Wir halten die ins Auge gefassten Regelungen für nicht europarechtskonform. Die Landesregierung hat uns mitgeteilt, dass die geplanten Maßnahmen dem europäischen Beihilferecht unterfallen. Umso erstaunlicher ist, dass erst nach dem 18. März 2009 auf Arbeitsebene die Europäische Kommission mit den geplanten Vorhaben konfrontiert wurde. Denn nach Art. 88 Abs. 3 Satz 1 EG-Vertrag ist die Kommission von jeder beabsichtigten Einführung oder Umgestaltung von Beihilfen so rechtzeitig zu unterrichten, dass sie sich zustimmend äußern oder aber ihre Genehmigung verweigern kann.
Bereits hier wäre zu erwarten gewesen, dass auch uns eine - zumindest vorläufige - Stellungnahme der Europäischen Kommission vorliegt.
Es ist schon bemerkenswert, wie wenig sich in der Vorbereitung der heutigen Sitzung die Landesregierung mit den europarechtlichen Problemen auseinandergesetzt hat. Der Beihilferichtlinie der Europäischen Kommission unterliegt nicht nur die Garantierklärung in Höhe von 10 Milliarden €, die abge
geben werden soll, sondern auch die Rekapitalisierung der Bank durch die Zuführung weiteren Eigenkapitals. Da die Landesregierung selbst ihre Rettung als „Mini-SoFFin“ deklariert, wäre es sicherlich sinnvoll gewesen, die Vereinbarungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Europäischen Kommission sowie die folgenden Mitteilungen der Kommission zur Europarechtskonformität des SoFFin und seiner Maßnahmen zu berücksichtigen.
Die Leitlinien der Kommission für die Rekapitalisierung von Banken sehen vor, dass für die Rekapitalisierung eine Vergütung zu zahlen ist. Die konkrete Höhe hängt bei einem prinzipiell gesunden Unternehmen des Finanzsektors - dazu zählt die HSH Nordbank nicht - von dessen Risikoprofil und der Art der Kapitalmaßnahme ab und liegt zwischen 7 % für nachrangige Darlehen bis zu 9,3 % für Stammaktien ähnliche Instrumente. Bei gefährdeten Finanzinstituten - hierzu gehört die HSH Nordbank AG - ist eine Vergütung in Höhe von mindestens 10 % aufzubringen.
Eine entsprechende Vergütung auf das der HSH Nordbank zur Verfügung gestellte Eigenkapital der Länder Hamburg und Schleswig-Holstein sieht das uns präsentierte Modell bisher nicht vor. Zwar kann das für die Rekapitalisierung geleistete Entgelt in einzelnen Fällen zunächst unter der vorgesehen Höhe angesiedelt sein, aber die Höhe des Entgelts steigt mit der Dauer der staatlichen Beteiligung, um dem Unternehmen einen Anreiz zu geben, die staatliche Beteiligung sobald als möglich zurückzuführen.
Ich will dies jetzt nicht weiter ausführen, aber angesichts der Tatsache, dass ein konkreter Zeitplan für die Rückführung der Rekapitalisierungsmaßnahmen nicht besteht, werden uns die europarechtlichen Folgen auf absehbare Zeit noch erheblich beschäftigen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, auch für die Vergütung der Garantie steht deren Höhe doch bereits fest und ist mit der EU-Kommission nicht mehr verhandelbar, da die Bundesrepublik Deutschland der Kommission ausweislich der Beihilfeentscheidung Nummer 22 zugesichert hat, dass die marktgerechte Vergütung 0,5 % der Garantiesumme ist zuzüglich einer dem Credit Default Swap Spread des jeweiligen Finanzinstituts entsprechenden Risikoprämie, die bei der HSH Nordbank über 4 % liegt. Auch hieran wird deutlich, dass die
In diesem Zusammenhang ist es schon befremdlich, dass der Vorstand der Bank zunächst 65 Millionen €, dann folgend 200 Millionen € an Genussscheininhaber und stille Beteiligte hat ausschütten wollen, die darauf weder gesetzlich noch vertraglich einen Anspruch hatten.
Erinnern wir uns: Auch dies war alternativlos. Auch dies diente dazu, angeblich den Abfluss von Milliardenbeträgen von der Bank zu verhindern. Die europarechtlichen Bedenken, die von mir anlässlich der Entscheidung der Kommission zur Bayerischen Landesbank im Finanzausschuss geäußert wurden, wurden einfach als unsinnig bezeichnet.
Der eigentliche Skandal hieran ist nicht die Blindheit von Vorstand und Finanzminister, sondern der Versuch, zulasten der Steuerzahler des Landes Schleswig-Holstein und der Freien und Hansestadt Hamburg die erkannten europarechtlichen Vorgaben zu umgehen.
Damals ahnten wir und heute wissen wir es genau, dass der SoFFin zur Liquiditätsabstützung bereitstand. Aber dass der Vorstand einer Bank und dass der den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern Schleswig-Holsteins verpflichtete Finanzminister dieses Landes an einer Umgehung rechtlicher Vorgaben mitwirkt zulasten eben des Landes, dessen Wohl er verpflichtet ist, ist Grund genug für eine Rücktrittsforderung.
Der Bank war klar, dass sie das nicht durfte, was sie vorhatte. Deshalb hat der Vorstand der Bank mit Billigung des Finanzministers den unberechtigten Zahlungsempfängern eine einmalige Vertragsanpassung angeboten, um einen Rechtsgrund für die rechtsgrundlose beabsichtigte Zahlung zu schaffen. Man hat - so habe ich es formuliert - zunächst „Verträge“ geschenkt, um dann 64 Millionen € Steuergelder an Großanleger zu zahlen.
Herr Minister, nun sind die Verträge in der Welt, rechtswidrig, wie wir wissen. Sollte die Bank nunmehr verklagt werden und Zahlungen leisten müssen, sind Sie dafür persönlich verantwortlich, und wir werden sowohl parlamentarisch als auch außer
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Vorstand, Aufsichtsrat und Landesregierung haben uns ein Geschäftsmodell der HSH Nordbank präsentiert, das sie für tragfähig halten. Die Zweifel an der Tragfähigkeit des Geschäftsmodells, die von Experten und den Oppositionsfraktionen in der Hamburgischen Bürgerschaft sowie im Schleswig-Holsteinischen Landtag geäußert wurden, sind nicht geringer, sondern stärker geworden. Nicht zuletzt sind sie auch durch den zurückgetretenen Wirtschaftsminister Dr. Marnette bestätigt worden, dem man jedenfalls nicht nachsagen kann, dass er nicht ein profunder Kenner der wirtschaftlichen Entwicklung und ihrer Auswirkungen auf Unternehmen und Banken ist.
Wir bestreiten nicht, dass der Mathematiker Professor Dr. Nonnenmacher eine Vielzahl von Modellen aufstellen und durchrechnen kann und die Ergebnisse stimmen, alles andere wäre ja auch ein Wunder. Wir bestreiten aber die Aussage des Finanzministers, die er regelmäßig wiederholt, die Prüfer und Berater auch der Landesregierung hätten die Modellrechnungen der Bank geprüft und bestätigt.
Niemand der Berater will dafür die Haftung übernehmen, dass die den Modellrechnungen zugrunde liegenden Annahmen zutreffend sind. Dass einige sie für plausibel halten, ist ebenso viel wert wie die Einschätzung des Ministerpräsidenten, er halte es für plausibel, dass sein Finanzminister von der Sache etwas versteht - offensichtlich ganz im Gegensatz zu einem ehemaligen Wirtschaftsminister, dessen Rücktritt er ja für notwendig erachtete.
Wir alle können lesen, dass sich die makroökonomischen Rahmendaten ständig verschlechtern, und ich kann sicher sagen, dass sie ausweislich der Expertise von internationalen Organisationen und selbst staatlicher Einrichtungen mittlerweile einen Stand erreicht haben, der dem Stressszenario in den Berechnungen der Bank entspricht, mit der Folge, dass bereits Ende 2009 das eingesetzte Kapital aufgezehrt sein wird.
Der Welthandel wird nicht wachsen, sondern zwischen 5 und 9 % abnehmen. Das Bruttoinlandsprodukt in Deutschland wird nicht um 2,25, sondern um mindestens 5 % schrumpfen. Die Krise am Weltschifffahrtsmarkt und damit bei den Reedereien wird nicht 2011 vorbei sein, sondern frühestens 2015, wie der Verband Schifffahrt und Meerestechnik anlässlich einer Anhörung im Wirtschaftsaus
schuss vor einigen Tagen erläuterte. Die Immobilienpreise in den USA fallen weiter, die Lehrstände bei Gewerbeimmobilien in den Zentren, in denen die HSH Nordbank engagiert ist, steigen exponenziell. Die Kerngeschäftsfelder, die die Bank definiert und in denen sie ihre Erträge erwirtschaften will, brechen dramatisch ein, und die den Modellrechnungen zugrunde liegenden Wachstumspotenziale bestehen - übrigens auch nach eigener Auffassung bankintern - nicht, jedenfalls nicht in den nächsten Jahren.
