Es geht also weniger um die Frage des Ob, sondern meines Erachtens um die Frage des Wie. Auch da empfehle ich eine intensive Beratung im Bildungsausschuss.
Kollege Dr. Klug hat schon zu Recht darauf hingewiesen, dass man das - und das wird in Diskussionen oft getan - nicht damit verwechseln darf, dass es um die Frage von Computerkenntnissen oder die Entwicklung von Anwendungskenntnissen geht. Darum geht es in der Tat nicht. Kollege Dr. Klug hat es schon gesagt. Ich zitiere in diesem Zusammenhang immer gern den niederländischen Informatiker Dijkstra, der das einmal so formuliert hat: In der Informatik geht es genauso wenig um Computer wie in der Astronomie um Teleskope.
Ich möchte zusammenfassen und zu diesem Bereich nur sagen: In der Sekundarstufe I die Informatik stärker zu berücksichtigen, halte ich durchaus für vernünftig. Über das Wie sollten wir in der Tat im Ausschuss reden.
Der zweite Komplex Ihres Antrages, Herr Dr. Klug, beschäftigt sich mit der Verankerung der Informatik als profilgebendes Fach in der Oberstufenverordnung. Das setzt dann einen vierstündigen Unterricht voraus. Sie wissen genauso gut wie ich und alle hier im Saal, die sich damit befasst haben, dass das in Schleswig-Holstein zurzeit schon daran scheitern muss, dass wir gar nicht die entsprechend ausgebildeten Lehrer haben. Denn für einen Lehrer reicht es nicht aus, irgendwann einmal irgendwo Informatik belegt zu haben, wenn er Informatik als Kernfach und als profilbildendes Fach in der Oberstufe unterrichten will. Von daher sollten wir einen Stufenplan entwickeln, der die Lehrerausbildung im Fach Informatik und die Implementierung von Informatik als profilgebendes Fach in der Sekundarstufe II miteinander verzahnt. Wir sollten gemeinsam beraten, was möglich ist und welche Kompetenzen erforderlich sind. Dann sollte man den Schulen, die dies machen wollen, auch die Möglichkeit geben, es zu machen. Es muss jedoch immer berücksichtigt werden - darauf hat auch Frau Eisenberg hingewiesen -, in welchem Umfang dies geschieht und zu welchen Lasten es geht.
Vor dem Hintergrund der aktuellen Problematik hinsichtlich der Umstellung auf Bachelor/Master im Bereich der Gymnasiallehrerausbildung an der CAU hoffe ich, dass es gelingt, durch die Abgleichung der Stundenpläne dafür Sorge zu tragen, dass
man mit der Philosophischen Fakultät oder Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät eine vernünftige Fächerkombination zustande bringt. Wir haben es in der Praxis leider mit sehr viel kleineren Problemen zu tun als denen, über die wir jetzt beraten.
Wir stehen für eine intensive Diskussion im Bildungsausschuss zur Verfügung und an dieser werden wir uns nicht nur beteiligen, sondern wir werden mit eigenen Vorschlägen versuchen, diese voranzubringen. Wir greifen die Anregungen auf und hoffen, dass wir unmittelbar nach der Sommerpause mit den Beratungen im Ausschuss beginnen können.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag behandelt ein sinnvolles Anliegen. Ich kann das ein bisschen beurteilen, denn ich habe als Mathematiker im Nebenfach Informatik studiert und 20 Jahre lang als Computerexperte gearbeitet. Trotzdem stimme ich dem Antrag inhaltlich nicht zu.
Das Wissen explodiert und die Schule wird mit immer größeren Erwartungen konfrontiert. Sie soll wirtschaftswissenschaftliche und politische Zusammenhänge vermitteln. Früher reichten Geschichte und Erdkunde. Sie soll medizinische und psychologische Kenntnisse vermitteln. Früher reichte Biologie. Sie soll einen Einblick in moderne Technik und Ingenieurskünste vermitteln, damit wir mehr Ingenieure bekommen. Früher reichte Physik. Diese Aufzählung könnte man noch erweitern. Ich glaube jedoch nicht, dass die Zukunft der Schule darin liegt, immer neue Fächer hinzuzufügen.
Es gibt sogar gerade unter den besonders erfolgreichen Schulen solche, die die Fächer insgesamt radikal abgeschafft haben. Stattdessen müssen die Schülerinnen und Schüler solcher Schulen in Lernbüros und Projektwerkstätten fachbezogene Module bearbeiten. Solche Module können häufig auch fächerübergreifend sein.
Was bedeutet das für die Informatik? - Zunächst zwecks Klarstellung eine grundlegende Unterscheidung: Die Benutzung des Computers ist nicht Informatik. Die Benutzung des Computers ist ebenso eine Kulturtechnik wie Lesen, Rechnen oder Schreiben. Die Arbeit mit dem PC, der Umgang mit EMails, Textverarbeitung, Tabellenkalkulationen und das Recherchieren im Internet und Datenbanken müssen elementarer Bestandteil des Unterrichts sein und sollten von klein auf gelernt werden. Dies hat aber mit Informatik nichts zu tun.
