Schleswig-Holstein wird es mit seiner Themenbreite und regionalen Vielfalt zukünftig schwerer haben, die Öffentlichkeit zu erreichen. Da richten auch zwei Kieler NDR-„Tatorte“ im Jahr nur wenig aus. Kleine regionale Anbieter haben keine Chance. Sie sind in der Regel finanzschwache Anbieter. Sie werden dann bei der Vergabe der begehrten und profitablen Sendefrequenzen das Nachsehen haben. Die großen Konzerne werden die Lizenzen unter
sich vergeben. Daran wird, wie ich denke, kein Weg vorbeigehen. Dieses Kartell hat noch nichts mit den von den Grünen prognostizierten Berlusconi-Verhältnissen zu tun, weil wir es noch nicht mit nur einem Anbieter zu tun haben. Das ist übrigens nicht der Verdienst der Politik, sondern einzig und allein des Kartellamtes.
In Konzernzentralen zählt vor allem der Profit, der auch auf dem Rücken der Beschäftigten erwirtschaftet wird, wie die aktuellen Vorgänge bei Springer zeigen, wo sich neuerdings freie Mitarbeiter verpflichten sollen, auf Zweitverwertungsrechte zu verzichten. Angst um Einkommen und Arbeitsplätze sind schlechte Ratgeber für eine unabhängige und kritische Berichterstattung. Auf den Medienvertrag bezogen heißt das Folgendes. Die Vorlage verzeichnet unter dem Stichwort „Alternativen“, dass bei der Beibehaltung des Status quo Chancen des Medienstandortes Hamburg/Schleswig-Holstein nicht genutzt würden. Ich würde es so konkretisieren: Bei der Beibehaltung des Status quo würden die Chancen der Hamburger Konzerne nicht genutzt.
Nun zu dem zweiten Punkt, den ich ansprechen möchte, zur Qualitätssicherung. Die Einleitung eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens durch die ULR gegenüber dem Privatanbieter NOA 4 aus Norderstedt wegen einer Reportage, die nichts als Werbung war, zeigt, wie notwendig ein engmaschiges Kontrollnetz einer starken Anstalt ist. Ein solches ist aber im neuen Vertrag nicht gewollt.
Den Vorwurf der Rumpfanstalt hält der SSW also trotz der Nachbesserung weiterhin aufrecht, denn die Kompetenz der neuen Anstalt bleibt kleiner als die der bestehenden. Es ist ein eindeutiger Rückschritt, der heute beschlossen wird. Auch wenn Medienkompetenz und Medienpädagogik, die in Zeiten jüngerer Mediennutzer aktueller denn je sind, in der neuen Anstalt ihren Platz finden, ist in Sachen Minderheitenschutz und der Verankerung journalistischer Grundsätze nicht viel erreicht worden. Die Anstalt hat überwiegend technische Aufgaben zu erledigen, wie uns § 38 aufklärt, und das ist zu wenig.
Eine letzte Bemerkung zu den Offenen Kanälen, die im letzten Medienstaatsvertrag mit ein paar Worten abgetan werden; denn garantiert werden letztendlich nur die Standorte Kiel, Lübeck und Flensburg. Tatsächlich ist keine Form der Bürgerbeteiligung im neuen Medienstaatsvertrag vorgesehen. Bürger dürfen auf eigene Kosten im Internet eine Öffentlichkeit herstellen; der Staat verabschiedet sich aber aus der Förderung der Gegenöffentlichkeit in Fernsehen und Hörfunk.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gestatten Sie mir - weil bei einigen Rednern offensichtlich noch Unklarheiten bestehen noch einmal zwei hauptsächliche Ziele zu nennen, die die Landesregierungen von Schleswig-Holstein und Hamburg veranlasst haben, den Medienstaatsvertrag zu schließen.
Erstens. Die Fusion der Medienanstalten stärkt den Medienstandort Schleswig-Holstein/Hamburg, weil bisher kein Ansprechpartner für die Branche zur Verfügung stand, der über die Ländergrenzen hinweg einheitliches Medienrecht anwenden konnte.
Zweitens. Es entsteht größere Effizienz bei der Verwendung der Rundfunkgebührenmittel und wir gewinnen dadurch finanzielle Spielräume in Millionenhöhe für mehr Filmförderung und Standortmarketing im Norden.
