Protocol of the Session on May 26, 2005

(Beifall bei der CDU)

Gute Gesetze sind wichtig. Noch wichtiger als gute Gesetze ist aber das Verständnis der Bürgerinnen und Bürger in diesem Land für die Umwelt. Darum entbindet uns eine Rechtsdebatte nicht davon, für Verständnis für den Naturschutz zu werben und gleichzeitig Anreize dafür zu schaffen, dass dieser eingehalten und umgesetzt wird. Wir wollen ein bisschen weg von dem reinen Umweltordnungsrechtsgedanken und mehr hin zur Förderung von Eigenengagement. Auch in der Bildungspolitik arbeiten wir heute nicht mehr mit der Prügelstrafe oder mit dem In-die-EckeStellen. Vielmehr überlegen wir uns, wie wir junge Schülerinnen und Schüler für das Lernen begeistern können. Genauso müssen wir es in der Umweltpolitik halten; weg von mehr Gesetzen, hin zu mehr Förderung. Ich glaube, das sollte im Zentrum stehen.

(Beifall bei der CDU)

Im Regierungsprogramm haben wir gesagt, wir wollen auch das Landesnaturschutzgesetz bis 2006 im Hinblick auf Entbürokratisierung und Deregulierung überarbeiten. Nun ist mir nicht entgangen, dass der FDP-Entwurf schon zu einem Zeitpunkt vorlag, als der Koalitionsvertrag noch gar nicht fertig war. Meine Herren von der FDP, ich glaube, wir haben Sie ein bisschen überrascht, weil Sie damit gar nicht gerechnet haben, dass wir uns im Koalitionsvertrag dazu in dieser Weise äußern. Nun heißt es so schön, vor den Erfolg haben die Götter den Schweiß gesetzt. In diesem Fall kann ich nicht erkennen, dass Sie sehr viel Schweiß vergossen haben, denn in der Tat - es ist mehrfach angeklungen - haben Sie einfach den CDUVorgang übernommen und ein paar sanfte Änderungen vorgenommen.

Nun ist es in der Tat so, dass wir als Landesregierung diesen Entwurf natürlich sorgfältig analysieren werden. Er wird uns nicht aus unserem vorgesehenen Zeitplan werfen. Dieser steht im Koalitionsvertrag und den werden wir einhalten. Das ist auch notwendig. Warum ist das notwendig? Das kann man aus der

(Minister Dr. Christian von Boetticher)

Opposition heraus im Einzelnen nicht immer nachvollziehen, aber wir haben sowieso Novellierungsbedarf.

Egal, wie man zu dem Entwurf von 2002 steht, die Zeit bleibt nicht stehen. Es hat sich bei der Bundesgesetzgebung und auch bei der europäischen Gesetzgebung einiges getan. Darum müsste das Landesnaturschutzgesetz sowieso überarbeitet werden. Sehr geehrte Herren von der FDP, dort sind einige Punkte enthalten, die Sie übersehen haben: Wir müssen § 37 des Landesnaturschutzgesetzes überarbeiten. Wir müssen nach der Sportboothafenverordnung entsprechende Gebühren einführen. Wir müssen auch § 34 a des Bundesnaturschutzgesetzes umsetzen und aus dem Bundesnaturschutzgesetz die entsprechende Verträglichkeitsprüfung bei der Anwendung gentechnischer Organismen überarbeiten. Schließlich haben wir auch im Rahmen des geplanten Umweltschadenrechts gemäß § 21 a Bundesnaturschutzgesetz bestimmte Regelungen einzuarbeiten. All das wird die Regierung selbstverständlich berücksichtigen und in ihrem eigenen Entwurf entsprechend eingearbeitet haben.

(Beifall des Abgeordneten Jürgen Feddersen [CDU])

Ich möchte aber noch ein paar grundsätzliche Aspekte im Hinblick auf ein Landesnaturschutzgesetz von mir geben. Zunächst einmal muss ein solches Naturschutzgesetz verständlich sein. Wir wollen es aber auch inhaltlich verschlanken. Hier verstehe ich eine Kritik an einer Eins-zu-eins-Umsetzung überhaupt nicht, denn wollte man eine Eins-zu-eins-Umsetzung wirklich kritisieren, dann würde man gleichzeitig europäisches Recht und Bundesnaturschutzrecht als völlig unvollständig kritisieren.

(Beifall bei der CDU)

Wer das nicht tut, wer in dieser Hinsicht das Bundesnaturschutzrecht nicht kritisiert, was wir nicht tun, denn wir glauben, dass dies vollständig, vielleicht an einigen Stellen sogar übervollständig ist, der darf auch nicht gegen eine Eins-zu-eins-Umsetzung sein, weil diese genau das widerspiegelt, was uns in Schleswig-Holstein von oben vorgegeben wird.

(Beifall bei der CDU)

Daher steht die Eins-zu-eins-Umsetzung auch im Koalitionsvertrag. Ich sage ausdrücklich, dort steht sie zu Recht. Wir begrüßen inhaltlich den Vorrang des Vertragsnaturschutzes. Im Übrigen habe ich die alte Regierung - in diesem Fall die Damen und Herren von den Grünen - nie anders verstanden, als man zum Schluss in den Debatten immer gesagt hat, jawohl, der Vertragsnaturschutz hat Vorrang. Wenn

man das wirklich will und wenn das politischer Konsens in diesem Haus ist, dann muss man auch eine Möglichkeit finden, wie man einen solchen Vorrang gesetzlich verankern kann. Hier wird das Haus prüfen, wie eine solche Verankerung möglich ist.

(Beifall bei der CDU)

Wir bekennen uns ganz nachdrücklich zu einem partnerschaftlichen Naturschutz. Das ist wirklich etwas Neues. Wir wollen, dass Naturschutz in möglichst breiten Gesellschaftsschichten Akzeptanz findet und umgesetzt wird. Ohne Begeisterung der Bürgerinnen und Bürger wird sich ein flächendeckender Naturschutz nicht ausführen lassen. Genau das aber wollen wir, wie ich das am Anfang meiner Rede bereits deutlich gemacht habe. Darum ist Vertragsnaturschutz gut. Im Übrigen werden wir nicht überall damit auskommen, wenn wir zum Beispiel größere Vernässungsmaßnahmen vorhaben. Ich denke da an die mittlere Treene, wo es entsprechende Projekte gibt. Herr Hildebrand, wenn man das einmal deutlich machen darf, dann sind die Landwirte froh, dass sie entsprechende Feuchtgebiete verkaufen können. Eine solche Politik macht partiell dort, wo es notwendig ist, auch Sinn. Ich denke, das muss an dieser Stelle der Einzelfall ergeben.

Wenn das Umweltordnungsrecht greift, wenn wir vom Fördern weggehen, weil es sich nicht anbietet, und hin zur Anwendung des Ordnungsrechts gehen, dann ist es für mich ganz wichtig, dass wir die Bürgerinnen und Bürger so rechtzeitig wie möglich in diesen Prozess einbinden, sie informieren, mit ihnen über die Auswirkungen debattieren und - wenn möglich - die Anwendungen verständlich machen. Für mich gehört das an dieser Stelle zu einem kooperativen Stil dazu.

(Beifall bei der CDU und der Abgeordneten Sandra Redmann [SPD])

Wenn wir diese Dinge, die ich eben genannt habe, in Rechtswerk umsetzen und in der praktischen Naturschutzpolitik beherzigen, dann werden wir dem Naturschutz wieder ein positives Image geben, was er eigentlich verdient. Angesichts der Situation in diesem Land verdient er ein positives Image, denn viele von uns leben von einer guten Umwelt. Nicht nur die Landwirtschaft profitiert von einer gesunden Umwelt, sondern auch der Tourismus, auf den wir in diesem Land setzen müssen, profitiert davon, wenn wir eine ordnungsgemäß gute Natur haben, die die Menschen hierher bringt, denn die Menschen kommen zu uns, weil die Landschaft schön ist und nicht, weil es hier so aussieht wie in Bottrop oder in Wanne-Eickel.

(Beifall bei CDU, SPD und SSW)

(Minister Dr. Christian von Boetticher)

Darum sollten wir am Ende aller Rechtsdebatten, die wir hier führen werden, zu einer großen Koalition für den Umweltschutz kommen. Wenn Herr Nabel sich mit Claus Ehlers einig ist und beide sagen: Jawohl, hier gehen wir gemeinsam voran und wir bewirken etwas Gutes für die Natur, dann haben wir das Ziel erreicht.

(Beifall bei CDU, FDP und der Abgeordne- ten Dr. Henning Höppner [SPD] und Bernd Schröder [SPD])

Dann haben wir es geschafft, gemeinsam zu gehen und etwas Positives für unsere Umwelt zu tun.

