Protocol of the Session on February 21, 2007

gen das bedauern, aber es ist ein ganz normaler Vorgang.

Selbstverständlich bleibt Platz für kleine und mittelständische Unternehmen - auch in SchleswigHolstein. Denn der Mittelstand ist häufig innovationsfähiger als große Konzerne. Allerdings sind die Großen besser gerüstet, um erfolgreiche Innovationen in Massenproduktion zu vermarkten.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, nicht nur die Windkraftbranche, sondern auch die Technik der Windmühlen entwickelt sich sehr schnell. Es können immer größere und effizientere Anlagen gebaut werden. Fraglich ist nur noch, ob und wo sie aufgestellt werden dürfen. Ferner ist die Frage unbeantwortet, wo Netzkabel verlegt werden dürfen. Diesbezüglich empfehle ich die Antwort der Landesregierung auf meine Kleine Anfrage, die heute erst herausgekommen ist. Die Antwort macht nämlich deutlich, dass in Schleswig-Holstein diesbezüglich nichts passiert ist. Deshalb ist der Appell an E.ON Hanse von dieser Stelle aus nur richtig.

(Beifall beim SSW)

Hier könnten sich die bisherigen Vorschriften für Windmühlen und ihre Standorte als hinderlich erweisen, weil sie dem Stand der Technik wohlmöglich nicht mehr angemessen sind. Und nichts anderes steht im SSW-Antrag. Deshalb halten wir es durchaus für geboten, die einschlägigen Vorschriften dahin gehend zu überprüfen, wie es die Kolleginnen und Kollegen vom SSW beantragt haben.

Die Höhen- und Abstandsregelungen für Windmühlen sollten daraufhin überprüft werden, ob und inwieweit sie es ermöglichen, dass in SchleswigHolstein die Windenergie effizient mit den neuesten Anlagen genutzt werden kann. Denn zum einen kann es nur mit immer effizienteren Anlagen gelingen, immer mehr Energie aus dem Wind zu gewinnen und zum anderen wäre es ein Nachteil im Standortwettbewerb, wenn Firmen aus SchleswigHolstein hier entwickelte Windmühlen des neuesten technischen Standes hier nur als Versuchsanlagen, aber nicht im normalen Geschäftsbetrieb betreiben dürften. Im Übrigen: Sie haben von „Windkraftmonstern“ gesprochen. Ich sage Ihnen: Jedes Windkraftmonster ist mir im Zweifel lieber als ein Kernenergiemonster.

(Beifall bei SPD und SSW)

Ähnliches gilt für die Ausweisung von Eignungsflächen. Wenn wir in Schleswig-Holstein auch an Land mehr Energie aus Windkraft gewinnen wollen, dann sollten wir zumindest prüfen, ob die

Obergrenze von 1 % der Landesfläche für Windmühlen noch angemessen ist.

Bei alledem gibt es selbstverständlich noch andere berechtigte Interessen wie zum Beispiel den Landschaftsschutz, den Lärmschutz und selbst die schöne Aussicht. Diese Interessen müssen selbstverständlich in die Prüfung der einschlägigen Vorschriften einbezogen werden.

Angesichts der Entwicklung des Klimas, der Windenergietechnik und des Wettbewerbs der Regionen als Standort für die Windkraftbranche erwarte ich, dass als Ergebnis der Prüfung und des Abwägens der einschlägigen Vorschriften den Belangen der Windenergiegewinnung auch in den Verwaltungsvorschriften und dem Verwaltungshandeln häufiger Vorrang eingeräumt werden kann, als es bislang der Fall ist. Ich denke, vor dem Hintergrund der Debatte über Klimaschutz von heute Morgen sollte die eine oder andere Position überdacht werden.

(Beifall bei FDP, SPD und SSW)

Ich danke Herrn Abgeordneten Dr. Heiner Garg. Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich Herrn Abgeordneten Detlef Matthiessen das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Windfreunde und Windfreundinnen hier im Hohen Hause!

(Beifall beim SSW - Konrad Nabel [SPD]: So viel Wind wie Ihr macht keiner hier im Hause!)