Über den Staatsvertrag ist lange diskutiert worden. Es ging am Ende um folgende wesentliche Fragen: um den Aufgabenkatalog, um ihre finanzielle Ausstattung und um die Sicherung von speziellen Anliegen der Filmförderung in Schleswig-Holstein. Die Diskussionen haben im Ergebnis zu einer Fortentwicklung des Medienstaatsvertrags geführt. Wir erreichen dadurch eine schlagkräftige Medienanstalt und wir gewinnen neue finanzielle Spielräume und Chancen für die Filmwirtschaft, nach denen gerade in den letzten Wochen - auch auf der Berlinale, auf den Veranstaltungen von Schleswig-Holstein - gerufen wurde.
Durch den ergänzenden Staatsvertrag wird der Aufgabenkatalog der gemeinsamen Medienanstalt erweitert. Die Förderung der Medienkompetenz und der Medienpädagogik spielt dabei eine wichtige Rolle und es wird klargestellt, dass die Medienanstalt an der Förderung von Ausbildungseinrichtungen im Medienbereich und von neuartigen Übertragungstechniken beteiligt wird. Ferner wird die Medienforschung in den Aufgabenkatalog aufgenommen. Die Vergabe eines Gütesiegels für die Gebrauchstauglichkeit von Geräten kann fortgesetzt
werden, und - ganz wichtig, lieber Wolfgang Kubicki -: Zum Budget wird festgelegt, dass es rechtzeitig vor Ende des Jahres 2010 - also schon im vierten Jahr des Bestehens der Anstalt - überprüft wird. Diese Prüfung wird auf der Grundlage von Stellungnahmen der Anstalt vorgenommen. Die Parlamente werden beteiligt.
Unter Berücksichtigung von Synergieeffekten, die wir erwarten, und unter Einbeziehung von Verschlankungen bei der bundesweiten Medienaufsicht, die andere Länder zurzeit gemeinsam anstreben, und mit Blick auf die Entwicklung der Gebührenhöhe zum 1. Januar 2009 soll dann offen und transparent geprüft werden, ob die Finanzausstattung angemessen ist und ob Nachbesserungen erforderlich sind. Bis dahin wird die Medienanstalt sicher über 2,8 Millionen bis 2,9 Millionen € verfügen. Aus Hamburg stehen einmalig weitere 700.000 € Rücklagemittel zur Verfügung. Der Landesrechnungshof hat mir und den Fraktionen in einem Brief aktuell mitgeteilt, dass dieses Budget angemessen ist und sicher keine Armut auslöst.
Schleswig-Holstein hat als Filmland einen guten Namen und ein unverwechselbares Profil und das soll auch so bleiben. Bei der Fusion der Filmförderung haben wir entsprechend darauf geachtet, dass Landesinteressen nicht zu kurz kommen. Grundlage der Firma Filmförderung Hamburg/ Schleswig-Holstein GmbH mit Sitz in Hamburg wird ein Gesellschaftsvertrag sein. Im Aufsichtsrat der GmbH wird die Vertretung Schleswig-Holsteins angemessen berücksichtigt. Schleswig-Holstein wird den stellvertretenden Geschäftsführer der Filmförderung stellen. Er wird Prokura für die allgemeinen Rechtsangelegenheiten haben und damit über das ganze Aufgabenspektrum der GmbH hinweg zuständig sein und zusätzlich das wichtige Ressort Standortmarketing verantworten.
Für die Filmförderung in Hamburg und SchleswigHolstein haben wir künftig 10 Millionen € zur Verfügung, die ein Vielfaches der MSH-Mittel bedeuten. Über den Aufsichtsrat und die Gesellschafterversammlung sowie über die Vergabegremien wirkt Schleswig-Holstein an der Verwendung der Fördergelder mit. Fernsehproduktionen sind ausdrücklich ein Gegenstand der Förderung. Auch NDR und ZDF sind antragsberechtigt. Tatort aus Kiel, das Projekt TV Baltika, der Filmpreis Schleswig-Holstein und Dokumentationen für das Regionalprogramm des NDR werden im bisherigen Umfang weiter gefördert.
