Fortentwicklung der Zusammenarbeit zwischen Schleswig-Holstein und der chinesischen Partnerregion Zhejiang
Meine Damen und Herren, wir haben über ein sehr gutes Thema zu sprechen, nämlich über eine Partnerschaft, die seit 20 Jahren zwischen SchleswigHolstein und der chinesischen Region Zhejiang besteht. Das sind 20 Jahre einer engen Bindung über eine wahrlich lange Distanz. Es sind auch 20 Jahre, die zwischen zwei Regionen auf zwei verschiedenen Kontinenten Nähe geschaffen haben. Die Partnerschaft zwischen diesen beiden Regionen steht auf einem sehr festen Fundament. Sie lebt neben den politischen Aktivitäten der Landesregierung und des Landtages von dem Engagement der Wirtschaft, der Wissenschaft, der Schulen und Hochschulen, der kulturellen Einrichtungen, also vom Engagement eines sehr breiten Spektrums unserer Gesellschaft.
In diesem Jahr des 20-jährigen Jubiläums haben wir die Partnerschaft durch eine Delegation der Christian-Albrechts-Universität, durch eine Delegation schleswig-holsteinischer Wirtschaftsvertreter und
Ich kann Ihnen sagen: Wir waren beeindruckt von der atemberaubenden Geschwindigkeit, mit der China den Weg in die Spitzengruppe der Wirtschaftsnationen der Welt nimmt. Meine Damen und Herren, China ist inzwischen Deutschlands wichtigster Wirtschaftspartner in Asien und umgekehrt ist Deutschland Chinas wichtigster Handelspartner in Europa.
Ich möchte an dieser Stelle ganz ausdrücklich festhalten: Die Partnerschaft mit der Provinz Zhejiang ist ein Glücksfall für Schleswig-Holstein.
Vor 20 Jahren waren es der Wunsch und die Initiative von chinesischer Seite, die den Stein ins Rollen gebracht und die eine feste Kooperation vorgeschlagen hat. Der damalige Wirtschaftsminister Westphal hat für Schleswig-Holstein früh die Chancen erkannt. Ich erinnere daran, wie seinerzeit manche Sache belächelt wurde. Ich erwähne beispielhaft das Hanse-Office in Brüssel. Wie gesagt, diese Dinge haben zu einem Glücksfall für SchleswigHolstein geführt und wir haben unsere Chancen genutzt, die in dieser Verbindung mit dem wachsenden Wirtschaftsriesen liegen. Ich bin sehr froh darüber.
Heute zählt die Region Zhejiang zu den dynamischsten und wirtschaftlich erfolgreichsten Provinzen im chinesischen Wachstumsland und sie ist ein ausgesprochen geschätzter Partner für schleswig-holsteinische Unternehmen und für die schleswig-holsteinischen Wissenschaftseinrichtungen.
Es hat sich vielfach gezeigt: Unsere Partnerschaft ist geradezu beispielhaft mit Leben erfüllt. Die Intensität politischen Austausches hat vor allem in den letzten Jahren immer weiter zugenommen. Die gern gesehenen Besuche - da meine ich nicht nur die letzten anderthalb Jahre, sondern auch die Jahre davor - von chinesischer Seite in den letzten anderthalb Jahren unterstreichen den hohen Stellenwert, den beide Seiten den politischen Beziehungen auch in Zukunft beimessen.
Wir wissen, wie wertvoll beiden Seiten ein vertrauensvoller Meinungsaustausch ist, der auf gegenseitigem Respekt beruht. Und ich bin davon überzeugt, dass gerade der Westen anderen Kontinenten
nicht mit Überheblichkeit und Besserwisserei begegnen kann. Die fortschreitende Globalisierung macht uns zu immer näheren Nachbarn und wie gute Nachbarn werden wir voneinander lernen.
Die norddeutsche Zhejiang-Woche und der Besuch von Gouverneur Lü im September in Kiel boten gute Gelegenheiten für intensive Gespräche und ich habe deutlich gemacht, dass wir den Besuch von Gouverneur Lü als Zeichen einer besseren Verständigung sowie guter und partnerschaftlicher Beziehungen zwischen Zhejiang und Schleswig-Holstein verstanden haben.
Zhejiang und Schleswig-Holstein sind in vielen Bereichen näher zusammengerückt. Über einen langen Zeitraum sind Kontakte auf wirtschaftlicher, wissenschaftlicher und kultureller Ebene ausgebaut und gepflegt worden.
