Protocol of the Session on September 17, 2009

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat nun Frau Abgeordnete Spoorendonk, dann folgt Herr Abgeordneter Nabel.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Drei Bemerkungen möchte ich gern machen. Erstens ist es an der Zeit, sich daran zu erinnern, wie der Tagesordnungspunkt, den wir vorhin abgehandelt haben, lautete.

(Beifall der Abgeordneten Holger Astrup [SPD] und Dr. Henning Höppner [SPD])

Da ging es nämlich um Leitlinien für eine neue Klimapolitik, und da ging es auch um Klimawandel. Ich brauche nicht in Erinnerung zu rufen, dass es um eine massive Reduzierung der CO2-Emissionen gehen muss und dass die UN-Klimakonferenz in Kopenhagen genau dieses Thema auch thematisieren wird.

Die zweite Bemerkung: Ich möchte noch einmal für unseren Antrag werben, denn unter dem Gesichtspunkt der Klimapolitik und der Notwendigkeit der Begrenzung des Klimawandels kann es sich nur um eine bundesdeutsche Initiative handeln. Es geht nicht darum, jetzt den einzelnen Bundesländern Gestaltungsspielraum zu geben.

(Beifall der Abgeordneten Lars Harms [SSW] und Martin Kayenburg [CDU])

Darum geht es nicht. Es geht darum, der Landesregierung etwas mitzugeben, damit sie im Bundesrat tätig werden kann. Es geht darum, der Landesregierung zu sagen: Wir in Schleswig-Holstein wollen den deutlichen Einstieg in eine neue Klimapolitik. Das ist nur machbar, wenn wir uns von der CO2Endlagerung verabschieden,

(Beifall beim SSW und des Abgeordneten Holger Astrup [SPD])

und wir sagen: Das ist dein Auftrag, liebe Landesregierung, das ist das, was das Parlament in Schleswig-Holstein will.

Letzte Bemerkung: Wir haben uns mehrfach über Forschung unterhalten. Natürlich soll Forschung offen sein, Grundlagenforschung ist wichtig. Man könnte aber fast philosophisch werden, wenn man sich mit Forschung beschäftigt. Heute wissen wir, dass Forschung nicht im luftleeren Raum stattfindet. Es gibt Auftragsforschung. Und Forschungseinrichtungen suchen Auftragsforschung. Von daher muss ich sagen: Es geht nicht um Forschungsverbote. Es geht uns darum, deutlich zu machen, dass mit den begrenzen öffentlichen Ressourcen, die wir für Forschung zur Verfügung stellen, Forschung auch mit dem übereinstimmen muss, was unser Ziel hinsichtlich einer neuen Energiepolitik ist. Wenn man sagt, wir müssen uns noch einmal mit der Grundlagenforschung zur CCS-Technologie beschäftigen, dann kann man das machen, aber es gibt andere Forschungsvorhaben, die sich auch mit der Reduzierung von CO2 befassen. Diese Forschung muss mehr gefördert werden, und die wollen wir nach Schleswig-Holstein holen, weil wir in Schleswig-Holstein die regenerative Energie haben wollen. Wir wollen keine Forschung, die die Verlängerung von Kohlekraft zulässt und die zur Förderung von mehr Kohle führt. Das muss aus meiner Sicht die Richtung sein.

(Beifall beim SSW und vereinzelt bei der SPD)

(Karl-Martin Hentschel)

Das Wort für einen Kurzbeitrag hat Herr Abgeordneter Konrad Nabel.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In unserem Antrag geht es, wenn Sie den zweiten Absatz richtig lesen, darum, die Möglichkeit, bundesweit die unterirdische Endlagerung von CO2 zu verbieten. Das ist der Satz, um den hier gestritten wird. Wir haben in unserem Bundesparteitagswahlprogramm - das hat Kollege Stegner schon deutlich gemacht - die Frage der Wiederverwertung. Und es gibt Möglichkeiten, Herr Kubicki, da brauchen Sie sich nur ein bisschen in den Fachzeitschriften umzutun. Karbonisierung, Algen und Moose sind in der Lage, CO2 zu binden, und zwar so dauerhaft zu binden, dass es der Atmosphäre entzogen und auf Dauer gelagert wird.

Es gibt weitere Techniken. In den Universitäten wird seit bestimmt 50 Jahren daran geforscht, die Fotosynthese technisch nachzuahmen. Es ist schwierig, aber der Versuch wird gemacht. Es wird auch bereits ganz breit über CCS geforscht. Das ist auch nichts Neues. In Norwegen und in den USA gibt es funktionierende CCS-Techniken. Darum geht es nicht.

Es geht darum, dass wir verhindern wollen, dass eine vorhandene CCS-Technologie als Alibi für Großkraftwerke mit Kohletechnik eingesetzt wird. Das darf nicht sein. Deswegen müssen wir deutlich dafür sprechen, die Endlagerung von Kohlendioxid zu verbieten. Darum geht es.

(Beifall bei SPD und SSW)

Die Debatte, die hier vorhin stattgefunden hat, hilft uns allen nicht. Wenn wir die Meinungsbildung bundesweit beeinflussen wollen, sollten wir uns in Schleswig-Holstein einig sein.

(Beifall des Abgeordneten Detlef Matthies- sen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Und ich denke auch, Ihr Antrag ist so schlecht nicht, aber er gilt nicht als Änderung, sondern höchstens als Ergänzung unseres Antrags. Vielleicht sollten Sie darüber noch einmal nachdenken.

Meine Damen und Herren, wir wollen keine Legitimation einer Dinosauriertechnik für Großkonzerne. Wir wollen gern Forschung, Wiederverwendung und CCS zur Senkung der Klimagase, wie Herr Hohmeyer es beschrieben hat. Wenn wir jetzt anfangen, in CCS zu investieren, dauert es 15 bis 20

Jahre, bis eine großtechnische Verfügbarkeit gegeben ist. Das ist schlicht zu spät. Wenn wir bis 2050 bestimmte Klimaziele erreichen wollen, dann dürfen wir nicht mehr auf Kohle setzen. Mehr kann man dazu nicht sagen.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Als Letztes frage ich Sie, Herr Kubicki, ob „übler Brunnenvergifter“ ein parlamentarischer Ausdruck ist.

(Beifall bei der SPD)

Damit haben wir den Ausdruck gehört. Ich hatte ihn nicht gehört, aber er ist mir zugetragen worden. Ich stelle hiermit fest, dass „übler Brunnenvergifter“ ein unparlamentarischer Ausdruck ist.

(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP]: Das sieht man im Deutschen Bundes- tag anders, Frau Präsidentin! - Zuruf von der SPD: Wir sind aber nicht im Deutschen Bun- destag!)

- Das ist wunderbar, aber da sind wir ja nicht. Sie können sich gern dafür bewerben; ich will da nicht hin.

Für die Landesregierung hat jetzt Herr Minister Dr. Jörn Biel das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte keinen Hehl daraus machen, dass ich über den Antrag von SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN angesichts der Debatten der letzten Wochen und Monate sehr verwundert bin. Mit dem vorliegenden Antrag stellen Sie die Position des Ministerpräsidenten und der Landesregierung zur unterirdischen Speicherung von CO2 erneut infrage und schüren damit unnötig Ängste in den betroffenen Regionen.

(Beifall bei der CDU)

Das ist unverantwortlich, denn Ministerpräsident Peter Harry Carstensen hat sich eindeutig positioniert, und ich wiederhole seine Position gern: Gegen den Willen der Bevölkerung wird es in Schleswig-Holstein mit uns keine CO2-Speicherung geben.

(Beifall bei der CDU und des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

Im Übrigen, Herr Hentschel, ist es der Bevölkerung egal, ob CO2 bei der Verbrennung von Biomasse oder bei der Verbrennung von Kohle entsteht.

(Beifall bei der CDU und des Abgeordneten Lars Harms [SSW])

Der Ministerpräsident und ich haben daher RWE Dea aufgefordert, den Antrag auf Erteilung einer Betriebserlaubnis für seismische Untersuchungen zurückzuziehen. Ich verstehe daher nicht, warum Sie unter dem ersten Punkt Ihres Antrages den Anschein erwecken wollen, dies sei noch nicht geschehen.

Lassen Sie mich an dieser Stelle auch noch einmal deutlich machen, dass im Kernbereich der Konzession Oldenburg/Holstein Testbohrungen für CO2Speicherungen gar nicht beantragt wurden. Auch in der Vergangenheit wurden keine Bohrungen zu diesem Zweck durchgeführt oder geplant. Zudem berechtigt die derzeitige Erlaubnis den Antragsteller nicht zu tatsächlichen Aufsuchungshandlungen im Zusammenhang mit einer CO2-Verbringung. Insofern geht es bei dieser Erlaubnis nur um die privilegierte Sicherung von Nutzungsrechten. Gleiches gilt für das dritte Feld, die östliche Deutsche Bucht. Andere Bereich wie die Inseln Sylt oder Föhr waren von den beantragten Feldkonzessionen gar nicht betroffen.

Die Landesregierung begrüßt nach wie vor, dass der Deutsche Bundestag auf die Verabschiedung des CCS-Gesetzes des SPD-geführten Bundesumweltministeriums verzichtet hat. Schleswig-Holstein hätte dem Gesetzentwurf in dieser Fassung im zweiten Bundesratsdurchgang nicht zugestimmt.

(Beifall bei der CDU)

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Matthiessen?

- Er ist es von mir gewohnt: Nein. - Es war die SPD-Bundestagsfraktion, die dafür kein Verständnis hatte und CCS auf Pilotvorhaben beschränken wollte. Wissen Sie, was der vollständige Betrieb einer Pilotanlage bedeutet? - Kraftwerk in Hürth, Pipeline nach Schleswig-Holstein, Pilotspeicherungsanlage in Nordfriesland: Dafür steht Herr Gabriel, und das sorgt für Unruhe, nicht die Haltung der CDU.

(Beifall bei der CDU)

Aufgrund der Pflicht zur Umsetzung der europäischen CCS-Richtlinie ist in der nächsten Wahlperiode mit einem neuen CCS-Gesetzentwurf zu rechnen. Einem Bundesgesetz, das die CO2-Speicherung in Schleswig-Holstein vorsieht, werden wir nicht zustimmen. Wir werden vielmehr alles in unserer Kraft stehende tun, um es zu verhindern.

Die Einführung der CCS-Technologie in Schleswig-Holstein ist gescheitert. Das haben bereits unsere Forschungseinrichtungen zu spüren bekommen. Nicht nur das in Eggebek geplante Forschungsprojekt der CAU ist gestoppt worden - Professor Dahmke sucht nun einen anderen Standort außerhalb Schleswig-Holsteins -, sondern auch das sogenannte Verbundprojekt COAST. Dieses von einem Konsortium verschiedener geowissenschaftlicher Einrichtungen und Unternehmen begleitete Forschungsprojekt sollte die industrielle Anwendung der CCS-Technologie erproben und mögliche Auswirkungen von CCS auf eine Abschwächung des Klimawandels abschätzen.

(Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer hat dafür die Verantwor- tung?)

Als Folge der politischen Festlegung der Landesregierung wurden unsere Forschungseinrichtungen nämlich ISIT und CAU - vom Bundesforschungsministerium aufgefordert, den Antrag auf Förderung für das Themenfeld sechs - Hochgenaue CO2Sensoren für Netzwerke zum Monitoring bodennaher Luft - in Höhe von insgesamt 4 Millionen € zurückzuziehen, was die CAU auch getan hat.

(Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was haben Sie dazu gesagt?)

- Das hören Sie gleich. - Als Wissenschaftsminister bedaure ich dies natürlich sehr. Es ist aber die logische Konsequenz unserer Position: Wir wollen keine CCS-Speicherung in Schleswig-Holstein!

(Beifall bei der CDU)

Ich danke dem Herrn Minister. Weiter Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung.