Ich danke Herrn Abgeordneten Lars Harms und erteile für die Landesregierung Herrn Finanzminister Rainer Wiegard das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen, meine Herren! Der Bürgerschaftsabgeordnete Kerstan hat am Mittwoch in der Debatte in der Hamburgischen Bürgerschaft gesagt - es ist mir auch ganz egal, welcher Partei er angehört; es ist jedenfalls richtig, was er gesagt hat -:
„Wir haben es hier mit einer existenziellen Situation zu tun, und zwar nicht nur für die Bank, sondern auch für die beiden Länder.“
Die gewaltigen Auswirkungen, die die internationale Finanzkrise - insbesondere ab Oktober 2008 ausgelöst haben, lähmen die wirtschaftlichen Kräfte, gefährden Arbeitsplätze, verringern die gesamtstaatliche Leistungskraft und belasten dadurch künftig unser Sozialsystem ebenso wie die für die öffentlichen Aufgaben notwendigen Steuereinnahmen. Wir werden das erleben. Einzelne Redner haben hier darauf auch schon hingewiesen.
Deshalb müssen wir bei dem, was wir jetzt zu entscheiden haben, vor allem berücksichtigen, welche Wirkung das hat. Welche Auswirkungen hat das für die Arbeitsplätze in den Unternehmen und Betrieben in Schleswig-Holstein? Welche Auswirkungen hat das auf die eingesetzten privaten oder öffentlichen Vermögenswerte, die sich in dieser Bank befinden? Welche Auswirkungen hat das auch nicht zuletzt für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dieser Bank in Kiel?
Zu entscheiden ist vor allem über die Frage: Ist das Geschäftsmodell zukunftsfähig? Ich hätte mir in manchen der letzten Debatten, seit wir hier darüber diskutieren, gewünscht, dass wir uns ein bisschen mehr noch auf diese Sachfrage konzentriert hätten als auf manche Ablenkungsmanöver aus parteipolitischen Gründen. Die Frage ist: Hat die Kernbank, die neue Bank, mit ihrer verstärkten Konzentration auf die norddeutsche Region und die international anerkannten Kernkompetenzen, die alle auch eine Verbindung zu unserer Region haben, als Alleinstellungsmerkmal eine Chance, nachhaltig ertragreich zu arbeiten und so die eingangs gestellten Fragen positiv zu beantworten, dies möglicherweise auch im Zusammenhang, im Zusammenwirken auf welche Art und Weise auch immer - mit anderen Banken?
„Wir halten das Geschäftsmodell, nachdem wir uns damit beschäftigt haben, prinzipiell für tragfähig und für zukunftsfähig.“
Die vorgeschlagene Lösung des Geschäftsmodells ist so gestaltet, dass es „auch größere Lösungen“ ermöglicht und „diese nicht verbaut“. - Auch dies scheint mir in der Frage der Beurteilung sehr wichtig zu sein.
„Ich halte dieses Geschäftsmodell … für alternativlos, und zwar bezogen auf die Investitionen der Träger… und auch bezogen auf die Kundenbeziehungen, weil ansonsten das Investment zerstört würde.“
Die vorgeschlagene Lösung der Fortführung der Bank ist alternativlos, Schließungs- und Abwicklungsszenarien bergen nicht planbare Risiken für die gesamte Finanzwirtschaft, für die schleswigholsteinische Wirtschaft und für die Vermögenswerte unseres Landes. Dies hat Präsident Sanio von der BaFin ausdrücklich ausgeführt.
Weil ich ein paar Zwischenbemerkungen höre, lassen Sie mich das kurz noch mit einem Zitat von Herrn Sanio aus der Beratung der Ausschüsse vom 19. März 2009 belegen. Herr Sanio sagte:
„Ich weiß nicht, wie eine geordnete Abwicklung durchgeführt werden sollte, wenn Sie beschließen, dass die Bank… geordnet liquidiert werden soll. Ich kenne keinen Fall, in dem das je versucht worden wäre. Ich sehe das als gefährliches Experiment an, kann Ihnen aber nicht im Einzelnen darlegen, wie der Markt reagiert, wenn Sie beschließen würden, alle Verbindlichkeiten zu garantieren.“
Er hat dann weiter zu der nächsten Stufe, die dann zwangsläufig folgen würde, nämlich der Insolvenz, gesagt:
„Ich halte eine Insolvenz nur für ein Gedankenspiel. In der Realität wird keiner diesen Schritt verantworten wollen; davon bin ich fest überzeugt. Wer ihn verantworten muss, kann sich schon vorher zusammen mit mir“
„maskieren - ich bin der Henker -, und wir werden dann gemeinsam das Land schleunigst verlassen, ehe wir dafür zur Rechen
schaft gezogen werden. Das sind Gedankenspiele. Mit dem Gedanken an eine Insolvenz auch nur einen Moment ernsthaft zu spielen, halte ich für völlig verantwortungslos.“
Natürlich hat es solche Vorschläge in der Diskussion gegeben, Kollege Weber. Deshalb ist es gut, dass wir noch einmal deutlich machen, dass diese Alternativen auf eine solche Weise verneint worden sind, dass sie nämlich nicht tragfähig sein können im Vergleich zu dem Konzept, das die Landesregierung hier befürwortet und vorgelegt hat.
