Protocol of the Session on January 25, 2006

- Kollege Neugebauer, ist das Ihre Bewerbung zum neuen Frauenbeauftragten der SPD-Fraktion? Lieber Kollege Neugebauer, ich komme in der letzten halben Minute dazu. Dass es anders geht, haben sowohl die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN als auch die FDP-Fraktion bewiesen. Wir haben entsprechend finanzierte Haushaltsänderungsanträge gestellt. Dass Sie heute möglicherweise behaupten, sie seien nicht finanziert, wie Sie das immer tun, ist aus meiner Sicht eher peinlich, weil es schlicht und ergreifend nicht stimmt. Es gab für beide Alternativen Gegenfinanzierungsvorschläge.

(Beifall bei der FDP - Wolfgang Kubicki [FDP]: Die ganze Regierung ist nicht finan- ziert!)

Liebe Kollegin Lütkes, ich unterstütze ausdrücklich Ihren Vorschlag, dass wir den mündlich gegebenen Bericht an den zuständigen Fachausschuss überweisen und uns noch einmal ernsthaft Gedanken darüber machen, wie die verbleibenden Strukturen optimiert werden können. Sie müssen dann bitte schön aber auch mit den entsprechenden Mitteln ausgestattet werden, denn nur zu loben und den Be

(Dr. Heiner Garg)

teiligten immer mehr abzufordern, führt - so glaube ich - nicht dazu, dass die Beteiligten sich darin in ihrer Arbeit bestärkt fühlen.

(Beifall bei der FDP)

Wir danken dem Kollegen Dr. Garg für seine frauenpolitische Rede. - Für den SSW erteile ich Herrn Abgeordneten Lars Harms das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Landtag hat in den Haushaltsberatungen noch einiges geändert, was vorher eingespart werden sollte. Das sollte man im Hinterstübchen haben. Das gilt auch für die Beratungsstellen FRAU & BERUF. Wir haben durch unsere Diskussionen zumindest gemeinsam erreichen können, dass die Kürzungen gerade noch erträglich waren, wenn wir sie auch alle nicht prickelnd finden. Auch wir sind damit natürlich nicht richtig froh geworden. Besonders der SSW hat sich für die Arbeit von FRAU & BERUF stark gemacht, weil dieses bundesweit gelobte Erfolgsmodell hervorragende Arbeit leistet und eine solide Finanzierung braucht.

Wenn es um Daten bezüglich des regionalen Arbeitsmarktes für Frauen geht, ist FRAU & BERUF die erste Anlaufstelle; übrigens auch für den Landtag. Wir haben in nicht wenigen Anhörungen vom Know-how der Beraterinnen profitiert. So ist es nicht verständlich, dass die Arbeit von FRAU & BERUF immer wieder zur Disposition gestellt wird. Wenn wir bei Anhörungen meinen, dass uns FRAU & BERUF als kompetenter Ratgeber so immens wichtig ist, dann muss sich dies auch in der Unterstützung der täglichen Arbeit niederschlagen.

Ein transparenter Arbeitsmarkt ist ein großer Vorteil bei der Planung arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen. Genau das bietet FRAU & BERUF, indem man dort einen wichtigen und besonders zu betrachtenden Teil des Arbeitsmarktes, nämlich den für Frauen, kompetent bearbeitet.

Ein weiterer Punkt macht die Arbeit von FRAU & BERUF unverzichtbar. Im Gegensatz zu den Arbeitsagenturen berät FRAU & BERUF wirklich jede Frau, und zwar unabhängig davon, ob ein Beratungsanspruch besteht oder nicht. Davon profitieren nicht nur Selbstständige und Frauen, die derzeit noch einen Arbeitsplatz haben, mittelfristig aber darum fürchten. Es profitieren auch besonders Frauen in der Familienphase, die so genannten Berufsrückkehrerinnen. Ihnen werden im Ar

beitsamt Flensburg beispielsweise überwiegend Gruppenberatungen angeboten. Da ist das ergänzende Angebot der Beraterinnen von FRAU & BERUF dringend nötig. Deren fundierte Einzelberatung hat nicht zuletzt auch die Stiftung Warentest gelobt. Die Frau Kollegin Todsen-Reese hat es gesagt. Ich zitiere: „Frauenberatungsstellen sind die erste Adresse für Frauen, die nach einer beruflichen Auszeit wieder einsteigen wollen.“

Dies wird im Test-Heft Nr. 2 aus dem Jahr 2004 gesagt. Es stimmt: Auch FRAU & BERUF in Nordfriesland leistet in Husum erstklassige Arbeit und kann nicht nur mit allgemeinen Auskünften aufwarten, sondern man kann dort nachweisen, dass man Frauen definitiv in Arbeit gebracht hat. FRAU & BERUF bietet dort weiterhin eine kompetente Einstiegsberatung, die den Frauen erst einmal hilft herauszufinden, welchen Weg man überhaupt beschreiten will. Dadurch werden die speziellen Qualifikationen und Fertigkeiten, die die Frauen besitzen, optimal nutzbar gemacht. Das ist gut für die Frauen und das ist gut für den regionalen Arbeitsmarkt.

