Protocol of the Session on March 23, 2006

Die Debatte darüber, ob es sich um eine große oder eine kleine Universität handeln soll, kann ich gut nachvollziehen. Wenn ich einen großen Universitätsstandort hätte, würde auch ich fragen: Wo bleiben denn wir? Das ist dann aber keine Frage der Wissenschaft, sondern eine Frage der Macht.

Es handelt sich also um viele Fragen, die zu regeln sind. Ich rate sehr dazu, die Universitäten in ihrer originären Tätigkeit nicht zu beschränken.

(Beifall bei SPD und FDP)

Für die Landesregierung erteile ich das Wort dem Minister für Wissenschaft, Wirtschaft und Verkehr, Herrn Dietrich Austermann.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dies ist eine Debatte, die mich erfreut. Mancher bringt das zum Ausdruck. Man kann natürlich auch mit trübem Gesicht durch die Gegend laufen und gleichzeitig versuchen, Optimismus zu verbreiten, damit die Menschen vom Tourismus oder von der Wirtschaft in Schleswig-Holstein angezogen werden.

Wenn wir uns überlegen, worum es in der Hochschullandschaft geht, könnten wir uns möglicherweise ziemlich einig sein. Es geht um mehr Effizienz, um mehr Effektivität, um Profilschärfung, um Qualitätssicherung und mehr Autonomie. In dieser Hinsicht besteht nicht unbedingt in jeder Phase ein Einklang mit der Beteiligung sämtlicher Gremien einer jetzt vorhandenen Hochschule. Damit ist auch

(Thomas Stritzl)

nicht unbedingt, bis zum Letzten durchgereicht, das Regionalprinzip vereinbar. Man muss zusehen, ob die Postulate, die man darüber aufstellt, was man von den Hochschulen erwartet, mit dem im Einklang sind, was man an verschiedenen Stellen unbedingt retten und sichern möchte.

Ich könnte jetzt über das Thema „Hochschulrat“ einen Bericht abgeben. Aber Sie haben den Antrag, dass ich einen Bericht gebe, zurückgezogen. Sie wollten stattdessen eine Aktuelle Stunde, das heißt, Sie wollten nicht informiert werden, sondern über etwas reden. Dies ist für mich etwas völlig anderes.

Aber dann wird polemisiert und gesagt: Was ihr da macht, ist alles völlig falsch. Der Wirtschaftsliberale hat etwas gegen Aufsichtsräte, die es bei jedem normalen Unternehmen gibt. Wollen Sie vielleicht über Ariane I oder Ariane V diskutieren? Wollen wir über Booster reden, die an einer Rakete befestigt sind? Wir können uns das Thema gern aussuchen, Herr Klug.

Ich habe den Eindruck, Sie sind nicht mehr auf der Höhe der Zeit, was die Wissenschaftslandschaft in Schleswig-Holstein betrifft. Es tut mir Leid, das so deutlich sagen zu müssen.

Die Situation ist Folgende. Wir haben nach der Diskussion mit den Universitäten im Kabinett 15 Eckpunkte vorgestellt. Die sind Ihnen bekannt. Im Kabinett gibt es zu den 15 Eckpunkten keine ausdrückliche Zustimmung. Sie sind von unserem Ministerium vorgelegt worden. Sie sind auch öffentlich vorgestellt worden. Seitdem läuft eine permanente Diskussion. Ich bin auch im Parlament gewesen. Der Präsident hat mich zu Recht darauf hingewiesen, dass zum Parlament auch der Bildungsausschuss gehört. Dort sind die Eckpunkte vorgestellt und erläutert worden. Wir haben öffentliche Workshops veranstaltet. Jeder Abgeordnete hätte sich daran beteiligen können.

Nachdem der Prozess abgeschlossen war, gab es eine Fülle von Gesprächen mit den Hochschulen. Dabei sind wir in verschiedenen Phasen zu einer übereinstimmenden Position gekommen. Wir sind uns in fast allen 15 Punkten einig. Die Punkte sind abgearbeitet worden.