Ich denke da zum Beispiel an die Repräsentanz und die Akquisitionsaktivitäten der Wirtschaftsförderung und Technologietransfer Schleswig-Holstein in Hangzhou. Sie besteht 2006 im zehnten Jahr. Auch dieses Jubiläum und das daraus entstandene Schleswig-Holstein-Business-Center in Hangzhou haben wir angemessen gewürdigt. Dieses BusinessCenter bietet den schleswig-holsteinischen Unternehmen ein sorgfältig aufeinander abgestimmtes und sehr effizientes Bündel von Unterstützungsmaßnahmen an und es wird ausgesprochen gern angenommen, weil China einen der größten Märkte der Welt darstellt. Es interessieren sich immer mehr Unternehmen für den Standort hier im Land.
Die Bilanz ist beeindruckend: Wir haben das größte und erfolgreichste Firmengemeinschaftsbüro aller deutschen Bundesländer in China.
Es ist völlig unstreitig, dass unsere Partnerschaft mit der Provinz Zhejiang beim überdurchschnittlichen Chinahandel Schleswig-Holsteins von wesentlicher Bedeutung ist. Der jüngste Besuch von Wirtschaftsminister Austermann diente hier der weiteren Vertiefung der Beziehungen.
Ich darf auch sagen: Umgekehrt ist Schleswig-Holstein mit der Metropolregion Hamburg natürlich auch für die Chinesen ein attraktiver Standort. Hamburg ist Chinas Tor nach Europa und wir arbeiten auch mit Hamburg eng zusammen. Denn mit Hamburg in Shanghai würden wir Schleswig-Holsteiner untergehen, aber wir in Zhejiang bilden die Kombination, die wir brauchen, um zusammen mit Hamburg auch auf den Märkten Chinas zur Verfügung zu stehen.
Wir begrüßen chinesische Firmen bei uns im Land genauso, wie wir chinesische Forscher willkommen heißen. Der Partnerschaftsvertrag zwischen der Zhejiang-Universität und der Christian-AlbrechtsUniversität in Kiel jährt sich ebenfalls zum 20. Mal. Die Partnerschaft wurde auch fachlich neben den Schwerpunkten Medizin und Agrarwissenschaften ausgedehnt. Wenn es noch eines Beweises des hervorragend funktionierenden Austausches bedurft hätte: Die erste Alumni-Vereinigung der ChristianAlbrechts-Universität zu Kiel im Ausland wurde von den chinesischen Ehemaligen gegründet. Ein besseres Zeichen der Verbundenheit kann es wohl kaum geben.
Meine Damen und Herren, in einer globalisierten Welt wachsen wir enger zusammen. Wir wissen aber auch, dass dies nicht nur ein wirtschaftlicher Prozess ist. Ich meine, es geht darum, dass sich die Menschen verstehen und gemeinsam für Frieden, Freiheit und Wohlstand in der Welt arbeiten. Dabei kann der Respekt vor der jeweiligen Tradition und Kultur auch eine Bereicherung für den jeweils anderen sein.
Ich bin deshalb sehr froh, dass auch die MuthesiusKunsthochschule, die Fachhochschule in Kiel, die Universität und die Fachhochschule in Lübeck eng mit ihren chinesischen Partnern kooperieren, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler austauschen und gemeinsame Ideenwettbewerbe starten. Ganz erfreulich ist, dass auch Schulen kooperieren und auch Schülerinnen und Schüler austauschen, was nach chinesischem Verständnis nicht selbstverständlich ist. So bekommen die chinesischen jungen Leute einen Einblick in eine demokratische Gesellschaft und zum Beispiel in die Art und Weise, wie wir bei uns mit Andersdenkenden umgehen.
Das gilt im Übrigen in gleicher Weise für die chinesischen Teilnehmer an der Fortbildung für Fachund Führungskräfte. So haben wir in diesem Jahr eine qualifizierte Gruppe von Entscheidungsträgern aus der Provinz Zhejiang zum Thema Gefahrenabwehr und Katastrophenschutz in Schleswig-Holstein zu Gast gehabt. Solche Kontakte sind wichtige Pfeiler der partnerschaftlichen Zusammenarbeit. Wir werden daher auch im kommenden Jahr zu einer Study-Tour, wie das auf Plattdeutsch heißt, einladen, die im Zeichen der Messe Husum Wind 2007 stehen und sich mit dem Thema Windenergie und regenerative Energien befasst.
