Protocol of the Session on June 6, 2007

Punkt vier des Antrages bezieht sich auf die energetische Nutzung von Reststoffen als Biomasse. Wir wissen, dass derzeit ein Boom im Bereich der energetischen Nutzung von Biomasse stattfindet. Hierbei kommt insbesondere den nachwachsenden Rohstoffen, wie beispielsweise Mais eine erhebliche Bedeutung zu. Reststoffe werden heute in modernen Anlagen mit circa 20 % bis 30 % beigemengt; aber ohne den größeren Anteil von beispielsweise Mais lassen sich diese Anlagen nicht effektiv betreiben. Ob man das dann, um den Reststoff zu nutzen, will, muss man genau prüfen. Die Unterstützung regionaler Verarbeitungs- und Vermarktungsangebote kann ich nur unterstützen; das ist seit langem eine Forderung des SSW und wird auch von der Landwirtschaft selbst begrüßt. Wir müssen erkennen, dass das hauptsächlich vom Verbraucher gesteuert wird. Nichtsdestotrotz sollten wir natürlich die Landwirtschaft in diesem Punkt weiter unterstützen.

Was wir brauchen, ist eine verstärkte Förderung im Bereich der Forschung zu modernen Verfahrenstechniken und Produktionssystemen mit einer ganzheitlichen Sicht. Damit meine ich, dass die Aspekte Ökologie, Ökonomie und Soziales im Sinne der Agenda 21 in derartige Forschungsvorhaben einfließen müssen.

Wir haben in Schleswig-Holstein das Know-how, das es auszubauen gilt. Wir müssen den landwirtschaftlichen Betrieb - wie jeden anderen Betrieb als Ganzes ansehen und den Landwirten insbesondere Hilfestellung leisten, wie sie ihren Betrieb und ihre Wirtschaftsweise so umstellen können, dass Ökologie, Ökonomie und soziale Aspekte nicht unter die Räder geraten. Das hat nach unserer Auffassung vor allem etwas mit Forschung und Lehre zu tun, aber nicht mit diesen vielen aufgebauschten Punkten. Die sind zwar wichtig, die kann man auch gerne alle einzeln diskutieren, aber manchmal kann

(Lars Harms)

- wie ich an den Beispielen versuchte, deutlich zu machen - eine Maßnahme eine andere Maßnahme konterkarieren. Genau das wollen wir nicht.

(Beifall beim SSW und vereinzelt bei der CDU)

Das Wort für einen Einminutenbeitrag erteile ich dem Herrn Abgeordneten Detlef Matthiessen.