Ich bin sicher, die Fusion stärkt die norddeutsche Filmbranche und ich bin erfreut darüber, dass die Filmschaffenden das genauso sehen und sehr deut
Meine Damen und Herren, der Staatsvertrag tritt am 1. März 2007 in Kraft. Dann geht es an die konkrete Umsetzung. Doch zuvor bitte ich um Ihre Zustimmung, weil es sich für einen starken Medienstandort im Norden lohnt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie sind sonst eine kräftigere Rede von mir gewöhnt. Ich bitte um Entschuldigung, meine Stimmbänder sind nicht ganz in Ordnung. Aber irgendwann werde ich wieder eine Stimme haben, dass Sie das Gefühl haben, ich könnte bei den Regensburger Domspatzen mitsingen; das dauert nicht mehr lange.
Ich rufe zunächst den Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucksache 16/1220, zur Abstimmung auf, da die Landesregierung mit dem Antrag aufgefordert wird, neue Verhandlungen über den Medienstaatsvertrag zu führen. Es ist Abstimmung in der Sache beantragt worden. Wer dem Antrag, Drucksache 16/1220, zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! Stimmenthaltungen? - Damit ist der Antrag mit den Stimmen von CDU und SPD gegen die Stimmen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW abgelehnt.
Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Gesetzentwurf der Landesregierung zum Medienstaatsvertrag, Drucksache 16/820. Ich lasse über den Gesetzentwurf in der vom Ausschuss empfohlenen Fassung abstimmen. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Gesetzentwurf in der vom Ausschuss empfohlenen Fassung, Drucksache 16/1227 (neu), mit den Stimmen von CDU und SPD gegen die Stimmen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW angenommen worden.
Ich frage die Fraktionen, ob es nun beim Aufruf des Tagesordnungspunktes 4 bleiben soll. - Das ist so. Dann rufe ich Tagesordnungspunkt 4 auf:
Ich erteile zunächst dem Herrn Berichterstatter des Innen- und Rechtsausschusses, dem Herrn Abgeordneten Werner Kalinka, das Wort.
Herr Präsident! Auch mit diesem Thema hat sich der Innen- und Rechtsausschuss intensiv - nämlich in drei Sitzungen, zuletzt am 31. Januar - beschäftigt.
Mit den Stimmen der Fraktionen von CDU, SPD und FDP bei Enthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN empfiehlt er dem Landtag die unveränderte Annahme des Gesetzentwurfs.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Gibt es Wortmeldungen zum Bericht? - Das ist nicht der Fall. Dann eröffne ich die Aussprache. - Das Wort erhält Frau Abgeordnete Monika Schwalm für die Fraktion der CDU.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Die Vorbemerkungen, die ich zum vorigen Tagesordnungspunkt gemacht habe, muss ich jetzt nicht wiederholen; sie gelten auch für diesen Tagesordnungspunkt.
Ich bin der Bitte unseres Fraktionsvorsitzenden gefolgt und werde seine Rede, die er eigentlich zu diesem Tagesordnungspunkt halten wollte, hier vortragen.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bereits am 22. Juni des vergangenen Jahres haben die Regierungschefs der Länder den Entwurf des Neunten Rundfunkänderungsstaatsvertrages zustimmend zur Kenntnis genommen und ihn am 10. Oktober 2006 unterzeichnet. Heute ist es nun die Aufgabe des Parlaments, ihm zuzustimmen, damit er, wie von den Ministerpräsidenten vereinbart, nächste Woche, am 1. März 2007, in Kraft treten kann.
Eine insbesondere für Schleswig-Holstein relevante Änderung enthält die neu gefasste Regelung in § 10 Abs. 2 des Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrages, die eine Einführung von Fusionsprämien für Landesmedienanstalten vorsieht. So wird die finanzielle Grundlage fusionierter Landesmedienanstalten erheblich verbessert. Mit dem neu gefassten § 10
Abs. 2 bleiben die sogenannten Sockelbeträge, die den Landesmedienanstalten aus der Rundfunkgebühr zugewiesen werden, für die nächsten vier Jahre nach einer Fusion vollständig erhalten und werden in der Folgezeit prozentual angepasst. Dies trägt dem Umstand Rechnung, dass Synergieeffekte bei Fusionen nicht kurz-, sondern nur mittel- bis langfristig erzielbar sind. Von dieser Regelung wird Schleswig-Holstein bereits im Rahmen der Fusion von ULR und HAM - wie eben diskutiert - profitieren.