Ganz davon zu trennen ist die eigentliche Informatik. Dabei handelt es sich um eine Ingenieurwissenschaft, die im 21. Jahrhundert sicherlich die gleiche Bedeutung hat wie der Maschinenbau im 20. Jahrhundert. Ich bin deshalb der Meinung, dass Grundkenntnisse im Programmieren im Physikoder Mathematikunterricht genauso vermittelt werden sollten wie der Umgang mit Grafikprogrammen und die Gestaltung von Homepages im Deutsch- oder Kunstunterricht. Ich halte aber nichts davon, den Weg fortzusetzen, Informatik als zusätzliches volles Fach zu kreieren. Ich stimme vielmehr denen zu, die immer mehr dahin tendieren, die klassischen Fächer in der Schule durch Lernfelder zu ersetzen.
Ein solches Lernfeld wäre dann Mathematik/Physik/Technik/Informatik. Ein anderes wäre Biologie/ Chemie/Medizin/Meereskunde. Ein Lernfeld wäre Deutsch/Literatur/Theater. Ein anderes wäre Politik/Geschichte/Erdkunde/Wirtschaftswissenschaft.
Ich glaube, dass in einer solchen Lernfeldorientierung, aber nicht in einer ausufernden Fächeritis die Zukunft der Lehrerausbildung liegen muss.
Je mehr wir den Stoff in Modulen und Projekten gliedern, die häufig die Grenzen der heutigen Schulfächer überspringen, desto mehr stellt sich auch für die Lehrerinnen und Lehrer die Herausforderung, fächerübergreifend zu arbeiten. Ein eigenes Fach Informatik würde dazu genauso wenig beitragen wie ein Fach Maschinenbau oder ein Fach Medizin.
Die bisherigen Informatikkurse an den Schulen waren meines Erachtens nur deswegen nötig, weil die nötigen Kenntnisse im Mathematik- und PhysikUnterricht nicht ausreichend integriert sind und es immer noch Lehrerinnen und Lehrer in diesen Fächern gibt, die nicht programmieren können. Insofern ist es auch ein Generationenproblem. Von daher erwarte ich von den Hochschulen Konzepte, die über die jetzigen fachbezogenen Studiengänge hin
aus denken. Die Debatte halte ich allerdings für ausgesprochen wichtig. Deshalb schlage ich vor, den Antrag an den Bildungsausschuss zu überweisen.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich lasse einmal das schöne Zitat des niederländischen Informatikers Dijkstra weg. Der Kollege Weber hat es nämlich schon gebracht. Schade.
Die junge Wissenschaft der Informatik hat zwar unsere Gesellschaft seit ungefähr 40 Jahren verändert, indem sie die Voraussetzungen für einen weltweiten Datenverkehr schuf, dennoch gehört sie keineswegs in den Kanon der Allgemeinbildung, wie der vorliegende Antrag suggerieren möchte.
Informatik - auch das ist schon gesagt worden - ist die Wissenschaft von der systematischen Verarbeitung von Informationen, insbesondere der automatischen Verarbeitung mithilfe von Rechenanlagen.
Das bedeutet keineswegs, dass Informatik unwichtig oder randständig ist. Der Auftrag der Schule ist allerdings eindeutig: Die Schülerinnen und Schüler sollen lernen, verantwortungsbewusst mit Datentechnik und Medien umzugehen. Nicht die Vermittlung der Informatik ist vonnöten, sondern die Vermittlung von Medienkompetenz.
Wenn heute bereits Grundschüler selbstverständlich mit Maus und Tastatur hantieren, belegen sie damit eindrücklich, dass es ihnen egal ist, wie diese Maschinen funktionieren. Der Computer ist weder eine Wunderwaffe noch Teufelswerk, sondern ein alltägliches Arbeitsmittel wie der Stift, die Schere und ein Buch. Niemand muss ein Fernsehtechniker sein, um die manipulative Kraft des Fernsehens zu begreifen.
Der Antrag führt einen neuen Lehramtsstudiengang Informatik in Kiel an. Ich möchte darauf hinweisen, dass in der Lehrerausbildung weniger die Informatik denn die Medienerziehung unumgänglich ist. Wir sollten dementsprechend sicherstellen, dass alle angehenden Pädagogen mit Medienerziehung vertraut gemacht werden und sie auch beherr
schen. Medienbildung gehört zu den fachlichen und fachübergreifenden Bildungszielen und ist ein grundlegendes pädagogisches Erfordernis für alle Unterrichtsfächer: angefangen beim Sportunterricht, der mit Anschauungsvideos arbeitet, bis hin zu naturwissenschaftlichen Fächern, die mittels geeigneter Software das Fach erschließen helfen.
Die Vermittlung von Denkprinzipien und einer fragenden und hinterfragenden Haltung ist das A und O eines verantwortungsbewussten Umgangs mit Medien. Das sollten alle Lehrerinnen und Lehrer beherrschen, damit sie Kinder und Jugendliche dazu bringen, zu dem jeweils verwendeten Medium Fragen zu stellen. Auf diese Weise werden die Schülerinnen und Schüler ertüchtigt, auch beim privaten Medienkonsum nicht unkritisch zu sein. In diesem Zusammenhang betone ich, dass wir zu diesem Thema bereits eine Debatte führten, als es um Computerspiele ging.
Überlegter Medieneinsatz leistet also einen wichtigen Beitrag zur Qualitätsverbesserung des Unterrichts, der allen Schülerinnen und Schülern zugänglich gemacht werden sollte. Damit steht die Medienerziehung im Vordergrund. Wir gehen davon aus, dass Computer von Schülern als ganz normale Hilfsmittel eingesetzt und angesehen werden. Von daher lehnt der SSW die Einführung von Informatik als Schulfach ab.
Für die Regierung erteile ich nun der Ministerin für Bildung und Frauen, Frau Erdsiek-Rave, das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In dieser kurzen Debatte werden ständig Aspekte der informationstechnischen Grundbildung, der Medienerziehung und des Faches Informatik vermischt. Das liegt allerdings nahe, weil diese Aspekte nah beieinanderliegen.
Was die informationstechnische Grundbildung angeht, glaube ich - darüber brauchen wir hier nicht zu reden -, dass sie in den letzten zehn Jahren ungeheure Fortschritte gemacht hat. Schon Grundschüler können heute - wie ich das gerade in der letzten Woche in einer Grundschule in Bad Oldesloe gesehen habe - den Beamer in ihrer Klasse bedienen, gehen mit dem Whiteboard um, können sich Informationen beschaffen. Es ist unglaublich, was für
ein Schub sich da in den letzten zehn Jahren entwickelt hat. Das hat natürlich auch mit dem Freizeitverhalten und der häuslichen Ausstattung zu tun. Ich glaube sogar, dass zum Teil mehr Kenntnis und mehr Kompetenz da ist, als sie bei den Lehrern vorhanden ist.
Herr Dr. Klug, Sie heben auf das Fach Informatik ab. Deswegen muss man das schon auseinanderhalten. Wir sind der Auffassung, dass gerade für die Sekundarstufe I der fächerverbindende Ansatz der richtige ist, also Informatik mit Mathematik, Naturwissenschaften und Technik kombiniert zu unterrichten. Ein solches Konzept wird in vielen Schulen erprobt. Ich würde gern im Bildungsausschuss darüber berichten. Das kann ich jetzt in der Kürze der Zeit hier nicht. Ich halte das jedenfalls für einen geeigneten Ansatz, um die Inhalte der Informatik in der Sek I noch zu verstärken.
Ich will hier in Klammern Folgendes einwerfen: In der letzten Woche habe ich ein Gespräch mit der Gleichstellungsbeauftragten der CAU gehabt, die mir sehr ans Herz gelegt hat, auf eine bessere Informatikgrundbildung bei den Mädchen zu achten. Bislang ist nämlich die Situation noch so, dass dieses Fach zu einem hohen Prozentsatz von jungen Männern gewählt wird. Das ist keine gute Situation. Ich will das gern in der Weise aufnehmen, wie wir uns das für die mathematisch-naturwissenschaftlichen Fächern mit Herrn Austermann gemeinsam insgesamt vorgenommen haben, also solche Konzepte vorantreiben.
Die neue Kontingentstundentafel räumt dafür übrigens erweiterte Möglichkeiten ein. Dem anwendungsorientierten und fächerverbindenden Ansatz in der Sek I geben wir den Vorzug gegenüber dem Erlernen von Programmiersprachen oder dem eher wissenschaftlichen Ansatz, wie es das Fach Informatik in der Oberstufe vorsieht - was übrigens von vielen Schülerinnen und Schülern in der Oberstufe unterschätzt wird; es wird unterschätzt, was dieses Fach in sich birgt.
In der Profiloberstufe - um zur Sek II zu kommen - wird dem Fach Informatik durchaus eine neue Chance, werden ihm neue Perspektiven eröffnet. Das sehe ich etwas anders als Sie, Herr Dr. Klug. Als profilergänzendes Fach kann es in vielfältiger Weise fächerverbindend wirken und mit seinen Inhalten Einfluss auf die Fächer und die Themen des jeweiligen Profils ausüben. Wir sind auch offen, bei Weiterentwicklung der Informatik zu einem profil
gebenden Fach zu kommen. Allerdings müssen dafür die notwendigen Voraussetzungen an den Schulen erfüllt werden, sprich die Lehrerausstattung muss entsprechend sein.
Der Rahmen ist also für beide Stufen geschaffen. Es gibt auch noch genug Luft und vielleicht die Notwendigkeit zur Weiterentwicklung des Angebots.
Der geplante Lehramtsstudiengang - um das als Letztes aufzugreifen - sowie die Informatikfortbildung der CAU gemeinsam mit dem IQSH sollen hierzu einen Beitrag leisten. Ergänzend wäre auch ein Zusatzangebot für Lehramtsstudiengänge für Studierende anderer Fächer im Rahmen der Modularisierung, wie sie in den neuen Strukturen des Studiums kommen wird, sehr wünschenswert.