Frau Kollegin Rodust, wir haben nicht einen Berichtantrag gestellt, wir haben einen Sachantrag gestellt. Wir erwarten nicht weitere Berichte in Sachen Klimaschutz, sondern wir erwarten Maßnahmen - ganz in dem Sinn, in dem der Minister das auf der Konferenz gesagt hat. Wir haben in Sachen Klimaschutz ein erhebliches Auseinanderklaffen von Wissen und Maßnahmen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es wurde kritisiert, unser Antrag sei undifferenziert. Es ist wohl eine allgemeine Übung, immer die Antragstellen der anderen Fraktionen zu disqualifizieren. Bei der erwähnten Kuh, Herr Harms und Herr Hildebrand, ist der Zusammenhang mit dem Klimaschutz nicht allein der Zusammenhang zwischen 1 kg Milch und der Klimagasproduktion ist. Im Wesentlichen kommt es in der Treibhausgasbilanz auf den Anteil des Grundfutters bei der Erzeugung von Milch in der Landwirtschaft an. Wenn wir Kühe halten, die so viel Milch geben, dass wir sie nicht aus dem Stall laufen lassen können, weil sie draußen auf der Weide gar nicht so viel fressen können, wie sie müssen, um genügend Milch zu geben, dann haben wir bezogen auf ein Kilogramm Milch - hören Sie zu, Herr Harms -, ein Klimaproblem größerer Art, als wenn wir einen hohen Grundfutteranteil bei einer auf mittlerem Niveau produzierenden Kuh haben. So sind also die Zusammenhänge. Ich erläutere Ihnen das gern noch einmal im Detail im Ausschuss.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Lassen Sie mich meinen Gedanken, den ich schon angeführt habe, noch einmal weiter ausführen. Ich stelle fest, dass wir eine Große Koalition für den Klimaschutz brauchen und uns nicht jedes Mal hier im Kleinklein verhaken dürfen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort für die Landesregierung erteile ich Herrn Minister Dr. Christian von Boetticher.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Matthiessen, zunächst einmal darf ich mich für die sachliche Auseinandersetzung und die sachlichen Debattenbeiträge bei allen ganz herzlich bedanken. Ich möchte mich auch ausdrücklich für das Lob für unsere Veranstaltung bedanken, die wir am Montag hier in diesen Räumlichkeiten durchgeführt haben. „Sieh zu, dass sich was dreht“, das war das Stichwort. Ich glaube, das war eine ganz erfolgreiche Konferenz.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Im Übrigen darf ich sagen, dass das Thema Landwirtschaft und Klimaschutz bisher in der öffentlichen Debatte kaum eine Rolle gespielt hat. Bis auf die Überschrift „Die Pille für die Kuh“ in der „Bild“-Zeitung, was ganz witzig und amüsant war, gab es kaum eine öffentliche Darstellung dieses Problems. Wenn Sie sich daran erinnern, habe ich hier im Februar in meiner Rede im Landtag bereits gesagt, dass bei mir alle Zahlen ganz offen auf den Tisch kommen sollen. Dazu gehört auch die Landwirtschaft - das hatte ich damals angeführt - mit einem Beitrag, der - ich hatte es damals so gesagt etwas über 50 Millionen t CO2-Produktion entspricht. Für mich war es wichtig, dass wir auf der Konferenz auch einen Experten dabei haben, der uns für diesen Bereich einmal grundlegendes Zahlenmaterial liefert. Herr Professor Butterbach-Bahl hat das getan. Das war für mich am Montag ein sehr interessanter Vortrag. Er hat uns Einiges mit auf den Weg gegeben. Das werden wir jetzt analysieren, uns die Handlungsempfehlungen natürlich genau anschauen und sehen, was wir davon umsetzen können.

Ich nehme einmal einen Punkt heraus, der eben schon angeklungen ist, das ist das Potenzial, das im Management des Wirtschaftsdüngers steckt. Knapp ein Sechstel der Emissionen aus der Landwirtschaft könnte kompensiert werden, wenn man den kompletten Wirtschaftsdünger, also Gülle und Mist, eben nicht austrägt, sondern in Biogasanlagen vergärt.

(Vereinzelter Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das ist eine Summe - nur um einmal die Dimension aufzuzeigen -, die dem Einsparvolumen für den

(Lars Harms)

Zeitraum 2008 bis 2012 entspricht, den Reduktionsverpflichtungen der deutschen Industrie nach dem Kyoto-Protokoll. Ich nenne das, um einmal die Größenordnung aufzuzeigen. Das heißt, das ist immens und wir müssen dort neue Wege gehen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aufpassen, die CDU dahinten!)

Denn eines haben wir gesehen, wir kommen ursprünglich von einer Gülleverwertung in der Biogaserzeugung und sind immer mehr in den Bereich -

(Unruhe - Glocke der Präsidentin)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich weiß, der Hunger macht unruhig. Aber Sie haben es bald geschafft. Ich bitte doch, dem Minister etwas mehr Aufmerksamkeit zu schenken.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir sind immer mehr in den Bereich der Maisverwertung gegangen, mit all den Folgeproblemen. Die entscheidende Frage ist also, welche Weichenstellungen wir haben - das sind in der Regel Weichenstellungen des Bundes -, dass wir wieder zu einem stärkeren Gülleeinsatz in diesem Bereich kommen. Das hätte mehrere positive Auswirkungen. Das heißt, hier stecken wir mitten in der Debatte mit Bundesumweltminister Gabriel, bei den Stellschrauben für den Klimaschutz zu drehen, damit es Anreize gibt, dass Landwirtschaft in dem Bereich der Biogaserzeugung wieder mehr produziert. Das wäre sicherlich ein wesentlicher Beitrag.

Lassen Sie mich auch sagen, dass die Landwirtschaft, dass wir alle an der Stelle mit der Landwirtschaft Hauptbetroffene des Klimawandels sein werden. Die Rolle, die der Landwirtschaft gerade in Schleswig-Holstein im Rahmen des Klimawandels zukommen wird, ist nicht zu vernachlässigen. Denn viele Gegenden auf der Welt, die im Augenblick produzieren, werden nicht mehr produzieren können. Im Mittelmeerraum wird es zu einem Wüstenklima kommen, die Gegenden im südlichen Europa, die im Moment landwirtschaftlich produzieren, bekommen ein Steppenklima. Die landwirtschaftliche Produktion wird sich damit auf deutlich weniger Fläche begrenzen, als das früher der Fall war. Das heißt, wir, mit einer dann immer noch privilegierten Lage, werden die Nahrungsmittelsicherheit und die

Nahrungsmitteldeckung für weitmehr Teile der Welt tragen müssen, als wir das bisher getan haben. Das bedeutet, dass Landwirtschaft hier wieder eine ganze andere Bedeutung zukommen wird, als das in Zeiten der Flächenstilllegung und der Produktionsstilllegung in den vergangenen Jahren der Fall gewesen ist.

(Beifall des Abgeordneten Jürgen Feddersen [CDU])

Das heißt, hier wird sich sehr viel umstrukturieren. Meine ganz herzliche Bitte ist deshalb: Versuchen Sie nicht, in diesem Zusammenhang wieder die alte Front zwischen Ökolandbau und konventionellem Landbau aufzubauen. Ich war gerade gestern - darüber ist in der Zeitung berichtet worden - bei einem sehr interessanten Seminar der Christian-AlbrechtsUniversität zur Landtechnik. Es wird darum gehen, auch den konventionellen Landbau so zu gestalten, dass alle Verfahrensweisen klimafreundlich und ökologisch sein werden. Darum geht es.

(Beifall)

Es geht nicht darum, Gegensätze aufzumachen, sondern es wird darum gehen, Verfahren und Know-how zu nutzen, um in Landbaumethoden, in Düngung und all diesen Fragen ökologischer zu werden, und zwar auf der Fläche.

(Beifall beim SSW)

Aber wir werden immer noch intensiv produzieren müssen.

Ich möchte noch einen kleinen, vielleicht amüsanten Beitrag zu den Kühen leisten. Im Augenblick ist der Zusammenhang so: Je mehr Kühe, desto mehr Methan gibt es. Das ist im Augenblick ganz einfach. Wenn ich eine bestimmte Milchleistung erzielen möchte, brauche ich bei einer intensiven Milchtierhaltung natürlich weniger Kühe, als ich bei einer extensiven Haltung brauche. Insofern ist die Rechnung im Augenblick ganz einfach und sie ist richtig: Weniger Kühe erzeugen weniger Methan. Ich gehe davon aus, dass sie die gleiche Milchleistung behalten.

Das alles sind jetzt ganz amüsante Rechnungen, aber ich glaube, um die wird es am Ende nicht allein gehen. Der Weg ist aufgezeigt. Wir haben da noch einiges an gemeinsamer Debatte vor uns, aber ich freue mich, dass das bisher sehr konstruktiv gewesen ist.

(Beifall im ganzen Haus)

(Minister Dr. Christian von Boetticher)

Ich danke dem Herrn Minister. Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Beratung. Es ist beantragt worden, den Antrag Drucksache 16/1422 dem Umwelt- und Agrarausschuss zu überweisen. Wer so abstimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das ist einstimmig so beschlossen worden.

Ich unterbreche die Sitzung, wir gehen in die Mittagspause und treffen uns um 15 Uhr hier im Plenarsaal wieder.

(Unterbrechung: 13:08 bis 15:02 Uhr)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir treten wieder in die Sitzung ein. Ich begrüße auf der Tribüne Mitglieder der Senioren-Union aus Schleswig

(Beifall)

sowie Vertreter der Minderheitensprachen. - Seien Sie uns alle herzlich willkommen!

(Beifall)

Selbstverständlich begrüße ich auch die Beauftragte des Ministerpräsidenten für Minderheiten und Kultur, Frau Caroline Schwarz. - Herzlich willkommen!

(Beifall)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 18 auf:

Umsetzung der Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen in SchleswigHolstein - Sprachenchartabericht 2007