- Na ja, Herr Nabel, Sie werden vielleicht noch die Ausführungen des energiepolitischen Sprechers der CDU-Fraktion aus der letzten Legislaturperiode im Ohr haben, als er meinte, die Fluktuation, die von Windenergie im Netz ausgelöst werde, hätte zum Riss eines Rohres beim Atomkraftwerk in Brunsbüttel führen können.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Verstehe ich nicht!)

Insofern muss ich einräumen: Sie haben sich bewegt.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, wir unterstützen den Antrag vom SSW. Wir kritisieren die Landesregierung, dass sie zu wenig für die Windenergiebranche tut. Der Netzausbau wird nicht energisch vorange

trieben. Die Windmüller sind dem Netzbetreiber hilflos ausgeliefert.

Der Wirtschaftsminister sieht es offenbar gar nicht als seine Pflicht an, hier Dampf zu machen. Herr Austermann hätte bei der Eröffnung des Windparks Fehmarn Mitte gar nicht die Gelegenheit gehabt, dort eine Eröffnungsrede halten zu dürfen, wenn die Betreiber nicht selber eine Netzgesellschaft gegründet hätten, um ihre Erdkabel selbst zu bauen. Er stellte sich dann bei der Eröffnung hin und sagte: Das ist aber vorbildlich von den Fehmaranern.

Nein, die Landesregierung ist in der Pflicht, mit E.ON Netz Tacheles zu reden und den Ausbau mit Erdkabeln durchzusetzen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wo leben wir denn? - Vier Kreistage haben sich dafür ausgesprochen und der Landtag hat zwei Beschlüsse dazu befasst. Die Landesregierung sieht sich allerdings nicht in der Pflicht, dies auch zu exekutieren. Insofern war die Rede auf Fehmarn obwohl sie an einem Sonnabend gehalten wurde eine Sonntagsrede.

Der Ausbau und die Ausnutzung der Windenergie in Schleswig-Holstein scheitern am Netzzugang, am Netzausbau und an der Netzverstärkung. Unseren Windmüllern gehen Millionen verloren, weil sie bei Starkwind wegen angeblicher Netzüberlastung vom Netz abgeschaltet werden. Das ist nicht nur ein Verlust an CO2-freier Energie, das ist ein Verlust an Geld im Wirtschaftsraum SchleswigHolstein.

Schleswig-Holstein ist in der Windenergiebranche ein führender Standort. Das bezieht sich zum einen auf die Produktion von Windstrom, das bezieht sich zum anderen aber auch auf die Produktion von Windenergietechnik. REpower ist Entwickler in Rendsburg und Hersteller in Husum, Vestas ist Hersteller in Husum, Dewind ist Hersteller in Lübeck, Nordex hat die Hauptverwaltung in Norderstedt und Aerodyn hat die Entwicklung in Rendsburg. Der Exportanteil dieser Branche liegt inzwischen in der Größenordnung auch anderer Zweige des Maschinen- und Anlagenbaus bei circa 60 %. Das war früher in der Startphase natürlich auch anders. Da hatten wir praktisch den Markt nur in Deutschland. Heute gibt es weltweite Nachfrage.

Es gibt zahlreiche Planer, Projektierer, Serviceunternehmen, spezialisierte Anwälte und Notare, naturschutzfachliche Gutachter, Gutachter für Meteorologie und für Schall, Wegebau, Kabelverlegung,

(Dr. Heiner Garg)

Finanzierungen und, und, und, nicht zu vergessen die vielen Windmüller.

Das Repowering allein auf Fehmarn ist ein Investitionsvolumen im dreistelligen Millionenbereich. Die Leistungssteigerung durch Repowering in Schleswig-Holstein wird auf ein Gigawatt geschätzt. Kaum ein anderer Wirtschaftszweig hat vergleichbare Investitionsvolumina.

In Schleswig-Holstein, dem Silicon Valley der Windenergie, nämlich in Rendsburg, gibt es die Firma Aerodyn, die die Multibridanlage entwickelt hat, und da gibt es die Firma REpower mit ihrer Entwicklungsabteilung, die 5M entwickelt hat. Die weltgrößten Windenergieanlagen kommen aus Schleswig-Holstein. Wenn ich mir die Technik von diesen Anlagen ansehe - ich glaube, ich habe da ein bisschen Übersicht -, dann sind es auch die Weltbesten.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Nicht zuletzt will ich auch die größte Windenergiemesse der Welt erwähnen, die HUSUMwind. Wer neue Technik anbietet, wer ein Messestandort ist, der muss diese Technik auch im Lande zeigen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Damit bin ich beim Thema des Antrages des SSW. Netz und Fläche, das sind die limitierenden Faktoren für mehr Wachstum in der Windenergie in Schleswig-Holstein. Die Windmühlen sind größer geworden, moderner, leistungsfähiger und damit auch höher. Daher ist dieses in einem neuen, jetzt schon etwas älter gewordenen Runderlass Windenergie berücksichtigt worden. Ich glaube, wir müssen diesen Runderlass noch einmal auf den Prüfstand stellen, nachdem die Erfahrungen aus der Praxis vorliegen. Wir brauchen eine neue Standortdiskussion, ob wirklich von jedem Feldweg ein Kipphöhenabstand einzuhalten ist, ob an manchen Standorten eine Arrondierung oder eine Anpassung des Zuschnitts der Flächen deren Ausnutzung nicht wesentlich steigern könnte.

Als letztes Thema: Wir brauchen neue F-und-EStandorte, das heißt also, Standorte in SchleswigHolstein, die nur neuer Technik zur Erprobung vorbehalten sind, denn da haben wir einen ausgesprochenen Mangel. Wir brauchen dieses, um die Technik zu erproben, um sie hier im Lande auch zeigen zu können, aber auch, um die Entwicklungsfirmen hier im Lande zu halten, dass sie hier ihre Messungen im Lande durchführen können. Ich habe mich die Krätze geärgert, dass die Multibridanlage

ihren Standort in Bremerhaven gefunden hat. Das ist ein Ingenieurbüro mit 30 Leuten, wie schnell sind die umgezogen.

Meine Damen und Herren, die F-und-E-Standorte bedürfen einer Extradiskussion, weil die normalen ausgewiesenen Eignungsflächen natürlich mit wirtschaftlich erprobten Anlagen vollgelaufen sind. Insofern freue ich mich auf die Befassung im Ausschuss mit diesem spannenden Thema. Ich glaube, wir werden dort zu guten Ergebnissen kommen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Ich danke dem Herrn Abgeordneten Detlef Matthiessen und erteile für die Landesregierung Herrn Minister Stegner das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die mit dem vorgelegten Antrag des SSW angestrebten Ziele teilt auch die Landesregierung. Windenergienutzung, das Repowering, der damit verbundene Klimaschutz und die Schaffung von Arbeitsplätzen sind auch unsere Anliegen. Allerdings sind diese Ziele bereits mit den derzeit geltenden Rahmenbedingungen zu erreichen. Der vorliegende Antrag zielt im Grunde auf eine Fortschreibung der Regionalpläne ab. Nur in diesem Rahmen wäre es rechtlich möglich, Abstandsregelungen zu verändern und neue Eignungsgebiete für die Windenergienutzung auszuweisen. Nach meiner Überzeugung besteht derzeit aber keine Notwendigkeit, diese Rahmenbedingungen zu verändern. Bereits heute kann rein rechnerisch aufgrund der gestiegenen Flächenproduktivität deutlich mehr elektrische Energie auf den ausgewiesenen Flächen erzeugt werden, als seinerzeit bei Festlegung der Flächen Mitte der 90er-Jahre angenommen worden ist. In Schleswig-Holstein liegt der rechnerische Anteil des Stroms aus Windenergieanlagen am Bruttostromverbrauch heute bei über 30 % und das kann in der Tat mehr werden.