Die solide Arbeit von FRAU & BERUF steht also außer Zweifel. Die Arbeit der Beratungsstellen ist unverzichtbar. Gerade darum fordert der SSW die Landesregierung auf, die Finanzierung dieser Arbeit auch über das Jahr 2007 hinaus zu gewährleisten.

(Beifall der Abgeordneten Anke Spooren- donk [SSW] und Wolfgang Kubicki [FDP])

Die Umstrukturierung der EU-Förderung trifft auch die Beratungsstellen von FRAU & BERUF. Deren Haushalte werden zu 40 % vom ESF getragen. Ich bezweifle aber, dass FRAU & BERUF allein in der Lage sein wird, die Anforderungen des neuen Förderschemas zeitnah erfüllen zu können. Zur Vermeidung einer Finanzierungslücke fordert der SSW die Landesregierung auf, FRAU & BERUF so frühzeitig wie möglich über die Brüsseler Entscheidung in Kenntnis zu setzen.

Diese Fürsorgepflicht gilt natürlich auch für alle anderen Einrichtungen, aber für FRAU & BERUF ganz besonders. Je nachdem ob man für FRAU & BERUF die europäischen Mittel wieder so nutzen kann wie bisher oder nicht, muss das Land seine Förderinstrumente so gestalten, dass die Beratungsstellen weiter wie gewohnt gefördert werden können. Es gibt kaum Stellen, die eine so effektive Arbeit nachweisen können wie diese.

Aber nicht nur das Land sollte fördern, sondern auch die Kreise und kreisfreien Städte. Hier hat man sich nach und nach aus der Verantwortung zu

(Dr. Heiner Garg)

rückgezogen und fördert diese Stellen nun nicht mehr. Das ist ein Fehler und kann dazu führen, dass Arbeitslosenberatung, Existenzgründerinnenberatung oder auch die allgemeine Information über zukünftige Möglichkeiten am Arbeitsmarkt für die Frauen schlechter durchgeführt werden als bisher. Deshalb müssen auch die Kreise und kreisfreien Städte wieder mit ins Boot. Sowohl das Land als auch die kommunale Ebene stehen hier in der Pflicht, diese hervorragenden Beratungsstellen weiter adäquat zu fördern und deren Rahmenbedingungen zu verbessern.

(Beifall beim SSW sowie der Abgeordneten Herlich Marie Todsen-Reese [CDU] und An- ne Lütkes [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Wir danken Herrn Abgeordneten Lars Harms. - Für einen Dreiminutenbeitrag nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung hat sich zunächst Frau Abgeordnete Birgit Herdejürgen gemeldet.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! liebe Kollegen! Lieber Kollege Garg, nur um der Legendenbildung vorzubeugen: Wir haben nicht zwei Beratungsstellen gestrichen. Wir haben umstrukturiert, wir sind zu anderen Trägerschaften gekommen. Insofern gehen wir davon aus, dass die Beratung in Kiel und dem Kreis Plön wie bisher stattfinden kann, mit anderer personeller Ausstattung, aber auch mit einer anderen Anbindung an einen vorhandenen Träger.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Und wenn nicht?)

- Was heißt, wenn nicht? Das haben wir im Haushalt mit den Änderungsanträgen, die von SPD und CDU eingebracht worden sind, beschlossen. Genauso ist mit der Verabschiedung des Haushaltes auch eine Umschichtung von Mitteln in den Bereich der Beratung der Landwirtschaftskammer für Bäuerinnen beschlossen worden. Insofern glaube ich, dass wir mit dem Ergebnis sehr zufrieden sein können.

Frau Kollegin Herdejürgen, erlauben Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Garg?

Frau Kollegin Herdejürgen, ist es richtig oder falsch, dass es jetzt zwei Beratungsstellen weniger gibt?

Das ist falsch.

(Heiterkeit und Beifall bei SPD und CDU)

Das Wort für einen weiteren Kurzbeitrag erhält Frau Abgeordnete Anne Lütkes.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Auch ich möchte für die Geschichte festhalten:

(Zurufe)

Erstens. Die Grünen haben einen Finanzierungsvorschlag gemacht. Das war finanziert. Lieber Herr Neugebauer, das sollten Sie so nicht sagen.

(Unruhe)

Zweitens. Herr Kollege Garg, Sie haben eine komische Vorstellung von Kuscheln. Ich möchte hier auch feststellen, dass die mit meiner nicht übereinstimmt.

(Thomas Stritzl [CDU]: Daran können Sie aber noch arbeiten! - Heiterkeit und Zurufe)

Da, wo die Landesregierung einen Berichtsantrag von uns abarbeitet, nehme ich einmal zur Kenntnis, was sie zu sagen hat. Dagegen kann man eigene Vorstellungen stellen und diskutieren, aber mein Begehren im grünen Berichtsantrag war zu wissen, was die Landesregierung tut und ob sie sich der Problemlage von FRAU & BERUF bewusst ist, deshalb auch der Zeitpunkt, liebe Kollegin Herdejürgen. Es ist EU-finanzierungsrechtlich Handlungsbedarf vorhanden, man muss sich über das, was mit FRAU & BERUF im Jahr 2007 geschieht, gemeinsam mit den Beratungsstellen Gedanken machen. Die Zahl der Träger ist reduziert, es gibt weniger Träger, das ist richtig. Aber ich hoffe, es gibt nicht weniger Beratungsarbeit. Das werden wir beobachten müssen. Im Ansatz soll die Beratungsstruktur aber erhalten bleiben.

Meine Frage zielte auf das Konzept der langfristigen Entwicklung. Da hat die Frau Ministerin sehr deutlich gesagt: Es ist heute ein rudimentärer Zwischenbericht möglich. Es muss mehr passieren. Ich weiß natürlich und freue mich darüber, dass die Vergangenheit gelobt wird. Die Arbeit von FRAU & BERUF ist in den letzten Jahren immer gefördert worden und es immer darüber nachgedacht worden, wie die Beratungsarbeit längerfristig gesichert wer

(Lars Harms)

den kann. Es fällt nicht vom Himmel, dass man die Struktur ändern muss, weil im Jahr 2007 die EUMittel anders, aber hoffentlich nicht auf null gefahren werden. Vorarbeit ist - das darf ich aus meiner alten Kenntnis sagen - doch geleistet worden.

Wir wollen jetzt wissen, wie die Vorarbeit aktualisiert wird. Wir wollen nicht warten, bis in Brüssel irgendwelche Entscheidungen gefallen sind. Da kann man nämlich vorher denken. Man kann insbesondere vorher denken, weil das SGB II verschiedene Möglichkeiten gibt. Nichts anderes wollten wir heute wissen. Wir haben nicht alle Antworten, deshalb wollen wir im Ausschuss mehr wissen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Das Wort für einen weiteren Kurzbeitrag erteile ich Frau Ministerin Ute Erdsiek-Rave.

Frau Präsidentin, das geht ganz schnell. Ich schlage vor, dass wir uns im Ausschuss noch einmal mit der neuen Struktur befassen. Herr Kubicki, dann werden Sie sehen, dass die großen Sorgen um die Zukunft der Frauenberatung, die Ihre Fraktion hier geäußert hat, wirklich unberechtigt sind.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Aber ich habe mich aus einem anderen Grund gemeldet. Ich habe ein bisschen das Gefühl, dass an manchen Stellen nicht ganz ehrlich argumentiert wird. Ich höre hier Begriffe wie „Erhalt der Strukturen“. Der Kollege Harms hat sogar gesagt: Weiter wie gewohnt. Ich glaube nicht, dass das Kriterien sind, mit denen wir in Zukunft noch weiterkommen. Wo kämen wir hin, wenn wir an unsere Politik dieses „Weiter wie gewohnt“ als Maßstab anlegten? Dann werden wir weder zu einer Haushaltskonsolidierung noch zu einer Modernisierung der Strukturen in der Verwaltung kommen.

(Beifall bei SPD und CDU)

Es geht doch darum, qualitativ hochwertige, regional gut erreichbare, effiziente Angebote vorzuhalten, und das möglichst mit weniger Geld. Ich sage voraus, dass das heißen wird, dass nicht jede Einrichtung in Schleswig-Holstein erhalten werden kann. Ich sehe immer, dass Sie das einerseits in großen Fensterreden fordern, dass dies endlich mal geschieht. Wenn es aber um die kleine Einrichtung im Zusammenhang mit einer Fachpolitik geht, dann soll das auf einmal alles nicht sein, dann bringen

Sie Haushaltsvorschläge, die mit irgendwelchen Luftnummern gedeckt sind.

(Zurufe)