Protocol of the Session on June 29, 2006

(Beifall )

Herzlichen Dank. - Für den SSW erhält Herr Abgeordneter Lars Harms das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der immense Zuwachs des Güterverkehrs führt bereits heute zu Staus auf Autobahnen und zu verstopften Landstraßen. Insofern ist dieses Problem ein etwas größeres; deswegen möchte ich meine Rede auch komplett halten.

Aus den genannten Gründen wurde nämlich von der EU beschlossen, das Programm Marco Polo einzuführen. Wie schon von den Vorrednern gesagt wurde: Es ist ein Gesamtetat von 115 Millionen €, der nun auf sechs Jahre aufgestockt wird.

Mit diesem neuen Programm werden zwei Ziele verfolgt; das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Deshalb ist das, was Herr Kollege Fi

scher sagte, nämlich auch für den Europaausschuss sehr wichtig. Zum einen soll der Verkehr auf umweltfreundliche Verkehrsmittel verlagert werden ein politisches Ziel - und zum anderen zielt das Programm darauf ab, den Verkehr insgesamt einzudämmen.

Der Verlagerung des Güterverkehrs von der Straße auf die Schiene und insbesondere auf Kurzstrecken-Seeverkehr und Binnenschifffahrt wird hierbei große Bedeutung beigemessen. Dies ist im Übrigen eine Neuerung gegenüber Marco Polo I. Das macht nochmals deutlich, dass das Konzept from road to sea stärker vorangebracht werden muss. Für Schleswig-Holstein bedeutet dies, dass unsere Häfen und die entsprechende Hinterlandanbindung unserer Häfen vorangebracht werden müssen. Mit dem Programm werden konkrete Verkehrsprojekte gefördert, die eine Alternative zum Straßenverkehr darstellen, und das ist sehr wichtig.

Gefördert werden hierbei nur grenzüberschreitende Projekte. Die geografische Lage des Landes Schleswig-Holstein lädt natürlich geradezu dazu ein, dieses Programm auch entsprechend zu nutzen. Nicht nur der Verkehr von Norden nach Süden, sondern insbesondere auch der Ost-West-Verkehr wird in den nächsten Jahren enorm zulegen. Daher ist davon auszugehen, dass insbesondere unsere Ostseehäfen in diesem Zusammenhang eine noch größere Rolle als Dreh- und Angelpunkt spielen werden. Von diesen Vorteilen sollte dann natürlich auch der Puttgardener Hafen profitieren. Daher wird das Programm Marco Polo II für Schleswig-Holstein und den gesamten Ostseeraum künftig von großer Bedeutung sein.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD und Beifall des Abgeordneten Detlef Matthiessen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Aus diesem Grund ist es wichtig, dass SchleswigHolstein seine guten Kontakte zu den Ostseeanrainerstaaten aufrechterhält. Das ist zwar ein anderes Politikfeld, auch ein europäisches Politikfeld, hat aber damit zu tun. Schließlich handelt es sich hierbei um einen wachsenden Wirtschaftsraum, an dem Schleswig-Holstein nicht vorübergehen darf.

Wir haben mit Marco Polo II die Gelegenheit, die wirtschaftlichen Kontakte in diese Länder zu verbessern. Daher ist es nur folgerichtig, dass die Landesregierung jetzt aufgefordert wird, bei den Logistik-, Transport- und Hafenunternehmen für das Programm zu werben. Diese Chance, die sich jetzt bietet, darf Schleswig-Holstein sich nicht entgehen lassen. Auf keinen Fall dürfen die Unternehmen in

Schleswig-Holstein zu lange mit den entsprechenden Anträgen warten.

(Beifall des Abgeordneten Rolf Fischer [SPD])

Positiv hervorzuheben ist beim neuen EU-Programm die Senkung der Förderschwelle von einer Million auf eine halbe Million. Das hat mein Kollege vorhin auch schon gesagt. Damit wird erreicht, dass künftig für innovative Aktionen zur Verlagerung der Güter vom LKW auf Schiene und Wasser insbesondere kleinere und mittlere Unternehmen Vorteile haben.

Doch wenn der Gesamtetat jetzt von 115 Millionen € auf 400 Millionen € aufgestockt wurde, hört sich das nur im ersten Moment durchaus positiv an. Es bleibt festzustellen, dass sich der Förderzeitraum verlängert hat. Darüber hinaus bleibt festzustellen, dass Marco Polo I derzeit für 15 EU-Mitgliedstaaten ausgelegt ist und Marco Polo II dann für 25 Mitgliedstaaten und später nach ihrem Beitritt auch für Bulgarien und Rumänien gelten soll. Das heißt, die Summe für den Einzelnen wird kleiner und der Kuchen ist nur vordergründig größer geworden. Man muss sich also die Frage gefallen lassen, ob das Programm Marco Polo II künftig überhaupt halten kann, was es verspricht. Hier wäre der ursprünglich angestrebte Förderetat von 740 Millionen € wesentlich effektiver gewesen, um die angestrebten Ziele zu erreichen. Auch das ist ein Thema, dass man unbedingt im Europaausschuss besprechen muss.

