Neben dieser formalen Seite ist ein weiterer Aspekt viel wichtiger. Das Verfahren zur Aufstellung des Landesentwicklungsplans ist von Anfang an durch eine hohe Transparenz gekennzeichnet. Es gab Öffentlichkeits- und Onlinebeteiligung. Kommunen, Verbände, Initiativen, Gewerkschaften, Kammern und nicht zuletzt der Schleswig-Holsteinische Landtag waren und sind intensiv in die Arbeit am Landesentwicklungsplan eingebunden. Die Stellungnahmen des umfangreichen Beteiligungsverfahrens stehen Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen, als Umdruck zur Verfügung, auch im Internet. Der Innen- und Rechtsausschuss des Landtags hat eine umfängliche Anhörung durchgeführt. Die Beratungen über die Ergebnisse werden folgen.
Bereits in der Anhörung im Innenausschuss wird Ihnen die Anerkennung für die Transparenz des Verfahrens, die dort geäußert wurde, nicht entgangen sein. Die von uns aufgrund der Stellungnahmen ins Auge gefassten Änderungen am Entwurf sind am 18. Februar 2009 im Landesplanungsrat vorgestellt worden; sie sind dort auf fast ausschließlich positive Resonanz gestoßen. Am Tag zuvor habe ich den Vorsitzenden des Innen- und Rechtsausschusses über die beabsichtigten Änderungen informiert. Die Qualität der Zusammenarbeit zwischen der Regierung und dem Landtag in SchleswigHolstein bei der Erarbeitung eines landesweiten Raumordnungsplans war bei allen inhaltlichen Differenzen noch nie so effizient und zielführend wie bei diesem Landesentwicklungsplan.
Der vorliegende Gesetzentwurf geht mit seiner Zielrichtung daran völlig vorbei. Der Schluss, den Sie, Herr Hildebrand, ziehen, scheint mir trotz der guten Kommunikation zwischen den Beteiligten doch von einer kleinen Portion Misstrauen geprägt zu sein. Sie können davon ausgehen, dass - wie von mir angekündigt - vor der endgültigen Verabschiedung durch das Kabinett eine erneute Debatte hier im Landtag stattfinden wird, nachdem die Ergebnisse der Anhörungen im Innen- und Rechtsausschuss ausgewertet worden sind. Ich gehe davon aus, dass das im Monat Mai der Fall sein wird.
Wir sollten heute ein Signal aussenden, dass wir den vom bisherigen Landesplanungsgesetz vorgegebenen Weg bis zum Ende gehen werden, damit
Schleswig-Holstein Ende des Jahres mit dem neuen Landesentwicklungsplan eine Plattform für eine hoffentlich erfolgversprechende Zukunft haben wird.
Regina Pausch hat darauf hingewiesen, dass es Usus ist, den Gesetzentwurf zu überweisen. Es ist beantragt worden, den Gesetzentwurf Drucksache 16/2550 dem Innen- und Rechtsausschuss zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Dann ist das so beschlossen.
Zweite Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zum Vertrag zwischen dem Land Schleswig-Holstein und dem Heiligen Stuhl
Ich erteile dem Berichterstatter des Innen- und Rechtsausschusses, dem Herrn Abgeordneten Werner Kalinka, das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Der Landtag hat durch Plenarbeschluss vom 28. Januar 2009 den Gesetzentwurf der Landesregierung zum Vertrag zwischen dem Land Schleswig-Holstein und dem Heiligen Stuhl federführend an den Innen- und Rechtsausschuss und mitberatend an den Bildungsund Finanzausschuss überwiesen. Alle Ausschüsse haben sich in mehreren Sitzungen mit der Vorlage befasst und unter anderem Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes und des Landesrechnungshofs eingeholt.
Der Innen- und Rechtsausschuss hat sich zuletzt in seiner Sitzung am 18. März 2009 mit dem Gesetzentwurf befasst, und in Übereinstimmung mit den beteiligten Ausschüssen empfiehlt er dem Landtag mehrheitlich die unveränderte Annahme des Gesetzentwurfs.
Gibt es Wortmeldungen zum Bericht? - Das ist nicht der Fall. Dann eröffne ich die Aussprache und erteile dem Herrn Abgeordneten Martin Kayenburg für die CDU-Fraktion das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Fraktion hat den Abschluss des Vertrags zwischen dem Land Schleswig-Holstein und der römisch-katholischen Kirche bereits in der Februarsitzung des Landtags ausdrücklich begrüßt. Mit dem Vertrag folgen wir dem Beispiel der meisten anderen Bundesländer und einer Empfehlung des Landesrechnungshofs. Ich freue mich daher, dass wir überwiegend dem Gesetz zum Staatskirchenvertrag zwischen dem Land und dem Heiligen Stuhl zustimmen werden.
