Ich danke Herrn Abgeordneten Lothar Hay. - Das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat der Fraktionsvorsitzende, Herr Abgeordneter Karl-Martin Hentschel.
leitet seine Vorträge gern damit ein, dass außer ihm wohl nur wenigen die Dramatik unserer Haushaltslage bewusst sei. - Ich denke, Sie verschätzen sich da! Wir haben in den Regierungsjahren diese bittere Erkenntnis schon früher gewonnen als Sie.
Wir werden in der Opposition nicht so tun, als hätten wir das vergessen! Wir erkennen auch an, dass Sie einige Kürzungen durchgesetzt haben, die wir uns nicht getraut hätten. Wir werden deshalb - anders als die FDP - Ihrer Regierung beim Sparen nicht in den Rücken fallen.
Ich möchte aber - bevor ich zu Ihrem Haushalt komme - noch einmal an einige Szenen erinnern, die wir zu rot-grünen Zeiten hatten. Hatten wir mehr Lehrer eingestellt, dann hat die CDU noch mehr Neueinstellungen gefordert. Hatten wir bei den Kommunen gespart, dann standen Sie voller Empörung in der ersten Reihe der Ankläger. Mit lauter Begleitmusik sind Sie vor zwei Jahren mit einer Klage gegen den verfassungswidrigen Haushalt 2003 zu Felde gezogen. Die haben Sie lautlos wieder beerdigt.
Als wir das Weihnachtsgeld gekürzt haben, standen hier einigen von Ihnen die Krokodilstränen in den Augen und Sie versprachen, so etwas werde es bei einer Unionsregierung nie und nimmer geben!
“Die CDU wäre gut beraten, den Mund nicht allzu voll zu nehmen mit Ankündigungen, bei ihr werde alles besser werden, auch der Haushalt. Wer das behauptet, hat die Dimension des Problems noch nicht begriffen, oder aber er will schlicht in die Irre führen.“
Für mich stellt sich die Frage: Waren Sie, Herr Carstensen, und Ihr Kompetenzteam einfach nur naiv oder war das Absicht?
Wir Grünen haben vor der Wahl gesagt, dass gespart werden muss. Sie haben den ehrlichen, kernigen Burschen von der Westküste gespielt, dem die Leute vertrauen können. Und jetzt erklären Sie, Sie hätten sich geirrt. Keines Ihrer Versprechen können Sie einlösen und das verkaufen Sie auch noch als neue Ehrlichkeit. Herr Carstensen, das hat mit Ehrlichkeit nichts zu tun. Das ist Betrug an den Menschen, die sie gewählt haben.
Meine Damen und Herren, in dem Papier „Mehr Zukunft für Schleswig-Holstein“ aus dem Jahre 2004 schrieben die damaligen Oberwahlkämpfer Carstensen und Austermann:
„Wir werden aber nicht nur auf mehr Steuereinnahmen durch Wachstum setzen, sondern auch eisern sparen... Wir wollen zehn Jahre lang Jahr für Jahr die Ausgabenseite um über 50 Millionen € absenken. Das ist nicht einfach.“
In der Tat: Eine Absenkung von 50 Millionen € pro Jahr ist nicht einfach. Deswegen machen Sie genau das Gegenteil. Sie erhöhen um 100 Millionen € pro Jahr. Trotz einiger ernsthafter Sparbemühungen gibt diese Regierung Jahr für Jahr mehr aus als die vorige. Lagen wir 2004 noch unter der 8-Milliarden-Marke, so sind wir am Ende des Jahres 2008 laut Ihrem Entwurf, Herr Wiegard, bei 8,4 Milliarden € angelangt.
Warum versuchen Sie trotzdem erneut, den Menschen das Gegenteil zu verkaufen? Auf der Pressekonferenz, die Sie mit Herrn Carstensen am 4. Juli 2006 gemacht haben, behaupteten Sie, die Landesregierung spare in den nächsten zwei Jahren 600 Millionen €.
Gucken wir uns die Zahlen an, die Sie vorgelegt haben. Sie erhöhen sogar gegenüber der mittelfristigen Finanzplanung. Sie geben 200 Millionen € mehr aus.
Würde man heute interessierte Bürgerinnen und Bürger fragen, bei wem die Nettoneuverschuldung höher gewesen ist, bei Rot-Grün oder bei der großen Koalition, würden fast alle Leute im Lande sagen: Die war bei Rot-Grün höher. Tatsache ist, dass die angestrebte Nettoneuverschuldung dieser Regierung in diesem Jahr 800 Millionen € über
Auch 2008 wird die Neuverschuldung nach dem vorliegenden Doppelhaushalt noch höher liegen. Selbst im Wahljahr 2010 - so sagt uns Ihr Finanzplan, Herr Wiegard - wird die Neuverschuldung noch über dem Niveau liegen, mit dem Rot-Grün 2004 geendet hat, nämlich 790 Millionen €. Und dann versuchen Sie, den Leuten zu verkaufen, Sie sparten!
Herr Carstensen, Herr Wiegard, es waren eine Menge bunte Raketen in Ihrem Pressefeuerwerk vom 4. Juli 2006. Die funkelten schön. Aber Ihr Sparkurs entpuppt sich unter dem Strich als fetter Chinakracher: Nur Schall und Rauch. Die Nettoneuverschuldung senken Sie damit nicht.
