Protocol of the Session on September 17, 2009

Wie wenig handfest die Position der CDU ist, zeigt schon die gebetsmühlenartig wiederholte Position von Peter Harry Carstensen, es werde kein Endlager gegen den Willen der Menschen geben. Eine klare Ablehnung der CCS-Technologie hört sich anders an. Spätestens nachdem Ende August 2009 durch Zufall herauskam, dass auf dem Flugplatzgelände in Eggebek ein CO2-Projekt schon auf dem Weg war, glauben die Menschen dem Ministerpräsidenten nicht mehr - zu Recht. Wie wenig auch die Bundesebene kapiert hat, zeigt der Brief von SPDUmweltminister Gabriel von Anfang September 2009, in dem er den Kreis Nordfriesland auffordert, mit ihm für die Akzeptanz von CO2-Endlagern zu werben.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Genau!)

(Vizepräsidentin Frauke Tengler)

Die Bundeskanzlerin, die in Flensburg ein CO2Endlager mit einer Mineralwasserflasche verglich und später im ZDF der Bürgerinitiative die Bildung absprach, nimmt den Protest im Norden offensichtlich ebenfalls nicht ernst. Auch die grüne Bundestagsfraktion will nach ihrem Positionspapier vom 3. März 2009 die CCS-Technologie großtechnisch erproben. Dass die Argumente der Protestbewegung nicht in die Hirne der Bundespolitiker vordringen, zeigt aber vor allem der Plan von SPDKanzlerkandidat Steinmeier, die Steinkohlesubventionen zu verlängern.

(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

Das macht nämlich nur mit CCS Sinn. Wenn die großen Energiekonzerne ihr CO2 in den Untergrund pumpen können, dann müssen sie nicht mehr die Klimapolitik fürchten, dann können sie Kohle länger nutzen, und dann sparen sie das Geld für teure Emissionszertifikate. Darum, und nur darum geht es in dieser Diskussion. Die Bundesregierung ist unter dem Druck von RWE, Vattenfall & Co eingeknickt. Das ist die traurige Wahrheit.

(Beifall beim SSW)

Eben deshalb, weil es um eine grundsätzlich falsche Richtungsentscheidung geht, betrifft der Protest auch längst nicht mehr nur Nordfriesland, Schleswig-Flensburg oder Ostholstein. Die Einwände der Bürgerbewegung gegen CCS sind grundlegend. Es geht nicht nur um Zweifel, ob man CO2 für Jahrtausende sicher in einem Endlager einschließen kann, es geht auch um die Frage, wie lange wir noch Kohlekraftwerke haben wollen. Die CO2-Endlagerung in Deutschland ist bisher nur ein unausgegorenes, theoretisches Konzept und wäre frühestens in 20 Jahren ausgereift. Zu dem Zeitpunkt wollen wir den Grundbedarf an Energie aber nicht durch die Verbrennung von Kohle, sondern durch regenerative Energien decken. Deshalb ist auch der Antrag von CDU und FDP gegen die Interessen der Menschen gerichtet, weil er vorsieht, den Müll nicht bei uns zu lagern,

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Völliger Quatsch!)

sondern vorsieht, dies andernorts zu tun, Herr Kollege Kubicki. Das ist nicht in Ordnung.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Wenn die Leute das wollen, müssen sie das auch entscheiden können dürfen! - Dr. Heiner Garg [FDP]: Wo steht das denn drin?)

CCS dient nicht den Bürgern, lieber Kollege Kubicki. CCS dient nicht dem Klima. CCS dient allein den Betreibern von Kohlekraftwerken, die sonst zukünftig für CO2-Emissionen teuer bezahlen müssten.

