Die aktuelle Lage im linksextremistischen Bereich wird immer deutlicher durch die Vorbereitung von Protestaktionen gegen den G-8-Gipfel in Heiligendamm bestimmt. Mittlerweile wird bundesweit und auch international mobilisiert. Die überwiegende Anzahl der geplanten Aktionsformen ist zwar friedlich angelegt, durch verschiedene Erklärungen wird
Insgesamt wurden bundesweit bislang 17 Brandanschläge im Begründungszusammenhang mit dem G-8-Gipfel begangen; zwei davon in SchleswigHolstein. Mit Blick auf die Polizeibeamten, die dort eingesetzt werden, sage ich: Auch hier muss gelten, der Gewaltbereitschaft konsequent entgegenzuwirken. Das muss auch auf dieser Seite klar und deutlich ausgesprochen werden.
Nur vereinzelt finden auch Aktionen zu anderen Themenfeldern statt. So gab es in jüngster Zeit in verschiedenen Landesteilen eine Reihe von Solidaritätsaktionen im Zusammenhang mit dem Abriss Ungdomshuset, einem alternativ-autonomen Jugendzentrum in Kopenhagen.
Mit einem umfangreichen Aufgebot bereitet sich die Polizeidirektion Lübeck auf eine mögliche Konfrontation zwischen Links- und Rechtsextremisten am 31. März 2007 in der Hansestadt vor. Hintergrund sind zeitgleich stattfindende von den jeweiligen Lagern angemeldete Demonstrationen. Hierbei wird die Landespolizei von Einsatzkräften aus den Bundesländern Hamburg, Niedersachsen, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Hessen unterstützt. Ich erwähne das, weil es zu unseren föderalen Pflichten gehört, dass es zu einem Austausch zwischen den Länderpolizeien kommt. Es ist unzutreffend, wenn behauptet ist, wir würden die Einsatzhundertschaften in andere Länder schicken, um Geld zu verdienen. Ich glaube, dass Kooperationen im föderalen Austausch notwendig sind und dass wir froh sein sollten, dass die schleswig-holsteinische Polizei einen so guten Ruf hat. Unsere Polizei ist gut ausgebildet und wird ihrem Ruf gerecht.
Meine Damen und Herren, die intensivste Bedrohung für die innere Sicherheit geht nach wie vor vom islamistischen Terrorismus aus. Die gescheiterten Kofferbomben-Anschläge vom 31. Juli 2006 konkretisierten die bisher weitgehend abstrakte Zuordnung Deutschlands zu einem weltweiten Gefahrenraum. Neben den emotionalisierenden Dauerthemen Palästina, Irak und Afghanistan haben der Streit um die Mohammed-Karikaturen und der Militärschlag Israels gegen den Libanon im Jahr 2006 zwei weitere Anstöße gebracht, die Empörung der Muslime weltweit - mitunter auch manipulativ - zu schüren.
So hat der in Kiel festgenommene mutmaßliche Kofferbomben-Attentäter die Mohammed-Karikaturen als eines seiner Motive für die Tat benannt. Die bisher ausgewerteten Ermittlungsergebnisse im Zusammenhang mit diesen gescheiterten Anschlägen lassen es zweifelhaft erscheinen, dass die Verdächtigen zumindest in ihrem hiesigen Umfeld in ein terroristisches Netzwerk eingebunden waren. Ungeachtet dessen konzentrieren sich Verfassungsschutz und kriminalpolizeilicher Staatsschutz darauf, solche Strukturen aufzudecken.
Weitere Organisationen, die dem ausländischen Extremismus zuzurechnen sind, haben in SchleswigHolstein in der Vergangenheit keine herausragende Rolle gespielt. Im Jahr 2006 sind dem Kriminalpolizeilichen Staatsschutz 13 Straftaten - davon zwei Gewalttaten - bekannt geworden, die in den Bereich politisch motivierter Ausländerkriminalität gehören; im Jahr 2005 waren es insgesamt fünf Taten.
Meine Damen und Herren, die Lage erfordert eine unverändert hohe Wachsamkeit der Sicherheitsbehörden. Der aktuelle Entführungsfall von Deutschen im Irak und die damit einhergehenden Drohungen gegen Deutschland untermauern diese Forderung deutlich. Ich warne allerdings - das betone ich - vor einer Terrorhysterie.
Es ist wichtig, dass man weder dramatisiert noch verharmlost. Wir müssen unsere Sicherheitsmaßnahmen, die seit vielen Jahren auf einem hohen Niveau sind, fortführen. Das ständige Herumschwadronieren des einen oder anderen Sicherheitsexperten in den Medien halte ich für verantwortungslos.
