Protocol of the Session on June 29, 2006

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Ich sehe, das ist nicht der Fall.

Mit dem Antrag wird ein Bericht in dieser Tagung erbeten. Ich frage das Parlament, ob es bereit ist, den Bericht des Ministers entgegenzunehmen, und bitte um Handzeichen. - Zustimmendes Nicken und Handzeichen; damit wird der Minister für Wissenschaft, Wirtschaft und Verkehr, Herr Dietrich Austermann, um den Bericht gebeten. - Herr Minister, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wem gefällt die Vorstellung nicht, dass man an einer Stelle in Schleswig-Holstein einen großen leistungsfähigen Airport mit Charterverkehr und Lowcost-Angeboten bekommt, und das möglicherweise mitten in Schleswig-Holstein. Ich rede nicht von Kaltenkirchen, um die SPD nicht zu beunruhigen,

(Heiterkeit)

sondern ich rede von den Überlegungen, die es im Hinblick auf die Airgate Gesellschaft gibt, die in Jagel einen Flughafen der Bundeswehr mit nutzen möchte.

Lassen Sie mich kurz die Interessenlage darstellen. Seit dem Jahr 2004 besteht eine GmbH Airgate Schleswig-Holstein, die einem privaten Investor die zivile Mitnutzung des Militärflugplatzes Jagel ermöglichen möchte. Der Privatinvestor muss nach unserer Meinung davon überzeugt sein, dass das Konzept funktioniert, dass es in dieser dünn besiedelten Region auch eine ausreichende Nachfrage gibt, und natürlich sollen nach Möglichkeit die wirtschaftlichen Effekte dargestellt werden.

Durch die zivile Mitnutzung des Militärflugplatzes rechnen die Initiatoren mit einem Kostenvorteil, der die Wirtschaftlichkeit des Flugplatzes bereits ab einer Nutzerzahl in der Größenordnung von 350.000 je Jahr sicherstellen soll. Man sieht Marktchancen für die Abfertigung von Charterflügen und Lowcostcarriern und rechnet mit einer Investition in Höhe von 55 Millionen €, um die Voraussetzungen für den zivilen Flugverkehr zu schaffen.

Man kann unterschiedliche Vorstellungen darüber haben, ob das an dieser Stelle sinnvoll ist, ob das möglich ist. Ich weise darauf hin, dass es in der Vergangenheit die eine oder andere Untersuchung gegeben hat, die prüfen sollte, ob das sinnvoll und richtig ist. Wir haben bereits Anfang des Jahres 2005 ein gemeinsames Flugverkehrskonzept der Länder Hamburg und Schleswig-Holstein gehabt. Der Gutachter weist dort auf eine Untersuchung der Firma Weidleplan hin. Diese Untersuchung aus dem Jahr 2001 ist im Zusammenhang mit der Untersuchung von Alternativstandorten für den Flughafen Kiel-Holtenau erstellt worden. Da heißt es im Ergebnis, dass Jagel zwar über eine längere Startund Landebahn als der Flughafen Kiel-Holtenau verfügt, in Bezug auf Marktpotenziale aber die geringere Nachfrage auf sich konzentrieren würde. Jeder hier im Haus kennt die Nachfragesituation bei Kiel-Holtenau und kann daraus seine Schlüsse ziehen, was das für den Flugplatz Jagel bedeutet.

Auf der anderen Seite steht dem die sehr dynamische Entwicklung des Flughafens Billund in Dänemark gegenüber, der praktisch eine vergleichbare Situation wie Schleswig-Jagel hat. Von daher sind die Mutmaßungen, das nur vom Einzugsgebiet abhängig zu machen, unberechtigt.

Wir erwarten allerdings, dass man, um weitere Entscheidungen fördern zu lassen, einen Antrag mit folgenden Voraussetzungen vorlegen muss: erstens Nachweis der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Flughafenbetreibers und zweitens Vorlage einer Potenzialanalyse, um die Auswirkungen des Flugbetriebes auf Umwelt und Menschen beurteilen zu können. Beide Voraussetzungen sind bislang nicht erfüllt. Es sind weder Investoren genannt worden noch ist eine Fluggesellschaft bekannt, die bestätigt, Jagel anfliegen zu wollen.

Wir stehen in gutem Kontakt zu vielen namenhaften Fluggesellschaften in Deutschland. Wir haben im Zusammenhang mit dem Flughafen Kiel-Holtenau Gespräche mit vielen Gesellschaften geführt. Darunter gibt es allerdings bis heute keine Gesellschaft, die sagt: Ich möchte gern Jagel anfliegen, ich möchte gern das Potenzial ausnutzen.

Auch eine Potenzialanalyse, die die genannten Voraussetzungen erfüllt, liegt bisher nicht vor. Es gibt eine Befragung durch die Universität Flensburg nach dem Motto: Würden Sie Jagel nutzen, wenn Sie die Möglichkeit hätten? Man fragt da auch Leute, die in den letzten Jahren überhaupt nicht geflogen sind. Ich glaube, dass das nicht so ohne weiteres aussagekräftig ist.

Eine abschließende Bewertung kann ich aber nicht vornehmen, weil die Arbeit der Universität Flensburg bislang dem Ministerium und der Luftfahrtbehörde nicht zur Prüfung vorgelegt worden ist. Auf Anfrage bei Airgate ist meinem Haus eine Übersicht vorgelegt worden, die aber keine Aussagekraft hinsichtlich wirklicher Potenziale bietet. Die Bitte an die Uni Flensburg, man möge uns das Ganze schicken, ist bis heute erfolglos geblieben.

(Detlef Matthiessen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich habe sie hier!)

- Ja, ich beschreibe hier auch nur die Situation, wie sie sich im normalen Arbeitsgang eines gut geführten Ministeriums abspielt.

(Heiterkeit und vereinzelter Beifall bei CDU und SPD)

Das heißt, wir sammeln Fakten, wir holen uns Stellungnahmen und Gutachten ein und versuchen, jede vernünftige wirtschaftliche Initiative zu unterstützen.

Deshalb sage ich hier noch einmal: Sobald wir entsprechende Rahmendaten haben, werden wir das, was ich an anderer Stelle angekündigt habe, machen, nämlich die möglichen Betreiber dabei unterstützen. Das bedeutet aber nicht finanzielle Unterstützung, sondern das heißt, dass wir alles, was darunter möglich ist, das Genehmigungsverfahren positiv beeinflussen, mit Behörden reden, also alle Maßnahmen, die dafür erforderlich sind, auch ausschöpfen werden. An uns wird das Projekt nicht scheitern.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Den Satz wollte ich hören!)

- An uns wird das Projekt nicht scheitern.

(Beifall der Abgeordneten Johannes Callsen [CDU] und Wolfgang Kubicki [FDP])

Ich habe aber die Einschätzung, dass diejenigen, die das Projekt am meisten wollen, bisher am wenigsten für die Erbringung der Voraussetzungen getan haben.

(Vereinzelter Beifall bei CDU und SPD)

Man muss sagen: Wenn du das tatsächlich machen willst, dann müssen wir uns in die Augen sehen und nicht eine Veranstaltung und ein Gespräch nach dem anderen durchführen, sondern Fakten auf den Tisch legen. Sobald diese auf dem Tisch liegen, kann ich sagen: grünes Licht.

(Beifall bei CDU, SPD und des Abgeordne- ten Lars Harms [SSW])

Ich danke Herrn Minister Austermann für seinen Bericht und eröffne die Aussprache. - Das Wort für die FDP-Fraktion hat Herr Abgeordneter Dr. Heiner Garg.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Schade, Herr Minister Austermann. Eigentlich hätte ich die Rede gern mit dem Satz begonnen, dass alle großen Persönlichkeiten der schleswig-holsteinischen Wirtschaftspolitik - Arp, Callsen, Börnsen und Austermann - mittlerweile voll und ganz hinter dem Projekt Jagel stehen. Immerhin haben Sie, Herr Austermann, gegenüber dem NDR - wenn meine Informationen richtig sind; das kann man noch einmal nachprüfen - am 13. Juni 2006 gesagt, dass jetzt auch der Wirtschaftsminister den JagelAirport unterstütze.

Insofern wundert es mich ein wenig, dass Sie Ihre vermeintliche Unterstützung, die Sie zu Anfang

eingeräumt haben, in Ihrem Debattenbeitrag schon wieder erheblich eingeschränkt haben. Das mag aber der Tatsache geschuldet sein, dass der Kollege Astrup nach mir für eine der Regierungsfraktionen sprechen wird.

(Zurufe von der SPD)

Im Übrigen, sehr geehrter Herr Wirtschaftsminister: Der Vergleich der Potenzialanalysen von Jagel und Holtenau ist schlicht schon deswegen unzulässig, weil in Holtenau niemals das Potenzial für Charterverkehre abgefragt wurde. Da aber Jagel vor allem auf Charterverkehr baut, ist der Vergleich, den Sie ziehen, völlig abwegig.

(Beifall bei der FDP)

Mich wundert, dass gerade Sie, der Sie mit großem verkehrspolitischen Sachverstand ausgerüstet sind, diesen Vergleich gezogen haben.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die zivile Mitnutzung des Militärflugplatzes am Fliegerhorst Schleswig-Jagel verspricht aus unserer Sicht ein Erfolg zu werden. Wenn das gelänge - wir sind überzeugt davon -, dann wäre das Projekt Jagel Airport ein Paradebeispiel für eine private Investition, die das Wachstum beschleunigt und Arbeitsplätze schafft, und zwar in einer verhältnismäßig strukturschwachen Gegend unseres Landes.

Beim Jagel Airport wird aus der Region in die Region investiert. Regional ansässige Geschäftsleute haben sich zusammengeschlossen, um den Jagel Airport mit ihrem eigenen Geld aufzubauen. Ich denke, diese verstehen, wenn sie bereit sind, ihr eigenes Kapital einzusetzen, es zu riskieren, im Zweifel mehr davon als regionale verkehrspolitische Sprecher, von welcher Fraktion auch immer. Da schließe ich mich auch gerne ein. Selbstverständlich baut ihr Konzept auf der bereits vorhandenen Infrastruktur des Militärflugplatzes auf und selbstverständlich erwarten die Investoren, dass das investierte Kapital mittel- und langfristig eine marktübliche Rendite erwirtschaftet.

Beides ist vorteilhaft. Die Bundeswehr und die NATO sind offensichtlich überzeugt, dass ihre Einsatzbereitschaft durch die zivile Mitnutzung jeweils nicht gefährdet wird. Denn sonst wäre die Mitnutzung ja nicht genehmigt worden. Aber durch die Mitnutzung würden die Kosten der Infrastruktur auf mehr Träger verteilt, der Flugplatz würde besser ausgenutzt. Das, Herr Wirtschaftsminister, ist ein Paradebeispiel für eine öffentlich-private Partnerschaft.

Dass die Investoren erwarten, Geld zu verdienen, ist die notwendige Voraussetzung für private Inve

(Minister Dietrich Austermann)

stitionen. Sie erwarten keinen Cent öffentliche Subventionen, um das noch einmal klipp und klar zu sagen. Das wissen Sie auch. Die Investoren wollen die entstehenden Kosten selbst tragen. Das ist ein Paradebeispiel für ein Investitionsprojekt in einem strukturschwachen Raum.

Bis zum Jahre 2008 sind 51,3 Millionen € Investitionen geplant. Dafür wollen die Investoren 10 Millionen € Eigenkapital aufbringen und sind bereit, sich für ihr Projekt mit weiteren 41,3 Millionen € zu verschulden, weil sie glauben, dass das der Jagel Airport wert ist, Herr Wirtschaftsminister.

Private Geschäftsleute gehen mit ihrem eigenen Geld meistens sorgsamer um als Großkoalitionäre mit dem Geld der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler.

(Beifall bei der FDP - Widerspruch bei der CDU)

Deswegen haben die Investoren selbstverständlich versucht, so viel wie möglich über ihren neuen Markt und über das Potenzial ihres neuen Marktes zu erfahren, und deswegen hat das Institut für Medienmanagement der Universität Flensburg die potenzielle Nachfrage nach den Dienstleistungen des Jagel Airport erforscht.

In einem Umkreis von 60 Minuten Autofahrzeit um den Flugplatz wurden die Bevölkerungsstruktur, das Wirtschaftspotenzial und die Infrastruktur im Hinblick auf den Jagel Airport untersucht. In diesem Raum vor den Toren Hamburgs bis weit nach Dänemark hinein leben und arbeiten 1,8 Millionen Menschen, von den 900.000 Jagel in 30 Minuten mit dem Auto erreichen können. Repräsentative Stichproben der Bevölkerung, der Unternehmen und speziell der Reisebüros in dieser Region wurden für die Untersuchung herangezogen.

Die Investoren sind mit dem Ergebnis zufrieden. Ihre Geschäftspläne und die Potenzialanalyse zusammen haben ihren Kreditgebern so viel Zutrauen in dieses Projekt vermittelt, dass sie bereit sind, 41,3 Millionen € Kredit zu bewilligen. Damit steht dem Ausbau der notwendigen zusätzlichen Infrastruktur für den Jagel Airport fast nichts mehr im Wege.

Sehr geehrter Herr Wirtschaftsminister, angesichts der bisherigen Erfolgsgeschichte stünde es einer CDU-geführten Landesregierung wirklich gut zu Gesicht, diese Initiative aus der strukturschwachen Region Schleswig-Flensburg für die strukturschwache Region Schleswig-Flensburg weniger stiefmütterlich zu behandeln, als Sie das auch in Ihrem Redebeitrag wiederum getan haben.

An dieser Stelle will ich mich ganz ausdrücklich bei den Kollegen Callsen und Arp bedanken, die sich ohne jede Einschränkung zum Projekt Schleswig-Jagel bekannt haben. Herzlichen Dank dafür!

(Beifall bei der FDP - Zurufe von der CDU)

Ich danke Herrn Abgeordneten Dr. Garg und erteile für die CDU-Fraktion Herrn Abgeordneten Johannes Callsen das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die zivile Mitnutzung des Militärflughafens in Jagel ist bekanntlich seit einigen Jahren ein Thema, nicht nur in der Region, sondern auch auf Landesebene. So hat bereits die vorige Landesregierung in ihren Untersuchungen zum Flughafenausbau in Kiel-Holtenau stets auch Jagel als ernsthafte Alternative in die Überlegungen einbezogen, allerdings mit einem Ergebnis, das den Einsatz von Landesmitteln im Vergleich mit anderen Standorten nicht rechtfertigte.

Seit drei Jahren nun hat die Diskussion um den zivilen Flugverkehr in Jagel eine neue Bedeutung bekommen: Mit der Gründung der AIRGATE SH haben Unternehmer aus der Region ein Zeichen gesetzt, durch eine Verbesserung der Infrastruktur im Luftverkehr zu neuen Impulsen für die wirtschaftliche Entwicklung im Landesteil Schleswig zu kommen. Mit dem zivilen Flugverkehr in Jagel verbinden sich nicht nur Hoffnungen auf eine Erhöhung der Wirtschaftskraft und eine Belebung des Arbeitsmarktes, sondern es wird auch eine steigende Attraktivität der gesamten Region für Investoren gesehen.