Protocol of the Session on November 10, 2005

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Im Antrag des SSW werden zwei Themen miteinander gekoppelt, die nicht zwingend gemeinsam diskutiert werden müssen, auch wenn unser Wirtschaftsminister diesen Zusammenhang in einer seiner Veröffentlichungen unlängst hergestellt hat.

Zur Frage der Verlängerung von Laufzeiten von Atomkraftwerken haben wir uns nicht nur hier im Landtag, zuletzt am 2. September, bereits intensiv ausgetauscht. Aufmerksame Zuhörerinnen und Zuhörer, Zeitungsleserinnen und Zeitungsleser kennen die unterschiedlichen Auffassungen von SPD und CDU. Die unterschiedliche Interpretation eines Vertrages,

(Konrad Nabel)

des Koalitionsvertrages, zu diesem Thema bleibt ebenfalls deutlich erkennbar.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Noch!)

Dem ist aus meiner Sicht heute eigentlich nichts hinzuzufügen. Nicht nur in der Frage der Nutzung der Atomenergie gilt: Verträge sind von beiden Seiten einzuhalten. An den vereinbarten Restlaufzeiten darf es keine Veränderung geben.

(Beifall bei der SPD)

Wir halten uns daran. Deshalb wird ihr Antrag, Herr Harms, außer dieser halbstündigen Debatte nicht viel bringen.

(Lars Harms [SSW]: Immerhin!)

Aber weil wir uns hier im Haus alle gegenseitig kennen, wissen wir auch, dass unser Wirtschaftsminister seine Position heute erneut vortragen wird. Das ist natürlich erlaubt. Auf das Handeln der Koalition wird es aber keinen Einfluss haben.

(Heiterkeit und Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Wahrscheinlich wird er auch heute vortragen, dass sich nun einige deutsche Gewerkschaftsbosse auf seine Seite geschlagen hätten. Die schleswigholsteinische SPD hat diesen Gewerkschaftsbossen deutlich gemacht, dass unsere Argumente bislang nicht widerlegt sind. Erstens. Die Atomkraft birgt große Sicherheitsrisiken. Zweitens. Es gibt keine gesicherte Endlagerung der radioaktiven Abfälle. Drittens. Die Nutzung der Atomkraft ist und bleibt eine überlebte Großtechnologie von vorgestern, die eine zukunftsfähige dezentrale Versorgungsstruktur verhindert.

Übrig bleibt also die Ideologie. Derjenige, der an seiner Ideologie festhält, muss wissen, dass er damit mittel- und langfristig den Klimaschutz sowie die Gesundheit und das Leben der Menschen auf diesem Planeten aufs Spiel setzt.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Auch die Gewerkschaften müssen sich endlich der nachhaltigen Entwicklung verpflichten. Wir werden weiter das Unsere dazu tun, dass sie sich auf diesen zukunftsfähigen Weg machen. Wir lassen uns diese Debatte auch nicht vermiesen.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Nun zur Offshore-Windkraft! Hier ist der Koalitionsvertrag eindeutig. Wir werden die Windenergie mit Augenmaß weiter fördern. Bei der Errichtung von

Offshore-Anlagen, so heißt es dort, müssen Schiffssicherheit, Tourismus und Umwelt berücksichtigt werden. Das ist eine klare Aussage. Ich freue mich, dass auch in Berlin aller Wahrscheinlichkeit nach ein klares Bekenntnis für die weitere Förderung der Offshore-Windkraft ausgesprochen werden wird.

Trotz aller guten Vorzeichen sind wir in der Realisierung der Offshore-Anlagen in größeren Windparks nicht so weit, wie wir es sein wollten. Zwar sind die Planungen für sechs Projekte in der Ausschließlichen Wirtschaftszone, AWZ, und der Windpark „Sky 2000“ mit einem geplanten Volumen von über 2.200 MW schon sehr weit fortgeschritten. Vier Windparks sind schon genehmigt. Aber es gibt vor allem bei der Erteilung der Kabelgenehmigung zum Anschluss an das Stromnetz erhebliche Verzögerungen und damit Kostensteigerungen. Am Beispiel des Windparks Butendiek ist deutlich geworden, dass darüber hinaus durch die explodierenden Stahlpreise und die sehr hohen Anforderungen der Banken eine Realisierung von Offshore-Windparks derzeit wirtschaftlich nicht möglich sind.

Daher ist der Ruf nach zusätzlichen Hilfen für Offshore-Windparks, wie er im Antrag des SSW formuliert ist, verständlich. Ich habe große Sympathie dafür, die Energiekonzerne stärker an den Kosten zur Errichtung von Windparks zu beteiligen.

(Beifall beim SSW)

Hierfür müssen wir uns jedoch ausreichend Zeit nehmen und die Entwicklung des ErneuerbareEnergien-Gesetzes und seine Auswirkungen auf die Offshore-Windkraft insgesamt sorgsam prüfen. Diese Überprüfung für das EEG wird bekanntermaßen im Jahr 2007 stattfinden. Bis dahin wollen wir jedoch keinen Stillstand bei der Offshore-Windkraft.

