lichen Steuereinnahmen bezüglich großer Konzerne verzichten will. Denn die wirtschaftliche Lage und die Konjunkturaussichten sind so gut wie seit dem Jahr 2000 nicht mehr.
Es ist also nicht einzusehen, warum den Unternehmen weitere Steuergeschenke auf Kosten der öffentlichen Hand gemacht werden sollen. Wir fordern daher eine aufkommensneutrale Unternehmensteuerreform, die nicht zur Belastung der öffentlichen Haushalte führt. Das heißt, wenn man die Steuersätze auf das internationale Niveau senken will, was durchaus vernünftig sein kann, dann muss man gleichzeitig die Abschreibungsmöglichkeiten der Unternehmen, die in Deutschland erwiesenermaßen sehr weit gefasst sind, so einschränken, dass es netto nicht zu Steuermindereinnahmen kommt.
Dies ist nach den bisherigen Informationen nicht der Fall. Es gibt sogar Anzeichen, dass der Mittelstand bei der angedachten Reform wieder einmal benachteiligt wird. Dies sehen auch Kritiker und Steuerexperten so, zum Beispiel auch Professor Lorenz Jarass, der von 1998 bis 2000 Mitglied der Kommission zur Reform der Unternehmensbesteuerung war. Jarass bezeichnete in der „Frankfurter Rundschau“ die aktuellen Pläne für die Unternehmensteuerreform als unsozial und vertritt die Auffassung, dass dadurch das Steuerrecht noch komplizierter wird, als es heute schon ist. Seiner Ansicht nach führt die Reform zu massiven Steuerausfällen, und zwar zu höheren Steuerausfällen, als sie der Bundesfinanzminister erwartet. Dabei werden die bestehenden strukturellen Probleme, nämlich die steuerliche Subventionierung des Arbeitsplatzexports und die Zerschlagung inländischer Firmen überhaupt nicht angegangen.
Im Rahmen der Aktuellen Stunde sprach ich schon an, dass der theoretische Steuersatz in der Bundesrepublik für Unternehmen bei rund 39 % liegt. Aber nach Berechnungen der EU haben wir es faktisch nur mit einem Steuersatz von rund 20 % zu tun, weil es eben so viele Abschreibungsmöglichkeiten gibt. Mit der realen Steuerlast ist Deutschland also sehr wettbewerbsfähig, was übrigens auch der steigende Export jedes Jahr wieder beweist.
Es ist zwar löblich, dass Herr Steinbrück jetzt Steuerschlupflöcher schließen will, aber von der Senkung der Körperschaftsteuer von 25 % auf 15 % und der weiteren Ungleichbehandlung von Personen- und Kapitalgesellschaften profitieren nur die großen Konzerne.
Lieber Kollege Kayenburg, wir fordern eine ausgabenneutrale Unternehmensteuerreform und erwarten von der Landesregierung, dass sie im Bundesrat gegen diese Reform stimmt, sollte es so nicht kommen.
Frau Präsidentin! Sehr verehrte Damen und Herren! Die Antragstellerin hat es ja schon gesagt: Wir haben über das Thema Unternehmensteuerreform erst vor sehr kurzer Zeit gesprochen und debattiert. So viel ist in der Zwischenzeit auch nicht passiert, sodass man sich natürlich in vielen Dingen auf das beziehen kann, was vor sechs Wochen schon gesagt worden ist. Ich verweise da auf das Protokoll. Eine Sache würde mich in der Tat interessieren, Frau Kollegin Spoorendonk: Sie wissen, womit ich beruflich beschäftigt bin?
Aber Sie müssen über ein fundamentales Wissen verfügen, das sich mir bisher nicht erschlossen hat, das sind diese unglaublichen Abschreibungsmöglichkeiten, die es geben soll. Ich muss Ihnen - damit wir heute auf der gleichen Grundlage diskutieren - sagen, dass sich die Abschreibungsmöglichkeiten, die Sie heute noch in Ihren Debattenbeiträgen erwähnt haben, seit Anfang 2000, genauer 2001, aber auch schon in den 90er-Jahren nicht mehr im Steuergesetz befinden.
Sie sind schon einmal gestrichen worden und wir können sie nicht mehr als einmal streichen. Wir müssen mit den Märchen aufhören, in denen Unternehmen oder auch Privatpersonen in ihren Einkunftsbereichen große Verluste produzieren können und dieses auch nur, wenn sie einen guten Steuerberater haben, um dann sozusagen zulasten der Allgemeinheit etwas zu tun, was die öffentlichen Haushalte benachteiligt.
Meine Damen und Herren, ich habe Ihnen schon gesagt, dass vieles schon gesagt worden ist, auch von mir. Deswegen werde ich mich heute nur auf einige wenige Aussagen beschränken.
Die erste Aussage: Die Unternehmensteuerreform ist notwendig. Das wird offenbar auch von der Antragstellerin gar nicht bestritten. Sie ist notwendig, weil wir uns im Wettbewerb der Standorte befinden, immerhin und mindestens im europäischen Bereich. Ein Wettbewerbsfaktor ist dabei auch das Steuerrecht selbst. Kollege Kubicki hat einige kritische Dinge zur Steuerreform angemerkt, die ich durchaus in dem einen oder anderen Punkt teilen kann. Deswegen sage ich, dass die Reform wichtig ist. Allerdings stellt sie nicht das Ergebnis, sondern nur das Etappenziel auf dem Weg des Umbaus in ein Steuersystem dar, das Voraussetzungen erfüllen muss, um wettbewerbsfähig zu sein. Dieser Umbauprozess ist bereits in den 90er-Jahren begonnen und im Jahr 2001 in seiner ersten Stufe vollendet worden.
Ich möchte noch einmal einen Blick zurück auf die Aktuelle Stunde richten. Es ist nicht so gewesen, dass die Steuerreform 2001 ein Misserfolg war. Die Mindereinnahmen, die es in den öffentlichen Haushalten gab, hatten andere Ursachen, die wir im Bereich der Konjunktur, der Weltkonjunktur und der Weltbörsen zu suchen haben und die uns auch im Bereich der öffentlichen Haushalte vor Probleme gestellt haben. 2001 war ein wesentlicher Bereich die Absenkung der Steuersätze, die Verbreiterung der Bemessungsgrundlage und - für Kapitalgesellschaften - das Begünstigen von Unternehmensgewinnen, die im Unternehmen verbleiben und nicht ausgeschüttet werden.
Ein wesentlicher Bereich der neuen Steuerreform, der zweiten Stufe, die wir heute umsetzen, ist das Einbeziehen der Personengesellschaften und Einzelunternehmen in diesen steuerlichen Vorteil. Es wird zwischen den Gewinnen differenziert, die man herausnimmt - die sind teuer - und den Gewinnen, die im Unternehmen bleiben - die sind günstig, und zwar so günstig wie bei den Kapitalgesellschaften. Wesentliches Ziel dieser Unternehmensteuerreform ist, 80 % unserer Unternehmen in Deutschland Einzelunternehmen und Personengesellschaften so zu besteuern, wie es bei den Kapitalgesellschaften seit 2001 der Fall ist.
Ein Verzicht auf diese Reform würde bedeuten, dass wir das Steueraufkommen nicht auf dem heutigen Stand sichern, sondern dass wir à la longue Steueraufkommen verlieren würden. Stillstand ist Rückschritt, auch in der Finanzpolitik. Das wollen wir nicht.
CDU-Politik und SPD-Politik in der Finanzpolitik bedeuten Fortschritt und deshalb sind wir für die Unternehmensteuerreform.
Wir brauchen auch Zukunft und Perspektive. Wir brauchen Impulse für die Konjunktur dort, wo wir sie politisch gestalten können. Wir brauchen Wachstum, denn mit dem Wachstum von heute und morgen werden wir die Schulden von gestern und vorgestern bezahlen müssen. Das ist die Perspektive, nicht nur für unser Land, sondern auch für die zukünftige Generation.
Obwohl ich schon beim letzten Mal so viel gesagt habe und dachte, ich könnte mich beschränken, sehe ich mit Entsetzen, dass meine Redezeit schon abgelaufen ist. Ich bin mir sicher, dass wir auf der Grundlage irgendwelcher Anträge das Thema Unternehmensteuerreform noch mehrfach behandeln werden. Ich bin gut vorbereitet. Zwei Drittel meines Redetextes werde ich erst einmal archivieren und zu gegebener Zeit wieder herausholen.
Ich danke Herrn Abgeordneten Frank Sauter und erteile das Wort für die SPD-Fraktion Frau Abgeordneter Birgit Herdejürgen.
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Da sich in der inhaltlichen Bewertung seit der letzten Tagung in diesem Haus vermutlich nichts verändert hat, wäre ich dankbar gewesen, wenn wir aus arbeitsökonomischen Gründen auf zumindest eine der Befassungen hätten verzichten können.
Tatsächlich bleibt mir angesichts des jetzt vorliegenden Antrages des SSW zur Unternehmensteuerreform tatsächlich nur, die Punkte und Positionen zu wiederholen, die schon Ende März Gegenstand der Debatte waren. Ein kurzes Zitat an dieser Stelle:
„Der Bund wird unterstützt, die Unternehmensbesteuerung so zu reformieren, dass für die Besteuerung im europäischen Raum eine vergleichbare Bemessungsgrundlage entsteht. Eine Senkung von Unternehmensteuer
sätzen im Interesse der Wettbewerbsfähigkeit und zugunsten der kleinen und mittleren Unternehmen kann es nur geben, wenn diese Einnahmeausfälle durch die Schließung von Steuerschlupflöchern mindestens kompensiert werden.“
Das ist die Formulierung in unserem Koalitionsvertrag und es gibt aus Sicht der SPD-Landtagsfraktion keinen Anlass, davon abzuweichen.
Wir unterstützen im Grundsatz eine Unternehmensteuerreform, die zu einer noch besseren Positionierung Deutschlands im internationalen Steuervergleich führt. Wir wollen eine Stabilisierung der Gewerbesteuereinnahmen erreichen und Spielräume reduzieren, sich der Gewinnbesteuerung zu entziehen. Wir haben allerdings gestern sehr deutlich gemacht - die Kollegin Heinold hatte ihren Redetext offenbar fertig, bevor unser Fraktionsvorsitzender geredet hat -, dass die nachhaltige Konsolidierung des Landeshaushalts nach wie vor oberste Priorität hat. Dies ist nur zu erreichen, wenn wir uns sowohl auf der Ausgaben- wie auf der Einnahmenseite innerhalb der von uns selbst gesetzten, aber doch sehr eng gefassten Spielräume bewegen. Deswegen sagen wir Ja zur Reform und wir sagen Ja zur Aufkommensneutralität. Aber gerade dieser Begriff beinhaltet Interpretationsspielräume. Von welcher Basis gehen wir aus? Und vor allem: Über welchen Zeitraum sprechen wir?
Über die Verlässlichkeit von Prognosen habe ich bereits in der letzten Tagung gesprochen und es hat mich an dem Antrag des SSW ein wenig erstaunt: Wer glaubt, von jetzt auf gleich und punktgenau eine Reform mit so umfassenden Änderungen mit einem sicheren Ergebnis von plus/minus Null umsetzen zu können und dies zur Bedingung für die Zustimmung zu dem Gesetzespaket macht, verkennt die Komplexität des Vorhabens. Tatsächlich umfasst die Gegenfinanzierung der Reform, wie sie auf Bundesebene zwischen den Koalitionspartnern verabredet wurde, ein Maßnahmenpaket, das auf unterschiedlichen Komponenten basiert. Das zeitliche Zusammentreffen positiver und negativer Effekte lässt sich so präzise nicht voraussagen.
Es gibt innerhalb der Koalition noch Diskussionsbedarf zu einzelnen Punkten, in Berlin wie auch in Schleswig-Holstein. Das ist nicht erstaunlich. Es gibt auch Prüfbedarf, beispielsweise zu Vorannahmen, die dem Reformpaket zugrunde liegen. Auch werden wir natürlich genau hinsehen, wenn es darum geht, welche Gebietskörperschaft von welcher
Maßnahme profitiert. Hier ist von unterschiedlichen Effekten auf die Haushalte von Kommunen, Ländern und Bundesebene auszugehen.
Diese Gerechtigkeit ist gestern noch angesprochen worden, wenn es darum geht, Vertrauen in Politik darzustellen. Ich denke, das ist ein Punkt, wo wir alle gefordert sind, umfassende Reformen in der Bevölkerung deutlich und als notwendig darzustellen. Gerechtigkeit und Innovation, die Leistungsfähigkeit der Unternehmen und die Handlungsfähigkeit der öffentlichen Haushalte sind die entscheidenden Eckpunkte sozialdemokratischer Steuerund Finanzpolitik und das sind aus meiner Sicht keine Widersprüche. An ihnen muss sich die anstehende Unternehmensteuerreform orientieren. Dem Antrag des SSW in dieser Absolutheit und mit diesem Grad der etwas absurden zeitlichen Festlegung können wir allerdings nicht zustimmen.
Ich danke der Frau Abgeordneten Birgit Herdejürgen und erteile das Wort für die FDP-Fraktion dem Fraktionsvorsitzenden, Herrn Abgeordneten Wolfgang Kubicki.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin immer wieder dankbar, dass bei solchen Themen der fundamentale Sachverstand des Kollegen Sauter uns hier nahezu kostenlos zur Verfügung gestellt wird. Seine Mandanten müssen das sonst sehr teuer bezahlen.
Die Abgeordneten des SSW möchten eine aufkommensneutrale Steuerreform, weil der Staat ihrer Ansicht nach auf keinen Cent verzichten könne. Damit hat der SSW zweierlei mit uns gemeinsam: Wir meinen erstens, das deutsche Unternehmensteuerrecht muss dringend reformiert werden, und zweitens, dass die Große Koalition in Berlin sich davor schmählicht drücken will.
Bei einer repräsentativen weltweiten Umfrage unter internationalen Investoren über Steuersysteme erreichte das deutsche Steuersystem unter 104 betrachteten Staaten den Platz 104. Veteranen des Klassenkampfes wie der Kollege Neugebauer mögen das als Erfolg verbuchen, für Arbeitsplätze in Deutschland ist es aber ganz schlecht, denn Arbeitsplätze sind schon fast die letzten standortge