(Beifall bei CDU, SPD, FDP und SSW)

Zu einem Kurzbeitrag nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung hat Herr Abgeordneter Kubicki das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr verehrter Herr Minister, das war wirklich - wenn ich das sagen darf - eine berauschende Jungfernrede;

(Beifall bei FDP und CDU)

denn die Vorstellung, Klaus Ehlers und Konrad Nabel Arm in Arm für den Naturschutz, das ist wirklich der Arbeiter- und Bauernstaat auf schleswig-holsteinischem Boden.

(Heiterkeit und Beifall bei der FDP)

Ich habe auch festgestellt, dass ich, nachdem mich drei Leute auf den Kühlschrank angesprochen haben, in der Haushaltsabteilung die Gerätemarke wechseln muss. Kühlschrank ist out, Waschmaschine ist in. Wir haben Programme, Herr Nabel.

(Zuruf: Weichspüler! - Herlich Marie Tod- sen-Reese [CDU]: Schleudertrauma!)

Gerade weil wir Programme haben, Frau Kollegin Todsen-Reese, darf man es uns als FDP nicht verübeln, dass wir versuchen, unser Wahlprogramm umzusetzen. Einer der wesentlichen Teile unseres Wahlprogramms - übrigens der gemeinsamen Wahlkampfführung von Union und FDP bis zum Wahltag - war, dass wir als erstes darangehen wollen, die Naturschutzbürokratie zurückzuschrauben, das Naturschutzrecht zu novellieren, denn wir hatten erkannt - wir jedenfalls sind immer der Überzeugung gewesen -, dass das eine der größten Wachstumsbremsen in unserem Land ist. Ich sage noch einmal: Je mehr Zeit wir ins Land gehen lassen, ohne an die Novellierung heranzugehen, desto schwieriger wird es wer

den, dem auch von dem Ministerpräsidenten getragenen Wort, Arbeitsplätze und Wachstum hätten Vorrang, wirklich Gewicht zu verleihen.

(Beifall bei der FDP)

Insofern sehen Sie es uns bitte nach, dass wir den Gesetzentwurf eingebracht haben, der ja - wie Sie zu Recht sagen - zu 95 % oder zu 97 % - wie auch immer - dem entspricht, was Sie vorgelegt haben. Bis dahin dachte ich, Solidität ginge vor Schnelligkeit. Heute habe ich gehört, das war bei Ihnen nicht der Fall.

(Herlich Marie Todsen-Reese [CDU]: Bei uns war es beides!)

Sie wissen doch, in der Vergangenheit haben wir jedenfalls in vielen Bereichen Seite an Seite gekämpft. Wir haben den Gesetzentwurf nicht abgelehnt, sondern uns aus Gründen, die wir in dieser Vorlage zu beseitigen versucht haben, der Stimme enthalten.

Ich will noch einmal sagen: Ich bin dankbar für die differenzierte Darstellungsweise des Kollegen Harms, der ich mich überwiegend anschließen kann. Das ist etwas anderes als das, was uns der Kollege Hentschel von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN präsentierte. Ich wundere mich jedes Mal wieder, mit welcher Inbrunst er zu allen möglichen Themen das Seine beiträgt. Ich habe mich bei seinem Beitrag gefragt, ob ich mich von diesem Allroundgenie operieren lassen würde.

(Heiterkeit bei der FDP)

Ich habe mich dann entschieden, lieber nicht! Nachdem ich entschieden habe, dass ich mich von ihm nicht operieren lasse, lasse ich mich von ihm auch nicht darüber belehren, wie man Normen aufstellt, Normen auslegt und im Zweifel anwendet.

(Beifall bei der FDP)

Denn wenn es so wäre, dass man schlicht und ergreifend aufgrund der Tatsache, dass man einer Partei beitritt, sich jedes Studium ersparen kann, dann wäre das mit Sicherheit ein Beitrag zur Fortbildung in diesem Land.

(Beifall bei FDP, CDU und SSW)

Vielen Dank, Herr Kubicki. - Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Es ist beantragt worden, den Gesetzentwurf Drucksache 16/26 dem Umwelt- und Agrarausschuss federführend und dem Innen- und Rechtsausschuss mitberatend zu überweisen. Richtig? - Wer so beschließen

(Vizepräsidentin Ingrid Franzen)

möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Das ist so beschlosen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 16 auf: