Protocol of the Session on January 25, 2006

Die Landesregierung hält an ihrer grundsätzlichen Unterstützung der Bemühungen von CDU, SPD und CSU fest, den deutschen Föderalismus zu modernisieren. Die Interessen unseres Landes haben für die Landesregierung ein natürliches und großes Gewicht. So ist es auch im Koalitionsvertrag zwischen der schleswig-holsteinischen CDU und der schleswig-holsteinischen SPD vereinbart. Daher wird die Landesregierung im Bundesrat dann, wenn konkrete Vorschläge zur Änderung des Grundgesetzes vorliegen, jeden einzelnen Vorschlag sehr genau und sehr sorgfältig auf seine Vereinbarkeit mit schleswig-holsteinischen Interessen prüfen.

(Beifall bei CDU, SPD und SSW)

Auf der Ministerpräsidentenkonferenz am 14. Dezember 2005 habe ich unseren Vorbehalt ausdrücklich zu Protokoll gegeben, dem sich mein Kollege Ringstorff aus Mecklenburg-Vorpommern dankenswerterweise angeschlossen hat. Dort wurde beschlossen, die zur Umsetzung der Föderalismusreform erforderlichen Gesetzentwürfe zügig und parallel im Bundestag und im Bundesrat einzubringen,

(Ministerpräsident Peter Harry Carstensen)

zu beraten und zu verabschieden. Diese Gesetzentwürfe werden nun unter Federführung der Länder Nordrhein-Westfalen, Bayern, Berlin und Bremen in einer Arbeitsgruppe vorbereitet. Dort haben wir zu unseren Kritikpunkten bereits konkrete Änderungsvorschläge unterbreitet. Wir bringen uns in die Diskussion so ein, wie es unsere Aufgabe ist, nämlich konstruktiv.

(Beifall bei CDU, SPD und SSW)

Ich eröffne die Aussprache. Ich erteile nun dem Oppositionsführer im Schleswig-Holsteinischen Landtag, dem Fraktionsvorsitzenden der FDP und Kollegen Wolfgang Kubicki, das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kollegen und Kollegen! Es gibt angesichts der Tatsache einer großen Koalition in Berlin aus unserer Sicht nicht viel Positives zu vermerken, außer dass diese große Koalition die Chance beinhaltet, dass das, was bisher als Blockade des Föderalismus bezeichnet worden ist, bei der Reform des Föderalismus nicht stattfindet. Herr Ministerpräsident, die Blockade, die wir beklagen, war nämlich keine Blockade nach dem Prinzip Länder gegen Bund, sondern sie wurde von den jeweiligen Regierungen im Bund einerseits und in den Ländern andererseits parteipolitisch organisiert und gespeist. Es war also im Prinzip eine Blockade A gegen B und nicht Bund gegen Länder.

(Beifall bei FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nun besteht mit der großen Koalition in Berlin die Chance, die bisherige Blockade aufzulösen und tatsächlich zu einer Reform des Föderalismus, die von uns allen gewünscht wird, kommen zu können.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist auch keine Diskussion, die parteipolitisch geführt werden muss. Viele von denen, die hier im Raum sitzen, sind ja gelegentlich bei Konferenzen mit Kolleginnen und Kollegen des Bundes zusammen. Es geht um die Frage: Möchte man mehr Zentralisierung oder mehr Dezentralisierung? Wenn ich mit meinen Kollegen aus Berlin zusammensitze, sind die der Auffassung, an für sich müsste alles in Berlin geregelt werden und die Länder hätten - wenn überhaupt - eine Existenzberechtigung allenfalls als ausführende Organe.

Dagegen glaube ich aus tiefster Überzeugung, dass die Dezentralisierung von Entscheidungen das A und O ist, nicht nur aus dem demokratischen Prin

zip heraus, nicht nur um Machtbalance zu erhalten, sondern vor allen Dingen auch, um eine weitere Partizipation der Bürgerinnen und Bürger zu ermöglichen. Je weiter weg Entscheidungen getroffen werden, desto weiter weg empfinden die Bürgerinnen und Bürger auch die Grundlagen dieser Entscheidungen und desto weniger identifizieren sie sich damit. Herr Ministerpräsident, Sie haben zu Recht darauf hingewiesen: Je näher man dran ist, je stärker man an der Krone dran ist, desto größer ist die Identifikation. Wir haben nun die Chance, den Föderalismus tatsächlich neu zu gestalten.