(Beifall beim SSW sowie vereinzelt bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die langfristigen Kosten für diese Technologie müssen dann aber die Steuerzahler tragen. Wenn Sie sich immer so fleißig für Steuerentlastungen aussprechen, dann sollten Sie sich einmal darüber Gedanken machen, dass das in Ihrem Sinne kontraproduktiv wäre.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Und wo steht das denn drin? - Zurufe von der CDU)

Deshalb muss in Deutschland die unterirdische CO2-Endlagerung verboten werden. Das ist rechtlich auch durchaus möglich, denn die EU setzt sich zwar für CCS ein und fördert sie, sie stellt es aber den einzelnen Mitgliedsländern frei, inwiefern sie sie nutzen wollen. Und wir wollen diese Technologie gar nicht nutzen. Die Menschen in SchleswigHolstein wollen weder ein CO2-Endlager noch Forschungsexperimente im Vorfeld. Sie wollen eine andere Energiepolitik. Das sollten alle Parteien, die RWE Dea und auch die Universität Kiel endlich respektieren.

Der SSW fordert alle Kolleginnen und Kollegen auf, heute ein klares Signal des Respekts für die Meinung der Bürgerinnen und Bürger auszusenden und für ein bundesweites Verbot zu stimmen. Deshalb fordere ich Sie noch einmal auf, liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP, stimmen Sie unserem Antrag zu, ziehen Sie Ihren Antrag zurück, der ist nicht in Ordnung.

(Beifall bei SSW, SPD und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Ich danke Herrn Abgeordneten Lars Harms. - Das Wort für die CDU-Fraktion hat jetzt Herr Abgeordneter Dr. Axel Bernstein.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zum wiederholten Mal bietet sich heute die Gelegenheit, die Position der CDU zum Thema CCS deutlich zu machen. Das will ich dann heute auch zum wiederholten Mal gern tun.

(Lars Harms)

Wir nutzen alle uns zur Verfügung stehenden Mittel, um die Errichtung von CO2-Endlagern in Schleswig-Holstein zu verhindern. Die CCS-Technologie darf nur dort erprobt und eingesetzt werden, wo dies vor Ort mitgetragen wird. Deshalb muss ein künftiges CCS-Gesetz des Bundes auch klar die Möglichkeit regeln, dass Regionen und Länder Nein sagen können. Allerdings - und das unterscheidet unseren vom Antrag des SSW - sollen Regionen, die der CCS-Technologie positiv gegenüberstehen, auch die Möglichkeit erhalten, Ja zu sagen. Wir nehmen die Sorgen der Menschen ernst und handeln danach. So hat die CDU SchleswigHolstein - heute Morgen hat das der Kollege Hentschel noch einmal ausdrücklich hervorgehoben dafür gesorgt, dass der CCS-Entwurf des Bundes, der genau diesen Anforderungen nicht genügte, gestoppt wurde.

(Beifall des Abgeordneten Peter Lehnert [CDU])

Sie können aus der Unterrichtung der Medien heute erkennen, dass wir auch im Bereich Forschung auch wenn das dem einen oder anderen an dieser Stelle sicher weh tut - den Stopp durchsetzen. Praktisches Handeln im Sinne der Menschen statt einen Antrag nach dem nächsten, hinter denen die Mehrheit der Antragsteller im Übrigen überhaupt nicht steht.

Ich finde es prima, dass sich die Kollegen von den Grünen offensichtlich in den letzten Tagen intensiv mit Konrad Adenauer befassen. Ein kleiner Tipp von meiner Seite dazu: Es gibt viele legendäre Zitate des Alten aus Rhöndorf, die einen heute noch voranbringen können. Der „Adenauer-Einsteiger“ sollte aber vielleicht nicht mit dem Bonmot „Was schert mich mein Geschwätz von gestern?“ beginnen. Denn Sie fordern in Ihrem Antrag, die Landesregierung solle sich für ein Verbot unterirdischer CO2-Verpressung einsetzen. Dazu einige Positionen des Energieexperten Detlef Matthiessen. Ich zitiere von einer Veranstaltung der Grünen in Nordfriesland:

„Und es gibt keine Vorrangregelung für langfristig wichtige Alternativnutzungen des Untergrundes wie Geothermie, Druckluftspeicher oder Negativemissionen aus der Verpressung von CO2 aus Biomasseverbrennung.“

So kritisierte Matthiessen am 2. April 2009 den damaligen Entwurf zum CCS-Gesetz.

Der Kollege Hentschel erklärte am 17. Juni 2009 hier im Plenum:

„Wir sind nicht gegen Forschung, weil wir uns vorstellen können, dass es möglicherweise 2040 oder 2050, wenn die Technologie ausgereift ist, möglich ist, aus Biomasse Kohlendioxid mithilfe der CCS-Technologie abzuscheiden, damit Kohlenstoff aus der Luft herauszuholen und die zu hohen Kohlendioxidbelastungen der Luft damit zu verringern.“

(Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Forschungsfeindlich ist die CDU! Sie haben das kaputt gemacht!)

- Ich versuche einfach noch einmal, die grüne Position zusammenzufassen.

(Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben die Forschung kaputt gemacht!)

Sie lautet: CO2-Speicherung verbieten - so steht es im Antrag -, aber trotzdem erforschen. Und wenn das CO2 nicht aus den politisch ungeliebten Kohlekraftwerken kommt, könnte man es ja vielleicht doch verpressen.

(Zuruf des Abgeordneten Detlef Matthiessen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] - Weitere Zurufe)

Jetzt redet bitte Herr Bernstein!

Ich möchte noch ein paar andere ähnlich markante Zitate anderer Fraktionen hinzufügen. Ich komme zur SPD-Fraktion:

„Die CCS-Technologie ist eine wesentliche Voraussetzung, dass NRW Industrieland bleiben kann.“

15. Mai 2009, stellvertretender Vorsitzender der SPD-Landtagsfraktion in Nordrhein-Westfalen, Norbert Römer. - Eine Einzelmeinung aus dem Revier?

Das Land Brandenburg fördert das Pilotvorhaben in Ketzin und erprobt dort die Speicherung von CO2 im Boden. Dazu Ministerpräsident Platzeck, SPD:

„CCS ist unter Experten anerkannt als Brückentechnologie, die möglichst schnell und weltweit praktisch und großtechnisch angewandt werden muss, um den Klimawandel aufzuhalten.“

(Dr. Axel Bernstein)

Noch eine Einzelmeinung? - Keinesfalls. Auch Kanzlerkandidat Steinmeier setzt auf Kohle und CO2-Abscheidung. Die Position von Umweltminister Gabriel durften wir eben hören. Und im Regierungsprogramm der SPD, das unter anderem unter Beteiligung von Kommissionsmitglied Stegner erarbeitet wurde, steht der Satz:

„Wir beabsichtigen, die Technologie zur Abscheidung von Kohlendioxid in Deutschland weiterzuentwickeln - auch durch geförderte Demonstrationsprojekte der Europäischen Union.“

(Jürgen Feddersen [CDU]: Hört, hört!)

Ich sage: Schluss mit unehrlicher Symbolpolitik!

(Beifall bei CDU und FDP)

Wir haben gemeinsam mit der FDP einen Antrag eingebracht, der auch die Chance bietet, auf Bundesebene das Ziel, dass Länder Nein sagen dürfen, tatsächlich voranzubringen.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Ralf Stegner [SPD])

Deshalb auch die Aufforderung an den SSW: Sie haben den Schwindel doch selber erkannt, machen Sie an der Stelle nicht mit, da werden Sie selber unglaubwürdig. So erklärte die Kollegin Spoorendonk am 14. August 2009 zutreffend:

„Ralf Stegner kann noch so oft beteuern, dass er gegen ein Endlager in Schleswig-Holstein ist. Solange die SPD-Bundesebene mit dieser Technologie rechnet, ist das Problem auch für die Landes-SPD nicht ausgestanden.“

Handeln Sie danach, stimmen Sie unserem Antrag zu!