Protocol of the Session on September 17, 2009

Atomkraft und Kohlekraft haben keine Zukunft, weder in Schleswig-Holstein noch in Deutschland.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und des Abgeordneten Lars Harms [SSW])

Daran ändern weder ein von Frau Schavan bestelltes Gutachten etwas noch die aufgeführten Zitate von Herr Gabriel und Herrn Steinmeier. Die SPD Schleswig-Holstein hat die Bundes-SPD auf den Atomausstiegskurs gebracht. Wir werden - da sind wir selbstlos genug - auch den Ausstieg aus der Kohlenutzung im Programm der SPD erreichen.

(Beifall bei der SPD - Zuruf des Abgeordne- ten Wolfgang Kubicki [FDP])

Dies muss unsere politische Leitschnur bleiben. Folgerichtig stehen wir auch fest zum Ausstieg aus der Atomenergie und werden ihn beschleunigen. Dazu gehört, dass wir auf die Pannenserie in den

Atomkraftwerken Krümmel und Brunsbüttel mit dem beratungs- und einsichtsresistenten Betreiber Vattenfall reagieren und sie sofort und endgültig schließen lassen.

(Beifall bei der SPD)

Dazu liegt ein gemeinsamer Antrag der Grünen, des SSW und von uns vor. Ich bitte insbesondere nach wie vor die Kollegen der FDP, die im Sozialausschuss zwar grundsätzliche Zustimmung signalisiert haben, jetzt aber einen „windelweichen“ Antrag auf Übertragung der Reststrommengen zu Brockdorf mit vorgelegt haben, doch unserem Antrag zuzustimmen. Wir werden den FDP-Antrag ablehnen.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Wir können der „Kohlepartei“ nicht zustimmen!)

Politik muss der Gesellschaft positive Ziele geben und die Leitlinien auch für technische Entwicklungen setzen. Hier ist Mut und Ehrlichkeit gefordert, nicht der Glaube an großtechnische Dinosaurier und auch nicht die Naivität, die Herr Bernstein hier bezüglich Endlager an den Tag gelegt hat.

(Beifall bei der SPD)

Diese Dinosaurier dienen letztlich nur dem Profit der Energiekonzerne. Das Status-quo-Denken, das aus dem Bericht der Landesregierung spricht, sind die Scheuklappen, die uns auf dem Weg in eine Energiezukunft nur mit erneuerbaren Energien nicht länger behindern dürfen.

Wie die Zukunft der effizienten und dezentralen Energieerzeugung dann aussehen kann, zeigt das Beispiel des „Zuhausekraftwerks“ - der Minister hat es erwähnt -, wie es vom kleinen, aber innovativen Energieanbieter Lichtblick gemeinsam mit VW entwickelt wird. 100.000 Gasmotoren versorgen aus dem Keller die Häuser mit Strom, Wärme und Warmwasser mit einem Wirkungsgrad von 94 %. Intelligent gesteuert, können die zusammengeschalteten Kleinstkraftwerke dann blitzschnell Strom ins Netz speisen, wenn der Wind einmal nicht genug weht. Dann spielt die Mär von der Grundlast plötzlich keine Rolle mehr.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und des Abgeordneten Lars Harms [SSW])

Lassen Sie uns an dieser Stelle den Hamburgern folgen, die gestern 7.000 Anlagen bestellt haben. Ich denke, daran müssen wir uns auf jeden Fall beteiligen.

(Konrad Nabel)

Meine Damen und Herren, für uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten ist es wichtig, sich gerade jetzt beim Thema Klimaschutz und Zukunft der Energie der Wurzeln unseres Eintretens für die Qualität des Lebens heute wie morgen zu erinnern; denn es geht nicht allein um Grenzwerte, neue Technologien, internationale Programme oder Zertifikate. Der Klimawandel ist zutiefst ungerecht und unsolidarisch. Er trifft vor allem arme Menschen in der sogenannten Dritten Welt, die nichts zum Klimawandel beigetragen haben. Es geht daher um Fragen, die uns Sozialdemokraten seit mehr als 140 Jahren beschäftigen: Wie wollen wir nicht nur in Deutschland, sondern weltweit miteinander leben und miteinander umgehen? Sollen sich weiterhin die Interessen der Stärkeren durchsetzen oder das Gemeinwohlinteresse? Geht es uns auf dieser Erde nur um uns oder um alle Menschen? Und vor allem, wie schaffen wir mehr Gerechtigkeit und Solidarität?

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Bei der Diskussion um den Klimaschutzbericht und die Zukunft der Energieversorgung in unserem Lande hätten wir in den Ausschüssen vielleicht gemeinsame Antworten auf die Fragen gefunden. Das ist nun leider nicht mehr möglich. Ich hoffe sehr, dass im Wege der Selbstbefassung diese doch wertvollen Berichte von den Ausschüssen in der nächsten Legislaturperiode wieder aufgerufen werden. Das Thema Klimaschutz und Energiezukunft hat es verdient. Dazu wünsche ich eine spannende Diskussion, an der ich interessiert von außen teilnehmen werde.

(Lebhafter anhaltender Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Das Wort für die FDP-Fraktion erhält Herr Abgeordneter Dr. Heiner Garg.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich weiß, was mir fehlen wird, Kollege Hentschel, Kollege Nabel, nämlich genau diese engagierten Debatten. Wenn wir auch oft bei diesem Thema nicht einer Meinung waren - aber dass man sich damit so auseinandersetzt, das hat Spaß gemacht in der Vergangenheit. Jetzt möchte ich Sie im Laufe der Debatte vielleicht auch wieder ein bisschen zum Lachen bringen. Ich weiß ja, dass Sie herzhaft über mich lachen können.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Herr Hentschel, als ich Ihren Beitrag gehört habe, habe ich mich allerdings schon gefragt: Was haben eigentlich die Grünen sieben Jahr lang in der Bundesregierung getan?