Im Spätsommer 2003 wurde eine Kommission zur Reform des deutschen Föderalismus eingesetzt. Man hatte erkannt: Das Loblied auf das Modell Deutschland und seine politischen Erfolge mit konsensorientierten Verhandlungslösungen war verklungen. Zu unbeweglich schien das Land angesichts anhaltender ökonomischer Probleme, fortschreitender europäischer Integration und globalisierter Weltwirtschaft. Nahezu einhellig wurde erkannt: Wir brauchen eine Reform. Insbesondere die Landesparlamente standen vor der Herausforderung, zum ersten Mal möglicherweise als Sieger aus politisch-strukturellen Veränderungen hervorgehen zu können.

Wir erinnern uns nicht zuletzt an das Bekenntnis aller Landtage zum Föderalismus und zur Subsidiarität mit dem Ziel, die Landesparlamente zu stärken, so wie es in der „Lübecker Erklärung“ der deutschen Landesparlamente vom Föderalismuskonvent vom 31. Mai 2003 nachzulesen ist.

Wir selbst haben noch am 12. November 2004 in diesem Haus über die Föderalismusreform debattiert. Wir haben einen gemeinsamen Antrag verabschiedet, der auf die Notwendigkeit für eine Föderalismusreform hinweist. Das alles fand letztlich kein Gehör. Am 17. Dezember 2004 - Herr Minister Stegner, Sie werden sich erinnern - scheiterten um 15:45 Uhr die Verhandlungen der damaligen Kommission zur Reform des deutschen Föderalismus. Es wurde vor den Landtagswahlen in Schleswig-Holstein, in Nordrhein-Westfalen und vor der Bundestagswahl damit die wohl einschneidenste Reform des deutschen Staatswesens seit 1969 zunächst beerdigt.

Die Probleme aber sind geblieben. Auch weiterhin haben wir das für die Bürgerinnen und Bürger nur schwer durchschaubare Wirrwarr in den Systemen aus Mischverwaltung und Mischfinanzierung, in der konkurrierenden Gesetzgebung und bei den Zustimmungserfordernissen im Bundesrat. Gerade Letzteres ist ja immer wieder im Vorweg zu Wahlen als Blockadeinstrument genutzt worden.

(Ministerpräsident Peter Harry Carstensen)

So ist es kein Wunder, wenn vermehrt Diskussionen um den Zusammenschluss ganzer Bundesländer - Stichwort „Nordstaat“ - und um die Existenzberechtigung der Landesparlamente entstehen. Diese Diskussionen begründen sich nicht nur in der schlechten Lage der öffentlichen Haushalte, sondern in dem für die Bürgerinnen und Bürger immer schwerer erkennbaren Aufgabenprofil der Länder. Hier bedarf es klarer Abgrenzungen.

(Beifall bei der FDP)

Es bedarf klarer gesetzgeberischer Zuständigkeiten und finanzieller Kompetenzen und nur im Ausnahmefall, etwa im Hinblick auf das Sozialstaatsprinzip oder auf die Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse in der Bundesrepublik, darf es erlaubt sein, von klaren Zuständigkeiten abzuweichen.

Ich habe es früher schon einmal gesagt: Wenn wir die finanziellen Zuständigkeiten nicht ordentlich regeln, ist alles andere, was wir beschließen, Makulatur. Wir sollten uns nicht damit zufrieden geben, dass man uns Brosamen hinwirft, aber bei der Frage der Finanzierung - wie in der Vergangenheit geschehen - uns anschließend die guten Dinge wieder wegnimmt.

(Vereinzelter Beifall)

Es ist richtig, den Prozess für eine Reform des deutschen Föderalismus wieder aufzurollen, wie es unter anderem auch die große Koalition in Berlin beschlossen hat. Sie hat Ende letzten Jahres ihre Leitlinien für eine solche Reform abgesteckt. Die Ergebnisse der Koalitionsarbeitsgruppe zur Föderalismusreform mit den altbekannten Akteuren Müntefering und Stoiber liegen vor. Sie haben teilweise sinnvolle Vorschläge unterbreitet, allerdings auch Vorschläge, über deren Sinn oder Unsinn man streiten kann und über die, wenn sie umgesetzt werden, auch mächtig gestritten werden wird. Am Ende, so hoffen wir, steht dann ein Modell, welches klar herausstellt, wer, ob Bund oder Land, künftig welche Gesetzgebungskompetenzen bekommt und wie sich die Einnahmen in der Bundesrepublik auf Bund, Länder und Kommunen verteilen. Das ist wohl die heikelste Frage der gesamten Reform.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die große Koalition hat im Bereich der Gesetzgebungskompetenzen ein teilweise neues Modell entwickelt. Bisher gab es in der Verfassung die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz des Bundes oder der Länder, die Rahmengesetzgebung und die konkurrierende Gesetzgebung. Das Modell von Minister Müntefering und Ministerpräsident Stoiber verzichtet nun in Gänze auf die Rahmengesetzgebung. Sie wird abgeschafft. Das ist positiv. Dafür wird aber als Neu

heit die so genannte „abweichende Gesetzgebung" präsentiert.

Liebe Kolleginnen und Kollegen aus der SPDLandtagsfraktion, die funktioniert wie folgt: Wenn der Bund in bestimmten Bereichen von seiner Gesetzgebungsbefugnis Gebrauch gemacht hat, sollen die Länder hiervon abweichende Regelungen treffen können. Das gilt beispielsweise für die Hochschulzulassung und die Hochschulabschlüsse, die Raumordnung, das Jagdwesen, den Naturschutz und die Landschaftspflege, die Bodenverteilung und den Wasserhaushalt, soweit es sich nicht um stoff- oder anlagenbezogene Regelungen handelt.

Dieses neue Modell ist zwar aus unserer Sicht ein Fortschritt zu der bisherigen Rahmengesetzgebung, weil sich die Länder eben im Zweifel nicht an einen vorgegebenen Rahmen des Bundesgesetzgebers halten müssen. Man darf und muss sich dennoch fragen, welchen Sinn es machen soll, auf Bundesebene Regelungen zu erlassen, die die Länder im Zweifel durch eigene Regelungen ersetzen können. Man stelle sich vor, Bundesumweltminister Gabriel schafft sein lang ersehntes Bundesumweltgesetzbuch und die Länder dürfen hiervon komplett abweichende Regelungen treffen. Das zu erklären, dürfte schwierig werden.

(Beifall bei der FDP sowie Beifall der Abge- ordneten Konrad Nabel [SPD] und Jürgen Weber [SPD])

Warum konnte man sich nicht dazu durchringen vielleicht ist das im Rahmen der weiteren Erörterungen ja noch möglich -, die Kompetenzen gleich in die Zuständigkeit der Länder oder des Bundes zu verlagern? Diese Frage gilt es zu beantworten und wir dürfen gespannt sein, welche Position die Landesregierung dazu in der weiteren Diskussion vertritt, Herr Ministerpräsident. Ich wäre für klare Zuständigkeitsregelungen,

(Beifall bei der FDP)

denn - wie gesagt - ein Bundesumweltgesetzbuch und abweichende Regelungen der Länder Schleswig-Holstein, Baden-Württemberg oder Mecklenburg-Vorpommern sind schwer zu vermitteln. Da hätten wir Debatten, wie wir sie heute Morgen in der Fragestunde hier hatten, beispielsweise darüber, warum die Landesregierung Schleswig-Holstein von Regelungen des Bundes in der einen oder anderen Form abweichen will.

Auch in den Bereichen, in denen man sich in Berlin anscheinend für klare Gesetzgebungskompetenzen für den Bund oder die Länder entschieden hat, gibt es noch ausreichend Zündstoff. Das gilt beispiels

(Wolfgang Kubicki)

weise für den Bereich der Innenpolitik. So hat der Landtag erst im Dezember auf Initiative von FDP und Grünen beschlossen, es aus guten Gründen bei der Bundeskompetenz bei den Regelungen zum Strafvollzug zu belassen.

Viel interessanter und wohl auch problematischer wird es aber bei der Frage des Beamtenrechts. Sie haben es angesprochen. Die große Koalition in Berlin will die einheitlichen Regelungen des Beamtenrechts aufgeben und an die Länder übertragen. Die Landesregierung in Schleswig-Holstein sieht das anders. So konnten wir lesen, dass sich der Innenminister wie auch der Ministerpräsident einig waren in der Frage der künftigen Regelung des Beamtenrechts. Beide wollen, dass die Beamtenbesoldung weiterhin bundeseinheitlich geregelt wird, und wir stimmen ihnen ausdrücklich zu.

(Beifall bei der FDP)

Es ist in der Tat so, dass eine Länderkompetenz in der Frage der Beamtenbesoldung zu einem negativen Wettlauf mit niedriger Besoldung, längeren Arbeitszeiten und so weiter bei den ärmeren Ländern führen würde und zwangsweise führen müsste, während die reicheren Bundesländer die besten Beamten für sich abwerben könnten. Wir sind skeptisch, ob dieser Weg wirklich der richtige ist, weil er unmittelbar mit der Qualität staatlichen Handelns verbunden ist.

Tür- und Toröffner für diese unsägliche Debatte daran möchte ich gern erinnern - und den Wettbewerb um weniger Leistungen bei den Beamten man kann es gar nicht oft genug wiederholen - war die SPD-geführte Landesregierung in SchleswigHolstein mit dem damaligen Finanzminister Ralf Stegner, die die Öffnungsklauseln beim Weihnachts- und Urlaubsgeld quasi erfunden haben. Insofern freut es uns außerordentlich, dass es einen Sinneswandel bei Minister Stegner gegeben hat.

Er geht aber sogar noch einen Schritt weiter. Kaum ist der Ministerpräsident zu Besuch bei der dänischen Königin und der Innenminister allein zu Haus, diktiert Minister Stegner der Presse in die Blöcke, dass er die Zustimmung zum gesamten Föderalismuspaket an dieser Frage scheitern lassen wolle. Hier wird es interessant. Während der Innenminister tatsächlich klare Konsequenzen aus einer klaren Position ziehen will, eiert der Ministerpräsident herum. Er sei zwar mit Herrn Stegner in der Sache einer Meinung, will aber die Föderalismusreform an der Frage der Beamtenbesoldung nicht scheitern lassen. Wir hätten gern eine Antwort darauf, worauf sich die Landesregierung nun besinnen wird, darauf, dass die Reform an diesem Punkt

scheitert, oder darauf, dass sie an diesem Punkt nicht scheitert.

(Beifall bei der FDP und der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN])

Eine weitere heikle Frage betrifft den künftigen Status des Berufsbeamtentums. Die Grünen haben in ihrer Ergänzung zu unserem Antrag ausdrücklich darauf hingewiesen. Will auch die Landesregierung mittelfristig die Aushebelung des Beamtenstatus aus Artikel 33 Abs. 5 des Grundgesetzes? So steht es ja im Berliner Koalitionspapier zur Föderalismusreform. Dort wird eine Neuregelung in Artikel 33 Abs. 5 des Grundgesetzes vorgeschlagen, nach der die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums „fortentwickelt" werden sollen. „Fortentwickelt“ meint in diesem Wortsinn wirklich „fortentwickeln“ und nicht „weiterentwickeln“.

Dagegen haben wir uns als FDP in diesem Hause immer ausgesprochen. Wir haben immer gesagt: Gebt dem öffentlichen Dienst weniger Aufgaben, dann braucht er auch nicht so viele Mitarbeiter. Wir brauchen aber in der Kernverwaltung Beamte, die nicht streiken dürfen. Ich denke dabei erneut an Polizei, Lehrer oder die Berufsfeuerwehren. Was passiert, wenn diese streiken?

Schließlich sehen wir auch die künftige Zentralisierung der inneren Sicherheit mit großer Skepsis, Herr Ministerpräsident. So soll nach den Vorstellungen von CDU und SPD in Berlin das Bundeskriminalamt mit zusätzlichen Kompetenzen in der Terrorismusbekämpfung betraut werden. Es ist aber ein Trugschluss zu erwarten, dass es ein Mehr an Sicherheit gibt, wenn sich das BKA in Fällen von länderübergreifender Gefahr auf Dauer selbst für zuständig erklären darf, noch einmal, sich selbst für zuständig erklären darf, so wie es von der Regierungskoalition in Berlin vorgesehen ist. Im Gegenteil, nach unserer Auffassung - das haben Anhörungen und Symposien immer wieder belegt - sind die Orts- und Milieukenntnisse der dezentral organisierten Landespolizeien hierfür deutlich besser geeignet.

(Beifall bei der FDP)

Ich gehe davon aus, dass eine gemeinsame Föderalismusreform des Bundes und der Länder nicht die Zustimmung der FDP-mitregierten Länder finden wird, wenn die neue Bundesregierung auf unnötigen Kompetenzen für das Bundeskriminalamt bei der Terrorismusbekämpfung besteht.

(Wolfgang Kubicki)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Anzahl der zustimmungspflichtigen Gesetze im Bundesrat soll reduziert werden, und das ist gut so. Dabei entspricht die von der großen Koalition gewählte Neuformulierung des Art. 84 Grundgesetz im Wesentlichen einem Gesetzentwurf der FDP-Bundestagsfraktion aus dem April 2005. Nach Art. 84 Abs. 1 des Grundgesetzes ist die Einrichtung der Behörden und das Verwaltungsverfahren im Bereich der so genannten Landesexekutive Sache der Länder, soweit nicht Bundesgesetze mit Zustimmung des Bundesrates etwas anderes bestimmen. Während die Rechte des Bundes hierbei ursprünglich als eng begrenzte Ausnahme konzipiert waren, enthalten heute eine erhebliche Zahl an Bundesgesetzen Regelungen über Organisation und Verfahren der Landesverwaltung und beschränken so die Organisationshoheit der Länder.

Zu einem weiteren Anstieg der Zustimmungserfordernisse in diesem Bereich hat lange Zeit die vom Bundesverfassungsgericht vertretene „Einheitstheorie“ geführt, wonach nicht die einzelne Vorschrift zum Verwaltungsverfahren, sondern das jeweilige Bundesgesetz als Ganzes zustimmungspflichtig ist. Der Bundesrat darf auch einem Gesetz, das sowohl materielle Normen als auch Vorschriften über das Verfahren der Landesverwaltung enthält, deshalb die Zustimmung versagen, weil er nur mit der materiellen Regelung nicht einverstanden ist. Das hat in der Vergangenheit oft zu obskuren Situationen geführt, dass der Bund versucht hat, die materiellen Regelungen in einem Gesetz zu regeln und die Verfahrensvorschriften in einem anderen, um die Zustimmungspflicht auf diese Art und Weise zu reduzieren.

Wie das teilweise politisch und nicht im Sinne der Bürgerinnen und Bürger genutzt wurde, haben wir in der Vergangenheit nur allzu oft erlebt. Durch die vorliegende Neuformulierung des Art. 84 Abs. 1 des Grundgesetzes entfällt ein großer Teil der bisher zustimmungspflichtigen Gesetze, da sie Länderinteressen nicht mehr berühren. Die Länder haben durch ein Zugriffsrecht die Möglichkeit, abweichend von der bundesgesetzlichen Vorgabe die Behördenorganisation und das Verwaltungsverfahren eigenständig zu regeln. Darüber hinaus sieht der neue Art. 84 vor, dass durch Bundesgesetz Aufgaben an Gemeinden und Gemeindeverbände nicht mehr übertragen werden dürfen. Das ist, so meine ich, ein Schritt in die richtige Richtung.