Protocol of the Session on June 17, 2009

Maßstab erprobt und durchgesetzt sind. Das ist wie mit der CCS-Technologie. Der Unterschied ist: Bei CCS, dem Weg, der jetzt eingeschlagen wird, versuchen wir, das Zeug im Ozean oder in salinen Aquiferen zu vergraben, in der Hoffnung, dass es nicht wieder herauskommt. Beim Wiederverwerten versuchen wir, es als Kohlenstoffsubstitute zu benutzen. Das ist doch allemal besser, als es irgendwo zu vergraben, mit der Befürchtung, dass es als hoch aggressives Gas wieder herauskommt.

(Beifall bei der SPD)

Herr Kollege Nabel, kommen Sie bitte zum Schluss.

Ja, ich komme zu meinem letzten Satz. - Auch wenn Ihnen das nicht gefallen mag: Die SPD ist und bleibt eine Volkspartei.

(Lachen bei der FDP)

Wir haben in unseren Reihen viele Mitglieder, die sich um ihre jeweilige Region Sorgen machen: in Nordrhein-Westfalen, im Saarland, in Brandenburg. Dafür habe ich großes Verständnis. Wir müssen die Überzeugungsarbeit leisten. Wir haben durch unser Tun bewiesen - Herr Kubicki, da können Sie so viel lachen, wie Sie wollen -, dass im Bereich der Windkraftanlagen und sonstiger Anlagen zur Erzeugung regenerativer Energien mehr Arbeitsplätze zu schaffen sind als in der fossilen Steinkohletechnologie. Das haben wir bewiesen, und wir werden es weiter beweisen. Damit leisten wir einen großen Beitrag für neue, zukunftssichere Arbeitsplätze und zum Ausstieg aus der Kohletechnologie.

(Beifall bei der SPD)

Zu einem weiteren Kurzbeitrag nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung erteile ich das Wort Herrn Abgeordneten Wolfgang Kubicki.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich finde es bemerkenswert, dass der mittlerweile wieder der proletarischen Revolution zugeneigte Kollege Nabel

(Konrad Nabel [SPD]: Nicht „mittlerweile“, immer schon!)

(Konrad Nabel)

glaubt, betonen zum müssen, dass die SPD eine Volkspartei bleibe. Das muss man auch sagen - bei 20,8 %. Aber Herr Kollege Nabel, die Menschen werden sich doch fragen, wenn man den Genossen Stegner reden hört, den man wirklich nur reden lassen muss -

(Konrad Nabel [SPD]: Der Unterschied ist: Bei Herrn Stegner hört man zu, bei Ihnen läuft man heraus!)

Die Dialoge können Sie bitte in der Cafeteria führen. - Das Wort hat Herr Kollege Kubicki.

Ich weiß nicht, auf welcher Veranstaltung Sie bisher waren, ich kenne nur das Gegenteil. Aber darauf will ich gar nicht eingehen.

(Beifall bei FDP und CDU)

Die Menschen fragen sich doch, was sie bei der nächsten Bundestagswahl eigentlich wählen sollen: das, was von der SPD auf ihrem Bundesparteitag einstimmig, mit den Stimmen der Schleswig-Holsteiner, beschlossen worden ist, oder das, was Sie den Leuten vor Ort als Ihre Wahrheit zu verkaufen versuchen, was in Wahrheit ja eine komplette Lüge ist. Ich versuche, Ihnen das zu erklären.

(Konrad Nabel [SPD]: Unerhört!)

Sie haben beschlossen - ich zitiere nach dem Satz, den Kollege Garg zitiert hat -: „Dabei soll die Wiederverwendung Vorrang vor der Endlagerung haben“ - und jetzt geht es weiter: - „und die Unternehmen müssen auf der Grundlage der höchsten Umweltstandards die Langzeitsicherheit der Speicher gewährleisten.“

(Wolfgang Baasch [SPD]: Ja und?)

Damit erklären Sie, dass Sie Speicher wollen und dass Sicherheit gewährleistet werden soll. Heute erklären Sie, Sie wollen komplett aussteigen und deshalb brauchen Sie die Speicher nicht.

(Beifall bei FDP und CDU)

Herr Nabel, was noch viel schlimmer ist und was Sie komplett demaskiert, ist das, was Sie zur Zukunft der Steinkohle beschlossen haben. Das müssen Sie den Menschen im Land erklären, insbesondere den Studenten und den Schülern, denen Sie hier Mittel für eine bessere Bildung vorenthalten. Zur „Zukunft der Steinkohle“ heißt es dort:

„Der deutsche Steinkohlebergbau hat wesentlich beigetragen zum Aufbau des Landes und zum Wohlstand. Er ist inzwischen reduziert auf einen niedrigen Sockel. Der ist aber zukunftsfähig. Wir wollen deshalb, dass die Revisionsklausel für den deutschen Steinkohlebergbau schon rechtzeitig vor 2012 wirksam gemacht und so das faktische Auslaufen des Steinkohlebergbaus verhindert wird.“

Das heißt, Sie wollen weiter öffentliche Mittel in eine Technologie hineinstecken, die Sie eigentlich gar nicht mehr wollen. Sie wollen weiter Kohle fördern. Was wollen Sie damit machen? Soll jeder Sozialdemokrat künftig einen Kohlehaufen vor die Tür bekommen? Das ist Kohle und nicht Kohl, das können Sie nicht essen.

(Heiterkeit und Beifall bei FDP und CDU)

Wenn Sie eine weitere Förderung des Steinkohlebergbaus wollen, konterkarieren Sie genau das, was Sie hier gesagt haben, und entlarven sich als jemand, der falsche Dinge in die Öffentlichkeit bringt. Halten Sie sich doch einmal an Ihre Beschlusslage, und hören Sie mit Ihren Reden auf!

