Protocol of the Session on December 16, 2005

Jetzt zu der Frage der Gefährdung, auch wenn Sie lachen. Relevant sind nicht die Brutpaare an der Nordsee - deren Zahl hat zugenommen - oder die an der Ostsee. Relevant sind die Brutpaare im Binnen

(Dr. Heiner Garg)

land. Deren Anzahl hat seit 1995 von 1.400 auf knapp 800 fast um die Hälfte abgenommen. Das steht in dem Bericht, den die Landesregierung jedes Jahr herausgibt.

Die Anzahl hat im Wesentlichen deshalb abgenommen, weil ganze Kolonien von Adlern aufgelöst worden sind. Der Grund, warum man Kormorane so leicht ausrotten kann - ich rede tatsächlich von „ausrotten“ –, liegt darin, dass die Kormorane nur auf ganz wenigen Großkolonien brüten. Das heißt, es ist nicht so, dass es flächendeckend Nester gibt. Vielmehr gibt es ganz wenige Stützpunkte. Es sind nur noch 13. Es waren einmal 16. Jede dieser Brutkolonien ist bekannt. Jeder weiß, wo die sind.

Es ist nicht richtig, wie der FDP-Antrag suggeriert: Wenn man das Schießen einstellt, wäre es kein Problem. Sie können die Besiedlung der Brutkolonien durch Vergrämungsmaßnahmen, auch durch Lärmmaßnahmen verhindern. Dann haben Sie innerhalb von kürzester Zeit die Kormorane ausgerottet. Nur eine einzige Brutkolonie in Schleswig-Holstein liegt in einem Naturschutzgebiet und ist deswegen von dem Gesetz ausgenommen. Alle anderen Brutkolonien würde der Minister mit der vorliegenden Verordnung zur Vergrämung freigeben. Das heißt, wir würden praktisch alle Brutkolonien in Schleswig-Holstein auflösen, wenn das passiert, was in der Verordnung vorgesehen ist.

Das, was der Landesnaturschutzbeauftragte sagt, dass eine Gefährdung besteht, dass tatsächlich die Bestände vernichtet werden, wenn diese Verordnung umgesetzt wird, ist nicht falsch. Sie ist nach meiner Einschätzung von den Fakten her ausgesprochen logisch und begründet.

Herr Abgeordneter, ein allerletzter Satz!

Mein allerletzter Satz. - Die Bekämpfung von Kormoranen durch Seeadler hat allerdings ein Problem: Auch Seeadler sind Konkurrenten des Menschen; sie essen Fische, und zwar überwiegend solche, die auch der Mensch isst. Das müssen Sie bedenken. Vielleicht wollen Sie demnächst die Jagd auf Seeadler eröffnen.

(Vereinzelter Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort für die Landesregierung erteile ich Herrn Minister Dr. Christian von Boetticher.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Es besteht die Gefahr, dass ich mich auch noch melde!)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich war in der letzten Wahlperiode nicht im Parlament, aber ich habe schon mitbekommen, dass über das Für und Wider heute nicht zum ersten Mal diskutiert wird. Lassen Sie mich zunächst meine Freude zum Ausdruck bringen - ich glaube, die teilen wir allgemein –, dass mit dem Kormoran eine Tierart, die in Schleswig-Holstein schon fast ausgestorben war, wieder Fuß gefasst hat, und das in nicht geringem Maße. Herr Heydemann sprach von einigen 100 Paaren. Das ist heute schon ausgeführt worden. Wir haben heute 2.768 Paare, davon 765 in den Binnengewässern. Das ist eine Stabilität auf sehr hohem Niveau. Ich bin dankbar für die Wiedereinbürgerung dieser fast ausgestorbenen Tierart.

Ich bin auch für den Antrag dankbar, weil er uns die Möglichkeit gibt, kurz nach Abschluss der Anhörung über die Verordnung zu diskutieren. Ich halte den Verordnungsentwurf nach wie vor für sehr ausgewogen. Er ist nicht so, wie der aus Mecklenburg-Vorpommern, er grenzt sehr genau ab nach dem, was in Naturschutzgebieten verboten ist, was in den NATURA-2000-Gebieten nur sehr eingeschränkt möglich ist und was nur dort gezielt erfolgen darf, wo ein fischereiwirtschaftliches Interesse außerhalb der von mir genannten Gebiete vorhanden ist.