Man muss sich also die Frage stellen, wie ernst ist es der EU wirklich ist, unsere Straßen in Zukunft vom LKW-Güterverkehr zu entlasten. Dies sage ich insbesondere vor dem Hintergrund, dass die EU mit dem TEN-Projekt - feste Fehmarnbelt-Querung ihr Marco-Polo-II-Programm konterkariert. Das ist nämlich ein Gegensatz.

(Holger Astrup [SPD]: Das sehe ich nicht so!)

Entweder will ich mit Millionen Euro neue Strukturen schaffen - Marco Polo II -, die den Straßengüterverkehr entlasten, oder ich will Milliarden für eine Brücke ausgeben, die keine Entlastung für den Straßenverkehr bringt, sondern den eher noch fördert. Auch das ist eine Sache, die wenig mit dem Wirtschaftsausschuss zu tun hat, sondern eher mit dem Europaausschuss, wo es um Strukturen und politische Zielsetzungen geht. Insofern begrüße ich es ausdrücklich, dass gerade der Europaausschuss damit befasst werden soll.

(Vereinzelter Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich danke Herrn Abgeordneten Lars Harms. - Das Wort für die Landesregierung hat nun Herr Verkehrsminister Dietrich Austermann.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das Europäische Parlament hat am 17. Mai 2006 das neue Programm Marco Polo II beschlossen, die Antwort der EU auf die gewaltigen Herausforderungen durch die Zunahme des Verkehrs. Wir gehen davon aus, dass im Güterverkehr in nächster Zeit eine 60-prozentige Steigerung stattfindet. Das ist natürlich Anlass, darüber nachzudenken, Meeresautobahnen einzurichten, unter denen sich jeder etwas vorstellen kann, und Kurzstrecken-Seeverkehr, Schienen- und Binnenschifffahrtsverkehr zu fördern. Das Programm soll zwischen 2007 und 2013 - also in sieben Jahren - 400 Millionen € umfassen. Bei 25 Staaten und sieben Jahren kann man sich ausrechnen, welche Summe dann auf das einzelne Land entfällt. Die Hoffnungen sollten nicht zu groß sein.

Wie schon im Ostseehafenbericht ausgeführt, haben sich die bedeutenden schleswig-holsteinischen Häfen Kiel, Lübeck und Puttgarden zufrieden stellend bis gut im Geschäft entwickelt. Es bestehen schon jetzt zahlreiche wirtschaftliche Verbindungen von diesen Häfen zu Destinationen im gesamten Ostseebereich. In der gesamten Ostsee gibt es insgesamt 80 Fährlinien, die zurzeit laufen. Diese Meeresautobahnen muss man also nicht mehr schaffen.

Die Zukunftsaussichten der Häfen sind aufgrund steigender Verkehre ebenfalls gut. Wie Sie wissen, planen wir in Kiel und Lübeck weitere Projekte.

Für die bereits hervorragend ausgebauten Meeresautobahnen der Ostsee ist das von der Europäischen Kommission erarbeitete Programm als Teil von Marco Polo II nicht besonders attraktiv. Ich muss da leider etwas Wasser in den Wein gießen.

Zum einen haben sich die wirtschaftlich zu betreibenden Verbindungen längst am Markt etabliert und zum anderen sind die Forderungen, die im Antrag der Grünen stehen, zum Teil erfüllt, zum Beispiel was die Ausschreibungen betrifft. Schleswigholsteinische Häfen wurden über die Fördermöglichkeiten informiert. Wir haben mit den Logistik

(Lars Harms)

unternehmen zusammengearbeitet. Das Interesse der Häfen war jedoch gering. Das mag daran liegen, dass die Ostseehäfen schon gut vernetzt sind und dass die angebotenen Mittelvolumina nicht besonders hoch sind.

Klar ist, dass die großen Ostseehäfen Schwierigkeiten mit dem Ansatz der Kommission haben. Das ist nicht nur eine Frage der Förderbedingungen. Es liegt vor allem daran, dass sich seit der Öffnung der Grenzen, seit der Erweiterung der EU auf 25 Staaten, derzeit eine Entwicklung bei den Ladungsmengen ergeben hat, die einen massiven Rückgang für die Häfen und einen massiven Zuwachs für den LKW-Verkehr bedeutet. Das hängt mit dem durch die EU-Erweiterung günstigen LKW-Diesel zusammen. Wir hatten praktisch keine Entwicklung from road to sea, sondern in der Realität eine Entwicklung von from road to sea.