(Beifall bei FDP und CDU)

Zu einem Kurzbeitrag nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung erteile ich Herrn Kollegen KarlMartin Hentschel das Wort.

(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Baasch [SPD] - Wolfgang Kubicki [FDP]: Heuchler! - Wolfgang Baasch [SPD]: Geh doch einmal zu deinen Genossen nach Nordrhein-Westfa- len!)

- „Heuchler“ ist kein parlamentarischer Begriff, Herr Kollege.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir befinden uns in einem kollektiven Lernprozess, und das ist gut so.

(Heiterkeit und Beifall bei BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN - Lachen bei CDU und FDP)

Wir haben auch erst auf dem letzten Bundesparteitag klar Position gefasst, dass wir die CCS-Speicherung ablehnen, weil die Diskussion auch bei uns in der Partei eine ganze Zeit gedauert hat. Es ist auch notwendig, solche Dinge vernünftig, gründlich

(Wolfgang Kubicki)

und wissenschaftlich zu diskutieren und nicht einfach dem Populismus von Ortsbürgermeistern nachzulaufen, auch wenn diese manchmal recht haben.

Herr Kubicki oder Herr Garg, ich sage das auch in Richtung FDP, weil Sie am lautesten -

(Zuruf)

- Ich habe nicht gesagt „geblasen haben“. Sie haben im Bundestag einen Antrag eingebracht, in dem Sie gefordert haben, dass beim CCS eine Trennung zwischen Oberflächeneigentum und Eigentum der Speicherstätten stattfindet. Das bedeutet, Sie wollten, dass die Grundstücksbesitzer nicht klagen können. Sie haben in diesem Antrag stehen, dass die Ausweisung von Leitungsbau sowie die entsprechenden Planungsverfahren beschleunigt und vereinfacht werden und es keine unnötigen technischen Vorgaben gibt. Sie haben beantragt, dass der Abfallbegriff nicht auf Kohlendioxid angewandt werden soll, weil damit nicht die harten Bedingungen des Abfallrechtes gelten, sondern nur das Bergrecht, was wesentlich weicher ist. Sie haben gesagt, dass die Versicherungspflicht für Betreiber wegfallen soll. Das heißt, es soll keine Haftung geben. Das ist einer der am härtesten zu kritisierenden Punkte. Wenn wir das bekommen, riskiert derjenige, der hier Unsinn produziert, nicht einmal, dass er hinterher bezahlen muss.

Sie haben im Bundestag auch beantragt, dass der Dichtigkeitsnachweis bei unterirdischer Lagerung wegfällt, denn „man könnte ja noch nicht wissen, und damit würde ja verhindert werden, man müsste das ja erst ausprobieren, und man könnte nicht von vornherein garantieren, dass es dicht ist“.

Herr Kubicki, wenn Sie anderen Vorwürfe machen, müssen Sie sich selber sehr warm anziehen.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Das mache ich gern!)

Es ist ganz wichtig, dass wir diese Diskussion führen. Ich freue mich, dass wir uns in diesem Punkt mittlerweile einig sind. Das ist ein großer Fortschritt. Die Debatte um die regenerativen Energien und um CCS wird noch lange andauern, weil es hier um Milliardeninvestitionen und um milliardenschwere Konzerne geht.

Natürlich haben die RWEs und Vattenfalls eine ungeheure Angst davor, das Monopol durch ihre Großkraftwerke an Tausende von Betreibern kleinerer regenerativer Anlagen zu verlieren. Diese Konkurrenz ist für sie hoch gefährlich. Deswegen gibt es hier in der Republik einen Machtkampf um die Energiefrage.

Es werden Milliarden investiert, und es werden Millionen in Zeitungskampagnen investiert, wie wir jeden Tag lesen können, für Atomkraft und den Weiterbetrieb von Kohlekraftwerken, um das wissenschaftliche Know-how zu vernebeln. Wir haben in der Wissenschaft mittlerweile klare Positionen, die deutlich sagen: Der Umstieg ist möglich. Es ist möglich, bis 2040/50 im Strombereich vollständig auf regenerative Energien zu gehen.

(Zuruf des Abgeordneten Konrad Nabel [SPD])

Es ist möglich, den Atomausstieg hinzukriegen, ohne dass wir neue Kohlekraftwerke bauen müssen. Wir können schnell genug Windkraft und Solarkraft ausbauen. Allerdings benötigen wir auch die Einbeziehung von Wasserkraft aus Norwegen und Solarkraftwerken, thermischen Anlagen aus Südeuropa, wie es heute in den „Kieler Nachrichten“ stand. Das ist alles möglich. Wir müssen es nur politisch wollen und betreiben. Das ist der entscheidende Punkt. Ich bin froh, dass wir hier solche Debatten führen. Es ist auch logisch, dass sie kontrovers sind.

Herr Kollege Hentschel, achten Sie bitte auf die Redezeit.

Ich komme zum Schluss. - Ich bin froh, dass wir solche Debatten führen. Ich wünsche mir noch mehr. Wir sind an einem Wendepunkt in der Energiepolitik. Ich freue mich, dass wir heute eine Einstimmigkeit haben, und ich hoffe, dass wir in anderen Energiefragen in den nächsten Jahren auch so weit kommen, damit endlich die Grundsatzentscheidung in Deutschland für neue Energien, für regenerative Energien und auch für neue Arbeitsplätze in diesem Sektor fällt und dass Deutschland seine Führerschaft auf dem Weltmarkt beibehält. Das ist auch eine große Chance für unsere Industrie.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Zu einem weiteren Kurzbeitrag nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung erteile ich Herrn Abgeordneten Dr. Ralf Stegner das Wort.