Letztlich geht es allerdings beim Neunten Rundfunkänderungsstaatsvertrag um viele technische Einzelheiten, wobei die Anpassung und Vereinfachung der bereichsspezifischen Regelungen für Tele- und Mediendienste einen Schwerpunkt bilden. Bislang waren Teledienste im Telekommunikationsgesetz des Bundes und Mediendienste im Mediendienste-Staatsvertrag normiert. In Zukunft werden die wirtschaftsbezogenen Rahmenbedingungen, wie zum Beispiel das Herkunftslandprinzip, die Zulassungsfreiheit, Informationspflichten und der Datenschutz in einem Telemediengesetz des Bundes für alle Betroffenen einheitlich geregelt sein, das zeitgleich mit dem Neunten Rundfunkänderungsstaatsvertrag in Kraft treten wird. Die über diese wirtschaftsrechtlichen und allgemeinen Anforderungen hinausgehenden inhaltsspezifischen Bereiche, wie zum Beispiel journalistische Sorgfaltspflichten oder das Gegendarstellungsrecht, sind in einem neu gefassten Abschnitt des Rundfunkstaatsvertrages enthalten.
Durch die neue Rechtssystematik werden die Regelungsbereiche von Bund und Ländern klar getrennt, Rechtsunsicherheiten ausgeräumt und Doppelregulierungen abgeschafft. Ein wesentlicher Vorteil dabei ist, dass Tele- und Mediendienste wie schon beim Jugendmedienschutz-Staatsvertrag und im Jugendschutzgesetz geschehen - unter den einheitlichen Begriff der „Telemedien“ zusammengefasst werden. Es wird jetzt nicht mehr zwischen Telediensten und Mediendiensten unterschieden. Komplizierte Abgrenzungsfragen entfallen. Das gilt auch für die oft von der Wirtschaft beklagten Doppelregulierungen im Telekommunikationsgesetz einerseits und im Mediendienste-Staatsvertrag andererseits. Damit haben wir jetzt einen verlässlichen Rechtsrahmen von Bund und Ländern für Telemedien. Anbieter und Nutzer der neuen Dienste erhalten Rechts- und Planungssicherheit, ohne dass sich etwas an den Zuständigkeiten zwischen Bund und Ländern ändert; die Länder bleiben für den Rundfunk originär zuständig.
Ferner ist vom Neunten Rundfunkänderungsstaatsvertrag das Verfahren der Landesmedienanstalten zur Auswahl von Fensterprogrammveranstaltern im Rahmen eines Hauptprogramms betroffen. Veranstalter der Fensterprogramme sind unabhängige Dritte. Ihr Ziel ist es, einen Beitrag zur Meinungsvielfalt zu leisten und dieses Ziel zu erreichen, ohne dabei berechtigte Interessen des Hauptprogrammveranstalters zu vernachlässigen. In Zukunft haben die Landesmedienanstalten die Möglichkeit, den Vorschlag des Hauptprogrammveranstalters, der weiterhin drei Vorschläge unterbreiten wird, um zwei Vorschläge zu ergänzen. Die Stellung des Veranstalters des Fensterprogramms wird dadurch gestärkt, dass die Zulassung entsprechend der schon bestehenden Praxis von drei auf fünf Jahre verlängert und verbindlich festgeschrieben wird.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bei so vielen Tagesordnungspunkten, die sich mit Staatsverträgen im Rundfunkbereich beschäftigen, muss man schauen, dass man die richtige Rede dabei hat. Herr Ministerpräsident, ich kann die Spannung insofern etwas abbauen, als wir diesem Staatsvertrag zustimmen werden.
Im Neunten Rundfunkänderungsstaatsvertrag, um den es hier geht, werden in Form eines ArtikelStaatsvertrages der Rundfunkstaatsvertrag selbst, die Staatsverträge für die ARD, der Jugendmedienschutz, das DeutschlandRadio, die Rundfunkgebühren und die Rundfunkfinanzierung geändert. Es soll ein verlässlicher Rechtsrahmen für Telemedien geschaffen werden, indem die Teledienste und Mediendienste zu „Telemedien“ zusammengefasst werden.
Teledienste sind Angebote zur Individualkommunikation. Wir kennen sie alle. Dazu gehören Online-Banking, E-Mails, Börserenticker, Wetter- und Verkehrsdaten, Telespiele, Angebote von Waren in abrufbaren Datenbanken.