Beide Kirchen, die evangelische und die katholische, leisten in unserem Land für unsere Gesellschaft Wertvolles, im wahrsten Sinne des Wortes Unbezahlbares. Sie übernehmen auf vielen sozialen Feldern Verantwortung, sei es bei der Pflege in Heimen oder Hospitälern, bei der Betreuung in Seniorenzentren, in der Kinder- und Krippenbetreuung oder bei der Unterstützung Armer, Obdachloser und anderer Hilfsbedürftiger. Deswegen halte ich es auch für unzulässig, die statistische Zahl der Christen als Argument gegen den Vertrag anzuführen.
Die Kirchen und deren Einrichtungen helfen bei der sozialen und beruflichen Integration von Menschen mit körperlicher Behinderung ebenso wie bei der Betreuung psychisch Kranker. Die Kappelner Werkstätten oder das Eiderheim sind beste Beispiele dafür.
Die Kirchen nehmen jedem Einzelnen von uns und unseren Familien durch diese Arbeit und die Arbeit in ihren Gemeinden Verantwortung ab - Verantwortung, die wir aus vielschichtigen Gründen so oder allein nicht zu tragen imstande sind.
Wir tun gut daran, dieses soziale Wirken und zugleich die geistig-seelische Prägekraft beider Kirchen für unsere vom Christentum geprägte Kultur und unsere Gesellschaft richtig wertzuschätzen.
Gerade die jüngsten Ereignisse in dem kleinen Städtchen Winnenden haben uns doch wieder einmal auf traurige Weise gezeigt, dass wir unser humanistisches Weltbild und die uns verbindenden
gesellschaftlichen Werte wie Mitmenschlichkeit, Rücksichtnahme und Solidarität noch viel mehr schützen müssen.
Manch ein Kollege und manch eine Kollegin hier im Landtag tut sich aus grundsätzlichen Erwägungen mit dem Gedanken schwer, diesem Vertrag zustimmen zu sollen, nämlich die Arbeit der Kirchen auf vertraglicher Basis mit Landesgeldern zu unterstützen. Andere irritiert offenbar die Ewigkeitsklausel, mit der sich das Land zu Zahlungen gegenüber den Kirchen verpflichtet. Letztes ist allerdings die übliche Rechtspraxis in Verträgen zwischen Kirchen und Ländern. Dort wird immer ausdrücklich auf die Kündigungsklausel verzichtet. Zudem darf ich darauf hinweisen, dass im Verhandlungsprotokoll festgehalten ist, dass die Verhandlungsdelegationen davon ausgehen, dass der Vertrag in seiner inhaltlichen Substanz grundsätzlich unbefristet gelten soll, aber dass aufgrund geänderter Umstände gegebenenfalls Anpassungen einzelner Vertragsregelungen, so zum Beispiel in fiskalischen Angelegenheiten gemäß Artikel 22, möglich werden sollen. Im Übrigen bleibt für beide auch das Recht auf eine außerordentliche Kündigung unberührt, wenn die entsprechenden Voraussetzungen vorliegen.
Ich sage diesen Kritikern: Diese Gelder kommen nun wirklich den Bürgerinnen und Bürgern in diesem Land zugute, und es sind beileibe keine üppigen und schon gar keine leichtfertig aus der Hand gegebenen Gelder, die die Kirchen erhalten sollen.
Bestimmte, für das Miteinander in unserer Gesellschaft zu schützende Güter lassen sich nach meiner Meinung in ihrer Wertigkeit auch nicht in nackten Zahlen bilanzieren. Die Rendite geistig-ethischer und sozialer Werte lässt sich eben nicht mathematisch ermitteln. Ich bin aber fest überzeugt, man kann den Einsatz beider Kirchen kaum überbewerten.
Nein, im Gegenteil, ich halte die Sozialleistungen sowie deren Effizienz und das kulturelle Schaffen beider Kirchen, der evangelisch-lutherischen wie der katholischen, an die das Land Mittel vergibt, für außerordentlich vorbildlich. Wir müssen den Kirchen nachgerade dankbar sein, dass sie auf vielen sozialen Feldern - und nicht allein dort - Verantwortung übernommen haben.
Und wenn wir bedenken, an wie viele Manager allein von der öffentlichen Hand im Zuge der Bankenrettungsaktion vorfällige Pensionen oder Er
folgsboni ausgezahlt werden, dann würde allein die Gesamtsumme mancher Abfindungen dazu reichen, die Kirchenzuschüsse des Staates für die ersten 100 Jahre der Ewigkeitsklausel abzugelten. Dies habe ich erwähnt, um die Relation deutlich zu machen, über die wir nachdenken.
Ich glaube, dass die raue Wirklichkeit und das Diktat des Sparzwangs - das leugne ich überhaupt nicht - manch einem unter uns den Blick auf die Verhältnismäßigkeit ein wenig verstellt haben. Deswegen sollte sich auch eine Diskussion verbieten, die sich mit den öffentlich zugestandenen Mitteln gegenüber den Kirchen auseinandersetzt. Ich glaube, mit Blick auf die Unterstützung beider Kirchen und den vor uns liegenden Staatskirchenvertrag mit der katholischen Kirche sollten wir nicht am falschen Ende sparen. Ich bitte die betreffenden Kolleginnen und Kollegen, vor der Abstimmung ihre kritische Haltung noch einmal zu überdenken und dem Gesetz mit großer Mehrheit zuzustimmen.
Ich danke dem Herrn Abgeordneten Kayenburg. Das Wort für die SPD-Fraktion hat nun Herr Abgeordneter Rolf Fischer.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kirchenstaatsverträge organisieren die Zusammenarbeit von Kirche und Staat, sie fixieren Arbeitsfelder, definieren Aufgaben und schreiben Verantwortlichkeiten fest. Deshalb sind sie übrigens deutlicher Ausdruck der Trennung von Kirche und Staat, denn sie regeln die jeweils unterschiedlichen Zuständigkeiten beider Bereiche und die Kompetenzen in Abgrenzung zueinander. Sie sind notwendig, denn die Mitglieder der Kirchen haben Anspruch - wie alle anderen Gruppen in der Gesellschaft auch - auf verlässliche und dauerhafte Absprachen. Diese Auffassungen sind sicherlich Konsens.
Allerdings - ich will es offen ansprechen - gibt es unterschiedliche Auffassungen, ob mit dauerhaft gleich die Ewigkeit gemeint sein muss. Gerade die sogenannte Ewigkeitsklausel bezogen auf die Kündbarkeit der Laufzeit des Staatsvertrags ist für
manche Kollegin, für manchen Kollegen eine kritische Formel, die eine Zustimmung zum Vertrag durchaus erschwert oder gar unmöglich macht. Ich will deutlich sagen: Diese unterschiedlichen Auffassungen gibt es in unserer Fraktion, aber es gibt sie auch in der Gesellschaft. Insofern spiegelt unsere interne Debatte auch eine gesamtgesellschaftliche Frage wider. Das ist gut so, und ich will an dieser Stelle deutlich sagen: Andere Meinungen sind zu respektieren. Wir wären sonst schlechte Demokraten, und wir wären schlechte Christen, wenn ich das anfügen darf.
Wir haben diese Frage auch in den Gesprächen mit der katholischen Kirche offen angesprochen und thematisiert - Gespräche übrigens, die trotz dieser unterschiedlichen Auffassungen immer angenehm, immer sachlich, produktiv und kreativ waren. Ich sehe Herrn Doppke oben und sage noch einmal Danke in diese Richtung für die guten Gespräche.
Aber wir sind - so meine ich - dem Gleichheitsgrundsatz verpflichtet, das heißt, wir sollen und können die katholische Kirche in Schleswig-Holstein nicht anders behandeln als die evangelische. Hier ist weder die Zahl der Mitglieder ausschlaggebend, weder die allgemeine Kirchenpolitik, der man zustimmen kann oder nicht zustimmen kann, noch die individuelle Ferne oder Nähe, die jeder von uns zur Kirche empfindet.
Hier ist ausschließlich - wie ich meine - das Prinzip der Gleichbehandlung gefragt. Wir können der einen christlichen Kirche für die identische eben vergleichbare - Situation nicht vorenthalten, was wir der anderen gewährt haben. Das ist auch aus einem anderen Grund so: Wir benötigen klare und verlässliche Regelungen mit den Kirchen, und dazu sind Staatsverträge genau die richtigen Instrumente. Alle wissenschaftlichen Untersuchungen der letzten Jahre bestätigen eindrucksvoll, dass sich die Modernisierung der Gesellschaft keineswegs mit dem Rückgang der Religion verbindet. Ganz im Gegenteil: Gerade die beiden großen Kirchen sind mit ihren sozialen, diakonischen Leistungen wesentliche Garanten einer sozialen Gesellschaft. Der Präsident hat auf einige Beispiele hingewiesen. Ich möchte gern die Bahnhofsmission nennen, ich möchte gern die Tafeln, die Kindergärten und die Seelsorge nennen. Aber es geht auch um Sinnstiftung und um Wertevermittlung in dieser Gesellschaft. Das ist ein wichtiger Punkt, der neben der Diakonie auch dazugehört.
Es ist übrigens ein Ausdruck von Reife und vernünftiger Nüchternheit, dass in der bundesrepublikanischen Gesellschaft nicht die religiösen Rattenfänger und nicht die falschen Propheten diese Diskussion bestimmen. Wir haben einen demokratischen Pluralismus, der sich gegen diese absoluten Wahrheitsversprechen sträubt. Das ist nicht zuletzt das Verdienst der großen Kirchen, basierend auf den Regelungen der Staatsverträge, die das getrennte Kooperieren von Staat und Gesellschaft verankern.