Protocol of the Session on December 14, 2005

(Beifall bei der CDU)

Ich möchte versuchen, den Appell des Innenministers aufzunehmen und in der gesamten Debatte einen Beitrag dazu zu leisten, dass die Dinge auseinander gehalten werden, die auseinander gehören. Wir diskutieren hier und heute nicht den ersten Gesetzentwurf eines riesigen Kommunalstrukturreformgesetzes, sondern wir diskutieren ein erstes Vorschaltgesetz, das den richtigen Ansatz verfolgt, in Verwaltungen unterhalb von 8.000 Einwohnern etwas zu tun, die wir für reformbedürftig halten; das ist vorhin ausführlich erläutert worden.

Nun tun Sie doch nicht so, als sei der gesamte Rest entweder unbekannt - das halten uns einige Redner vor, obwohl im Koalitionsvertrag dazu drei oder vier Seiten geschrieben worden sind - oder als sei schon alles in allen Details entschieden. Wir sind an der Stelle offen für gute Vorschläge.

Herr Hentschel, was Ihre Befürchtung angeht, es würde nicht genug gespart oder die Einsparpotenziale würden nicht genug gesucht werden, da bin ich voll auf Ihrer Seite. Wenn es weitere Möglichkeiten gibt, dort effizienter zu werden, sind wir sofort dabei.

Ich habe das schon in der vergangenen Debatte gesagt. Wir reden derzeit beispielsweise über die Amtsverwaltungen. Die haben in Schleswig-Holstein insgesamt 2.900 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter - übrigens nicht 29.000, wie unsere Landtagspublikation glauben machen will, dass ich das gesagt hätte. Das sind fast genauso viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, wie die Hansestadt Lübeck hat, die sich in einer Haushaltssituation befindet, dass sie den gesamten Verwaltungshaushalt nur noch schuldenfinanziert, also über Kredite finanzieren kann.

Nur noch die wirklichen gesetzlichen Aufgaben können aus den Einnahmen und Zuweisungen erledigt werden, die die Hansestadt Lübeck bekommt. In der Situation - das sage ich hier auch einmal leicht kritisch - kommt man zu dem Ergebnis, dass dort eine Kraftanstrengung unternommen wird. Ich glaube, man sieht sich in der Lage, dort zehn Stellen zu streichen. Ich glaube, darüber müssen wir dann schon miteinander reden. Wenn wir über 2.900 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Amtsverwaltungen reden, dann müssen wir - ich habe das exemplarisch gesagt - auch über die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den kreisfreien Städten und den Kreisen reden. Dort muss es zu Einsparungen kommen, sonst bekommen wir die Enden nicht zusammen, meine Damen und Herren, es wird sonst am Schluss nicht reichen.

(Beifall bei der CDU)

Zum Thema Gleichstellung! Wir haben die Quote 50:50 in unserer Fraktion noch nicht erreicht, daran arbeiten wir noch. Sich aber hier ganz einfach hinzustellen und zu sagen, dass sei das Hauptproblem, so einfach ist es nicht. Ich finde, Sie sollten an das Gleichstellungsthema, da es ein ernstes ist, das wir ernst nehmen und das für uns auch auf kommunaler Ebene ein großes Thema ist, etwas anders herangehen. Es ist nicht immer alles gut, wenn es staatlich gemacht wird und staatlich bezahlt wird. Ehrenamt

liche Arbeit an dieser Stelle ist auch wertvoll, die wollen wir gesetzgeberisch unterstützen. Das ist unser Weg.

(Beifall bei der CDU)

Last but not least, warum uns nun gerade die Grünen und auch der SSW, wo ich übrigens die beiden Äußerungen sozialdemokratischer Politiker in Richtung SSW in der Tat etwas despektierlich fand, aber das werden wir draußen noch einmal miteinander erörtern, warum gerade die beiden Parteien vorschlagen, zu derart großen Kommunen zu kommen, das erstaunt mich schon. Wie wollen Sie in diesem Gebilden eigentlich noch Selbstverwaltung ehrenamtlich organisieren? Wie wollen Sie da noch Menschen überreden? Da haben wir jetzt schon Probleme.

Das sage ich Ihnen einmal als jemand, der in der Volkspartei CDU schon eine ganze Menge Erfahrung hat, in vielen Gesprächen mit Menschen, diese zu überreden, sich als Gemeindevertreterin oder Gemeindevertreter zur Verfügung zu stellen. Es wird immer schwieriger, Menschen dazu zu überreden. Wenn die Kommunen noch größer werden, werden wir noch weniger Frauen und Männer finden, die dazu bereit sind. Das ist das Gegenteil von Basisdemokratie, und deswegen sollten wir bei den kleinen Gemeinden bleiben. Dort sind die Menschen dazu bereit, kurze Wege zu gehen und sich für Anliegen vor Ort zu engagieren. Das ist ein Gewinn für Schleswig-Holstein, und diesen Gewinn sollten wir nicht aufgeben. Dazu bekennen wir uns als CDU-Landtagsfraktion ausdrücklich. An der Stelle wäre das Eingreifen des Landesgesetzgebers völlig fehl am Platze.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Dr. Wadephul. Es liegen drei weitere Wortmeldungen vor. Bevor ich die aufrufe, möchte ich auf unserer Besuchertribüne Seniorinnen und Senioren aus Barmstedt und Hörnerkirchen (Kreis Pinneberg) begrüßen. - Seien Sie uns herzlich willkommen.

(Beifall)

Das Wort für den SSW hat jetzt Frau Abgeordnete Anke Spoorendonk.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das kann ich natürlich alles so nicht stehen lassen. Herr Minister, Sie wissen, dass ich Sie sehr schätze.

(Zurufe von der FDP: Oh, oh!)

- Ja, dazu stehe ich auch, aber was Sie jetzt sagten, das war einfach zu viel.

(Heiterkeit)

Ich habe Verständnis dafür, wenn Sie sagen, Angriff sei die beste Verteidigung. Das tue ich ja auch manchmal. Nehmen Sie aber bitte zur Kenntnis, dass ich in meiner Rede mit keiner Silbe auf die dänische Kommunalreform eingegangen bin. Ich behaupte jetzt noch einmal, dass Lars Harms und ich zu den wenigen in diesem Parlament gehören, die nicht nur die Geschichte beider Kommunalreformen nördlich und südlich der Grenze kennen und wiedergeben können, sondern Ihnen auch erklären können, was denn Gemeinsamkeiten und Unterschiede sind. Wir wissen sehr wohl, worum es geht.

Ich möchte auch noch einmal in Erinnerung rufen, dass der SSW seine Wurzeln in der Kommunalpolitik hat. Beide Landtagsabgeordnete kommen aus der Kommunalpolitik. Wir sagen, es muss darum gehen, als Ziel starke Kommunen zu haben, und schlagen vor, eine Ebene zu streichen, nämlich die niedrigste Ebene.

(Zurufe)

- Das ist eine neue Rede, und darum sage ich es noch einmal: Ämter gleich Gemeinden würde zur Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung führen. Das ist so.

(Beifall beim SSW - Zuruf)

Das müssen Sie auch. Wenn wir uns zu zweit darüber unterhalten würden, dann wüssten Sie, dass es so ist.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wer meint, dass man Kommunalpolitik dadurch stärkt, dass der Bauausschussvorsitzende herumgeht und kontrolliert, ob Rohre richtig verlegt werden, oder die Sozialausschussvorsitzende jetzt die Weihnachtsfeier der Senioren begleitet, der hat nicht begriffen, dass Kommunalpolitik mehr ist.

(Zurufe)

- Ich sage ja, ich fühle mich regelmäßig im völlig falschen Film und darum werde ich es einfach wiederholen. Irgendwann werden Sie auch begreifen, dass Kommunalpolitik so, wie das auf Pellworm

(Dr. Johann Wadephul)

läuft, lieber Herr Kollege Feddersen, nicht gemacht werden kann.

(Beifall beim SSW)

Noch einmal, lieber Kollege Astrup, wenn ich schon hier oben bin: Ich könnte jetzt noch einmal weiter austeilen, aber kleinlich bin ich nicht und nachtragend auch nicht. Ich kenne Sie ja schon seit vielen Jahren und weiß, dass Sie sich regelmäßig verlaufen.

(Heiterkeit)

Meine Vergebung haben Sie, es ist ja auch bald Weihnachten.