Wir werden an der Begründung Verbesserungen vornehmen. Wir werden die Zahlen und die fischereiwirtschaftlichen Schäden genau belegen. Das ist etwas, was die Vorgängerregierung, was mein Vorgänger nie getan hat.

(Beifall der Abgeordneten Herlich Marie Todsen-Reese [CDU])

Wir werden natürlich die Ergebnisse der Anhörung genauer einarbeiten, was wir im Übrigen auch bei der Landesjagdzeitenverordnung gemacht haben.

Was machen wir im Augenblick?

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Das fragen wir uns auch!)

Wir schreiben exakt das fort, was die Vorgängerregierung schon getan hat. Es gibt seit 1993 einen Er

(Karl-Martin Hentschel)

lass zum Abschuss von Kormoranen, der auf genau derselben Rechtsgrundlage basiert wie die Verordnung.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Unglaublich!)

Das heißt, es werden wie in vielen anderen Bundesländern auch hier im Land seit 1993 Maßnahmen zur Reduzierung des Kormoranbestands durchgeführt wie in Dänemark, in Brandenburg, in Niedersachsen, in Mecklenburg-Vorpommern. In allen Ländern, in denen der Kormoran ein sehr hohes Bestandsniveau hat, werden solche Maßnahmen durchgeführt. Zwischen 1992 und 1997 lag die Abschussrate bei durchschnittlich 680 Tieren. Sie stieg 2003 auf 777 Tiere an, 2004 auf das Rekordniveau von 896 Tieren. Dann wird erzählt, wir fingen jetzt mit dem Abschuss dieser Tiere an. Das ist Unsinn.

Was war die Begründung? Was durfte die Begründung nur sein? Wissen Sie das, Herr Kollege Hentschel? - Die Begründung waren fischereiwirtschaftliche Schäden. Andere hätten es gar nicht sein dürfen. Denn wenn es keine fischereiwirtschaftlichen Schäden gäbe, so wie Sie es behauptet haben, wäre jeder dieser Abschüsse rechtswidrig gewesen. Wenn also das richtig ist, was Sie behaupten, hat mein Vorgänger fünf Jahre lang Tausende von Tieren rechtswidrig zum Abschuss freigegeben.

(Beifall bei der CDU)

Diese Begründung müssen Sie sich dann auch zuschreiben lassen. Das waren die Genehmigungen, die die unter Ihrer Aufsicht, jetzt unter meiner Fachaufsicht stehenden Behörden erteilt haben.

Warum? - Aufgrund fischereiwirtschaftlicher Schäden!

Jetzt werden plötzlich andere Methoden angesprochen. Dann erzählen Sie mir einmal, welche anderen Maßnahmen außer dem von mir eben angesprochenen Abschuss Sie denn bisher durchgeführt haben. Sie kannten in der Vorgängerregierung auch nur den Abschuss, zwar aufgrund von Einzelfallgenehmigungen, aber es war der Abschuss. Andere Maßnahmen haben Sie bisher in großem Stil jedenfalls nicht durchgeführt. Ich bin sehr daran interessiert; wenn es gleichermaßen Maßnahmen gibt, dann werden wir das natürlich prüfen. Im Übrigen steht die Vergrämung natürlich als ein Mittel auch in der Verordnung, und sie ist sicherlich auch vorzuziehen.

(Beifall bei der CDU)

Ich sage noch etwas. Wir werden auch noch einmal bei den genauen Zahlen nacharbeiten; das habe ich

gesagt. Wir haben sie berechnet. Auch diese Berechnung wird dann Teil der Begründung werden. Das gehört zur Seriosität dazu. Die ist höchst unterschiedlich. Sie schwankt aufgrund von Annahmen aus Untersuchungen an verschiedenen Gewässern und natürlich nach Intensität der Bewirtschaftung zwischen 16 und 68 %. Selbst wenn wir an einigen Gewässern nur die 16 % annehmen, dann frage ich Sie, ob Sie glauben, dass 16 % nicht erheblich sind. Ich weiß, was passieren würde, wenn ich hier den Antrag stellen würde, 16 % des Landeswaldes zu verscherbeln. Ich wäre gespannt, ob Sie dann sagen würden, das sei Splitterwald. Ich glaube, Sie würden sagen, das sei ein ganz erheblicher Anteil. Das ist auch richtig. 16 % sind ein erheblicher Anteil und ein erheblicher Umsatzeinbruch. Darum gibt es lange den Nachweis, dass es fischereiwirtschaftliche Schäden gibt. Das werden wir der Begründung hinzufügen. Wir werden die Dinge einarbeiten, die jetzt aus der Anhörung entsprungen sind. Dann werden wir am Ende eine rechtmäßige, gesetzmäßige, ordentliche, zielführende Verordnung vorlegen.

(Beifall bei CDU und SPD)

Ich danke dem Herrn Minister. Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe damit die Beratung.

Es ist beantragt worden, die Anträge Drucksachen 16/385 und 16/477 dem Umwelt- und Agrarausschuss zu überweisen. Wer dem zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe!

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Ihr könnt nur ein- mal abstimmen! - Weitere Zurufe: Es ist zweimal abgestimmt worden! Geht nicht, die SPD hat zweimal abgestimmt!)

- Meine Damen und Herren, ich stelle fest, dass die Mehrheit der Ausschussüberweisung nicht zugestimmt hat.

(Zuruf: Wiederholung! - Wolfgang Kubicki [FDP]: Das stimmt, die Mehrheit war das schon! - Dr. Heiner Garg [FDP]: Sie können nicht so lange abstimmen, bis es passt! Die Mehrheit hat der Ausschussüberweisung zu- gestimmt!)

- Nein, die Mehrheit hat gegen die Ausschussüberweisung gestimmt.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Das habe ich ge- sehen, Frau Präsidentin!)

(Minister Dr. Christian von Boetticher)

- Herr Kubicki, ich bin so froh. Was wäre ich ohne Sie!

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Die Frage kann ich nicht beantworten! - Heiterkeit)

Ich frage die Parlamentarischen Geschäftsführer, wie mit den Anträgen weiter umgegangen werden soll. - Abstimmung in der Sache! Wir kommen dann zur Abstimmung in der Sache. Wer dem Antrag der Fraktion der FDP, Drucksache 16/477, seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Der Antrag ist mit den Stimmen der CDU und der SPD abgelehnt worden gegen die Stimmen der FDP und bei Stimmenthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des SSW.

Wer dem Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucksache 16/385, seine Zustimmung geben will, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. - Danke. Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN abgelehnt worden mit den Stimmen von CDU und SPD gegen die Stimmen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des SSW bei Stimmenthaltung der FDP. - Ich danke Ihnen.

Wir verlassen damit den Tagesordnungspunkt 18. Die Sitzungsleitung übernimmt der Landtagspräsident.

Meine Damen und Herren! Ich bitte Sie, sich von den Plätzen zu erheben.

(Die Anwesenden erheben sich)

Heute starb im Alter von 81 Jahren Rudolf Titzck. Nach seiner Zeit als Kämmerer und Bürgermeister der Landeshauptstadt Kiel wurde Rudolf Titzck 1970 vom damaligen Ministerpräsidenten Lembke zum Chef der Staatskanzlei berufen. Von 1971 bis 1979 war er Innenminister dieses Landes und danach Finanzminister. Von 1983 bis 1987 war Rudolf Titzck Präsident des Schleswig-Holsteinischen Landtages. Dem Landtag angehört hat er von 1975 bis 1988.

Wir verlieren mit Rudolf Titzck einen engagierten Politiker, der auch immer ein Mann des Volkes gewesen ist. Unser Gedenken gilt einem Menschen, der gradlinig, mutig und konsequent immer seine Überzeugung vertreten hat. Er war ein Vorbild für viele von uns.

Schleswig-Holstein hat Rudolf Titzck viel zu verdanken. Unsere Anteilnahme gilt in der Stunde der Trauer seiner Familie.

Ich bitte Sie, Rudolf Titzck ein kurzes Gebet zum Gedenken zu widmen.