Natürlich gibt es unkalkulierbare Risiken. Niemand kann heute definitiv sagen, wie sich die weltwirtschaftliche Entwicklung in den nächsten Jahren darstellen wird. Aus heutiger Sicht überschaubare Risiken sind in der Planung enthalten. Noch nie ist durch so viele Prüfer eine Bank so intensiv auf Herz und Nieren untersucht worden, um Risiken detailliert bewerten zu können, wie in diesem Fall.
Alle Experten haben ausgeführt: Das Fortführungskonzept, das die Landesregierung vorgelegt hat, ist alternativlos. Wir erfüllen damit - so der Vorsitzende des Lenkungsausschusses SoFFin, Staatssekretär Nawrath - alle vom Sonderfonds im November verlangten Bedingungen für die Gewährung der Liquiditätsgarantie von 30 Milliarden €. Wir schaffen damit jetzt - und erst jetzt - die vom SoFFin geforderte Kernbank als Voraussetzung dafür, dass bei Bedarf auch der SoFFin für eine weitere Kapitalisierung zur Verfügung steht. Denn erst mit dieser Lösung machen wir möglich, dass es eine gesunde Kernbank gibt. Erst mit dieser Lösung schaffen wir die Voraussetzung für die Ausgliederung von Abbauportfolien. Erst dadurch ermöglichen wir dem SoFFin nach den Regeln des Finanzmarktstabilisierungsgesetzes und nach den Regeln der Notifizierung durch die Europäische Kommission eine eigene Beteiligung, wenn dies erforderlich ist. Wir werden weiter dafür mit voller Kraft arbeiten, dass dies ermöglicht wird. Ich füge ausdrücklich hinzu: Es ist auch meine feste Überzeugung, dass wir uns alle Optionen des SoFFin eröffnen müssen, im Übrigen auch die, die wir bisher noch nicht in Anspruch genommen haben, und diejenigen, die wir auch nach Ablauf der derzeitigen Frist nicht in Anspruch nehmen könnten.
Deshalb glaube ich auch, dass es notwendig ist, Herr Kollege Stegner, die Veränderungen am Finanzmarktstabilisierungsgesetz im weiteren Verfolg der wirtschaftlichen Entwicklung an die Notwendigkeiten, die es dazu gibt, weiter anzupassen. Ich füge ausdrücklich hinzu: Die von CDU und SPD vorgelegte Resolution kann ich deshalb auch in allen Punkten mittragen.
Wir müssen uns nicht nur die Optionen beim SoFFin eröffnen, sondern vor allen Dingen auch alle anderen Anschluss- und Beteiligungsmöglichkeiten offenhalten und eröffnen. Das vorgeschlagene Modell schafft dafür die Voraussetzungen, sowohl für die Kernbank für Beteiligungen oder Fusionen mit anderen Instituten als auch für die Konsolidierungsbank im Hinblick auf die von uns geforderten Möglichkeiten der Bildung von regelreduzierten Abbaubanken unter dem Dach einer Bundesagentur, wo allerdings jede Abbaubank ihre eigene Verantwortlichkeit hat.
Ich will etwas zu den Verantwortlichkeiten und der Verantwortung sagen. Ich habe zuletzt in der Plenardebatte am 25. März ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die HSH Nordbank sowohl Betroffene der Finanzkrise als auch Beteiligte daran ist. Diese Frage der Beteiligung der Bank an dieser Krise muss zwingend, unabdingbar hinsichtlich ihrer Ursachen, der erfolgten Handlungen, der erzielten Wirkungen und der in diesem Sinn handelnden Personen und Organe aufgearbeitet werden.
Dazu liegen dem Beteiligungsausschuss seit Dienstag - übrigens bevor sie den Aufsichtsratsmitgliedern zugänglich gemacht wurden - sieben Bände des Prüfungsberichts der KPMG vor, abzüglich drei Berichte - um das klar zu definieren -, auf die der Beteiligungsausschuss verzichtet hat, weil sie ausschließlich kundenspezifische Daten enthalten und wir besondere Vorkehrungen hätten treffen müssen. Seit gestern liegt der achte und ab Mitte kommender Woche liegen alle zehn Bände zur Einsicht vor.
Insbesondere im Rahmen des vom Aufsichtsrat beauftragten erweiterten besonderen Prüfungsumfanges durch die KPMG wird festzustellen sein, wo es Verantwortlichkeiten innerhalb der Bank und ihrer Organe gegeben hat, ob sich einzelne in ihren jeweiligen Verantwortungsbereichen nicht an klare, eindeutige Regeln gehalten haben. Das gilt - um das auch hinzuzufügen -, wenn das möglicherweise nicht vollständig ist. Das gilt für Vorstände wie für Mitarbeiter unterhalb der Vorstandsebene. Das gilt
auch für ehemalige Vorstände. Das gilt für Wirtschaftsprüfer und deren Berichte an den Aufsichtsrat, die möglicherweise ihre Prüfungen nicht in der notwendigen Tiefe gemacht oder berichtet haben könnten. Das gilt selbstverständlich auch für Aufsichtsräte und alle sonstigen Beteiligten an diesen Entwicklungen. Es gibt eine umfassende Notwendigkeit zur Aufarbeitung. Jetzt liegen die umfangreichen Prüfungsergebnisse der KPMG vor. Sie sind Grundlage für das, was in diesem Zusammenhang zu tun und festzustellen ist.
Ich will auf einige Wortbeiträge eingehen, die heute zum Teil wiederholt, zum Teil neu gemacht worden sind. Meine Damen und Herren, lieber Wolfgang Kubicki, mancher Ihrer Angriffe in den letzten Wochen war persönlich nicht akzeptabel. Sie mögen mit mir gern in der Sache streiten. Das haben wir früher auch schon gemacht. Paul Henckels hätte Ihnen hier wahrscheinlich zugerufen: „Wat bist du doch für ne fiese Charakter!“ Das insbesondere, wenn man sich ansieht, was Sie an sachlichen Vorschlägen hierzu beigetragen haben. Sie haben - man muss nur einmal die Zeitungen der vergangenen Wochen aufschlagen - eigentlich alle Vorschläge schon einmal gemacht, die man nur machen kann, auch jene, die sich diametral widersprochen haben. Sie haben vorgeschlagen: „Anteile verkaufen“, und Sie haben vorgeschlagen: „Anteile kaufen“. Sie haben vorgeschlagen, die Bank abzuwickeln, und Sie haben vorgeschlagen, die Bank fortzuführen. Sie haben gesagt: „Auf keinen Fall Eigenkapital vom SoFFin nehmen, weil das das eigene Eigenkapital zerstört“, und Sie haben gesagt: „Auf jeden Fall Eigenkapitel vom SoFFin nehmen“.
Aber Sie haben noch ein bisschen Zeit. Sie haben noch ein paar Wochen Zeit, das zu üben. Ich bin fest davon überzeugt, dass es gelingt, dass Sie das hinkriegen.
Meine Damen und Herren, der Kollege Stegner hat gesagt, wir, die Bank und die Anteilseigener, hätten in den letzten Monaten daran arbeiten sollen, das Konzept zur Trennung von Kernbank und Abbaubank vorzubereiten. Herr Stegner, genau das ist geschehen. Ich habe übrigens - daran erinnere ich Sie - am 20. oder 21. November im Vorwege dazu als Bedingung des SoFFin eine Verpflichtung unterschrieben, für die ich hier an anderer Stelle geschol
Kollege Hentschel zitiert aus einem Absatz eines Briefes des Kollegen Bundesfinanzminister Peer Steinbrück und lässt schlicht und ergreifend den zweiten von drei Sätzen einfach weg.
Vorhin, als ich das Wort „prinzipiell“ gesagt habe, ist gesagt worden: „Ah, prinzipiell!“. Herr Kollege Steinbrück hat hier geschrieben: