Protocol of the Session on March 21, 2007

(Beifall beim SSW)

Herr Kollege, kommen Sie bitte zum Schluss.

Ja, ich komme zum Schluss. - Klimaschutzmaßnahmen spielen hier mittel- und langfristig eine mindestens ebenso große Rolle. Ein wirksames Zu

(Günther Hildebrand)

sammenwirken von Küstenschutz und Klimaschutz erfordert auch von einem Ministerpräsidenten von der Westküste Konzepte. Großzügigkeit allein ersetzt das nicht.

(Beifall bei FDP und SSW)

Ich danke Herrn Abgeordneten Günther Hildebrand. - Für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat nun der Herr Abgeordnete und Fraktionsvorsitzende Karl-Martin Hentschel das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Gemeinschaftsaufgabe ist Teil des Zukunftsprogramms Ländliche Räume. Wenn wir also heute darüber reden, dann reden wir im Grunde anhand des vorliegenden Berichts über die Bewertung dieses Programms. Unser Umweltminister wird neuerdings als Umwelt-Shooting-Star der CDU gehandelt. Da macht es Sinn, sich die Frage zu stellen: Setzt dieser Minister neue Impulse für die Entwicklung des ländlichen Raums und der Agrarund Umweltpolitik, die diesem Anspruch gerecht werden?

Wir können uns natürlich alle gemeinsam darüber freuen, dass wir viel Geld bekommen haben. Das hat aber wenig mit den Verdiensten der Landesregierung zu tun. Entscheidend ist, was mit diesem Geld angefangen wird.

Beginnen wir mit der integrierten ländlichen Entwicklung. Nichts an diesem Förderinstrumentarium ist neu. An keiner Stelle sind neue umweltpolitische Ansätze zu erkennen. Hier etwas Tourismus, dort etwas ländlicher Wegebau - wir haben das schon seit langem kritisiert. Das einzig Positive ist unverändert das alte Instrumentarium der Ländlichen Struktur- und Entwicklungsanalysen, wenn es vor Ort sinnvoll eingesetzt wird. Vom Ministerium kommen keine neuen Impulse. Bewertung: bestenfalls ausreichend.

Bei der Agrarinvestitionsförderung sieht es schlechter aus. Unter grünen Ministern wurde die Investitionsförderung strikt an Kriterien gebunden. Die geförderten Ställe mussten ökologischen Kriterien und Tierschutzkriterien genügen. Das ist einfach abgeschafft worden. Umwelt- und tierschutzpolitisch ist das ein Rückschritt. Bewertung: ungenügend.

(Beifall des Abgeordneten Detlef Matthies- sen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Nun zur Förderung der ökologischen Landwirtschaft. Anders als mein FDP-Kollege stelle ich fest, dass das vorliegende Programm de facto bedeutet, dass die ökologische Landwirtschaft für die kommenden Jahre auf dem bestehenden Niveau eingefroren wird. Andere Bundesländer wie Mecklenburg-Vorpommern investieren angesichts des Ökobooms massiv in die Förderung der ökologischen Landwirtschaft. Unser Minister verbeugt sich dagegen in Demut vor dem Bauernverband, in dem immer noch konventionelle Bauern vorherrschen. Herr Minister, Sie lassen die engagierten Ökobauern im Regen stehen. So verschläft Schleswig-Holsteins Landwirtschaft den Trend. Bewertung: ungenügend.

Zur Forstwirtschaft: Auch hier gibt es eine Wende weg von der Ökologie. Wurden unter grünen Ministern noch alle Wälder nach dem weltweit von allen Umweltverbänden anerkannten FSC-Siegel bewirtschaftet, so ist das heute vorbei. Wie können wir von Brasilien und Russland fordern, dass sie endlich ihre Wälder zertifizieren lassen und mit der Zerstörung ihrer Wälder aufhören, wenn wir mit unseren eigenen Staatswäldern ohne fachliche Begründung aus dem anerkannten System des Siegels aussteigen? Bewertung: mangelhaft.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Last, not least der Küstenschutz: Hier waren die Mittel im ursprünglichen Entwurf des Zukunftsprogramms drastisch gekürzt worden.

(Detlef Matthiessen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ist es!)

Nun werden sie wieder leicht angehoben - vielleicht aufgrund der Orkanreise des Ministerpräsidenten nach Sylt. Ein Konzept aber, wie auf den zukünftigen Anstieg des Meeresspiegels und die härteren Winterstürme reagiert werden soll, gibt es nicht. Stattdessen wird unverdrossen hilflos Sand aufgeschüttet. Bewertung: mit etwas Großzügigkeit noch knapp ausreichend.

Meine Damen und Herren, was der Umweltminister in seinem Zukunftsprogramm und dessen Konkretisierung vorgelegt hat, ist keine vorausschauende Umwelt- und Klimapolitik. Herrn von Boettichers Politik ist weiterhin von den bekannten politischen Versatzstücken aus CDU-Wahlkampfprogrammen bestimmt. Diese Politik wird im besten Fall alles beim Alten belassen. Aber in vielen Fällen ist sie von einem falsch verstandenem Feindbild gegen alles geprägt, was mit Naturschutz und Umweltpolitik zu tun hat.

(Günther Hildebrand)

Herr Minister, so werden Sie kein Umwelt-Shooting-Star - höchstens in einer Elmshorner Schützengilde.

(Unruhe und Zurufe)

Ihre Politik bewirkt das Gegenteil. Sie zerstört bereits erreichte Standards, entmutigt die vielen ehrenamtlichen Engagierten und verschläft Zukunftschancen wie den Ökolandbau.

Es wird Zeit, dass wir endlich wieder einen richtigen Umweltminister bekommen. Das schöne Schleswig-Holstein hätte es verdient.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich danke Herrn Abgeordneten Karl-Martin Hentschel. - Das Wort für den SSW im Landtag hat Herr Abgeordneter Lars Harms.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Rahmenplan des Bundes sieht vor, für alle Bundesländer ein Mittelvolumen von 615 Millionen € zur Verfügung zu stellen. Auf SchleswigHolstein entfällt hiervon ein Anteil in Höhe von 6 %. Dies entspricht etwa 37 Millionen €. Es ist erfreulich, dass der Bericht deutlich macht, dass diese Mittel durch die entsprechende Kofinanzierung des Landes vollständig in Anspruch genommen werden können. Damit steht dem Land ein Gesamtvolumen von 58,5 Millionen € für Agrarstruktur- und Küstenschutzmaßnahmen zur Verfügung.

Ein Vergleich mit dem GAK-Bericht der Landesregierung vom letzten Jahr macht deutlich, dass die Landesregierung ihre Prioritäten neu gesetzt hat. Demnach gibt es für den Küstenschutz ein Plus von 4,2 %. Dies ist eine Erhöhung von rund 1,1 Millionen € der GAK-Mittel. Damit ist der Küstenschutz die größte Einzelmaßnahme im Bereich der Förderkulisse. Zum Küstenschutz hat sich das Land Schleswig-Holstein glücklicherweise immer bekannt.

Daher war es natürlich erfreulich, dass die Landesregierung - auch durch Einwirken des SSW - von den Einsparungen beim Küstenschutz im Doppelhaushalt 2007/2008 wieder abgerückt ist und diesen Ansatz sogar erhöht hat. Der Generalplan „Küstenschutz“ macht deutlich, welche Maßnahmen für die Sicherung der Menschen notwendig sind. Diese Maßnahmen kann man nicht einfach verschieben, um so die Landeskasse zu sanieren. Das hat auch die Landesregierung erkannt und das begrüßen wir natürlich.

(Beifall beim SSW)

Inwieweit die Maßnahmen im Generalplan noch standhalten, ist angesichts des Klimawandels fraglich. Mit dem Anstieg des Meeresspiegels und häufiger aufkommender Sturmfluten wächst auch der Druck auf die Deiche. Dies lässt sich nur kompensieren, wenn die Deiche entsprechend verstärkt und erhöht werden. Aus diesem Grund hat der nordfriesische Kreistag letzte Woche einstimmig beschlossen, die Deiche an der nordfriesischen Küste von Experten daraufhin untersuchen zu lassen, ob sie den erhöhten Belastungen standhalten können.

Es wird aber auch deutlich, dass der Generalplan nicht alles vorsehen kann. So hat der Orkan „Kyrill“ die Hörnum Odde auf Sylt schwer geschädigt. Ministerpräsident Carstensen hat kurzfristig und unbürokratisch finanzielle Hilfe für Sylt zugesagt.

(Beifall bei CDU - Dr. Heiner Garg [FDP]: Jetzt muss er sie nur noch einhalten!)

Dafür möchte ich mich nochmals auch ganz besonders bei Herrn Carstensen bedanken.

(Beifall bei der CDU)

Aber nun gilt es, die Zusagen einzuhalten, und ich hoffe, dass der Bund mit weiteren Mitteln einspringen wird, damit Schleswig-Holstein nicht nur allein für die Schäden auf Sylt aufkommen muss. Es bestehen schließlich auch noch Probleme in der Godelniederung auf Föhr und auch an vielen anderen Stellen.