Dies war ein Grund, aus dem sich die norddeutschen Wirtschaftsminister mit der Bitte an den Bundesverkehrsminister und an die EU gewandt haben, darauf hinzuwirken, dass man die unterschiedlichen Rahmenbedingungen, die wir haben ausgleicht. Wenn man sich allein die Kontrollen der Ladung in den Häfen und die nicht mehr stattfindenden Kontrollen an den alten EU-Außengrenzen ansieht, ist klar, dass man völlig unterschiedliche Bedingungen hat. Wenn man sich die Entwicklung der Dieselpreise ansieht, ist klar, dass viele LKWs ohne zu tanken durch Deutschland fahren und ihre Ladung von hier nach dort bringen. Diese Bedingungen hätten sie mit dem Schiffsverkehr nicht. Deswegen ist meine dringende Forderung an die EU, diesem Dumping, dieser nachteiligen Entwicklung zulasten des Schienenverkehrs und zugunsten ausländischer LKWs Einhalt zu gebieten.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ein weiteres Problem ist der hohe bürokratische Aufwand für die Programme. Es müssen mindestens zwei Staaten beteiligt sein. Die öffentliche Hand muss dabei sein. Wieso eigentlich das? Die gesamte Ladungskette muss integriert werden. Bei der erforderlichen Antragstellung wird ein Zuschuss in einer Größenordnung von 10 bis maximal 20 % gewährt, während im Rahmen der normalen Förderung aus den europäischen Programmen bis zu 50 % gewährt werden. Das ist dann auch noch mit einem aufwendigen Abstimmungsverfahren beim Marco-Polo-Programm verbunden.

Es gibt immer wieder Erfolg versprechende Projekte. So hat die Bundesregierung mit Finnland eine gemeinsame Ausschreibung für Motorways-ofthe-Seas-Projekte durchgeführt. Die Lübecker Ha

fengesellschaft hat sich mit zwei finnischen Häfen zusammen beteiligt, und einen Förderantrag gestellt. Wir hoffen auf eine positive Entscheidung. Das hört sich gut an, scheint aber an manchen Stellen verbesserungsbedürftig zu sein. Vor allem müssen die Rahmenbedingungen dringend verändert werden. Deswegen ist es gut, dass hier der Antrag gestellt wurde, das Thema in beiden Ausschüssen noch einmal zu beraten.

Wir brauchen größere, weniger und leichter umsetzbare Programme der EU und ein Umdenken bei den anderen Verkehrsträgern. Ich habe es erwähnt: So lange Lkws mit billigem Diesel aus der Ukraine oder aus Russland durch halb Europa kutschieren können, werden wir eher eine Entwicklung from road to sea erleben können als from road to sea, was wir alle miteinander wünschen.

(Beifall bei CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Ich danke dem Herrn Minister. - Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor, ich schließe die Beratung. Es ist die Überweisung des Antrages federführend an den Wirtschaftsausschuss und mitberatend an den Europaausschuss beantragt worden. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. Das ist einstimmig so beschlossen. Damit ist der Antrag Drucksache 16/861 an die Ausschüsse überwiesen worden.

Wir kommen zu den Tagesordnungspunkten ohne Aussprache.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 4 auf:

Erste Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Landesbeamtengesetzes und anderer Gesetze

Gesetzentwurf der Landesregierung Drucksache 16/821

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Eine Aussprache ist nicht vorgesehen. Ich schlage vor, den Gesetzentwurf Drucksache 16/821 dem Innen- und Rechtsausschuss zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das ist einstimmig so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 5 auf:

Erste Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur Verweigerung der Zulassung von Fahrzeugen bei Gebührenrückständen (ZulVG)

(Minister Dietrich Austermann)

Gesetzentwurf des Landesregierung Drucksache 16/822

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Eine Aussprache ist nicht vorgesehen. Ich schlage vor, den Gesetzentwurf Drucksache 16/822 federführend dem Wirtschaftsausschuss und mitberatend dem Finanzausschuss zu überweisen. - Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Enthaltungen? Das ist so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 10 auf:

Umbesetzung in der Parlamentarischen Kontrollkommission des Verfassungsschutzes

Wahlvorschlag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 16/817

Eine Aussprache ist nicht vorgesehen. Ich lasse über den Wahlvorschlag abstimmen und schlage Ihnen eine offene Abstimmung vor. - Widerspruch höre oder sehe ich nicht, dann können wir so verfahren. Wer zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das ist einstimmig so angenommen.

(Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich bedanke mich für die Wahl! - Heiterkeit)