Die Landesregierung hat die gesetzlichen Initiativen, die auf Bundesebene erforderlich waren, unterstützt. Wir haben entsprechende Veränderungen bei uns vorgenommen und die erforderliche personelle Verstärkung des Verfassungsschutzes im Zusammenhang mit der Anti-Terror-Datei erfolgt moderat.
Jedes Bundesland trägt mit seinen Aktivitäten im Kampf gegen Extremismus zugleich auch Verantwortung für die Sicherheitsarchitektur des gesamten Staates. Dies bitte ich in der Diskussion um die innere Sicherheit immer mit zu bedenken.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, alle Formen des politischen Extremismus verdienen die gesellschaftliche Ächtung. Der Staat ist der Garant dafür, dass die Menschen in unserem Land vor Ge
walttaten geschützt werden, und zwar unabhängig davon, aus welcher Motivlage heraus diese begangen werden. Sicherheit ist eine Kernaufgabe des Staates. Sie ist ein hohes öffentliches Gut.
Der Staat kann diesem Schutzauftrag nur nachkommen, wenn die Sicherheits- und Strafverfolgungsbehörden sowohl mit den erforderlichen rechtlichen Instrumenten als auch den personellen und logistischen Ressourcen ausgestatten sind. Die Behörden werden allerdings nur dann Erfolg haben, wenn die Gesellschaft Extremismus und Rassismus nicht toleriert, wenn wir also mit aller Kraft dagegen vorgehen und für Demokratie werben. Wir müssen den Menschen zeigen, dass Politik etwas bewirken kann.
Wichtig ist immer auch Augenmaß und Verhältnismäßigkeit. Denn wir möchten nicht die Freiheiten preisgeben, die wir verteidigen.
Ich danke dem Herrn Innenminister für seinen Bericht. Die angemeldete Redezeit wurde um 2:50 Minuten überschritten, sodass nun auch den Fraktionen zusätzliche Zeit zur Verfügung steht.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich begrüße mit Ihnen auf der Tribüne Mitglieder der Volkshochschule Krempe sowie Mitglieder des Gehörlosenverbandes Schleswig-Holstein. - Herzlich willkommen zu dieser Debatte!
Ich eröffne die Aussprache und erteile für die CDU-Fraktion der Frau Abgeordneten Herlich Marie Todsen-Reese das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zunächst möchte ich mich bei dem Innenminister sowie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aller beteiligten Ressorts für den umfassenden, sorgfältigen und sehr aufschlussreichen Bericht bedanken.
Der schriftliche Bericht wie auch Ihre Ausführungen, Herr Minister Dr. Stegner, heute hier im Parlament belegen eindrucksvoll, dass die Landesregierung Schleswig-Holstein die Bekämpfung von Extremismus und Fremdenfeindlichkeit einerseits und die Stärkung der Demokratie andererseits zu einem Schwerpunkt ihrer Arbeit gemacht hat.
Noch mehr als für diesen Bericht möchte ich für die vielfältigen Aktivitäten, Programme und Projekte danken, die im fruchtbaren Zusammenwirken zum Beispiel von Staatskanzlei, Ministerien, Polizei, Justiz, Schule, Kindertageseinrichtungen, Kirchen und Religionsgemeinschaften, Landeszentrale für politische Bildung, Sport, IQSH und einer Vielzahl von Verbänden entwickelt worden sind, um dieser Bedrohung unserer freiheitlichen Grundordnung durch Extremismus und Fremdenfeindlichkeit zu begegnen und entgegenzutreten. Vielen Dank all den Menschen in Ehrenamt und Hauptamt, die sich dieser wichtigen Aufgabe verschrieben haben!
Liebe Kolleginnen und Kollegen, so positiv der Aufbau dieses Netzwerkes zu bewerten ist, so erschütternd und bedrückend ist die Tatsache, dass all diese Anstrengungen überhaupt erforderlich sind, ja, dass wir sogar trotzdem eher eine Zunahme von Gewalt und Vorfällen mit insbesondere rechtsextremem Hintergrund zu verzeichnen haben. Ihr Bericht zur aktuellen Lage und Entwicklung, Herr Minister Dr. Stegner, belegt dieses bedauerlicherweise.
Heute sind wir in Schleswig-Holstein in der glücklichen Lage, dass Extremisten in unserem Landtag keinen Platz haben. Aber frühere Zeiten und Zustände in diesem Hause und die jetzigen Entwicklungen zeigen, dass wir leider noch immer und verstärkt hinreichenden Anlass und die Verpflichtung haben, allen Anfängen von extremistischen und fremdenfeindlichen Entwicklungen zu wehren.
In der Landtagsdebatte vom 30. Oktober 1992 hat unter anderem Dr. Peter Bendixen in klarer und unmissverständlicher Weise mit den damals im Landtag vertretenen DVU-Abgeordneten abgerechnet.
Der Landtag hat damals zu einer beeindruckenden Geschlossenheit im Kampf gegen den politischen Extremismus gefunden. Er hat damals Position bezogen gegen den neuen Rechtsextremismus. Alle demokratischen Fraktionen waren sich einig in der Ablehnung der Neonazis, und nicht zuletzt die Zurückstellung parteipolitischer Interessen hat zum Erfolg der demokratischen Kräfte geführt.
Unsere gemeinsame Aufgabe heute ist zu verhindern, dass solche geistigen Brandstifter wie damals die Abgeordneten der DVU, die inzwischen wohl in den Reihen der NPD wiederzufinden sind, erneut in den Schleswig-Holsteinischen Landtag oder in unsere kommunalen Parlamente gelangen. Unsere ge
meinsame Aufgabe heute ist, mit aller Kraft zu verhindern, dass wieder Menschen mit falschen Argumenten, mit falschen Verlockungen auf falsche Wege gelockt und politisch verführt werden.
Dieses Ziel verlangt aber auch, dass wir mit allen rechtsstaatlichen Mitteln konsequent und hart gegen Rechtsextremismus vorgehen. Bedauerlich dabei ist, dass uns nach wie vor die Handhabe für ein Verbot extremistischer Parteien, wie es die NPD ist, fehlt. Dieses gilt, obwohl wir wissen, dass die politischen Ziele der NPD mit der freiheitlich demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland in keiner Weise vereinbar sind, antisemitisch und fremdenfeindlich sind, das geistige Klima und den Boden für gewaltsame Übergriffe auf Ausländer und Minderheiten schaffen und Gewalttäter aktiv unterstützen.
Ich teile Ihre Auffassung, Herr Minister, dass wir wahrscheinlich mit Verboten der extremistischen Parteien nicht weiterkommen, aber bedauerlich ist es schon. Darum müssen wir insbesondere diese Partei - die NPD - neben allen rechts- und linksextremen Gruppierungen zumindest mit Mitteln des Verfassungsschutzes beobachten. Gerade die Zunahme von Gewaltdelikten aus dem rechten Spektrum muss uns nach wie vor mit Sorge erfüllen. Da, wo die Schwellen des strafrechtlich Relevanten überschritten werden, bedarf es einer konsequenten und vor allem zügigen Handlungsweise von Polizei und Justiz.
Neben dem Einsatz all dieser rechtsstaatlichen Mittel kommt aber dem vielfältigen Aufgaben- und Maßnahmenkatalog, insbesondere der Prävention, der Aufklärung und Wissensvermittlung, wie sie im Bericht ausführlich dargestellt werden, eine immer größere Bedeutung zu.
Beispielhaft erwähnen möchte ich die Schulen. Lehrerinnen und Lehrer können weit im Vorfeld extremistische Tendenzen erkennen und ihnen entgegenwirken, wobei ich nach wie vor, Frau Ministerin, Entwicklungsbedarf bei einer noch engeren Vernetzung zwischen Schule und Polizei sehe. Ich weiß, dass wir dort der präventiven Arbeit - insbesondere der Polizei - eine Menge zu verdanken haben und dass dort gute Arbeit geleistet wird, aber ich denke, sie kann noch intensiviert werden. Es passiert immer noch, dass auch an Schulen so getan wird, als ob es diese extremistischen Vorfälle nicht gäbe. Ich denke, das ist etwas, was es in Zukunft nicht mehr geben darf. Wir müssen uns vielmehr dazu bekennen, nur dann können wir die notwendi
Aber auch der Sport kann zur Vermeidung von Gewaltkriminalität einen besonderen Beitrag leisten. Sport ist nicht nur ein Mittel, mit überschüssigen Energien umzugehen und seinen Körper selbst kennenzulernen, sondern auch ein über die kulturellen Grenzen hinaus verbindendes Element. Das Projekt „Integration durch Sport“ des Deutschen Olympischen Sportbundes und seiner Mitgliedsverbände ist insoweit ein wichtiger Baustein, der ausgebaut werden sollte. Es gibt auch das Projekt „Sport gegen Gewalt“ hier bei uns in Schleswig-Holstein.
Ein weiterer besonders wichtiger Baustein zur Überwindung von Extremismus und Fremdenfeindlichkeit ist das gegenseitige Kennenlernen der Kulturen. Daher sind wir in der Extremismusbekämpfung auch auf die Mitwirkung der hier lebenden Ausländerinnen und Ausländer angewiesen, die ihren Beitrag zur Integration, zum gegenseitigen Kennenlernen durch das Miteinander-Leben leisten müssen.