Eine Möglichkeit, wie das Land seine Mittel für den Küstenschutz weiter verbessern kann, ist zum Beispiel ein Verzicht von Ausgleichsmaßnahmen bei Küstenschutzmaßnahmen. Die Antwort der Landesregierung auf meine Kleine Anfrage hat deutlich gemacht, dass allein in den Jahren 2000 bis 2006 für den Küstenschutz über 4 Millionen € für Ausgleichsund Ersatzmaßnahmen ausgegeben werden mussten. Dies sind Mittel des Küstenschutzes und dort müssen sie verwendet werden. Denn der Schutz der Menschen und der Natur hinter den Deichen ist ein Ziel an sich und darf nicht als Zerstörung von Natur gesehen werden, die einen Ausgleich erfordert. Deshalb fordere ich Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von den regierungstragenden Fraktionen und von der Landesregierung nochmals auf, das Landesnaturschutzgesetz entsprechend zu ändern, wie wir es kürzlich vorgeschlagen haben.

Abschließend möchte ich noch einen Punkt aufgreifen, der deutlich macht, dass die bundesweite Verteilung der GAK-Mittel aus Sicht des SSW zuungunsten Schleswig-Holsteins und somit zuungun

(Karl-Martin Hentschel)

sten unseres ländlichen Raumes durchgeführt wird. Wenn man bedenkt, dass Schleswig-Holstein aus der GAK einen Anteil von rund 6 % bekommt und wir in Schleswig-Holstein davon rund 42 % für die nationale Aufgabe Küstenschutz verwenden, können wir schlussfolgern, dass die übrigen Bundesländer, die keine Ausgaben für den Küstenschutz tätigen müssen, ihre Mittel aus der GAK allein für den ländlichen Raum verwenden können. Dadurch kommt es zu einer Ungleichverteilung zwischen den Ländern.

Angesichts der Tatsache, dass die Aufwendungen für Küstenschutzmaßnahmen in den kommenden Jahren und Jahrzehnten steigen werden, muss die Bundesregierung die Küstenländer stärker berücksichtigen. Hier muss der Bund seine Verantwortung gegenüber den Küstenländern wahrnehmen. Das muss meiner Meinung nach unser gemeinsames Bestreben sein, wenn es darum geht, GAK-Mittel nach Schleswig-Holstein zu holen.

(Beifall beim SSW und des Abgeordneten Dr. Heiner Garg [FDP])

Ich danke Herrn Abgeordneten Lars Harms. - Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung. Aus Sicht des Präsidiums ist kein Antrag gestellt worden. Dann ist der Tagesordnungspunkt erledigt.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 32 auf:

Umsetzung der EU-Chemikalien-Verordnung (REACH) in Schleswig-Holstein

Bericht der Landesregierung Drucksache 16/1285

Ich erteile dem Minister für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume, Herrn Dr. Christian von Boetticher, das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! REACH - wieder einmal erreicht uns eine Abkürzung aus Brüssel - steht für die Verordnung zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung von chemischen Stoffen. REACH ist eigentlich in deutsche Ratspräsidentschaften eingerahmt. Es wurde unter deutscher Ratspräsidentschaft 1999 auf den Weg gebracht und ist kurz vor der jetzigen deutschen Ratspräsidentschaft 2007 abgeschlossen worden. Fünf Jahre durfte ich im Euro

päischen Parlament selbst an dieser Debatte teilhaben. Ich kann Ihnen sagen, dass es ein mühseliger Prozess war. Die Kommission hat die Verordnung mehrfach zurückgezogen. Jetzt endlich ist sie auf den Weg gebracht worden. Ich glaube, dass insgesamt ein großer Schritt getan worden ist.

Die bisherige EU-Gesetzgebung war ein Flickenteppich aus vielen Richtlinien und Regulierungen. Nachdem Anfang der 80er-Jahre für sogenannte Neustoffe ein Anmeldeverfahren eingeführt worden ist und gleichzeitig die rund 100.000 Altstoffe das sind Stoffe, die vor September 1981 auf dem Markt gewesen sind - von weiteren Prüfpflichten hinsichtlich gefährlicher Eigenschaften freigestellt wurden, ergab sich im Laufe der Jahre eine bizarre Situation. Während für die Neustoffe hervorragende sicherheitstechnische und toxikologische Daten vorhanden waren, die eine hohe Sicherheit für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, Verbraucherinnen und Verbraucher und die Umwelt gewährleisteten, war dies für Altstoffe überwiegend nicht der Fall.

Das Verhältnis von Altstoffen zu Neustoffen lag nach knapp 25 Jahren Anmeldepflicht anteilmäßig bei 97:3 und mengenmäßig bei 99:1. Im Klartext heißt das, dass auf 1 t gut untersuchter Neustoffe 99 t Altstoffe kamen, über deren Gefährdungspotenzial nur wenig bekannt war.