Dass die Regierung Vorschläge macht, mit denen die Betroffenen übereinstimmen, kann einem natürlich nicht gefallen, wenn man zu einer Oppositionspartei gehört. Die Einzigen, die bisher an bestimmten Stellen noch Widerstand leisten, sind die Vertreter der Asten. Ansonsten haben wir ein Klima der Kooperation. Das ist meines Erachtens eine gute Voraussetzung für den nächsten Schritt.

(Beifall bei der CDU)

Der nächste Schritt ist ein Referentenentwurf. Herr Weber hat dazu das Richtige gesagt. Der Entwurf wird im Kabinett zweimal behandelt. Dann kommt er ins Parlament. Es wird eine öffentliche Anhörung geben. Im Herbst kann darüber endgültig beschlossen werden.

Davon zu reden, hier gehe jemand mit der Dampfwalze vor, liegt völlig neben der Sache. Vielmehr hat es so viel Diskussion wie in diesem Bereich noch nie gegeben, und zwar in keiner Phase.

Ich sage dem Kollegen aus Lübeck: Wenn mich Herr Saxe öffentlich anmeiert, kriegt er eine zurück. Das ist ganz einfach.

(Heiterkeit bei der CDU)

Das macht doch auch jeder andere so. Der Ausgangspunkt war, dass er gesagt hat, was wir dort machen, sei nicht in Ordnung. Da das, was er gesagt hat, nicht richtig war, habe ich angemessen widersprochen.

Zu dem thematischen Inhalt dieser Aktuellen Stunde, Frau Spoorendonk! Das Thema lautet: Konsequenzen aus der geplanten Einrichtung eines Universitätsrates Schleswig-Holstein. Die Konsequenz ist: Die Wissenschaftslandschaft wird besser.

Der eine oder andere wendet sich deshalb gegen den Plan, weil er glaubt, dadurch werde die Situation schlechter. Aber wir haben doch in der Universitätslandschaft nicht erst, seitdem ich einen Teil mitzureden habe, sondern ohnehin in ganz Deutschland einen verschärften Wettbewerb um Drittmittel, um Mittel des Bundes und um Mittel der Länder. Noch unter meiner Vorgängerin wurden hier Maßnahmen der Qualitätssicherung eingeführt. Das bedeutet, jeder sollte sich darum bemühen, dass man gemeinsam besser wird und dass wir sowohl im nationalen als auch im internationalen Vergleich unsere Hochschullandschaft verbessern. Dies ist unser gemeinsames Ziel. Dafür muss man bestimmte Wege beschreiten und zusehen, wie man das Ziel erreichen kann.

Ich sage es noch einmal: Es geht um mehr Effizienz, mehr Effektivität und - das haben auch die Hochschulen gesagt - um eine größere Profilschärfung. Sie waren dankbar dafür, dass die Regierung in dieser Frage diesen Anstoß vorgenommen hat. Da muss sich jeder auseinander setzen. Es gibt einen permanenten Wettbewerb um Drittmittel. Es gibt eine permanente Bewertung von außen, Herr Klug. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft, der Wissenschaftsrat bewerten unsere Hochschulen, unsere Wissenschaftler ständig von außen. Es ist doch

(Minister Dietrich Austermann)

nichts Neues. Davon zu reden, wir führten hier ein Rätesystem ein, liegt doch völlig neben der Sache. Wir wollen vielmehr Gemeinsamkeit im Ziel erreichen.

Ich sage nun zur Sache das, was an dieser Stelle dazu zu sagen ist: Wir haben ein verbindendes Gremium zwischen den beiden Medizinischen Fakultäten in Kiel und in Lübeck. Das funktioniert nicht. Das sage nicht ich, das sagen die Beteiligten. Deshalb kommen wir zu Folgendem: Dort, wo die beiden Fakultäten miteinander arbeiten müssen, machen wir aus diesem gemeinsamen Gremium ein wirkungsvolles Gremium, das die Mittel vergibt. Das wird von den beiden Medizinischen Fakultäten und einer neutralen Person besetzt. Diese entscheiden gemeinsam über die Vergabe wissenschaftlicher Mittel. Das ist ein Raufprozess. Die müssen sich ständig über Qualität auseinander setzen.