Wir können heute sagen, nach 20 Jahren enger Partnerschaft besteht ein Netzwerk, das für alle Seiten
ein Gewinn ist. Wir bieten aber an - und ich biete das heute an - und ich werde das der chinesischen Seite demnächst mitteilen, weil ich gerade eine Einladung zum chinesischen Botschafter bekommen habe, dass wir dieses Netz noch enger knüpfen wollen und dass wir das Netzwerk ausweiten wollen. Ich schlage vor, dass wir zu einem Austausch von Mitarbeitern der Verwaltung der Landesregierung Schleswig-Holsteins mit der Region Zhejiang kommen. Dann haben wir Leute, die die dort drüben kennen, und die haben welche, die uns hier kennen. Das ist genau das, was wir brauchen. Man muss sich kennenlernen, man muss sich begreifen, man muss sich verstehen lernen.
Mit der Gründung der Schleswig-Holstein-Zhejiang-Förderkommission vor 10 Jahren wurde die Zusammenarbeit deutlich intensiviert und auf eine breitere Basis gestellt. Ich freue mich sehr, dass wir die Kooperation nach der fünften Sitzung der Förderkommission mit Unterzeichnung des Memorandums noch weiter ausbauen können.
Meine Damen und Herren, 20 Jahre Partnerschaft: Wir blicken zurück und sehen zugleich ausgezeichnete Perspektiven für eine gute Zusammenarbeit in der Zukunft. Auch das ist unsere Antwort auf die Herausforderung der Globalisierung.
Ich danke unserem Ministerpräsidenten für den Bericht. Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort dem Herrn Oppositionsführer Wolfgang Kubicki.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Seit 20 Jahren besteht die Partnerschaft zwischen der chinesischen Provinz Zhejiang und Schleswig-Holstein und es ist ein schönes Jubiläum. Jubiläen sind Zeitpunkte, zu denen Bilanz gezogen wird: Was geschah und wofür ist es gut? Ich halte unsere Partnerschaft mit China für sinnvoll und gut.
Bevor ich erläutere, warum, möchte ich ganz kurz meine erste Frage beantworten: Was geschah während der ersten 20 Jahre unserer Partnerschaft? Die Welt veränderte sich grundlegend: Der Ostblock brach zusammen und mit ihm die bipolare Weltordnung des Kalten Krieges. Die Folgen des rasanten Wachstums der Weltbevölkerung und der Alterung vieler Völker warfen immer deutlichere Schatten voraus. Die erste Welt entwickelte sich zunehmend
zur Dienstleistungsund Wissensgesellschaft. Schwellenländer, besonders asiatische, schlossen zur ersten Welt auf. Immer mehr Menschen auf der Welt bekamen die Chance auf ein materiell besseres Leben.
So führten Bevölkerungswachstum und steigender Lebensstandard zu einem augenscheinlichen Widerspruch: Noch nie lebten so viele absolut arme Menschen auf der Welt, Menschen, denen höchstens ein Dollar pro Tag zur Verfügung steht. Gleichzeitig war der Anteil der absolut armen Menschen an der Weltbevölkerung noch nie so klein wie heute. Dies sollte uns zugleich Herausforderung und Ansporn sein. Der Fortschritt in der Informationstechnik öffnet völlig neue Wege der weltweiten Arbeitsteilung; deren Ausmaß und Folgen können wir noch längst nicht überblicken.
Im Zuge all dieser Entwicklungen verschoben und verschieben sich die politischen und wirtschaftlichen Gewichte auf der Erde. Liebe Kolleginnen und Kollegen, 2005 war das erste Jahr, in dem das Bruttoinlandsprodukt der Entwicklungsländer größer war als das der Industriestaaten. Rechnet man die nationalen Bruttoinlandsprodukte entsprechend der Kassawechselkurse in Dollar um, war China 2005 bereits die viertgrößte Volkswirtschaft der Welt nach den USA, Japan und Deutschland. Aber diese Methode bewertet die Wirtschaftsleistung in Entwicklungsländern zu niedrig, weil deren örtliche Dienstleistungen zu gering bewertet werden. Treffender ist der Vergleich zu Kaufkraftparitäten. Hiernach war China 2005 nach den USA bereits die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt vor Japan, Indien und Deutschland, und das in dieser Reihenfolge.
Forscher des Internationalen Währungsfonds schätzen, dass China 2025 nach beiden Maßstäben die größte Volkswirtschaft der Welt sein wird. Zu den zehn größten werden dann auch Indien, Mexiko, Russland und Brasilien gehören, und zwar noch vor Deutschland, Großbritannien und Frankreich.
Wirtschaftlicher Aufstieg ist niemals kostenlos. So war China beispielsweise bereits 2000 nach den USA der zweitgrößte Emittent von Treibhausgasen. Das World Resources Institute erwartet, dass China 2025 am meisten emittieren wird, was die besondere Bedeutung der politischen Zusammenarbeit unterstreicht.