Dass daher eine Minderheitsregierung dem Parlament gut getan hätte, ist weiterhin die Meinung des SSW.
Auch den Menschen hätte es gut getan, Herr Ministerpräsident. Die Lage des Landeshaushalts ist dramatisch. Das wissen wir alle. Diese Erkenntnis ist nicht neu und sie gibt nicht wirklich ein Bild davon, wie schlecht es um die Finanzen des Landes bestellt ist. Sieht man sich die Eckpunkte des Haushalts genau an, erschließt sich einem die katastrophale Finanzlage Schleswig-Holsteins. Bei Nettoausgaben von circa 8,2 Milliarden € werden wir sage und schreibe circa 1,56 Milliarden € neue Schulden zur Finanzierung des gesamten Haushalts aufnehmen. Damit wird die verfassungsmäßige Grenze der
Nettoneukreditaufnahme gemäß Artikel 53 der Landesverfassung um über 1 Milliarde € überschritten. Auch wenn die Kreditaufnahme im nächsten Jahr im Verhältnis zu 2005 etwas gesenkt werden soll, sind die Neuschulden fast dreimal so hoch wie unter Rot-Grün. Die Investitionsquote ist mit nur 9 % so niedrig wie nie in der Geschichte des Landes, und die Personalkosten sind mit 38 % sogar noch etwas höher als im letzten Jahr.
Daraus kann man aber redlicherweise der Landesregierung keinen Vorwurf machen. Zum einen ist der Haushalt fast zu 95 % von Gesetzen und Vorgaben gebunden, die zum Teil vom Bund oder der EU beschlossen werden, zum anderen sind die Steuereinnahmen in den letzten Jahren immer wieder eingebrochen. Der Spielraum der Landesregierung ist also sehr eng und außer Bayern wird wohl kein anderes Bundesland im nächsten Jahr einen verfassungskonformen Haushalt aufstellen können. Der Bund kann dies in 2006 auch nicht.
Für den SSW steht daher fest: Dieser Haushalt kocht nicht nur mit Wasser, er besteht in vieler Hinsicht aus genau den gleichen Bausteinen wie seine rot-grünen Vorgänger.
Wenn wir ehrlich sind, liebe Kolleginnen und Kollegen, hätte eine rot-grüne Landesregierung mit Unterstützung des SSW auch kaum andere Eckpunkte präsentieren können.
Bei einer Regierungsbeteiligung der FDP wäre es zu einmaligen Mehreinnahmen durch den Verkauf der HSH Nordbank gekommen. Die grundlegenden Strukturprobleme des Haushalts wären aber die gleichen. Deshalb lehnen wir auch diesen FDPVorschlag ab. Das heißt natürlich nicht, dass wir mit allen Prioritätensetzungen und Entscheidungen der Landesregierung im Haushaltsentwurf zufrieden sind. Das ist bei weitem nicht der Fall. Ich möchte aber deutlich machen, dass die grundlegenden Eckpunkte des schleswig-holsteinischen Landeshaushalts eben nur schwer zu beeinflussen sind. Dabei darf natürlich nicht unter den Teppich gekehrt werden, dass der Landeshaushalt 2006 verfassungswidrig ist und dass die Landesregierung in ihrer Finanzplanung erst in einigen Jahren damit rechnet, einen verfassungsgemäßen Haushalt vorlegen zu können. Auch wenn man dies aus finanzpolitischer Sicht sehr kritisch sehen muss, gibt es aus unserer Sicht keinen anderen Weg als den von Frau Merkel angedeuteten, nämlich einen Weg der kleinen Schritte.
Der SSW ist weiterhin der Überzeugung, dass es uns nicht gelingen wird, uns aus dieser Finanzkrise einfach herauszusparen. Wir müssen die Haushaltskonsolidierung weiter voranbringen, aber wir müssen in erster Linie die Einnahmesituation des Landes verbessern. Dies gelingt letztlich nur - wir wissen das alle –, wenn wir mehr Menschen in Arbeit bringen.
Vor diesem Hintergrund ist der Schleswig-Holstein-Fonds, der Investitionen generieren soll, eine richtige Maßnahme, die der SSW unterstützt. Natürlich wissen wir auch, dass es sich bei diesem Fonds im Prinzip nur um einen neuen Namen für ein Programm handelt, das es auch schon unter der Vorgängerregierung gegeben hat. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass Schleswig-Holstein aus eigener Kraft die nötigen Investitionen in die wirtschaftliche Entwicklung tätigen muss. Wir streiten uns mit der Landesregierung gern über die Prioritierung, aber nicht über das Volumen der Investitionen. Von daher können wir auch nicht die Änderungsvorschläge der Grünen zur Kürzung des Schleswig-Holstein-Fonds unterstützen.
Die Konturen einer zukunftsweisenden Arbeitsmarktpolitik sind bisher leider nicht richtig erkennbar. Auch wenn das Land hier von den Vorgaben des Bundes abhängig ist - Stichwort Hartz IV –, so sind wir doch weiterhin der Meinung, dass Schleswig-Holstein mit mehr Engagement eine aktive Arbeitsmarktpolitik im Sinne der Arbeitslosen betreiben muss. Der SSW lehnt daher weiterhin die Kürzung bei den Arbeitsloseninitiativen ab.
Die Forderung nach einer Fortsetzung der EU-Regionalförderung nach 2006 unterstützt auch der SSW. Für die noch übrig gebliebenen Mittel des bisherigen Regionalprogramms 2000 muss aber gelten, dass sie angemessen und gerecht auf alle strukturschwachen Gebiete des Landes verteilt werden. Die Landesregierung darf sich mit anderen Worten nicht nur auf die Wachstumspotenziale der Hamburger Randgebiete konzentrieren und dabei den Norden des Landes aus den Augen verlieren.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, der im November vorgelegte Bericht der Landesregierung „Schleswig-Holstein – ein starker Partner im Norden“ verstärkt unsere Befürchtungen, dass die Landespolitik
genau diese Richtung wählt. Dass die verbliebenen Mittel des Regionalprogramms nicht für Luftschlösser wie das inzwischen zu den Akten gelegte Science-Center in Kiel oder für den Ausbau des Flughafens Kiel-Holtenau genutzt werden sollen, das steht für den SSW allerdings weiterhin fest. Bald hat der letzte Linienflug den Flughafen Holtenau verlassen und die große Koalition hält immer noch an dem Ausbauprojekt fest. Statt unverdrossen auf ein totes Pferd zu setzen, sollte die Landesregierung endlich absteigen und darüber nachdenken, für welche Projekte in Schleswig-Holstein die öffentlichen Fördergelder sinnvoll ausgegeben werden können.
Der vollständige Ausbau des Husumer Hafens ist somit auch aus landespolitischer Sicht ein sinnvolles Projekt, das die Unterstützung der Landesregierung verdient.
Die Entscheidungen darüber, welche Prioritäten gesetzt werden sollen, hängen allerdings nicht unmittelbar mit dem Haushalt zusammen, sie sind Ausdruck für den Haushaltsvollzug. Genau darauf wird der SSW weiterhin sein Augenmerk richten und wir werden uns im Januar noch einmal genau mit diesem Sachverhalt beschäftigen.
Noch haben wir im Norden des Landes viele Industriebetriebe und zukunftsfähige Unternehmen mit vielen Arbeitsplätzen, aber der Arbeitsplatzabbau der letzten Jahre - in Flensburg zum Beispiel bei Motorola oder bei Danfoss - ist ein Warnsignal. Darum wiederhole ich: Wenn der nördliche Landesteil nicht zu einem Freizeitpark reduziert werden soll, müssen wir jetzt handeln, um die Zusammenarbeit über die deutsch-dänische Grenze hinweg zu vertiefen und auszubauen. Der SSW fordert weiterhin, dass die grenzüberschreitende Zusammenarbeit für die Landespolitik in Zukunft den gleichen Stellenwert erhält wie zum Beispiel die Zusammenarbeit mit Hamburg.
Ich kann es auch anders formulieren: Für uns im Norden, für unsere Zukunftschancen ist dies genauso wichtig wie die Zusammenarbeit von SchleswigHolstein und Hamburg. Wir werden im kommenden Jahr die Landesregierung daran messen, wie sie die grenzüberschreitende Zusammenarbeit voranbringen will.
Die Landesregierung kündigt im Zusammenhang mit dem Haushalt eine Reihe von Strukturänderungen an, die aber alle noch mit vielen Fragezeichen versehen sind und die in 2006 zunächst kaum haushaltswirksam werden. Vieles von dem ist von meinen Vorrednerinnen und Vorrednern schon angesprochen worden. Die Verwaltungsstrukturreform zum Beispiel ist ein Thema für sich und wie der SSW dazu steht, kann man in dem Protokoll über die gestrige Debatte nachlesen. Dazu keine weiteren Bemerkungen heute.
Zu zwei Strukturvorhaben der Landesregierung wird es morgen noch gesonderte Debatten geben, nämlich zu der Neustrukturierung der Amtsgerichte und zu der Einführung eines Anreizbudgets für die Hochschulen des Landes. Ohne jetzt diese Debatten vorwegnehmen zu wollen, stelle ich für den SSW fest, dass Strukturmaßnahmen auch immer eine regionalpolitische Seite haben. Das Amtsgericht in Kappeln zum Beispiel ist die letzte Landesbehörde in einer Region, die in den letzten Jahren sehr viel hat ertragen müssen. Es ist ein modernes Gericht, das sich auch als Dienstleistungsorgan für die Menschen vor Ort versteht. Aus genau diesen Gründen wäre es zu kurz gesprungen, wenn ausschließlich justizfachliche Argumente bei der Neustrukturierung der Amtsgerichte zum Tragen kämen.
- Es wäre aber wert, sich damit noch einmal zu beschäftigen, denn ich denke nicht, dass dadurch sehr viel eingespart werden kann, Herr Kollege Hay. Ich habe den Justizminister auch so verstanden, dass es nicht in erster Linie um Haushaltskonsolidierung bei der Neustrukturierung der Amtsgerichte geht.
Was aber für die Amtsgerichte gilt - ich denke da an die strukturpolitische, die regionalpolitische Seite –, gilt natürlich erst recht für die Hochschulen des Landes. Der SSW steht für eine ausgewogene Bildungs- und Hochschullandschaft, die mit der regionalen Wirtschaft kooperiert und den Menschen vor Ort Forschung und Lehre, Bildung und Weiterbildung ermöglicht. Die Einführung eines Anreizbudgets - zulasten der Flensburger Hochschulen zum Beispiel - ist daher keine Maßnahme, die dazu angetan ist, die Skepsis gegen die Reformpläne der Landesregierung abzumildern. Dass sie jetzt kurzfristig 40.000 € mehr für das Germanistikstudium der Universität Flensburg ausgeben will, ist natürlich zu begrüßen.
Dennoch ist dies vor dem Hintergrund der jahrelangen Unterfinanzierung des Hochschulstandortes Flensburg im Grunde nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Wir haben in unseren Änderungsanträgen zum Haushalt gefordert, dass die Vorschläge zum Anreizbudget gestrichen werden. Damit kamen wir bei den Mehrheitsfraktionen leider nicht durch. Wir nehmen aber wohlwollend zur Kenntnis, dass die Beschlussfassung des Bildungsausschusses zu diesem Punkt eine Revisionsklausel enthält. Spätestens vor der Sommerpause 2006 soll evaluiert werden. Das ist zumindest ein Schritt in die richtige Richtung.
Es muss also in Zukunft darum gehen, dass die Stärken des gesamten Landes genutzt werden. Professor Michael Porter von der Harvard Universität hat kürzlich bei einer großen Veranstaltung in Kopenhagen darauf hingewiesen, dass die beste Strategie zur Bewältigung der Herausforderungen der Globalisierung darin liegt, von eigenen Prämissen auszugehen, sich also von anderen zu unterscheiden, denn wer einfach die Stärken anderer nachahmt, wird den Wettbewerb nicht bestehen können. Für unser Land heißt das unter anderem, dass es nicht reicht, nur mehr Werbung für Schleswig-Holstein zu machen. Entscheidend sind die Stärken unseres Landes, die Alleinstellungsmerkmale - sei es im Bereich der Windenergie oder in ganz anderen Bereichen.
Aus genau diesen Gründen ist es für den SSW wichtig, dass eine Offensive für Qualifizierung und Bildung auf den Weg gebracht wird. Denn neben der Schönheit und der kulturellen Vielfalt unseres Landes sind gut ausgebildete Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter das Pfund, mit dem gewuchert werden kann. Damit dies so bleibt, müssen wir schon in den Kindergärten die richtigen Weichen stellen. Das gestern verabschiedete Gesetz zur Weiterentwicklung der Kitas ist mit seinen neuen Bildungszielen aus Sicht des SSW ein richtiger Schritt. Wir wissen, dass es Bedenken gibt. Wir nehmen sie ernst. Letztlich aber haben wir - wie Sie wissen dem Gesetzentwurf zugestimmt.
Es ist kein Geheimnis, dass auch wir uns einen höheren Zuschuss für die Kindertagesstätten gewünscht hätten. Insbesondere für die Aus- und Weiterbildung der Erzieherinnen und Erzieher müssen zusätzliche Mittel bereitgestellt werden.
Wir wissen aber auch, dass wir damit eine Zielvorgabe unterstützen. Hier kann nur in kleinen Schritten vorangegangen werden.
Das Thema Schulgesetzänderung wird uns im nächsten Jahr sehr intensiv beschäftigen. Darum heute dazu nichts Weiteres. Ich möchte aber noch einmal in Erinnerung rufen, dass es in diesem hohen Haus immer noch eine Mehrheit für die Einführung der Gemeinschaftsschule gibt.
Zu den Stärken unseres Landes gehören aber auch die kulturelle Vielfalt und die Tatsache, dass sich Schleswig-Holstein als ein Land mit deutscher, dänischer und friesischer Kultur versteht. Auch die Minderheitenpolitik gehört somit dazu. Daher ein letztes Mal in diesem Jubiläumsjahr der Bonn/ Kopenhagener Erklärungen –: Das Ziel von Minderheitenpolitik ist die Schaffung gleicher Möglichkeiten für Mehrheit und Minderheit in kultureller, politischer und finanzieller Hinsicht, denn die Angehörigen der Minderheiten sind Bürger dieses Landes mit den gleichen Rechten und Pflichten wie alle anderen Bürger auch.
Daher freut es uns, dass die regierungstragenden Fraktionen die Änderungsanträge des SSW zum Minderheitenbereich übernommen haben und diese Anträge - auch dies ist ein Novum - im Finanzausschuss einstimmig beschlossen wurden.
Dafür danken wir den Fraktionen, insbesondere aber den Fraktionsvorsitzenden von CDU und SPD und den beiden finanzpolitischen Sprechern der Regierungsfraktionen. Wir wissen, dass auch für kleinere Änderungen im Haushalt immer geworben werden muss.