Das machen sie übrigens jetzt beim Excellenzcluster. Das Excellenzcluster, das sich auf einem sehr guten Wege befindet, zieht seine Hoffnung daraus, dass die Medizinischen Fakultäten eng zusammenarbeiten. Das soll in Zukunft noch besser möglich sein. Das erspart eine Landesuniversität mit einer Fakultät. Deswegen sage ich: Das ist der richtige Weg zum Ziel: Kooperation, Wissenschaftsschärfung, Profilschärfung, besser miteinander zusammenarbeiten.

Die zweite Konsequenz ist überlagernd für die Universität. Jeder, der die Wissenschaftslandschaft ernsthaft beobachtet und beurteilt, wird nicht bestreiten, dass es an bestimmten Stellen Schwachpunkte gibt. Das haben auch die Redner der Koalition bestätigt. Diese Schwachpunkte wollen wir nach Möglichkeit dadurch ausräumen, dass wir über dem Ganzen ein Dach haben. Das könnte man in verschiedenen Formen machen. Das könnte man dadurch machen, dass man eine Landesuniversität initiiert. Das war mein erster Vorschlag. Das könnte man durch eine Holding machen. Das haben die Mitarbeiter meines Ministeriums zunächst vorgeschlagen. Das kann man durch einen gemeinsamen Hochschulrat machen, der beurteilen soll, wie wir die Strukturen an dem Standort Flensburg, an dem Standort Kiel und an dem Standort Lübeck stärken.

Weil das so gemacht werden soll, weil dort überlegt werden soll, bedeutet das nicht, dass ich gegen den einen oder anderen Standort bin und dort weniger Geld ausgeben will. Ich möchte, dass oben einer auf die Entscheidungen guckt, die von der wissenschaftlichen Seite getroffen werden müssen. Das sind Leute, die aus dem Bereich der Hochschulen, aus dem Bereich der Wissenschaft, aus dem Bereich des Managements kommen. Sie sollen das

Ziel verfolgen, die bestmöglichen Universitäten zu erhalten. Gegen dieses Ziel kann niemand etwas einwenden. Da bin ich ganz fröhlich, Herr Hentschel.

Ich bin ziemlich sicher, dass wir am Ende der Debatte im Herbst dieses Jahres für das, was jetzt als Gedankenentwurf vorgetragen worden ist, eine große Mehrheit bekommen, sodass Sie unter dem Strich sagen werden: Es war gut, dass wir den Prozess angestoßen haben. Es war gut im Interesse des Landes, der Wissenschaftslandschaft SchleswigHolstein und eines gemeinsamen Lehr-, Forschungs- und Finanzraumes. Wir erwarten von unseren Hochschulen, dass sie aus der Produktivität heraus, aus der Kreativität heraus, aus den Ideen heraus, die dort entwickelt werden, ein belebendes Moment auch für unsere Wirtschaft und damit für Arbeitsplätze sind. Das heißt, wir müssen ran an die Konkurrenz, wir müssen besser werden. Wir werden Ihnen den Katalog der Voraussetzungen zur Entscheidung dafür vorlegen.

(Beifall bei CDU und SPD)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Damit ist der zweite Teil der Aktuellen Stunde beendet.

Ich rufe nunmehr Tagesordnungspunkt 18 auf:

Abschaffung der Zuverlässigkeitsüberprüfung im Luftsicherheitsgesetz

Antrag der Fraktion der FDP Drucksache 16/645 (neu)

Wird das Wort zu Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Dann eröffne ich die Aussprache.

Für die Fraktion der FDP hat der Oppositionsführer, der Fraktionsvorsitzende, Herr Abgeordneter Wolfgang Kubicki, das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Luftsicherheitsgesetz ist wahrlich keins, auf das man seitens der alten Bundesregierung stolz sein kann. Innenminister Schily hat seinerzeit sein Gesetz gegen alle verfassungsrechtlichen Bedenken und Mahnungen seitens der Liberalen, gegen die Bedenken einiger Bundesländer und auch fachkundiger Verbände mit der rot-grünen Koalition, aber auch der seinerzeit schon zumindest in Sicherheitsfragen hinter den Kulissen agierenden großen Koalition durchgesetzt.

