Protocol of the Session on July 11, 2007

(Beifall bei CDU, SPD und FDP)

Drittens. Ich selber werde nach der Sommerpause nach Fehmarn kommen und mit Vertretern Fehmarns, des Kreises Ostholstein und den Betroffenen sprechen. Die Landesregierung wird auch in den nächsten Jahren im dauerhaften Dialog mit Fehmarn bleiben. Wir bieten offene und faire Gespräche an. Das sage ich zu.

Meine Damen und Herren, mit der FehmarnbeltQuerung bringen wir die Region Hamburg/Lü

(Ministerpräsident Peter Harry Carstensen)

beck dichter an die boomende Öresund-Region. Lübeck und die schleswig-holsteinischen Gemeinden um Hamburg herum werden davon ebenso profitieren wie Hamburg selbst.

Im Herbst werde ich gemeinsam mit Hamburgs Bürgermeister von Beust Vorschläge für das weitere Zusammenwachsen von Hamburg und Schleswig-Holstein machen. An den Vorschlägen wird zurzeit unter Federführung der Staatskanzlei gearbeitet. Im nächsten Frühjahr plane ich zudem, mit Vertretern des Hamburger Senats und einer Wirtschaftsdelegation in die Öresund-Region zu reisen.

Meine Damen und Herren, ich habe Ihnen drei Entwicklungsachsen für mehr Wachstum und Beschäftigung in Schleswig-Holstein beschrieben. Die erste Achse geht von Hamburg über Kiel und Flensburg bis nach Vejle. Die zweite Achse geht von Hamburg über Lübeck und Fehmarn in den Öresund. Die dritte Achse geht von Stettin bis nach Hamburg und Glückstadt. Alle Achsen gewinnen an Bedeutung durch den Bau der Fehmarnbelt-Querung.

(Beifall bei der CDU)

Mit dem Jahrhundertprojekt Fehmarnbelt-Querung schlagen wir im wahrsten Sinne des Wortes eine Bücke in die Zukunft. Vor uns liegen spannende Jahre. Die Anstrengungen werden sich lohnen. Es geht um mehr Wachstum, mehr Beschäftigung und mehr Wohlstand für uns in Schleswig-Holstein. Es geht um eine gute Zukunft. Jetzt heißt es, entschlossen, mutig und voll Zuversicht anzupacken.

(Anhaltender, lebhafter Beifall bei der CDU)

Ich erteile dem Oppositionsführer und Vorsitzenden der Fraktion der FDP, Herrn Abgeordneten Wolfgang Kubicki, das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die feste Fehmarnbelt-Querung ist das zweitwichtigste Verkehrsinfrastrukturprojekt für SchleswigHolstein. Seit Jahrzehnten wird darüber geredet; nun wurde endlich entschieden, die Brücke über den Fehmarnbelt zu bauen. Wir freuen uns, dass die dänische Regierung, die Bundesregierung und die Landesregierung sich hierzu haben durchringen können. Wesentlichen Anteil daran hatte Verkehrsminister Austermann.

(Beifall bei FDP und CDU)

Herr Minister, herzlichen Glückwunsch auch von der FDP zu diesem Erfolg! Sie wissen, es kommt nicht oft vor, dass ich Sie loben kann;

(Heiterkeit bei FDP und CDU)

deshalb tue ich es in diesem Fall besonders gern. Ich danke Ihnen und allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Landesregierung, die zu diesem Erfolg beitrugen. Mein Lob sollte niemanden wundern - schließlich war die feste Fehmarnbelt-Querung eines der zentralen Infrastrukturprojekte, für das CDU und FDP in mehreren Wahlkämpfen gemeinsam geworben und gestritten haben.

Unser Dank gilt aber auch unseren dänischen Nachbarn. Sie werden 85 % der Baukosten garantieren und haben dadurch die Entscheidung für den Brückenbau überhaupt erst ermöglicht. Deutschland bezahlt 15 % des Bauprojekts, und zwar für die deutschen Zufahrten zur Brücke.