Der Bundesfinanzminister hat in einem Interview im Magazin „Stern“ vom 2. April 2009 auf die Frage, wann es denn wieder aufwärts gehe, erklärt:
„Nobody know's, auch ich nicht. Machen wir uns nichts vor. Wir werden im Mai erhebliche Einbrüche bei den Steuereinnahmen haben - und das ist freundlich ausgedrückt. Die Arbeitslosenzahl wird steigen. Wir haben jetzt einen scharfen Absturz, aber aufwärts wird es irgendwann nur sehr, sehr langsam gehen. Das wird Jahre dauern. Wenn wir Glück haben, beginnt es 2010.“
Das sind die veränderten Rahmendaten, mit denen wir es heute zu tun haben, und wir stehen in Deutschland, wir stehen in Schleswig-Holstein am Beginn der Krise. Es wäre, es ist für jedermann selbst nachvollziehbar, dass sich die optimistischen Prognosen der HSH Nordbank in Luft aufgelöst haben, ebenso wie im Jahre 2008. Nur zur Erinnerung: Noch Mitte September 2008 prognostizierte die Bank - und der Finanzminister des Landes Schleswig-Holstein im Landtag - einen Gewinn von 400 Millionen €.
Mitte November stand die Bank vor der Pleite, wie es der Finanzminister bestätigte, und das, obwohl dieser Bank im Juli 2008 Eigenkapital in Höhe von 2 Milliarden € durch die Anteilseigner zugeführt worden war.
Wir können einer Regelung nicht zustimmen auf der Grundlage einer Planung, die wir für nicht tragfähig, ja sogar für unseriös halten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ein letztes Wort zu dem wohl unvermeidlichen Untersuchungsausschuss, den wir gemeinsam mit BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW beantragen werden. Wir haben ihn nicht gewollt, aber er ist nach der Entscheidung in Hamburg unvermeidlich, da es weiße Flecken der Aufklärung nicht geben darf. Ich sage für meine
Fraktion bereits an dieser Stelle: Sollte sich herausstellen, dass dem Aufsichtsrat die Schieflage der Bank bereits seit mehr als einem Jahr bekannt war, ohne dass der Finanzminister unseres Landes das Parlament darüber unterrichtet hat, sollte es zutreffen, dass es keine einheitliche Struktur in der Bank, sondern mehrere Banken in der Bank gegeben hat, und sollte es zutreffen, dass es keine Risikoanalyse und kein Risikomanagement hinsichtlich der jetzt „toxisch“ genannten Papiere bei der HSH Nordbank gegeben hat, wird nicht nur der Finanzminister gehen müssen - was ich ohnehin für überfällig halte -, sondern dann wird die gesamte Regierung Peter Harry Carstensen beschädigt sein, und die Wählerinnen und Wähler werden - da bin ich mir sicher - im Mai 2010 über diese Art von Politik ein vernichtendes Urteil sprechen.
Für die Fraktion der CDU hat der Fraktionsvorsitzende, Herr Abgeordneter Dr. Johann Wadephul, das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nach sorgfältigen Beratungen und intensiver Abwägung der Risiken und Folgen stehen wir als CDU-Fraktion zu unserer politischen Verantwortung für unser Land Schleswig-Holstein und stimmen dem vorgelegten Vertragswerk schweren Herzens zu.
Keine Entscheidung ist Abgeordneten in diesem Hause und wahrscheinlich auch in der Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg so schwergefallen, keine Entscheidung ist den Bürgerinnen und Bürgern so schwer zu erklären, und keine Entscheidung beansprucht das Vertrauen und Gewissen der Abgeordneten so sehr wie die vor uns liegende Abstimmung.
Gerade in den letzten Tagen nach dem Rücktritt von Wirtschaftsminister Dr. Marnette ist uns noch einmal die Komplexität und Schwierigkeit der vor uns liegenden Entscheidung über die Zukunft der HSH Nordbank vor Augen geführt worden. Herr Kollege Kubicki, in der Sache selbst hat sich entgegen Ihren Ausführungen allerdings nichts geändert. Der schwerkranke Patient HSH Nordbank schwebt
Wir müssen die Notoperation bei der HSH Nordbank jetzt vornehmen, sonst bleibt nur der Untergang der Bank mit gravierenden und unabsehbaren Folgen für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, auch am Bankenstandort Kiel, für die Schifffahrtindustrie im Norden und für viele Arbeitsplätze in unserer Region. Meine Damen und Herren, eine solche Entscheidung ist aus Sicht meiner Fraktion nicht verantwortbar.
Kollege Kubicki, das bedeutet ausdrücklich nicht, dass man all dem ungeprüft zustimmt, was in der Vergangenheit in dieser Bank gemacht worden ist. Das haben die Koalitionsfraktionen schon in ihrer vergangenen Resolution in aller Deutlichkeit gesagt. Alles muss aufgearbeitet werden. Fehler, die gemacht worden sind, müssen identifiziert und auch denjenigen zugeordnet werden, die sie gemacht haben. Es kann nicht sein, dass der Mantel des Schweigens darüber gedeckt wird. Aber, Kollege Kubicki, bei allen Fehlern, die gemacht worden sind, haben wir jetzt eine Verantwortung für die Zukunft, und die müssen wir wahrnehmen.