(Beifall bei der FDP)

Ich will sagen, was sie unter anderem getan haben: Sie haben beim Energiekonsens dafür gesorgt, dass auch Restlaufzeiten von neueren Kernkraftwerken auf ältere übertragen werden können. Das haben die Grünen mit „reinverhandelt“. Dass Sie das heute nicht mehr wahrhaben wollen und das jetzt raushaben wollen, ist zwar im Grundsatz richtig, aber auch dazu müssen Sie stehen, wenn Sie so eine große Abschiedsrede halten, Herr Kollege Hentschel.

(Beifall bei FDP und CDU)

Die Grünen, Ihre Landtagsfraktion, hat mit der ehemaligen Atomministerin einen Ursprungsantrag zu Krümmel unterschrieben, der in der Sache schlicht falsch war. Sie sprechen darin von Restlaufzeiten. Im Atomgesetz ist nirgends von Restlaufzeiten die Rede, sondern es geht um vereinbarte Reststrommengen. Sie wollten mit Vattenfall verhandeln, obwohl Sie eigentlich wissen müssten, zumindest die ehemalige Atomministerin, dass man mit E.ON und Vattenfall verhandeln muss, wenn man Krümmel nicht mehr ans Netz gehen lassen will.

Herr Abgeordneter Dr. Garg, erlauben Sie eine Zwischenfrage?

Nein, erlaube ich im Moment nicht. - Dann hört man im Sozialausschuss als Begründung - die fand ich besonders originell -, es ginge ja schließlich nur um ein Signal. Nein, ich sage Ihnen: Wenn Krümmel nicht mehr ans Netz soll, dann muss es um mehr als ein Signal gehen, da muss gehandelt werden. Mit einem solchen sachlich falschen Antrag handelt man mit Sicherheit nicht!

(Beifall bei der FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die ehemalige Atomministerin ist ja ganz schön mutig in der Opposition. Wenn sie jetzt fordert, Krümmel darf nie mehr ans Netz, dann frage ich Sie: Warum haben Sie als verantwortliche Atomministerin dann im Ju

(Konrad Nabel)

li 2009 noch die Wiederanfahrgenehmigung erteilt?

(Beifall bei der FDP)

Sie können tatsächlich froh darüber sein, dass jetzt Bundestagswahlkampf und Landtagswahlkampf ist. Wir müssten eigentlich einmal ganz genau fragen, ob diese Wiederanfahrgenehmigung nach allem, was Vattenfall uns geboten hat, wirklich in Ordnung gewesen ist.

(Beifall bei der FDP)

Die engagierte Rede gegen die Kohle habe ich wohl wahrgenommen. Da möchte ich einmal darauf hinweisen: Die SPD, jedenfalls die Bundes-SPD, ist die „Kohlepartei“ schlechthin.

(Beifall bei FDP und CDU)

Sie haben in Ihrem Bundestagswahlprogramm den kompletten Wiedereinstieg in die Kohleverstromung stehen. Sie wollen Schluss machen mit dem Ende der Steinkohlesubventionierung, Sie wollen den Wiedereinstieg in die Steinkohlesubventionierung. Da kann ich nur ganz klar sagen, wenn Sie hier schon Wahlkampf machen: Wer am 27. September 2009 SPD wählt, der wählt Kohle. Das muss jedem klar sein: der wählt Kohle!

(Beifall bei FDP und CDU)

Für uns steht hingegen fest: Klimaschutz und Wirtschaftskraft gehen Hand in Hand.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Ralf Stegner [SPD])

- Herr Stegner, mit wem Sie koalieren wollen, haben wir heute wieder gelesen. Mit der Linkspartei, die ungeborenes Leben als Kaulquappen diffamiert; mit der Linkspartei, die Stalins Geburtstage feiert; mit der Linkspartei, die Hasstiraden auf homosexuelle Mitbürger an ihren Wahlständen verbreitet mit solchen Leuten wollen Sie koalieren. Insofern brauche ich Zwischenrufe von Ihnen nicht besonders zu beantworten.

Eine gut konzipierte Klimaschutzpolitik, die frühzeitig energie- und klimaeffizientes Verhalten der Akteure belohnt, ist eine vernünftige Wirtschaftspolitik. Die zentralen Klimaschutzstrategien sind: mehr Energieeffizienz und Energiesparen, um den Energiebedarf zu drosseln. Die größten Potenziale zur Energieeinsparung liegen in der Wärmedämmung des Gebäudebestandes, in energieoptimierten technischen Produkten und in einem energiebewussten Verhalten jedes einzelnen. Investitionen in erneuerbare Energien tragen zudem dazu bei, Be

schäftigung in unserem Land zu sichern und neue, hoch qualifizierte Arbeitsplätze zu schaffen.

Ich sage ganz deutlich, auch wenn hier immer wieder gern das Gegenteil behauptet wird: Langfristig streben wir eine CO2-neutrale Energieversorgung an. Um dieses zu erreichen, wird die FDP das nördlichste Bundesland zum Spitzenreiter bei erneuerbaren Energien machen.

(Beifall bei der FDP - Zurufe von der SPD)

- Sehen Sie, Sie können schon wieder schmunzeln.

Ziel ist es, den Stromverbrauch des Landes zu 100 % aus erneuerbaren Energien decken zu können. Von daher wird es Sie auch nicht weiter verwundern, dass wir den Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN grundsätzlich befürworten. In dem einen oder anderen Punkt wird zwar Diskussionsbedarf herrschen, da wir aber keine Ausschussberatung mehr haben, werden wir Ihrem Antrag zustimmen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)