Beim Thema Wind, lieber Herr Kollege Garg, reicht es natürlich nicht, Wind zu machen, obwohl Sie das können, und es reicht auch nicht, einseitig auf das Thema Klimaschutz abzustellen oder auf finanzielle Dinge, obwohl ich sagen muss, es ist weiß Gott so, dass sich beim Thema Klimaschutz der eine oder andere noch ein bisschen mehr einfallen lassen könnte. Es wäre schön, wenn da mehr mitgemacht würde und nicht immer sozusagen mit

(Detlef Matthiessen)

der windigen Argumentation „Atom, Atom“, darauf reagiert würde.

Wer sich an den seinerzeitigen Marathon der Fortschreibung der Regionalpläne zum Teilgebiet Windenergie erinnert, der weiß, wie viele unterschiedliche Belange und Interessen unter einen Hut gebracht werden mussten. Das gilt auch heute so und ist auch nicht einfacher geworden. Bei der Ausweisung von Eignungsgebieten muss zum Beispiel die Lebensqualität in den Wohn-, Arbeits- und Erholungsräumen der Menschen, der Tourismus, der Natur- und Vogelschutz und das Orts- und Landschaftsbild und nicht zuletzt der Denkmalschutz zum Erhalt unserer Kulturlandschaft betrachtet werden.

Aufgabe des Staates ist es, all diese Aspekte zu ermitteln, zu gewichten und in eine ausgewogene Planung zu gießen. Das ist in einem sehr aufwendigen, aber nötigen und durchaus erfolgreichen Verfahren der Regionalplanung geschehen. Innerhalb der festgelegten Eignungsgebiete - etwa 1 % der Landesfläche - ist der Ausbau der Windenergienutzung Ziel des Landes. Es ist aber eben auch Ziel, die anderen Landesteile von Windkraftanlagen freizuhalten. Dementsprechend hat sich die Landesregierung darauf verständigt, die Windenergienutzung mit Augenmaß weiter auszudehnen und keine neuen Vorrangflächen auszuweisen. Innerhalb der Eignungsgebiete ist die Errichtung von Windenergieanlagen mit den überörtlichen Zielen der Landesentwicklung abzuwägen.

Die in den Regionalplänen festgelegten Eignungsgebiete halten alle die Mindestabstände ein, die in den Regionalplänen als Ziel der Raumordnung festgelegt sind. Die Gemeinden haben das Recht und die Möglichkeit, die Ausnutzung der Eignungsgebiete über die Bauleitplanung zu steuern. Sie können über die verbindliche Bauleitplanung auch weitere planerische Rahmenbedingungen vorgeben, zum Beispiel Anlagenstandorte innerhalb der Eignungsgebiete, Höhenbegrenzungen und so weiter.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, über die Höhenbegrenzung kann man wirklich reden, wie ich finde. Da entstehen keine Windenergiemonster, Herr Kollege Dr. Garg, obwohl die in der Tat besser sind als die Atommonster und es mir schon ein bisschen Sorgen macht, wenn Atomkonzerne sich um die Eignerschaft von Repowering-Firmen kümmern.

Von dieser Möglichkeit, solche Dinge zu verändern, machen vor allem die in den attraktiven Starkwindgebieten gelegenen Gemeinden Gebrauch. All dies aber ist Steuerung im Rahmen der

kommunalen Selbstverwaltung nach Artikel 28 des Grundgesetzes und unterliegt nicht landesplanerischen Entscheidungen. Die Repowering-Maßnahmen gehen nicht so schnell voran, wie man erwarten könnte. Das hat übrigens viel damit zu tun, dass die alten Anlagen eine Art VW-Käfer-Qualität haben, sie laufen und laufen. Die Reparatur- und Wartungskosten halten sich in Grenzen, die Einnahmenseite brummt. Das ist ein Teil der Qualität, die wir haben. Trotzdem gibt es eindrucksvolle Beispiele für Repowering unter den geltenden planerischen Rahmenbedingungen. Zum Beispiel gibt es in Fehmarn ein Projekt, das bundesweit Beachtung gefunden hat, aber auch in der Gemeinde Ellhöft und im Friedrich-Wilhelm-Lübke-Koog. Auch dort gibt es Planungen und Umsetzungen, die bundesweit beispielgebend sind.