Auch ich betrachte mit Sorge, dass das Thema Offshore immer mehr von den großen Energieunternehmen übernommen wird und dass der Bürgerwindpark Butendiek auf der Kippe steht und in Gefahr gerät, von den Großen übernommen zu werden. Das ist eigentlich gegen unsere Politik. Daher erwarte ich von der Forschungsplattform NEPTUN, die den kleinen und mittelständischen Unternehmen die Möglichkeit bieten soll, ihre Produkte unter Einsatzbedingungen zu erproben und im Markt zu verwerten, wichtige Impulse.

Deshalb beantragen wir die Überweisung des SSWAntrags an die Ausschüsse für Wirtschaft, für Finanzen und für Umwelt, um dort das Thema insgesamt vertieft zu beraten.

(Beifall bei SPD und SSW)

Ich danke dem Herrn Abgeordneten Nabel. - Das Wort für die Fraktion der FDP erteile ich dem Herrn Abgeordneten Dr. Heiner Garg.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Ich bin sehr ge- spannt, was Nabel in der nächsten Debatte sagt!)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich finde die Debatte schon erstaunlich. Da sagt ein Vertreter der Regierungskoalition, Herr Nabel: Der Minister wird zwar nachher erzählen, was er schon immer erzählt hat, das schert die Regierung aber nicht weiter,

(Wolfgang Kubicki [FDP]: „Niemanden“ hat er gesagt!)

das wird keine Konsequenzen für das Regierungshandeln haben. - Die Frage ist, warum der Minister überhaupt irgendetwas erzählt, wenn es keine Auswirkungen auf das Regierungshandeln haben wird. Die Frage kann man sich ja stellen.

(Beifall bei FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Ich wollte meine Rede eigentlich damit beginnen, dass eine große, themenbezogene Koalition beschlossen hat, den Atomkonsens nicht zu verändern. Jedenfalls sah es bis gestern noch so aus.

(Zuruf des Abgeordneten Klaus Müller [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Bis gestern bin ich nämlich noch davon ausgegangen, Kollege Müller, dass die CDU im Bund und die CDU in Schleswig-Holstein - selbstverständlich minus Herrn Austermann -, die SPD und die Grünen in ganz Deutschland, der SSW in Schleswig-Holstein und weite Teile der FDP, darunter auch die FDP in Schleswig-Holstein, diesen Atomkonsens nicht antasten wollten.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Nun vernehme ich, dass das alles offensichtlich doch offen sein soll, weil die CDU im Bund bei den Koalitionsverhandlung irgendwie wieder zurückgerudert sein soll.

(Klaus Müller [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Sie müssen mal Frau Merkel anru- fen!)

Mein Fraktionsvorsitzender macht mich darauf aufmerksam: Schließlich stehe im CDU-Wahlprogramm,

die Restlaufzeiten - er meint damit nicht seine eigenen -

(Heiterkeit - Lars Harms [SSW]: Nur weiter so!)

verlängern zu wollen.

Ich will nicht komplett von meinem Manuskript abweichen. Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, im CDU-Wahlprogramm steht eine ganze Menge, was im Laufe der Koalitionsverhandlungen über Bord gekippt wird.

(Zuruf des Abgeordneten Klaus Müller [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Also, ich gehe immer noch davon aus: Es sollte für eine Mehrheit im Hause reichen, dem ersten Teil des vorliegenden SSW-Antrages zuzustimmen. Davon bin ich jedenfalls bis gestern Abend ausgegangen.

(Beifall bei FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Bereits in den energiepolitischen Debatten der letzten Wahlperiode haben wir betont, wir hielten eine Diskussion über die Veränderung des Atomkonsens für praktisch irrelevant, weil sich dafür in Deutschland keine Mehrheit fände. So ist es und - so sage ich - so bleibt es hoffentlich. Wir sehen derzeit keinen Anlass, am Atomkonsens zu rütteln. Wir stimmen dem ersten Teil des SSW-Antrages zu.

(Beifall beim SSW)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, den zweiten Teil allerdings lehnen wir ab. Kollege Harms, falls Sie das meinen sollten, was wir vermuten, dass Sie es meinen, dann ist das aus unserer Sicht ein schädlicher Versuch, das Verursacherprinzip auszuhebeln.

Lieber Herr Kollege Harms, Sie schreiben, die Energieunternehmen sollen die Seekabel bezahlen, durch die Strom von Offshore-Windparks ans Festland geleitet werden. Hierzu möchten Sie das Gesetz über den Vorrang erneuerbarer Energien, das EEG, ändern. Das EEG bräuchte dafür aber nicht geändert zu werden. Schon jetzt müssen Energieunternehmen den Anschluss bezahlen. Die Betreiber der OffshoreWindparks sind schließlich auch Energieunternehmen.

Ich vermute allerdings, Sie meinen die Netzbetreiber im Sinne von § 4 Abs. 6 des EEG. Sollte es tatsächlich so sein, dann sind wir dagegen.

Wenn die Netzbetreiber die Seekabel bezahlen und unterhalten müssen, dann werden andere Energieträ