Nachdem sich das Defizit des Landes in den letzten zwei Jahren noch einmal verdoppelt hat, soll es jetzt endlich losgehen mit der Reduzierung der Nettoneuverschuldung. Aber auch hier lohnt es sich, die Zahlen anzuschauen, denn die prognostizierte Reduzierung des Defizits beruht nicht auf Einsparungen. Sie beruht allein darauf, dass die Landesregierung Mehreinnahmen mit Steuern bis 2010 in Höhe von 1 Milliarde € rechnet. 1 Milliarde mehr bei Nettoeinnahmen von 5 Milliarden, das sind 20 % Mehreinnahmen bis 2010. 20 % Mehreinnahmen in vier Jahren? Das ist keine solide Haushaltspolitik. Das ist „Konjunktur-Voodoo“.
Eingerechnet ist natürlich die Mehrwertsteuererhöhung. Im Frühjahr 2005 hat sich unser Wahlkämpfer Carstensen auch dazu geäußert:
„Es ist schon armselig, wenn Heide Simonis wieder einmal nichts anderes einfällt, als die von Rot-Grün ruinierten Staatsfinanzen durch Steuererhöhungen zu retten. Dieses wird nicht funktionieren, weil die Wirtschaft damit nicht belebt wird.“
Und heute machen Sie genau das: Durch Steigerung der Steuern um 20 % will die große Koalition im Jahre 2010 bei der Höhe der Neuverschuldung landen, mit der Rot-Grün aufgehört hat. Mit Sparen hat das nichts zu tun.
Schauen wir uns nun genauer an, wo gespart wird und wo nicht. Tatsächlich gibt es zwei Stellen, an denen gespart wird: bei den Sonderzahlungen für Beamte und bei den Kommunen.
waltungsstrukturen und der Gebietsreform -, da blockiert die CDU. Jedes Ministerium verteidigt seinen Hof.
- Aber wir haben es geschafft, den Ministerien jedes Jahr eine Quote zu setzen, um die sie abbauen mussten. Das hat die neue Regierung nicht geschafft. - Die Pseudo-Einsparungen durch Verbeamtungen dürfen sogar als Sparbeiträge angerechnet werden. Das klingt wie Trick 17 mit Selbstüberlistung. Aber bei einem Finanzminister ist das ein Skandal auf Kosten der Zukunft.
Wenn Herr Wadephul sagt, die Koalition habe beim Bürokratieabbau Pflöcke eingeschlagen, dann muss ich leider feststellen, Herr Wadephul, dass Sie keine Pflöcke, sondern Streichhölzer eingeschlagen haben.
Meine Damen und Herren, Tag für Tag lesen wir in der Zeitung, welche Wohltaten diese Regierung im Land verbreitet. Dafür hat sie den Schleswig-Holstein-Fonds geschaffen: ein persönlicher Geschenk-Etat für die Minister Carstensen und Austermann von 100 Millionen € jährlich.
Dieser Fonds - im CDU-Wahlkampf „Turn-aroundFonds“ genannt - sollte durch Umschichtungen finanziert werden. „Turn around“ ist an diesem Fonds nur eines: Dieser Fonds wird jetzt zu hundert Prozent aus Schulden finanziert. Dafür werden entgegen den Versprechungen - den Kommunen Jahr für Jahr 120 Millionen € weggenommen.
Herr Wadephul, das ist kein Kompromiss. Im Koalitionsvertrag steht nämlich: Grundsatz sei, dass das Land seine Finanzprobleme nicht zulasten der Kommunen lösen werde. Wenn Sie jetzt sagen, dies sei ein Kompromiss, den Sie eingegangen seien, dann ist nichts dergleichen wahr. Da hat die CDU voll zugestimmt.
Der Ministerpräsident empfiehlt seinen „Kommunalos“ zynisch, sie sollten die Kürzungen doch bei den Kindergärten und bei der Schülerbeförderung wieder einsparen. Dazu sagt mit Recht der Geschäftsführer des Landkreistages Jan-Christian Erps:
„Besonders betrüblich ist nach Durchsicht der Kompensationsliste, dass es sich bei zahlreichen Punkten nicht um echte Einsparungen, sondern um weitere Belastungen der Bürgerinnen und Bürger handelt.“
Herr Wiegard, jeder, der Verwaltung rationalisiert hat, weiß, dass die Gretchenfrage der Stellenabbau ist. Das war Ihnen auch vor der Wahl sehr bewusst. Ich zitiere:
„Wir wollen in der allgemeinen Verwaltung bis zum Jahr 2010 2.650 Stellen in den Ministerien und nachgeordneten Behörden durch Fluktuation und Pensionierungen einsparen.“
Dies stand 2005 in einer Wahlkampfbroschüre. In diesem Jahr aber ist die Zahl der Stellen in der Landesverwaltung zum ersten Mal seit zehn Jahren wieder um 150 Stellen gewachsen, wobei die Lehrerinnen und Lehrer noch nicht einmal mitgerechnet wurden. Nur, weil die Hochschulbeschäftigten in einen anderen Stellenplan verlagert wurden, sind die Stellen nicht eingespart. Nun sollen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die Sie in Zukunft planen, an die Kommunen abzugeben, auf die Einsparkorridore angerechnet werden. Auch das ist ein Trick. Den Steuerzahlern ist es piepegal, ob das Geld vom Landesbesoldungsamt oder auf Kreisebene gezahlt wird.