicht nur die Aussage der FDP, sondern das dürfte generelle Meinung aller sein, die sich hier geäußert haben. Man kann manchmal darüber streiten, ob eine Ausweitung der Öffnungszeiten sinnvoll ist - ich verweise auf die späten Stunden; Herr Abgeordneter Müller hat das gemacht -, wenn
am Ende des Tages nur sehr wenig Leute da sind. Unbestreitbar ist allerdings, dass die Neigung der Menschen, die sich in Bäderorten aufhalten, einzukaufen, insbesondere bei ungünstiger Witterung, größer ist und man durch eine entsprechende Regelung dort tatsächlich für mehr Umsatz sorgen kann.
Mecklenburg-Vorpommern hat uns das vorgemacht. Im Wettbewerb der Bäder untereinander, im Wettbewerb der Bundesländer untereinander sollten wir darauf achten, dass wir gegenüber MecklenburgVorpommern, was das Angebot betrifft, nicht ins Hintertreffen geraten.
Die Frage ist, wie das Ganze zeitlich realisiert werden könnte. Die jetzige Bäderregelung läuft bis Ende Oktober dieses Jahres. Wenn wir eine neue Regelung machen, werden wir eine Anhörung machen. Dazu werden wir einladen. Die Anhörung werden wir entweder gemeinsam mit dem Wirtschaftsausschuss oder das Ministerium wird sie allein machen. Es handelt sich hier ja nicht um eine Gesetzesänderung, sondern um die Veränderung einer Verordnung. Ich bin aber völlig offen, gemeinsam mit dem Wirtschaftsausschuss eine Anhörung zu machen, in der wir Kirchen und Gewerkschaften zu den Vorstellungen anhören, die hier entwickelt worden sind.
Ich stehe hinter dem Antrag der Koalition. Er entspricht der Koalitionsvereinbarung und dem, was ich versucht habe, an Grundsätzen zu beschreiben. Dass die Kirchen nicht erfreut sind, dass man berücksichtigen muss, dass es Kirchengangszeiten gibt, dass die Arbeitnehmerorganisationen, insbesondere ver.di, bei einer Ausweitung nicht erfreut sind, ist klar. Wir werden nicht so weit gehen können, wie die Grünen das vorgeschlagen haben. Wir werden auch nicht so weit gehen können, wie die FDP das vorgeschlagen hat. Dabei habe ich das, was die Grünen vorgeschlagen haben, zum Teil eher als Einschränkung verstanden. Eine Differenzierung nach Größe des Geschäftes, danach, ob das Geschäft auf der grünen Wiese oder im Stadtzentrum ist, halte ich rechtlich nicht für möglich.
- Herr Hentschel, was die Zielrichtung betrifft, sind wir gar nicht auseinander. Wir müssen ein Interesse daran haben, die Innenstädte stärker zu beleben.
Das heißt, dass wir uns über BID, über Innenstadtgestaltung, vielleicht auch über die Frage, wie groß ein Einzelhandelsgeschäft in der Innenstadt sein darf, ob es eine bestimmte Quadratmeterzahl in der Innenstadt
nicht überschreiten darf, außerhalb des Stadtzentrums aber etwas anderes machen darf, unterhalten müssen. Ich glaube nicht, dass wir innerhalb einer Region, innerhalb einer Stadt differenzieren können: der Große darf nicht aufmachen, der Kleine darf aufmachen. Das halte ich für rechtlich bedenklich.
Das Nächste ist die Ausweitung auf Oberzentren. Wenn ich die Oberzentren automatisch einbeziehe, also beispielsweise ganz Lübeck, ganz Flensburg, ganz Kiel automatisch einbeziehe, mache ich damit deutlich, dass ich das Ladenschlussgesetz mit seiner Ausnahmeregelung eigentlich nicht mehr ernst nehme. Das bedeutet, dass die Bäderregelung insgesamt in Gefahr ist. Das haben die MecklenburgVorpommeraner versucht. Sie sind vor Gericht damit gescheitert. Deswegen rate ich davon ab, das zu tun.
Wir sind auf einem guten Weg, gemeinsam eine Lösung zu finden. Der Schleswig-Holsteinische Landtag war schon vor Jahren - ich glaube, einstimmig - dabei, eine andere Regelung, eine Liberalisierung des Ladenschlusses zu fordern, nämlich die Ladenöffnungszeiten an Werktagen grundsätzlich freizugeben und an Sonntagen die Ausnahmen im Rahmen der Bäderregelung zu erweitern. Damit können wir auch im Interesse der Arbeitsnehmer und der Wirtschaftsregion und des Tourismus einen wesentlichen Beitrag leisten, beginnend mit dem Inkrafttreten am 1. Januar des kommenden Jahres.
Zu einem Kurzbeitrag nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung erteile ich Herrn Abgeordneten KarlMartin Hentschel das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Minister, ich schlage vor, dass Sie sich einmal das Isensee-Gutachen anschauen, das im Auftrag des Bundesverbandes des deutschen Einzelhandels erstellt worden ist. Dort ist verfassungsrechtlich beurteilt worden, dass eine differenzierte Lösung möglich ist. Das sollte man einmal prüfen. Wir haben in der Vergangenheit auch differenzierte Lösungen gehabt. Das ist der Sinn unseres Antrags. Natürlich kann man nicht ganz Kiel als Tourismusgebiet ausweisen. Man kann aber sehr wohl Teile der Innenstadt ausweisen, in denen typischerweise Touristen mit Kreuzfahrern kommen. Das ist durchaus möglich. Das erscheint mir auch sinnvoll.
Ich will ein anderes Beispiel für Differenzierung nennen. Das ist die Gemeinde Schönberg. In der Gemeinde Schönberg haben Sie einerseits den Ortsteil Schönberger Strand. Da gibt es ein typisch touristisches Gebiet. Da macht es Sinn, am Wochenende zu öffnen. Dort sind kleine Läden. Dort wird am Wochenende flaniert. Dort gehen die Kieler hin. Andererseits gibt es den eigentlichen Zentralort Schönberg. Dort sind die Supermärkte für die gesamte Umgebung, angefangen von der Probstei bis in den Selenter Raum hinein.
Das freizugeben, ist natürlich völlig unsinnig. Damit schaffen Sie gegenüber anderen Supermärkten in der Region einseitige Vorteile. Es gibt auch aus touristischer Sicht keinen Sinn, sie zu öffnen.
Das können Sie auch in anderen Gemeinden der Region durchdeklinieren. Wenn man das, was Sie sagten, ernst nimmt, nämlich dass eine Sonderregelung für touristische Gebiete vorgesehen sei, machen differenzierte Regelungen Sinn. Dann kann man einerseits sagen, dass es nur bestimmte Ortsteile, bestimmte Geschäfte sind, andererseits kann man die Oberzentren berücksichtigen, wenn man dort bestimmte Bereiche als Tourismusbereiche definiert: Das ist typisch für Kiel, der Bereich, in den die Kreuzfahrer hingehen; das ist typisch für Lübeck. Es ist völlig klar, dass die Innenstadt ein touristischer Bereich ist. Dort gibt es überwiegend Tourismusbetrieb. Dort macht es Sinn, entsprechende Regelungen zu haben.
Ich bedanke mich dafür, dass Sie das so differenziert sehen, Herr Minister. Deswegen schlage ich vor, doch noch einmal zu überlegen, alle Anträge an den Ausschuss zu überweisen, um das vernünftig zu beraten und möglicherweise die Verbände, den Einzelhandelsverband und die Tourismusverbände, zu hören. Das würde Sinn machen und stünde dem Parlament gut an.
Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Es ist nunmehr erneut Ausschussüberweisung beantragt worden, und zwar federführend Wirtschaftsausschuss, mitberatend Sozialausschuss. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Antrag auf Ausschussüberweisung gegen die Stimmen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der Fraktion der FDP und der Abgeordneten des SSW mit den Stimmen der Fraktion der CDU und der Fraktion der SPD abgelehnt.