Protocol of the Session on December 1, 2006

Was die konkrete Sportpolitik angeht, teile ich die Einschätzung der fragestellenden Fraktion hinsichtlich der Bedeutung des Sport sowohl im Schul- wie im Vereinswesen. Zum Teil haben wir, meine sehr verehrten Damen und Herren von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, in der Vergangenheit die Geschicke des Sports auch gemeinsam gelenkt. Zu nennen sind die vielfältigen gesamtgesellschaftlich relevanten Aufgaben, die der Sport unterstützt, und das herausragende bürgerschaftliche Engagement von 80.000 Bürgerinnen und Bürgern in Sportvereinen und -verbänden. Es ist wichtig, dass die Landesregierung deutlich sagt, dass der Sport in Schleswig-Holstein auch künftig nach besten Kräften unterstützt wird.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich betone hier auch die gute Zusammenarbeit mit dem Landessportverband und dessen Präsidenten, Herrn Dr. Wienholtz, der übrigens auch bundesweit mit dazu beiträgt, dass der Amateursport nicht untergeht, wenn es etwa um die Frage der Zusammenarbeit der Verbände geht, die sich da zusammengeschlossen haben.

(Beifall des Abgeordneten Günter Neugebau- er [SPD])

Leider steht mir nicht allzu viel Zeit zur Verfügung, Frau Präsidentin. Deswegen muss ich es kurz machen.

Zum einen werden wir natürlich nachhaltig wirkende Maßnahmen wie zum Beispiel das Projekt „Sport gegen Gewalt, Intoleranz und Fremdenfeindlichkeit“ fortsetzen. Dieses ist wichtiger denn je,

(Beifall der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

gerade weil die Hemmschwelle gegen Gewalt in Teilen niedriger geworden ist. Diesbezüglich müssen wir etwas tun. Sport ist ein gutes Feld, um hier etwas zu bewirken.

Ich glaube auch, dass der Sport ein herausragendes Handlungsfeld im Bereich der Integration ist. Die Verstärkung der Zusammenarbeit von Sport und Schulsport kann im Hinblick auf die zunehmende Bedeutung von Ganztagsschulen dazu beitragen, die Entwicklung ebenfalls zu befördern. Diesbezüglich bin ich mit der Kollegin Bildungsministerin einig.

Die Landesregierung wird sich im Rahmen der geplanten Reform des Gemeinnützigkeits- und Spendenrechts im Bundesrat für einen weitestmöglichen Erhalt der Gemeinnützigkeit der Sportvereine und Sportverbände einsetzen. Auf den geplanten Präventionsgesetzentwurf will sie dahin gehend Einfluss nehmen, dass die Krankenkassen auch weiterhin Maßnahmen zur gesundheitlichen Prävention des Sports bezuschussen können.

Ich begrüße es ausdrücklich, dass der Kollege Steinbrück, obwohl er Steuerminister ist, vor Kurzem zur Übungsleiterpauschale und zum ehrenamtlichen Engagement einen Vorschlag gemacht hat, der, wie ich finde, für den Sport außerordentlich positiv ist.

(Beifall bei SPD und CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, unverzichtbar für die meisten sportlichen Betätigungen ist eine adäquate Sportstätteninfrastruktur. Im Rahmen der gesetzlichen Sportförderung, ergänzt um die Schulbauprogramme und die Mittel aus dem Kommunalen Investitionsfonds, flankiert von Zinszuschüssen, wurden und werden erhebliche Projektfördermittel in den Sportstättenbau gelenkt. Durch das ÖPP-Gesetz des Landes erhoffe ich mir zusätzlich private Mittel für die schleswig-holsteinische Sportstätteninfrastruktur.

(Vizepräsidentin Ingrid Franzen)

Die für Schleswig-Holstein vorliegende Sportstättenstatistik von Ende 2006 wird die Grundlage bilden, um mit den Kommunen und Vereinen über die weitere Sportstättenentwicklung, über Bestand, Sanierung und all das, was in Schleswig-Holstein dazugehört, zu reden. Ich beabsichtige deshalb, die Kommunen, etwa beim Erwerb geeigneter Software, basierend auf dem Leitfaden für die Sportstättenentwicklungsplanung des Bundesinstituts für Sportwissenschaften, bei der Erstellung kommunaler Sportstättenentwicklungspläne zu unterstützen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abgeordneten Günter Neugebauer [SPD])

Einen Schub für das Sportland Schleswig-Holstein erwarte ich auch durch den neu initiierten Wettbewerb „Sportfreundliche Kommune“, über den jährlich drei Kommunen unterschiedlicher Größe bis 8.000 Einwohner, bis 20.000 Einwohner und größer - für unsere besondere Sportfreundlichkeit mit je 5.000 € und dem Gütesiegel „Sportfreundliche Kommune“ ausgezeichnet werden sollen. Ich denke, auch dies ist ein Stück Ermunterung, etwas in diesem Bereich zu leisten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Ihnen vorliegende Antwort auf die Große Anfrage macht einmal mehr deutlich, welche große Bedeutung der Sport hat, übrigens auch in diesem Hause. Der FC Landtag ist, wie ich glaube, ein guter Sympathieträger für das Parlament und unser Chef Jürgen Weber sorgt auch dafür, dass es wahrlich überparteilich zugeht, viel mehr als in jedem anderen Feld.

(Beifall bei SPD und SSW)

Allerdings, lieber Kollege Klug, könnte die FDPFraktion noch ein wenig mehr dazu beitragen. Wir erwarten Sie, sozusagen als unterstützenden Faktor, auch einmal auf dem Spielfeld.

(Beifall der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Diese Dimension des Sports spielt sich jenseits der Großereignisse ab. Aber wenn Sie an „Deutschland. Ein Sommermärchen“ oder an das denken, was uns mit der Handballweltmeisterschaft auch in der Kieler Ostseehalle bevorsteht, so muss man sagen: Der Sport ist auch ein Sympathieträger für dieses Land.

(Beifall)

Wir haben der Welt in diesem Jahr einiges gezeigt, nicht nur auf dem Spielfeld, entgegen der ewigen Miesepetrigkeit, die manchmal auch eine große Rolle spielt.

Ich will mit Joachim Ringelnatz schließen:

„Sport stärkt Arme, Rumpf und Beine, Kürzt die öde Zeit, Und er schützt uns durch Vereine Vor der Einsamkeit.“

(Beifall bei SPD, CDU und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Ich danke dem Herrn Innenminister. - Für den Initiator der Großen Anfrage, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, hat nun der Herr Abgeordnete KarlMartin Hentschel das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich bedanke mich sehr für die ausführliche Beantwortung unserer Großen Anfrage. Ich denke, es ist eine lohnende Aktion gewesen, den Sport einmal hier im Landtag zu thematisieren. Der Sport hat - dies ist vom Minister richtig gesagt worden - eine ungeheure Bedeutung, sowohl was die Integration von Einwanderern betrifft als auch was die Betätigung von Jugendlichen, das Lernen von Fairplay, die Frage des Umgangs von Jugendlichen miteinander und natürlich auch die Gesundheit betrifft. Denn wer sich bewegt, lebt einfach gesünder. Das ist in den heutigen Zeiten, in denen die Gefahr besteht, dass man sich nicht mehr viel bewegt, sehr wichtig. Heutzutage wird nicht mehr so viel auf der Straße herumgetobt. Man spielt im Kinderzimmer oder sitzt am Computer. Insoweit hat der Sport eine ganz zentrale Rolle und wir müssen alles tun, um diese zu stärken.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Homepage des Deutschen Olympischen Sportbundes stellt fest: Es gibt 27 Millionen Mitgliedschaften in Sportvereinen in Deutschland und 90.000 Turn- und Sportvereine. Das ist eine beeindruckende Zahl. Das gilt auch für Schleswig-Holstein. Bei 2,82 Millionen Einwohnern sind immerhin 859.000 Personen Mitglied eines Sportvereins. Die Anzahl weiblicher und männlicher Mitglieder ist relativ ausgeglichen. Immerhin 55 % aller Jugendlichen sind in einem Sportverein. Das ist eine tolle Bilanz. Damit ist der Sport die größte Bewegung, die wir in diesem Lande haben.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es gibt trotzdem - das sagt der Bericht aus - eine Reihe von Punkten, bei denen Handlungsbedarf besteht. Die Sportstätten sind hier bereits genannt

(Minister Dr. Ralf Stegner)

worden. Nach der Sportstättenstatistik der Länder aus dem Jahre 2000 sind über die Hälfte der Sportstätten im Lande Schleswig-Holstein sanierungsbedürftig. Die nächste Statistik wird 2007 vorliegen. Ich denke, wir werden auch in dieser Statistik noch großen Handlungsbedarf ausgewiesen finden. Insofern ist es richtig, dass dieses Problem vom Herrn Minister hier thematisiert worden ist. Es ist deutlich gemacht worden, dass das Land in diesem Bereich unterstützend aktiv werden will. Ich halte das für ausgesprochen wichtig. Natürlich gehören zu einem guten Sport auch gute Sportstätten.

Handlungsbedarf gibt es auch beim Jugendsport. Die Shell-Jugendstudie 2006 berichtet, dass soziale Ungleichheiten in den jugendlichen Lebenswelten insbesondere im Freizeitbereich stark zunehmen und dass das Gesundheitsverhalten der Jugendlichen stark von den sozialen Schichten abhängt. Das muss man sich bewusst machen. Es ist nicht so, dass das Gesundheitsverhalten bei allen gleich ist. Es gibt vielmehr starke Unterschiede. Jugendliche aus der Unterschicht trinken täglich viermal so viel Coca-Cola, leiden dreimal so viel unter Bewegungsmangel und rauchen doppelt so viel. Das heißt, wir haben tatsächlich ein sozial sehr unterschiedliches Gesundheitsverhalten. Der Sport kann eine ganz entscheidende Rolle spielen, um hier Abhilfe zu schaffen, um beispielsweise Bewegungsmangel und bestimmte andere Verhaltensweisen abzustellen. Ganz wichtig ist, dass der Sport helfen kann, gemeinsam aktiv zu werden.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der Sport kann helfen, gemeinsam aktiv zu werden, sich über alle sozialen Schichten hinweg und auch die unterschiedlichen Lagen von Menschen kennenzulernen. All das findet im Sport statt. Der Sport führt zu Freundschaften, die quer durch alle sozialen Schichten gehen. Ich glaube, es ist sehr wichtig, dass wir in diesem Bereich weiterarbeiten.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich möchte einen letzten Punkt ansprechen. Was lehrt es uns, wenn 55 % der Jugendlichen in einem Sportverein sind? Es lehrt uns, dass 45 % nicht im Sportverein sind.

(Heiterkeit und Beifall)

- Da kann man sehen, was es nützt, wenn man Mathematik studiert hat.

(Zuruf von der SPD)

- Begib dich bitte mal ans Mikrofon, wenn du dazwischenreden willst. Das ist hier vorgeschrieben.

(Weitere Zurufe von der SPD)

Herr Hentschel hat das Wort.

Was will ich damit sagen? Wenn es darum geht, die 45 % der Jugendlichen, die nicht im Sportverein sind, zu erreichen, kommt den Schulen eine wichtige Rolle zu. Deswegen ist die Einbeziehung der Vereine bei der Weiterentwicklung der Schulen zu Ganztagsschulen eine strategische Aufgabe. Schleswig-Holstein hat als eines der ersten Länder bereits im Jahr 2004 eine Rahmenvereinbarung des Bildungsministeriums mit dem Landessportverband über die Zusammenarbeit im Rahmen von Ganztags- und Betreuungsangeboten an Schulen geschlossen. Wenn der Schulbetrieb ganztägig stattfinden soll, ist es natürlich so, dass das alte Muster nicht mehr gilt, wonach man vormittags in die Schule und nachmittags möglicherweise in den Sportverein geht. Wir müssen die Sportvereine dann vielmehr stärker in die Schulen integrieren.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abgeordneten Dr. Heiner Garg [FDP])

Damit wird die Chance eröffnet, viel mehr Jugendliche zu erreichen, nämlich auch diejenigen, die sich in diesen Bereichen bisher nicht betätigt haben, sie für Arbeitsgemeinschaften zu gewinnen, die von Schulvereinen organisiert sind. Dadurch können viel mehr Jugendliche angesprochen werden als bisher. Wir müssen in Zukunft dahin kommen, dass der Gegensatz von Unterricht, Betreuung und Freizeit aufgehoben wird. Es sollte also nicht länger so sein, dass vormittags Unterricht stattfindet, während es am Nachmittag Betreuung in offenen Ganztagsschulen gibt. Es sollte vielmehr einen Wechsel von intensiven Arbeitsphasen und Lockerungsphasen - dies wären Phasen in Arbeitsgemeinschaften oder im Sport - geben. Wenn Konzentrations- und Entspannungsphasen in dieser Weise wechseln, kann der Sport dabei eine hervorragende Rolle spielen.

Ich möchte mit meinem Wunschbild enden: Vielleicht kommen wir dann auch dazu, dass die tägliche Stunde Sport an den Schulen keine Utopie mehr ist. Ich glaube, dass wir es schaffen können, dieses Ziel in Schleswig-Holstein - damit wären wir dann ein Vorbild für die Republik - zu erreichen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW, vereinzelt bei der SPD und Beifall des Abgeordneten Dr. Heiner Garg [FDP])