(Minister Dietrich Austermann)

Spätestens seit dem Spruch der Verfassungsrichter im vergangenen Monat ist dieses Gesetz Makulatur und bedarf einer grundlegenden Überarbeitung. Dass das Gesetz auch weiterhin erhebliche Mängel enthält, wird an dem Fall klar, den wir heute auf Initiative meiner Fraktion erörtern. Es geht dabei um die Zuverlässigkeitsüberprüfungen von bestimmten Pilotinnen- und Pilotengruppen, die bürokratisch aufwendig sind, aber keinen weiteren Sicherheitsgewinn versprechen.

Was passiert bei so einer Überprüfung? - Circa 3.000 Piloten, also auch alle Sportpiloten, müssen in Schleswig-Holstein seit Sommer letzten Jahres ihre eigene Zuverlässigkeitsüberprüfung bei der Luftsicherheitsbehörde beantragen. Sie müssen ihre Wohnorte der letzten zehn Jahre angeben und bei Auslandsaufenthalten anhand von Dokumenten nachweisen, dass die Angaben über den dortigen Wohnort zutreffen. Stellen die Piloten diesen Antrag auf eigene Überprüfung nicht oder verweigern sie die Angaben, dann müssen sie damit rechnen, dass sie ihre Lizenz verlieren. Dieses Prozedere wiederholt sich dann Jahr für Jahr. Selbstverständlich gilt das alles, wie bei vielen Schily-Gesetzen allgemein, ohne jeden konkreten Verdacht auf ein Fehlverhalten gegen diese Sportpiloten.

Bundesweit hat dies zu folgenden Fällen geführt: Piloten, die seit 25 Jahren für die NATO an Aufklärungsflügen mit AWACS-Maschinen unterwegs sind, müssen sich nun einer solchen Überprüfung unterziehen, weil sie in ihrer Freizeit auch gern ein Sportflugzeug fliegen. Andere Piloten hingegen müssen um den Erhalt ihrer Fluglizenz bangen, weil sie teilweise im Ausland gelebt haben und den Nachweis einer offiziellen Stelle über den eigenen Wohnort im Ausland nicht beibringen können, weil es vergleichbare Behörden, die solche Bescheinigungen ausstellen, dort überhaupt nicht gibt.

Glücklicherweise - das ist bei Fragen von Sicherheitsgesetzen nicht immer selbstverständlich kommt die Landesregierung ebenso wie die FDPFaktion zu dem Ergebnis, dass diese Überprüfungen keinen zusätzlichen Sicherheitsgewinn erwarten lassen und das Land sowie die Piloten nur mit zusätzlichem bürokratischen Aufwand und zusätzlichen Kosten belastet werden. Ich empfehle allen die Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage, Drucksache 16/193, die ich gestellt habe, zu Frage 11 zur Lektüre:

„Wird durch die Angaben in den Fragebögen zusätzliche Sicherheit erwartet und wenn ja, warum?“

Antwort der Landesregierung:

„Durch die Zuverlässigkeitsüberprüfung der Privatpiloten verspricht sich das Land Schleswig-Holstein keinen zusätzlichen Sicherheitsgewinn. Durch das vom Bund vorgegebene Verfahren entsteht den Ländern zusätzlicher Aufwand.“

Angesichts der Entbürokratisierungstendenz, die uns allen innewohnt, sollten wir mit diesem Unfug schleunigst Schluss machen.

(Beifall bei der FDP)

Der Petitionsausschuss hat in seiner Stellungnahme zur Eingabe eines Petenten ausdrücklich darauf hingewiesen, dass er keinen zusätzlichen Sicherheitsgewinn durch die Zuverlässigkeitsüberprüfungen von privaten Pilotinnen und Piloten erwartet und den zusätzlich entstehenden bürokratischen Aufwand kritisiert.

Darüber hinaus mangelt es dem Gesetz an Kriterien, an denen der Begriff der Zuverlässigkeit definiert wird. Es ist bisher nicht hinreichend ersichtlich, ab wann jemand als zuverlässig gilt oder ab wann nicht.