(Beifall beim SSW)

Ich danke der Frau Abgeordneten Spoorendonk. Das Wort für die FDP-Fraktion hat der Herr Abgeordnete Hildebrand.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Beiträge unseres Herrn Innenministers Dr. Stegner sind ja immer sehr unterhaltsam und amüsant, deshalb höre ich auch immer gern zu und freue mich geradezu, wenn er bereit ist, auch einmal außerhalb der Reihe hier nach vorn zu gehen. Dann ist auf jeden Fall die Unterhaltung sichergestellt. Wenn Sie sagen, ich hätte Phantasie: Wenn man Phantasie hat, muss man ja nicht gleich phantasieren. Das ist also für mich durchaus akzeptabel.

Sie sagten, wir würden hier über die unterste Ebene sprechen. Staatliche Aufgabenzuweisung wäre da noch gar nicht angesagt. Ich muss dann natürlich fragen: Welche Aufgaben sollen denn beispielsweise so, wie es Herr Puls eben gesagt hat, vom Kreis auf den kreisangehörigen Raum übertragen werden? Da ist mir bisher noch nichts bekannt. Da wird über SGB XII gesprochen. Das ist schön, aber dann kann ich nachforschen, wie viel Fälle in einem Amt von 8.000 Einwohnern zum SGB XII anfallen, und mich fragen, ob die Verwaltung diese wenigen Fälle überhaupt effektiv bearbeiten kann.

Die Bauaufsicht wird immer wieder ins Spiel gebracht. Dort besteht die Regelung, dass Verwaltungseinheiten mindestens 20.000 Einwohner haben müssen, um eine Bauaufsicht vernünftig, effektiv und qualitativ hochwertig durchzuführen. Das kann keine Verwaltung mit 8.000 Einwohnern. Da muss also „Butter bei die Fische“.

(Beifall bei der FDP)

Insofern hätte ich mir sehr wohl entsprechende Äußerungen vorstellen können, die uns dieses im Einzelnen belegen, statt dass wir einfach den Vorwurf gemacht bekommen, dass wir über diese Dinge nicht weiter nachgedacht haben.

Welche Aufgaben der staatlichen Ämter kommen denn beispielsweise zukünftig auf den Kreisraum zurück? Da sind wir bisher immer davon ausgegangen, dass diese aufgelöst werden sollen. Wenn ich aber dann entsprechende Zeitungsmeldungen von unserem Umweltminister lese, so sagt der, es mache doch keinen Sinn, wenn wir überall kleine ALRs haben. Er will also im Prinzip, dass die ALRs in dieser Form bestehen bleiben. Er sagt auch, das Nationalparkamt dürfe doch unmöglich dem Kreis Nordfriesland zugeschlagen werden, sondern müsse beim Umweltminister bleiben. Ich sehe hier durchaus eine gewisse Diskrepanz auch aufseiten der Landesregierung.

(Beifall bei FDP und SSW)

Da ist schon ein gewisses Misstrauen erforderlich und angebracht.

(Beifall bei FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Ich danke dem Herrn Abgeordneten Hildebrand. Das Wort für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat der Herr Abgeordnete Hentschel.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Minister, wenn Sie das Einzige, was Sie an unserem Konzept kritisieren, das Fehlen der Amtsgerichte ist, weil das der einzige offene Punkt sei, dann ist das ein wirkliches Lob für unser Konzept. Ich bedanke mich dafür. Sie werden sich aber wundern, wir werden auch im Bereich der Gerichte noch ein Konzept vorlegen, das nicht so ein Kuttelmuddel anstellt, wie es die Landesregierung gerade gemacht hat.

Herr Wadephul, es ist richtig, wenn Sie sagen, dass nicht die Ämter das Problem sind. Wir haben 51.000 Beschäftigte bei den Kommunen in Schleswig-Holstein. Das sind zwischen 10 und 20 % mehr als der Durchschnitt der anderen Bundesländer; dabei bin ich aber nicht ganz sicher. Die Zahl bedeutet, dass wir erhebliche Einsparpotenziale haben.

(Anke Spoorendonk)

Solche Einsparungen bekommen wir aber nicht, wenn wir die Ämter zusammenlegen und diese nicht weitere Aufgaben übernehmen. Entscheidend ist, dass wir die Aufgaben zwischen den Zentralorten, die wesentliche Funktionen für das Umland wahrnehmen, und den Kreisen bündeln müssen.