Das Geld könnte selbstverständlich auch für vieles andere ausgegeben werden. Aber das allein ist kein Grund, die Brücke abzulehnen. Schließlich reichen die vorhandenen Mittel nie, um alle gewünschten Ziele zu erreichen. Es kommt darauf an, dort zu investieren, wo die höchsten Erträge für die Gesellschaft zu erwarten sind.

Bei einem transeuropäischen Projekt sind dann auch Vorteile für ganz Europa, Herr Ministerpräsident, anzutreffen. Die Vorteile werden in Hamburg nicht haltmachen, sondern betreffen ganz Europa. Dies ist auch ein Grund, dass die Europäische Union den Bau fördert. Sie werden erleben, dass sich auch Vorteile im Westen und Süden Europas einstellen.

(Detlef Matthiessen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Weltweit!)

- Europaweit, Kollege Matthiessen! Das ist ja Ihr Problem, dass Sie immer nur begrenzt denken.

(Beifall und Heiterkeit bei FDP und CDU)

Aus diesem Blickwinkel ist die Entscheidung für den Bau der festen Fehmarnbelt-Querung ein ganz wichtiges Zwischenergebnis. Jetzt müssen die Details ausgearbeitet und verwirklicht werden, damit die Brücke bis 2018 fertig und in das nordeuropäische Verkehrsnetz eingewoben wird.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, was sind die Vorteile? Mit der festen Fehmarnbelt-Querung wird die Vogelfluglinie von Skandinavien nach Westeuropa zu einer reinen Landverbindung. Dies wird die Fahrtzeiten auf der Vogelfluglinie erheblich verkürzen, die Fahrt von Schweden nach Hamburg zum Beispiel von viereinhalb auf dreieinhalb Stunden:

(Ministerpräsident Peter Harry Carstensen)

Das ist ein Zeitgewinn von fast einem Drittel auf dieser Strecke. Noch größer wird der absolute Zeitgewinn für diejenigen, die von der Jütland- auf die Vogelfluglinie umschwenken. Sie fahren 150 km weniger, das heißt, zwei bis drei Stunden weniger, Kollege Matthiessen. Unter Umweltaspekten ist auch das ein Argument, das Sie vielleicht berücksichtigen sollten.

Dadurch rücken Skandinavien und Westeuropa merklich näher zusammen. Das ist eine der wesentlichen Voraussetzungen dafür, dass der Austausch zwischen allen beteiligten Ländern wächst, und zwar nicht nur der wirtschaftliche, sondern auch der gesellschaftliche Austausch; denn Brücken verbinden nicht nur Unternehmen, sie verbinden auch Menschen miteinander. Ich erinnere an das geflügelte Wort davon, dass wir Brücken schlagen sollen, damit Menschen einander begegnen und besser verstehen und Ressentiments und Vorurteile abgebaut werden können.

Bei allen wirtschaftlichen Vorteilen, die für die feste Fehmarnbelt-Querung sprechen, sollten wir dies nicht vergessen. Schleswig-Holstein, Dänemark und Südschweden haben sich vor Jahren zur STRING-Region zusammengeschlossen, um genau diesen Austausch zwischen den Menschen in der westlichen Ostseeregion zu fördern. Die sieben Ziele der STRING-Initiative lauten: Wirtschaftsentwicklung, Mobilität und Infrastruktur, Kultur, Wissensaustausch, Umwelt, Natur und Landschaft, Lerngesellschaft. Die feste Fehmarnbelt-Querung wird uns all diesen Zielen näherbringen. Die Brücke wird die Mobilität der Menschen und der Unternehmen deutlich steigern. Das wird zuallererst die Wirtschaftsentwicklung in der STRINGRegion beschleunigen, weil die verkürzten Fahrtzeiten über den Fehmarnbelt die Kosten des Handels senken werden und dieser deshalb schneller wachsen wird.

Es gibt Menschen, die das ablehnen. Dies sind übrigens oft die Gleichen, die vom Staat mehr Geld für viele Zwecke fordern, aber zu vergessen scheinen, dass der Staat langfristig nur das Geld ausgeben kann, das vorher erwirtschaftet wurde.

Deutschland kann sich unter anderem nur deshalb so hohe staatliche Ausgaben leisten, weil wir zwei Fünftel der hier erbrachten Wirtschaftsleistung ins Ausland verkaufen. Auch nur deshalb können wir es uns leisten, Rohstoffe, Waren und Dienstleistungen in fast gleichem Wert im Ausland zu kaufen. Wer zur Kenntnis nimmt, was uns die Europäische Union sagt - die Ostseeregion ist die Boomregion der Zukunft -, weiß: Dazu gehört einfach eine vernünftige Verkehrsinfrastruktur.

(Beifall bei FDP und CDU)

Dieser freiwillige Handel ist gut für alle Beteiligten; wir sollten dankbar sein für jede Chance, unsere Handelsmöglichkeiten ausweiten zu können. Über Verkehrswege werden nicht nur Waren transportiert, sie dienen Menschen auch, um zu reisen, um andere Menschen kennenzulernen und um mehr über andere Kulturen und die Welt zu lernen. Deshalb sollten wir die feste Fehmarnbelt-Querung nicht nur auf den reinen Handelsweg reduzieren.

Herr Ministerpräsident, ich bin sicher, dass unsere Freunde aus Fehmarn, nach den Beeinträchtigungen, die sie durch den Bau erleiden werden, erleben werden, dass sich Kurzzeittouristen aus Dänemark wegen der festen Fehmarnbelt-Querung viel häufiger auf Fehmarn aufhalten werden als gegenwärtig.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, trotzdem wird die Hauptfunktion der festen Fehmarnbelt-Querung sein, die Wirtschaftsentwicklung in Nordeuropa anzukurbeln. 5,5 Milliarden € werden Dänemark und Deutschland von 2011 bis 2018 für die Brücke und ihre Einbindung in das transeuropäische Netz bezahlen. Wir meinen, die Vorteile sind diese Investition wert. Aber wie bei jeder Investition laufen zunächst die Kosten auf und erst später fließen die Erträge. Bei einem Bauwerk, das auf viele Jahrzehnte ausgelegt ist, verteilen sich die Erträge über diese lange Zeit, während die meisten Kosten in einem überschaubaren Zeitraum anfallen. Außerdem konzentrieren sich die Nachteile des Baus räumlich - in Deutschland auf Fehmarn und Ostholstein - und die Benachteiligten sind verhältnismäßig einfach auszumachen.

Die Vorteile hingegen werden sich nicht nur über einen langen Zeitraum verteilen, sondern auch auf viele Menschen und Unternehmen in ganz Europa. Im Einzelfall sind sie vielleicht kaum merklich. Wenn zum Beispiel in der Werbebeilage zur Morgenzeitung angepriesen wird, dass schwedische Möbel bei uns preiswerter werden, dann wird dies kaum jemand der Fehmarnbelt-Querung zuschreiben, obwohl ihretwegen die Transportkosten gesunken sind und der Vorteil daraus resultiert.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sind überzeugt: Die Summe dieser vielen, im Einzelnen vielfach kaum merklichen Vorteile wird die unbestreitbaren Nachteile, die beim Bau der Brücke entstehen werden, mehr als aufwiegen. Aber diese Nachteile werden, wie gesagt, früher und deutlicher zu Tage treten; sie werden daher in der Öffentlichkeit einen höheren Nachrichtenwert erlangen. Dieses Ungleichgewicht verdeutlicht ein Ausspruch Kai Dieckmanns, des Chefredakteurs der „Bild“-Zei

(Wolfgang Kubicki)

tung, zum Geschäftsmodell seiner Zeitung. Er sagte, auf dem Boulevard sei Weihnachten, wenn die Lichter am Baum brennen, und nicht, wenn der Baum gepflanzt werde. Das bedeutet, die Probleme wegen des Brückenbaus werden ungleich heftiger kommuniziert werden als die späteren Nutzen. Es bleibt die Aufgabe der Befürworter des Brückenschlags, den Problemen immer wieder die Vorteile entgegenzuhalten. Das war bisher nicht immer angenehm, das wird auch nicht angenehmer werden. Trotzdem ist es richtig. Ich appelliere an alle in diesem Haus, sich dieser Aufgabe zu widmen.

(Beifall bei FDP und CDU)

Zum Schluss möge ein kleiner geschichtlicher Vergleich die Lage verdeutlichen. Stellen Sie sich bitte vor, es gäbe keinen Nord-Ostsee-Kanal, aber in vielen Studien wäre herausgearbeitet worden, wie vorteilhaft ein Kanal zwischen Brunsbüttel und Kiel sein würde. Ja, ein solcher Kanal könnte sogar die meistbefahrene künstliche Wasserstraße der Welt werden und Schleswig-Holstein höchstwahrscheinlich länger als ein Jahrhundert jede Menge Vorteile einbringen. Ich frage Sie, frage vor allen Dingen die Grünen: Würden Sie sich heute für den Bau dieses Kanals entscheiden?

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Natürlich nicht!)

Wir besprechen heute eine ähnliche Entscheidung. Die feste Fehmarnbelt-Querung wird nicht ganz so bedeutend werden, wie der Nord-Ostsee-Kanal es seit über einem Jahrhundert für Schleswig-Holstein und den Ostseeraum ist. Aber sie wird sehr bedeutend werden, weil sie vielen Menschen und Unternehmen viele Jahre Vorteile bringen wird.

Kollegin Spoorendonk, ich bin sicher, dass die Grünen heute einen solchen Brückenschlag zwischen Brunsbüttel und Kiel vehement bekämpfen würden, weil damit viele schützenswerte Gebiete in Schleswig-Holstein durchschnitten würden, ohne dass ein nennenswerter Effekt zu erkennen wäre, weil man über Skagerak und Kattegat Dänemark umfahren kann.

(Beifall bei FDP und CDU)

Die Vorteile werden in ihrer Summe die zeitlich begrenzten Nachteile des Baus, den Wegfall der Fährverbindungen und die begrenzten Beeinträchtigungen der Umwelt am Fehmarnbelt überwiegen. Diese Vorteile werden es auch rechtfertigen, Herr Ministerpräsident, denjenigen zeitlich begrenzt ein wenig zu helfen, die unter den Bauarbeiten an der Brücke leiden werden. Es ist unbestreitbar: Während des Baus wird es Beeinträchtigungen auf Fehmarn und um Fehmarn herum geben. Es ist auch

unsere Aufgabe, hier hilfreich zu sein, um die Akzeptanz für den Brückenbau vor Ort zu erhöhen.

Der Ministerpräsident hat seine Regierungserklärung mit den Worten beendet - ich zitiere -: „Es geht um eine gute Zukunft. Jetzt heißt es, entschlossen, mutig und voll Zuversicht anzupacken.“ - Das ist ein schönes Motto, Herr Ministerpräsident, vor allem, weil Sie ja eine weitere Legislaturperiode der erste Mann im Staate bleiben wollen. Wir gehen davon aus, dass Sie damit nicht die Große Koalition als Erfolgsmodell preisen wollten; denn für die gilt aus unserer Sicht eher der Karat-Song „Über sieben Brücken musst du gehen - sieben dunkle Jahre überstehen.“

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Fünf Jahre reichen auch! - Heiterkeit)

Wir freuen uns, liebe Kolleginnen und Kollegen, denn wir denken genau wie Sie, Herr Ministerpräsident, und die Union, weit voraus. Wir als FDPFraktion freuen uns, dass die Fehmarnbelt-Querung gebaut wird, denn sie bringt dem Land wirklich etwas.

(Beifall bei FDP, CDU und vereinzelt bei der SPD)

Ich erteile dem Vorsitzenden der CDU-Fraktion, Herrn Abgeordneten Dr. Johann Wadephul, das Wort.